Genderstudies / -equality

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@Gustavo hast recht. Es ist auch Diskriminierung. Aber wie gesagt ist die Annahme defensible, dass die top10% überall etwa gleich gut sind.

Eine Verbesserung wäre, überall nur die top5% zu nehmen und die anderen 50% dann rein nach Test zu nehmen.

Noch besser wäre, wenn die Universität rein nach Test zulässt -- und der Staat sich durch bessere Bildungspolitik dem Problem annimmt.

Ich finde es schwer, das rein schwarz-weiß zu sehen. Finde aber gerade die konkrete Diskriminierung rein nach Geschlecht und Ethnie extrem schlecht und für mich daher eine rote Linie.

Zu Harvard: Richtig. Natürlich kann man die Entscheidung nach Geschlecht und Ethnie verstecken. Das macht es aber nicht per se besser. Wir reden hier ja nicht nur aus der Perspektive von juristisch angreifbar, sondern was wir persönlich richtig / gerecht finden.

Bei Harvard ist das die umgekehrte instiutionelle Herangehensweise des Rassisten, der nicht-weiße nicht einstellen möchte, aber klug genug ist, immer einen "guten" Grund dafür zu finden.
 

GeckoVOD

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Die individuelle Diskriminierung ist, wenn ich bei gleicher Qualifikation weniger Chancen habe aufgrund meines Geschlechtes.

Diese Definition existiert in einem Vakuum und es macht eine Diskussion eigentlich auch unmöglich.

Diskriminierung, allgemein, geschieht, wenn eine Person aufgrund äußerer Merkmale, etwa Geschlecht oder Ethnie, direkt oder indirekt benachteiligt wird. Hier zeigt sich bereits, dass "gleiche Qualifikation" eigentlich kein äußeres Merkmal ist, sondern durch das Individuum steuerbar wäre. Geschenkt, du gehst ja noch darauf ein.
Die einfachste Form von Diskriminierung geschieht durch beispielsweise Rassismus oder Misogonie. Für den Diskurs auch geschenkt, aber weitaus konkreter als deine Definition. Hier würde eine direkte Diskriminierung vorliegen.
Weitere Formen der Diskriminierung, und darum geht es in dem politischen Diskurs, geschehen entweder institutionell oder systematisch. Das macht es schwer, denn diese sind zwar manchmal direkt, meist aber indirekt.
Institutionell (mea culpa, nutzte das Wort falsch) würde durch das Diskriminieren einer Minderheit durch eine feste Organisation bedeuten. Im krassesten (direkten) Fall etwa bspw. bei Apartheit. Es langt aber auch ungewollte Diskriminierung, etwa (auch als offensichtliches Beispiel) wenn ein Rollstuhlfahrer keinen Zugang zu einem Gebäude hat.
Verfestigt sich das ganze, dann wird das zu struktureller Diskriminierung, die eigentlich fast nur indirekt und daher ungewollt stattfindet. So ziemlich alle Indikatoren für die gläserne Decke kommen aus dieser Ecke.
Lassen wir die einfachen Formen der Diskriminierung außen vor (Rassismus, Misogonie), so lassen sich kausle Erklärungen finden, warum sich asymmetrische Muster innerhalb von Organisationen und abstrakten Systemen wie dem Arbeitsmarkt bilden. Verkürzt habe ich das schon geschrieben. Im Prinzip wird mangelnde Information durch Vorurteile gefüllt und es entstehen systematische Lücken - im konkreten Diskurs wirken diese negativ auf typische Erwerbsbiographien von Frauen.

Insbesondere wenn es dazu subjektiv ist, wie eng oder breit man die Maschen bei "gleiche Qualifikation" anlegt. Bspw wenn man dann gezielt optionale Aspekte der Qualifikation ignoriert, die nicht in der Ausschreibung als nötig gelistet sind, aber dennoch wünschenswert. Dann werde ich sogar als der besser qualifizierte Kandidat übergangen.

Hier mehrere Einwände.
1) Geh weg von dem Wort Qualifikation, sondern versuche zu verstehen, warum es nicht darum geht Frauen nachträglich besser zu bewerten, als sie es sind. Das will keiner und keiner stellt in Abrede, dass es die Gefahr gibt über das Ziel hinaus zu schießen (mehr dazu später). Generell wird ein pragmatischer Ansatz gesucht die Nachteile der Frauen aufzuwiegen, die bei Einstellung und Beförderung entstehen*. Die Quote soll ermöglichen, dass 40-50% der Stellen Frauen zur Verfügung stehen. Sind bereits signifikant genügend Frauen da, so wird auch nicht mehr gefördert, die Regelungen gelten also nicht immer. Tatsächlich bedeutet die Quote auch, dass Männer bevorzugt werden, auch wenn das klassisch eher selten geschieht - obwohl das in vielen Sparten mehr als wünschenswert wäre, etwa in der Erziehung und Pflege.

