@vinniesta
1. Alles was du sagst ist: früher war alles besser.
Was natürlich nicht stimmt, denn das sagte jede Generation vor unserer und wird jede Generation nach unserer sagen... grundsätzlich.
Sorry, aber das ist genau das Argument, was immer kommt, wenn eben gesagt wird, dass früher alles besser wird, daher kann man beides einfach mal so in die Tonne kloppen.
Mir geht es nicht darum, dass heute alles schlechter ist. Die Schüler kommen einfach "schlechter" zur Schule, und das ist FAKT, wie du so schön weiter unten sagst.
FragmanXiC schrieb:
2. Rassismus bei der Bewertung ist ein FAKT. Da gibt es nichts zu diskutieren, das wurde in mehreren Studien gemessen.
Es gibt unabhängige Tests, z.B. hier in S.-H., die anonymisiert sind und deren Auswertung klar zeigen, wo die Probleme liegen. Dass irgendwo Rassismus bei der ein oder anderen Lehrkraft auftritt, kann sein, wird so sein, aber es definitiv
kein Problem, dass Schüler mit Migrationshintergrund dermaßen benachteiligt werden.
FragmanXiC schrieb:
3. Im Endeffekt stimmst du mir halt eben doch in den meisten Punkten zu, schaffst es aber nicht die Verbindung zum deutschen Schulsystem zu tun.
Ja, viele (sehr viele) der Probleme (die du schilderst) haben etwas mit dem sozio-ökonomischen Hintergrund der Kinder zu tun. Aber gerade das ist es ja, was das deutsche Systeme so Kacke macht: Es bietet unendlich viel mehr Möglichkeiten der Einflussnahme dieser Faktoren auf die Schullaufbahn der Kinder.
Unser Bildungssystem kann das, was in dem Familien von kleinauf falsch läuft, NICHT geradebiegen.
Es geht nicht!
Da ist das Schulsystem völlig einerlei.
Eindeutig muss man regelmäßig Anpassungen an seinem Bildungssystem durchführen, das will ich nicht bestreiten. Aber ein System, das jahrelang ausreichen qualifizierte Menschen auf den Arbeitsmarkt gebracht hat - in allen Schichten - kann nicht so falsch sein, als dass man es grundlegend reformieren müsste.
Ein Schüler, der ein intaktes Elternhaus hat, in dem er erzogen, gefördert und gefordert wird, und trotzdem im Brennpunkt wohnt, wird ohne Weiteres seinen Weg gehen.
Den anderen wird
eben nicht an der Schule die Chance genommen, sondern von Anfang an
zu Hause.
FragmanXiC schrieb:
Boudon beschreibt z.B. sekundäre Herkunftseffekte. Bei gleicher Leistung von zwei Kindern, ist die Wahrscheinlichkeit dass Eltern mit BildungsFERNEM Hintergrund ihr Kind auf ein Gymnasium schicken viel viel geringer als das andere Kind welches Eltern mit BildungsNAHEM Hintergrund hat. Gleiche Leistung, beide mehr als ausreichend fürs Gymnasium, dennoch wird dem einen Kind beinahe jegliche Zukunftsperspektive genommen, weil das deutsche Schulsystem hier eine Weggabelung eingebaut hat die es sonst nirgendwo gibt (Österreich mal ausgenommen).
Wo hat hier die Schule den Fehler gemacht bzw. wo verhindert hier die Schule eine Zukunftsperspektive? Ja genau, gar nicht!
Ich habe so viele Migrantenfamilien kennengelernt, wo der große Sohn unbedingt die beste Ausbildung bekommen soll, er es aber einfach nicht drauf hatte. Die intelligenten und fleißigen Töchter hingegen werden kleingehalten, trotz der Bemühungen der Lehrer -
alles aus Eigenantrieb und Überzeugung - und werden durch die Eltern quasi an Weiterem gehindert.
FragmanXiC schrieb:
Was mir hier auffällt, ist dass sehr viele von euch vermutlich niemals ein anderes System als das deutsche kennen gelernt habt und durch dieses (hier sind vermutlich 95% Gymnasiasten und Studenten) sehr gut durch kamt.
Wir brauchen so lange nicht in andere Länder schauen, solange wir kein anderes Land finden, dass derartig große Immigrationsprobleme hatte wie wir und diese sensationell gelöst hat, so dass wir davon lernen könnten.
Ich wiederhole mich: Wir brauchen keine Experimente mehr im Schulbereich. Wir müssen zu den Anfängen, in die Familie! Dort liegt des Pudels Kern!
...und kleinere Klassen bzw. mehr Lehrkräfte!
FragmanXiC schrieb:
Das ist natürlich ein großes Problem an der Sache: DIejenigen, die was zu sagen haben, waren die Bevorteilten des Systems. Keiner der politischen Klasse war auf ner Hauptschule (oder Förderschule). Da aber jeder Erinnerungen an seine Schulzeit hat, schafft es jeder seine eigenen Erinnerungen als Tatsachen hinzustellen. Man schaue sich dochmal Heator an wie er wieder und wieder seinen eigene Vergangenheit mit seiner 20 man Stichprobe als Gegenargument zu Studien mit zigtausenden Teilnehmern nimmt. Wie kann man nur ernsthaft sowas heranziehen?
Das Geschwurbel muss ich eig. nicht kommentieren. Viele Bekannte von mir sind über den zweiten Bildungsweg und über Umwege ins Studium/Beruf gekommen und haben sich reingekämpft, da sie von zu Hause, wenn auch nicht immer die volle Unterstützung hatten, gewisse Werte mitbekommen haben, die ihnen geholfen haben, sich durchzubeißen, s. Cherums Post vor meinem.