2) Die Quote gilt primär im öffentlichen Dienst durch Selbstverpflichtung und ist als vages Ziel formuliert. Dort gibt es tonnenweise Hebel, die man ansetzen könnte. Hier ist es explizit der Wunsch der Organisationen Diversity Management zu haben. Weiterhin gilt die Quote explizit nur in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen. In der freien Wirtschaft trifft es also gerade mal weniger als 200 Arbeitsplätze (und an Verstößen hängen faktisch auch keine wirklichen Sanktionen). Und selbst diese können - nur am Rande - auch erreicht werden, in dem der Aufsichtsrat vergrößert wird. Das ist immer eine Möglichkeit.
Wenn also in der freien Wirtschaft Quoten greifen, dann will auch das die Organisation. Ich kenne kein Unternehmen, dass eine Quote um der Quote selbst willen einführt. Da stehen konkrete Erfahrungen dahinter. Würde es ohne gehen, weil es sich automatisch ergibt, dann gäbe es diese Regelungen nicht - weil wozu? Eventuell sind solche Regelungen einfach das Spiegelbild dessen, was bereits ausprobiert wurde und was bislang scheiterte. Wenn du von weniger invasiven Mitteln sprichst, dann wurden diese eventuell schon ausgeschöpft.



Nur weil die Männer als Gesamtheit eine positive Diskriminierung erfahren, so gilt das nicht gleichermaßen für jedes Individuum.

Also ist es eben absolut nicht legitim, gleichermaßen alle Männer zu diskriminieren, um das vermeintlich auszugleichen.

Klassisches Beispiel:
  • Mann Arbeiterkind, musste Studium selbst finanzieren und jobben [...]
Also ehrlich, alles was du so auflistest kann ich umdrehen. Es gibt also mehr Ungleichheiten in Deutschland, was für eine Erkenntnis. Genau dafür gibt es das Arbeitsrecht / relevante Rechtssprechungen und politische Entscheidungen. Eines davon ist die Quote. Andere davon sind Zuschüsse für Schwerbehinderte, etc. pp.
Ausspielen von Minderheiten gegen andere Minderheiten mach ich nicht mit, das verwässert die Diskussion. Tatsächlich geht es eher darum den typischen Insidern nichts wegzunehmen, sondern den anderen etwas zu geben, das sie nicht haben oder hatten. Wenn ich deine Logik bis zum Ende betrachte, dann müsstest du ja schon bei den "Girls Days" an Unis auf die Barrikaden gehen, denn diese vernachlässigen die Jungen/männlichen Teenager ja total. Oder bei Extrazeit bei Examen für Leuten mit einer körperlichen Behinderung, denn diese Zeit steht einem körperlich gesunden Menschen nicht zu. Die Trennlinie erscheint mir daher sehr arbiträr.
Ich verweise nochmal auf Punkt 1) und 2) in Kombination: Wenn eine Stelle in einer Abteilung ausgeschrieben ist, in der bereits 19 von 20 Personen männlich sind und die vakante Stelle primär mit einer Frau besetzt werden soll, warum entläd sich deine Argumentation auf die Bewerberin, statt auf dem Fakt, dass da 19 Männer sitzen? Umgedreht, wenn eine neue Abteilung gegründet werden soll, bei denen vier Plätze frei sind, dann konkurrieren da halt 2 Männer mit allen Männern und zwei Frauen mit allen Frauen und nicht alle Männer mit wenigen Frauen.
Immer auf die Qualifikation abstellen ist irgendwie billig, insofern es sehr kurz ist. Ich habe immer den Eindruck, dass da ein "this could be" nach Trevor Noah rauskommt: Was wäre, wenn ich davon betroffen bin? Muss ich jetzt mehr leisten, damit ich besser als Frauen bin?
Ist für mich die falsche Fragestellung und die falsche Art darüber zu denken, denn es spielt wieder Outsider vs. Insider aus, statt das ganze System zu hinterfragen. Es gibt mir zu viele Anreize das wegzuwinken, auf freiwillige Erklärungen ohne Konsequenz abzuladen und es sein zu lassen. Es ist schon bezeichnen, dass es überhaupt die Fragen auslöst und nicht die Frage "Wie konnte so ein System überhaupt so entstehen?".
 
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sie scheint mir von ideologie zerfressen. sehe keinen unterschied zu fundamentalisten, für die bestimmte gruppen oder sogar alle menschen vorbelastet auf die welt kommen. gleichzeitig wird nie ein weg aufgezeigt, wie man diese vorbelastung loswerden könnte. stattdessen wird widerspruchslose und bedingungslose unterwerfung erwartet. ist für mich geistige umnachtung am anschlag und eigentlich keine diskussion wert. ist irgendwem von euch schonmal ein solcher mensch im echten leben begegnet?
hier. Ich hatte mehrfach das zweifelhafte Vergnügen. Zsfg.: Als weißer Mann bin ich ohnehin Müll der entsorgt gehört weil ich Erbsünde-Style die Vergehen der Vergangenheit in mir vereine. Es gibt kein Entkommen, Frauen sind immer und unter allen Umständen die besseren Menschen. Besser geht es nur wenn sie nicht weiß sind.
Ja, es war jedes Mal sehr anstrengend. Nein es wurde natürlich nicht verbatim so gesagt, aber es war doch schon erstaunlich nah dran.
Kontext war meistens akademisch/Politikberatung
(for context, das war zur Adoptionssache)

Ironischerweise bedeutet das, dass Harvard intern vielen asiatischstämmigen Schülern einen unterdurchschnittlichen Charakter attestieren muss, um Schwarze und Latinos in ausreichender Zahl zulassen zu können.
Kannste Dir nicht ausdenken :rofl2:

Mal ein Diskriminierungsbeispiel aus der realen Welt: Ich darf gerade eine Stelle in meinem Team besetzen. Themengebiet ist Informationstechnik++. Es kamen ungefähr 80 Bewerbungen rein. Mittlerweile vermutlich 100.
Der Großteil aus dem Ausland oder ohne Deutschkenntnisse. Leider ist mangels Englischkenntnissen in der Breite der Belegschaft jeder Kandidat ohne Deutschkenntnisse raus … Ansage von oben.
Die Bewerbungen sind im Großen und Ganzen Sondermüll mit wenigen ordentlichen Bewerbungen zwischendrin. Die Inder und Afrikaner (Kamerun, Marokko) haben offenbar nicht genügend Zeit um einen aktuellen CV zu basteln oder ein Anschreiben zu schreiben in dem klar wird warum sie sich für die Stelle interessieren. Außerdem scheint fast allen der Gedanke sehr fern zu sein, dass man auf die Ausschreibung Bezug nehmen könnte. Aber … die nichteuropäischen Ausländer schneiden insgesamt signifikant schlechter ab als die europäischen Ausländer (aber mit Ausnahmen).
Insgesamt gut zwei Drittel der Bewerbungen schon so schlecht, dass sie bei HR nicht durchgekommen sind. Das heißt: kein CV, keine Sprachkenntnisse, ganz offensichtliche Red Flags.
Aus dem letzten Drittel:
  • Ein paar promovierte Naturwissenschaftler und Volkswirte die gut in Statistik sind aber nicht coden können … deren Bezug zur Stelle insgesamt mittel ist. Ausschließlich Europäer.
  • Ein paar gute Uni- und FH-Absolventen die eher coden können aber keine vertiefte Ahnung von Statistik haben … und denen ich das Interesse an der Stelle abnehme. Vorwiegend Deutsche mit Migrationshintergrund.
  • Ein paar eher schlechte Uni- und FH-Absolventen die vorwiegend fachfremd sind und auch nicht so richtig darstellen warum sie die Stelle interessiert. Vorwiegend Ausländer.
Auf meiner Shortlist habe ich jetzt:
  • 3 Frauen 2 Männer
  • 2 Promovierte, 2 MSc, 1 BSc
  • 1x Ausländer, 2x white-privilege, 2x Migrationshintergrund
Was war dafür entscheidend? Ein nicht beschissener Lebenslauf, ein okayes Anschreiben, ein Interesse am Thema lässt sich zumindest halbwegs erahnen.
Wer wird den Job bekommen? Keine Ahnung.
Was wird noch relevant werden?
Die Persönlichkeit … das Team versteht sich gut, gibt sich gegenseitig fiese Insider … nicht zu weit von OT-Level entfernt. Da muss man als Mensch auch reinpassen.
Die Frauen in der Auswahl haben eigentlich beste Chancen auf den Job, aber sie sind alle irgendwo in der Altersspanne in der es Kinder geben könnte. Also frage ich mich jetzt … wie kann ich das angemessen ansprechen ohne eine AGG-Klage zu provozieren, denn ich möchte mir natürlich nicht ein Ei ins Nest legen wo ich dann in ein paar Monaten direkt jemand neu einarbeiten muss … und dabei sieht es von der Papierform her so aus, dass die Frauen absolut auf Augenhöhe sind.
Eine gute Regelung der betrieblichen Kinderbetreuung wäre hier echt etwas schönes für beide Seiten. Aber drüber reden geht nicht wenn man keine Klage riskieren will, also bleibt nur: Das Risiko sehenden Auges eingehen und Glück oder Pech haben, oder den sicheren Weg gehen und einen der Männer einstellen.

Warum ich das erzähle?
Weil das die wirklichen Probleme für die Gleichberechtigung und Gleichstellung sind und ich das schon seit einer Weile so sage. Ob die Leute schwarz, braun oder weiß sind … drauf geschissen. Ob aus Polen oder Iran … echt egal. Am Ende haben beim Screening der Bewerbungen die absoluten Basics entschieden und wenn es keine Frau wird, dann deswegen weil es institutionelle Barrieren gibt, bei denen man sich mit der Einstellung einer Frau schlechter stellt als man müsste.
Die Bewerber aus dem Ausland oder mit Migrationshintergrund die es nicht auf die Shortlist geschafft haben, haben es wegen massiver Versäumnisse bei den Basics nicht geschafft.

Das wird mit flächendeckendem Gendern bestimmt viel besser.