Außerdem denke ich, dass sich viele "Privilegierte" (wie du sie nennen würdest) Gedanken über die Zustände machen, ohne von oben herab zu entwürdigen oder ähnliches.
Das Problem in diesem Land ist einfach, dass man die Missstände nicht so öffentlich ansprechen darf, wie sie sind!
Bei meinem ersten Einsatz an einer Schule habe ich zum Schulleiter gesagt: "Eigentlich müsste man Schüler X und Y von den Eltern wegnehmen, um sie vor den Einflüssen zu schützen."
Seine Antwort: "Herr ..., wenn ich das bei jedem Schüler oder jeder Schülerin gemacht hätte, bei der ich es für notwendig befunden hätte, würde neben dieser Schule hier ein Internat stehen."
So ist es und nicht anders!
FragmanXiC schrieb:
Ich weiß aber nicht, woher hier der Vorwurf kommt man müsse automatisch ein "linker" (gott wie falsch dieser Begriff doch manchmal verwendet wird) Utopist sein wenn man das deutsche Schulsystem kritisiert.
Ok, damit habe ich nichts zu tun, da ich mich nicht auf diesen Wortlaut habe hinunterbegeben müssen.
FragmanXiC schrieb:
Leute, wacht auf! Das deutsche System ist SCHEISSE. Es ist ermöglicht einen VIEL größeren Einfluss der sozialen Hintergründe auf den Erfolg der Eltern als beinahe ALLE anderen Nationen. Wie kann man bei solch eine Faktenlage noch behaupten dass das deutsche System fair sei?
Das System ist nur scheiße, weil die Kinder, die an die Schulen kommen nicht die Voraussetzungen mitbringen, um eine Chance zu haben dem sozialen Hintergrund zu entkommen. Es hört sich radikal an, aber Sachen wie Elternführerschein etc. finde ich mittlerweile nicht mehr so abwegig!
Zu einigen methodischen Sachen:
- Frontalunterricht - Das Monster der modernen Pädagogik. Wenn ich sowas höre. Das hat in der Vergangenheit funktioniert und wird auch in Zukunft funktionieren.
- hingegen "Stationsarbeit" - Bei uns hieß das früher: Ich hab den einen Zettel fertig und nun bekomme ich noch einen Extrazettel, weil ich eben mehr kann (einfache Form der Differenzierun).
-Differenzierung und Inklusion - DIE Begriffe des modernen Schulwesens - Wir sind heutzutage schon so sehr am Differenzieren, dass wir die Differenzierung bereits differenzieren. Und Inklusion ist das allerbeste. Eine Klasse mit 5 Lernbehinderten bekommt jetzt auch noch einen Verhaltensgestörten dazu. Na Bravo, die Klasse ist in 80% der Zeit mit einer zweiten Lehrkraft zwar doppelt besetzt, das reicht bei so vielen Gestörten aber nicht aus!
FragmanXiC schrieb:
Teilweise schwingt hier auch ne gehörige Portion Überheblichkeit, Arroganz und elitäres denken durch.
"DIE" sind doch nur zu doof! Lieber UNS fordern!
Vergessen tun sie, dass ihr eigener Erfolg oft gar nicht auf der Basis ihrer eigenen Leistung entstanden ist, sondern auf dem der Eltern. Hätten diese Leute ein anderes Elternhaus gehabt, würden sie nicht so großkotzig daher reden.
Hier sagst du es ja selbst wieder:
Es liegt am Elternhaus. Ich bin da mittlerweile fast konsterniert. Ich wiederhole nochmals: Wir können unser Bildungssystem nur bedingt anpassen, ohne dass Qualität verloren geht. Das System kann Fehler von Eltern
nicht in diesem großem Umfang geradebiegen, dazu ist der kindliche Entwicklungsprozess zu komplex. Die Weichen werden früh gestellt, in den ersten 2-3 Jahren. Was da versaut wird, kannst du nicht mit Konzepten auffangen. Ganztagsschulen und Kindergarten ab 2 oder 3 Jahren sind doch nur dazu da, um eben die Kinder möglichst von den schädlichen Einflüssen zu Hause fernzuhalten und die Fehler notdürftig zu reparieren.
Ich bin damals mit 6-10 Jahren auch nach der Schule nach Hause gegangen und habe meine Hausaufgaben selbständig gemacht und nicht die Wohnung angezündet. Das kam aber nicht durch den Kindergarten oder die Schule, die mir das eingetrichtert haben, sondern dadurch, dass ich von kleinauf gelernt habe, wie ich mich zu verhalten habe!
FragmanXiC schrieb:
@Heator
IGS ist toll ein tolles Beispiel für eine INTEGRIERTE Schule bei dem niemand stigmatisierung und zurückgelassen wird.
So und nicht anders sind in anderen Nationen ALLE Schulen.
Integrierte Gesamtschulen funktionieren ja auch. Alles kein Ding, aber auch hier werden eher Kinder von Eltern hingeschickt, wo die Kinder von zu Hause gewisse Grundwerte mitbekommen haben.
Das Kruppzeug, was hier in S.-H. in den Gemeinschaftsschulen rumlungert, würde da z.B. kurzerhand versagen oder eben auch nur den Hauptschulabschluss machen.
Auch hier noch einmal: Man kann andere Länder
nicht mit Deutschland vergleichen, die haben diese Problematik, die wir haben nicht oder nicht in diesem Umfang.
Guck nach Belgien oder die Niederlande. Die schlagen sich mit dem gleichen Mist herum.