@GeckoVOD Institutionalisiertes Diversity Management wäre quasi mein schlimmster Alptraum. Wenn es so läuft wie an der Uni hat man dann bei allen Entscheidungen jemanden auf dem Schoß sitzen die keine Ahnung von der Sache hat, einem aber ständig irgendwelche Stöcke zwischen die Beine wirft "bEcAuSe DiVeRsItY uNd BuNtE bElEgScHaFt" … und am Ende stehst Du vor der exakt gleichen Entscheidung. Wenn es erstaunlicherweise besser läuft als an der Uni, dann hast Du eine harmonische Auswahl der besten Kandidaten und am Ende … immer noch das gleiche Problem :|
 
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Die Frauen in der Auswahl haben eigentlich beste Chancen auf den Job, aber sie sind alle irgendwo in der Altersspanne in der es Kinder geben könnte. Also frage ich mich jetzt … wie kann ich das angemessen ansprechen ohne eine AGG-Klage zu provozieren, denn ich möchte mir natürlich nicht ein Ei ins Nest legen wo ich dann in ein paar Monaten direkt jemand neu einarbeiten muss … und dabei sieht es von der Papierform her so aus, dass die Frauen absolut auf Augenhöhe sind.
Ne solide Option wäre z.B. Antidiskriminierung ernst zu nehmen und sich mit Fragen tatsächlich einfach nicht zu beschäftigen, mit denen man sich von Rechts wegen nicht beschäftigen darf und aus moralischer Sicht ganz sicher nicht beschäftigen sollte.

Dem Tenor stimme ich allerdings insofern zu, als ich auch der Meinung bin, dass Quoten - gerade in der Chefetage - eher den Frauen nutzen, die mangels Familienplanung eh schon kaum Nachteile gegenüber Männern mit ähnlichem Hintergrund haben, während die Frauen, bei denen das anders ist, gar nicht erst in die Position kommen von so einer Quote zu profitieren.
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Familien halte ich daher für deutlich relevanter als Quoten, um die Benachteiligung von Frauen in den Griff zu bekommen. Es gibt auch durchaus Länder, die uns da in Sachen Arbeitskultur und staatlicher Infrastruktur weit voraus sind.
 
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Ne solide Option wäre z.B. Antidiskriminierung ernst zu nehmen und sich mit Fragen tatsächlich einfach nicht zu beschäftigen, mit denen man sich von Rechts wegen nicht beschäftigen darf und aus moralischer Sicht ganz sicher nicht beschäftigen sollte.
Dein Ernst? :rofl2:
Sehenden Auges einen relevanten Faktor nicht zumindest zu bedenken weil es moralisch ganz böse ist? Da hat mir ja sogar meine Feministenfreundin bessere Tips gegeben. Am Ende hat man alles moralisch richtig gemacht, das Projekt vor die Wand gefahren und den nächsten Karriereschritt um ein paar Jahre nach hinten verlegt weil man lieb und nett sein und ein bisschen Beifall aus der Grünenfraktion wollte. Srsly … nein.
 
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Ach Gottchen, muss schon hart sein keine Frau um die 30 einstellen zu können, weil es einem sonst die eigene Karriere zerschießt. :eagle:

Mal im Ernst: Wenn das deine eigene kleine Klitsche wäre, für dessen Startkredit du dein letztes Hemd verpfändet hättest, könnte ich da ja noch etwas Verständnis aufbringen, aber wenn jeder Angestellte mit Personalverantwortung so denkt, dann brauchen wir wohl wirklich die Frauen- oder eher noch ne Mütterquote.
 
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Diskriminierung, allgemein, geschieht, wenn eine Person aufgrund äußerer Merkmale, etwa Geschlecht oder Ethnie, direkt oder indirekt benachteiligt wird.
Richtig.

Und genau deswegen ist es Diskriminierung, wenn du ein Mann bist und dann deine Bewerbung scheitert, weil ein Bereich, der derzeit vornehmlich von Männern besetzt ist trifft auf das triffst, was du selbst schreibst:
Die Quote soll ermöglichen, dass 40-50% der Stellen Frauen zur Verfügung stehen.

Der konkrete betroffene Mann wird es dann weit schwerer haben, eine Stelle zu bekommen. Das ist Diskriminierung.

Sind bereits signifikant genügend Frauen da, so wird auch nicht mehr gefördert,
Mag sein. Bis dahin wird aber "gefördert" aka diskriminiert.

2) Die Quote gilt primär im öffentlichen Dienst durch Selbstverpflichtung und ist als vages Ziel formuliert.
Es geht ja nicht nur um verpflichtende Quoten, sondern um das ganze Thema.
Auch in anderen Bereichen findest diese Art der Diskriminierung heute schon statt.

Bei uns ist es bspw eigentlich relativ gut gelöst:
  • Es ist wichtig, eine diverse Pipeline an Kandidaten zu haben
  • Unter diesen soll sich aber der beste durchsetzen
Wenn du jetzt also bspw erst 0-1 gute Frauen als Kandidaten in der Pipeline hast, dann gibt es einen Fokus, das zu verbessern, bevor es zu den Interviews geht.

Soweit finde ich das OK und trage es völlig mit.

In der Praxis gibt es dann aber eben schon einen impliziten Druck, wenn dein Team schon 4 White Dudes sind, keinen 5ten White Dude einzustellen. Als souveräner Manager muss man sich dem nicht beugen. Aber es ist der "easy way out", die auch gute, aber leicht unterlegene Alternativkandidatin zu nehmen.

D.h. in der Praxis führt das ganze Thema auch ohne harte Regel zu Diskriminerung.

Das kann man auch hinnehmen, wenn...
  1. Es zugegeben wird
  2. Man offen diskutieren kann, wo die Grenzen sind
  3. Man offen nicht-diskrimierende Wege erörtert, das gleiche Ziel zu erreichen & diese forciert
Aber schon bei #1 scheitert es ja.
Wir drehen uns eigentlich im Kreis, weil immer noch offensichtliche Diskriminierung selbst hier in der Diskussion nicht als solche zugestanden wird.

Ich kenne kein Unternehmen, dass eine Quote um der Quote selbst willen einführt. Da stehen konkrete Erfahrungen dahinter.
Das sehe ich deutlich nuancierter.

Es gibt mehrere Gründe in vermutlich jedem großen Konzern:
  1. Die Überzeugung / Hoffnung, dass diverse Teams besser performen
  2. Der ehrliche Wunsch, die Gesellschaft fairer machen zu wollen
  3. Das opportune mitspielen, um nicht selbst kritisiert zu werden
Ich bin mir sehr sicher, dass alle drei Faktoren in jeder größeren Organisiation eine Rolle spielen.

Um #3 möglichst zu dämpfen ist eben ein offener Diskurs nötig. Und eben auch, zumindest nominell Prozesse so zu definieren, dass den Beteiligten klar gemacht wird, dass am Ende sich der beste Kandidat durchsetzen sollte, selbst wenn es "noch ein weiterer" weißer Mann ist. Man sich aber eben Mühe gibt, die Chance zu erhöhen, dass der beste Kandidat bspw eine Frau ist.

Würde es ohne gehen, weil es sich automatisch ergibt, dann gäbe es diese Regelungen nicht - weil wozu? Eventuell sind solche Regelungen einfach das Spiegelbild dessen, was bereits ausprobiert wurde und was bislang scheiterte. Wenn du von weniger invasiven Mitteln sprichst, dann wurden diese eventuell schon ausgeschöpft.
Es braucht halt auch einfach Zeit, und das Ansetzen am richtigen Ende.
Und manches wird man vielleicht nie schaffen.

Bspw gibt es ja Daten, die zeigen, dass in vergleichsweise egalitären Gesellschaften wie in Skandinavien die Quote an Ingeineurinnen nicht steigt. D.h. vieleicht ist in manchen Brteichen kein 50/50 als Idealzustand erreichbar.

Deswegen bin ich klarer Befürworter davon, bspw.:
  • Auf Chancengleichheit im Bildungssystem zu fokussieren
  • Zu versuchen, Frauen von naturwissenschaftlichen Studien zu begeistern
  • Den Arbeitsmarkt & Karriere familienkompatibler zu machen
  • Sich Mühe zu geben, eine diverse Kandidaten-Pipeline zu haben
... aber eben nicht davon, irgendwas top down mit Quoten lösen zu wollen. Das ist einfach ein verfehlter Ansatz.
Also ehrlich, alles was du so auflistest kann ich umdrehen. Es gibt also mehr Ungleichheiten in Deutschland, was für eine Erkenntnis. Genau dafür gibt es das Arbeitsrecht / relevante Rechtssprechungen und politische Entscheidungen. Eines davon ist die Quote. Andere davon sind Zuschüsse für Schwerbehinderte, etc. pp
Ausspielen von Minderheiten gegen andere Minderheiten mach ich nicht mit, das verwässert die Diskussion.
Häh? Wo habe ich das gemacht?
Es geht um den Fakt, dass ein unterprivilegiert aufgewachsener Mann heute de facto in Manchen Bewerbungsprozessen gegenüber det Rich Kid Frau benachteiligt wird. Wo spiele ich da jemanden gegen jemanden aus? Das kann man nur so sehen, wenn man eben nur auf "Gruppen" Bezug nimmt. Mir geht es aber eben gerade um Individuen. Du möchtest Individuen benachteiligen, weil ihre Gruppen im Durchschnitt Vorteile haben. Das halte ich für schlecht.
Tatsächlich geht es eher darum den typischen Insidern nichts wegzunehmen, sondern den anderen etwas zu geben, das sie nicht haben oder hatten. Wenn ich deine Logik bis zum Ende betrachte, dann müsstest du ja schon bei den "Girls Days" an Unis auf die Barrikaden gehen, denn diese vernachlässigen die Jungen/männlichen Teenager ja total.
Ich würde dann bei Girls Days auf die Barrikaden angehen, wenn es keine anderen Angebote in ausreichender Zahl gäbe.
Ist aber nicht so. Es gibt online und offline genug niedrigschwellige Angebote für interessiete junge Männer, sich bsüw für Coding zu interessieren. Und es ist bekannt, dass diese "Kreise" eben sehr männerlastig sind und dass dies abschrecken kann. Deswegen ist der "Girls Day" u.ä. für mich ein guter Versuch, Mädchen die Entscheidung zu erleichtern, sich vielleicht für was naturwissenschaftliches zu entscheiden, trotz der Vorurteile.

Oder bei Extrazeit bei Examen für Leuten mit einer körperlichen Behinderung, denn diese Zeit steht einem körperlich gesunden Menschen nicht zu. Die Trennlinie erscheint mir daher sehr arbiträr.
Ich verweise nochmal auf Punkt 1) und 2) in Kombination: Wenn eine Stelle in einer Abteilung ausgeschrieben ist, in der bereits 19 von 20 Personen männlich sind und die vakante Stelle primär mit einer Frau besetzt werden soll, warum entläd sich deine Argumentation auf die Bewerberin, statt auf dem Fakt, dass da 19 Männer sitzen?
Auch hier ignoriertst du wieder, dass der neue männliche, best qualifzierte Bewerber nichts dafür kann, dass da schon 19 Männer sitzen.

Ich bin ehrlich: Auch ich würde hier die Frau einstellen, selbst wenn der Mann minimal besser qualifiziert wäre. Halte das aber eigentlich für sehr unfair dem Mann gegenüber.

Du kannst eine Ungerechtigkeit (Frauen der Vergangenheit hatten wenig Chancen gegen die 19 Männer) nicht mit einer neuen Ungerechtigkeit aus der Welt schaffen.

Umgedreht, wenn eine neue Abteilung gegründet werden soll, bei denen vier Plätze frei sind, dann konkurrieren da halt 2 Männer mit allen Männern und zwei Frauen mit allen Frauen und nicht alle Männer mit wenigen Frauen.
Wenn du das so machst, dann diskriminierst du nicht nur (bspw wenn die top 4 Bewerber alle Frauen oder alle Männer sind), sondern du baust im Schnitt auch schlechtere Teams, weil du bereit bist, schlechtere Kandidaten zu nehmen, weil sie das richtige Geschlecht haben.

Bei großen Zahlen kann ich erwarten, dass ein fairer Auswahlprozess eine gewisse faire Repräsentation aller Gruppen haben wird, so wie sie im Kandidatenpool vorkommen. Wenn eine Firma 100 Controller hat, und das sind alles Männer -- da wäre die Chance hoch, dass was gewaltig schief gelaufen ist.

Das bei einer einzelnen Stelle, oder einem Teram von 4 zu erzwingen, ist aber falsch. Ein Team aus 4 Controllern mit 4 Frauen kann das beste Team sein, was dieses Unternehmen einstellen konnte.
 
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Ach Gottchen, muss schon hart sein keine Frau um die 30 einstellen zu können, weil es einem sonst die eigene Karriere zerschießt. :eagle:

Mal im Ernst: Wenn das deine eigene kleine Klitsche wäre, für dessen Startkredit du dein letztes Hemd verpfändet hättest, könnte ich da ja noch etwas Verständnis aufbringen, aber wenn jeder Angestellte mit Personalverantwortung so denkt, dann brauchen wir wohl wirklich die Frauen- oder eher noch ne Mütterquote.
Warst du nicht noch an der Uni?
Wenn die Abteilung dann Deadlines verpasst etc., ist nicht nur die eigene Karriere in Gefahr.

Habe ähnliche Erfahrungen gemacht wie Bootdiskette. Offen sagen darf man das natürlich nicht.
 

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@GeckoVOD Institutionalisiertes Diversity Management wäre quasi mein schlimmster Alptraum. Wenn es so läuft wie an der Uni hat man dann bei allen Entscheidungen jemanden auf dem Schoß sitzen die keine Ahnung von der Sache hat, einem aber ständig irgendwelche Stöcke zwischen die Beine wirft "bEcAuSe DiVeRsItY uNd BuNtE bElEgScHaFt" … und am Ende stehst Du vor der exakt gleichen Entscheidung. Wenn es erstaunlicherweise besser läuft als an der Uni, dann hast Du eine harmonische Auswahl der besten Kandidaten und am Ende … immer noch das gleiche Problem :|
Ich bin auch kein wirklicher Fan der Quote, ich betone es erneut, mir geht es eher um die Barrieren, die schon beim gegenseitigen Verstehen der Ursachen auftauchen. Wenn ich mir Xantos so durchlese, dann kommt mir es so vor, als ob er primär direkt Konsequenzen für sich selbst oder andere Männer ausdenkt, die so irgendwie am Ziel vorbei gehen, weil das Problem der "Minderheit Frauen" höchstens überflogen wird.

Ich verstehe deine Lage vollkommen, wir haben das gleiche Problem zwei mal in grün, allerdings dankbarerweise besseren Rahmen. Unser Mutterkonzern sponsort Home Office Plätze, KiTa-Plätze / Kinderbetreuungen und sogar Wohnungen für Eltern näher am Standort, Vorteile eines soz. Wohnbauunternehmens :love:. Hat die Ausfälle drastisch reduziert, weil mehr möglich ist und die Leute es auch gerne annehmen, selbst wenn das Gehalt vergleichbar niedrig ist. Generell bin ich da für mehr staatliche Unterstützung / entsprechender Infrastruktur auf der einen Seite, andererseits gerne auch die Wegnahme von Ehegattingsplitting und mehr Druck wieder nach der Schwangerschaft in den Job zurückzukehren. Indirekte Befeuerung von Hausfrauentum sollte ein Artefakt der 50er werden, nicht gangbarer Weg bleiben.

Andererseits hab ich auch meine Erfahrung aus der Fachkräftesuche meiner Kunden und da rollt's mir dann die Nägel teilweise hoch, wie oldschool das Bild ist: Schuften > All, Überstunden sind Zeichen des guten Arbeitnehmers, alles andere ist illoyales Schmarotzertum. Mehr Gehalt löst angeblich alles, aber um gottes Willen, keine neue Arbeitsformen oder nicht-monetäre Boni bedenken, bzw. mal die Firmenkultur kritisch beleuchten. MaN mUsS jA wIrTsChAfTeN und KoNkuRrEnZfÄhIg bleiben.
Vorschau:

Es geht um den Fakt, dass ein unterprivilegiert aufgewachsener Mann heute de facto in Manchen Bewerbungsprozessen gegenüber det Rich Kid Frau benachteiligt wird.

Ach, lassen wir's bleiben. Ironischerweise trifft es auf mich zu, meine Eltern sind beide Arbeiterklasse, beide durch Krankheit in meiner Jugend ausgeknockt (größenordnung schwere Herz- und Kreislauferkrankung mit fraglichem Ausgang) und ich hatte während dem Studium immer 1-2 Jobs parallel und 0 Connections zu großen Unternehmen. Wie häufig mir irgendwer irgendwas wegschnappt: Mir egal, weiß ich eh nicht. Als ich dann später durch meine Projektstellen Beziehungen hatte wollte ich definitiv nicht in ein Unternehmen, das so stark auf mia-san-mia-Referenzen baut, weil die allesamt und in jeder Hinsicht außer eventuell dem Gehalt scheiße waren. Als Diskriminierung hab ich das nicht erlebt. Als Diskriminierung erlebte ich da eher die kritischen Telefonanrufe, warum ich (trotz Nachweise meiner Nebentätigkeiten) so lange studiert hätte -> vorsortiert, will ich nicht hin. Ist aber halt immer noch nix im Vergleich zu einem ausländischen Nachnamen oder einem gebährfreudigem Alter mit Vagina an mir dran.

Auch hier ignoriertst du wieder, dass der neue männliche, best qualifzierte Bewerber nichts dafür kann, dass da schon 19 Männer sitzen.

Jo, aber die 26-jährige Studienabsolventin kann was für ihr Alter beim Einstellungsgespräch, oder wie? Wenn er AM BESTEN QUALIFIZIERT IST, dann wird er was finden, lmao. Es wird doch erst dann ein Schuh draus, wenn du irgendeine weibliche Nulpe nimmst, die in etwa nur 80% hinter dem durchschnittlichen männlichen Bewerber ist und dann nochmal entsprechend hinter DEM BESTEN QUALIFIZIERTEN.
Ich glaube du müsstest mal erleben wie es ist so richtig am System vorbeizuschrammen, bevor man mit dir über so große Worte wie Diskriminierung redet. Du meinst unfair, nicht diskriminierend.
 
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Warst du nicht noch an der Uni?
Wenn die Abteilung dann Deadlines verpasst etc., ist nicht nur die eigene Karriere in Gefahr.

Habe ähnliche Erfahrungen gemacht wie Bootdiskette. Offen sagen darf man das natürlich nicht.
Achso, jetzt stehen sogar schon mehrere Karrieren auf dem Spiel, weil es ein untragbares Risiko ist, dass Mama kurz vor der allesentscheidenden Deadline spontan und unvorhersehbar Wehen bekommt und schwups, schon wieder ist eine ganze Abteilung am hartzen. Im Grunde ist es die moralisch überlegene Entscheidung, eine potentielle Mutter gar nicht erst einzustellen - zu ihrem Schutz, denn das schechte Gewissen würde mit Sicherheit das Kindeswohl gefährden, und dem Schutz des Bruttosozialprodukts. Vielleicht sollte man einen Orden zu euren Ehren stiften.
 
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Was soll da der gehässige Ton? Bootdiskette hat das Problem doch angesprochen, zu wenig Möglichkeiten für Kinderbetreuung.
Im Mittelstand kann man sich schwer einen Ausfall von 1 Jahr leisten ohne Garantie, dass die Person, wenn sie zurückkehrt, nicht reduziert.
Beim Konzern kann es auch schnell gehen, wenn die Zahlen nicht stimmen.

Es hat nichts mit moralischer Überlegenheit zu tun, sondern Realität.
 
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Politisch stehe ich durchaus hinter dem Tenor. Mir wäre auch lieber, der Staat würde sich viel stärker um die faktische Möglichkeit von Gleichstellung kümmern, bspw. durch einen massiven Quantitativen und Qualitativen Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten, durch eine erweiterte und flexiblere Unterstützung während des ersten Lebensjahres, gerne auch durch direkte Unterstützung für betroffene Arbeitgeber.
Gleichzeitig bin ich mir aber auch bewusst, dass sämtliche Maßnahmen in dieser Richtung immer ihre Grenzen haben werden, solange Frauen die Kinder kriegen und durch eine Geburt im Mittel deutlich stärker beeinträchtigt sind als der Mann.

Es ist Aufgabe der Gesellschaft diesem Umstand Rechnung zu tragen und als Gesellschaft sind wir uns darin einig, dass das Risiko nicht auf die betroffenen Frauen abgewälzt werden soll. Ich habe, wie gesagt, durchaus noch einiges Verständnis für Kleinunternehmer, die persönlich im Risiko stehen. Aber als Arbeitnehmer mit Personalverantwortung ist es weder Aufgabe noch Pflicht sich zum Gehilfen des Arbeitgebers zu machen, der sich auf Kosten anderer schadlos halten möchte. Tatsächlich ist es nicht mal sein Recht. Wer es trotzdem tut, handelt gesetzwidrig und zudem amoralisch.

Das kann man sich natürlich irgendwie mit Verantwortungsethik schönreden: Es geht ja darum, den Betrieb zu schützen und damit auch die restliche Belegschaft usw. Sowas ist aber regelmäßig kein Fall, wo man den Nutzen seriös quantifizieren kann und klar ist, dass die Schwächere fast immer den Kürzeren zieht. Darum ist es imo wesentlich sinnvoller sich auch persönlich die Bürde dieser Abwägung zu ersparen, indem man sich klar macht, dass der Gesetzgeber einem die Entscheidung, wie und ob man das vermeintliche Schwangerschaftsrisiko einbezieht, bereits abgenommen hat.
 
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@Gustavo hast recht. Es ist auch Diskriminierung. Aber wie gesagt ist die Annahme defensible, dass die top10% überall etwa gleich gut sind. [...]


Ich finde es schwer, das rein schwarz-weiß zu sehen. Finde aber gerade die konkrete Diskriminierung rein nach Geschlecht und Ethnie extrem schlecht und für mich daher eine rote Linie.

Sorry, aber ich habe das Gefühl das ist alles 100% ad hoc bei dir. Die Qualität der Schulbildung hat mit Sicherheit einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss darauf, wie gut man an der Universität zurecht kommt. Dementsprechend sind die Top 10%, selbst wenn sie in ihrer Begabung identisch wären, mit ziemlicher Sicherheit keineswegs überall gleich gut (dass sie in ihren Leistungen an der Schule nicht gleich gut sind wissen wir ja). Von da sehe ich jetzt bspw. den Unterschied zu Diskriminierung nach Geschlecht nicht, wo wir ja sogar wissen, dass die Begabung gleich verteilt ist. Deine "rote Linie" basiert alleine darauf, was dir passt oder nicht passt, aber so kann man doch keine Maßnahmen begründen, bei denen es um Fragen von Gerechtigkeit und Fairness geht.
 
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Ach Gottchen, muss schon hart sein keine Frau um die 30 einstellen zu können, weil es einem sonst die eigene Karriere zerschießt. :eagle:

Mal im Ernst: Wenn das deine eigene kleine Klitsche wäre, für dessen Startkredit du dein letztes Hemd verpfändet hättest, könnte ich da ja noch etwas Verständnis aufbringen, aber wenn jeder Angestellte mit Personalverantwortung so denkt, dann brauchen wir wohl wirklich die Frauen- oder eher noch ne Mütterquote.
Achso, jetzt stehen sogar schon mehrere Karrieren auf dem Spiel, weil es ein untragbares Risiko ist, dass Mama kurz vor der allesentscheidenden Deadline spontan und unvorhersehbar Wehen bekommt und schwups, schon wieder ist eine ganze Abteilung am hartzen. Im Grunde ist es die moralisch überlegene Entscheidung, eine potentielle Mutter gar nicht erst einzustellen - zu ihrem Schutz, denn das schechte Gewissen würde mit Sicherheit das Kindeswohl gefährden, und dem Schutz des Bruttosozialprodukts. Vielleicht sollte man einen Orden zu euren Ehren stiften.

Also … ganz ernsthaft … Du scheinst noch nicht in einem größeren Unternehmen Projekt- geschweige denn Personalverantwortung gehabt zu haben. Du hast ein Budget und einen Zeitrahmen in dem Du Dein Produkt liefern kannst, und Dir wird in einem relativ engen Rahmen diktiert was Du zu leisten hast. Das kann man zwar mitgestalten wenn man das Glück hat, dass die Firma einen machen lässt, aber am Ende muss man relativ nah an den theoretisch leistbaren 100% versprechen wenn man seine eigenen (interessanten) Projekte durchbringen will und nicht zu irgendeiner Scheiße verdonnert werden will.
Wenn Du im Team klar verteilte Rollen hast, weil Du es Dir nicht leisten kannst auf jeder Position einen perfekten Generalisten sitzen zu haben, dann ist eine werdende Mutter leider aus Projektsicht ein ziemliches Problem, denn Du hast nach der Mitteilung an den Arbeitgeber so circa 4 Monate (bis der Mutterschutz einsetzt), um einen Ersatz zu finden und einzuarbeiten. Und das muss dann im Regelfall mit zero Zusatzkosten funktionieren, denn das Budget gibt es nicht her, dass man einfach mal ein paar Personenmonate zusätzlich bezahlt.
Wenn man dann zufällig ein Projekt hat, das dem Vorstand wichtig ist, an dem wichtige Teile der Unternehmensroadmap hängen und bei dem jeder Verzug auf 3-6 andere Projekte durchschlägt … jo, dann will ich mal sehen wie locker Du das siehst wenn Du am Ende verantwortlich bist.

Nochmal: Ich würde vermutlich gerne eine der Frauen einstellen wenn sie ihre Papierform bestätigen können. Aber genau die oben beschriebenen Abwägungen könnten dazu führen, dass das nicht passiert.

@GeckoVOD Joar … ein Betriebskindergarten o.ä. wäre mir echt das liebste. Dann könnte man damit hausieren gehen und es positiv ansprechen. Dass Menschen gute Arbeitsbedingungen und interessante Aufgaben schätzen sehe ich ja so auch schon. Ich bin ja nach wie vor Fan der Idee, dass sowohl Frauen als auch Männer gemeinsam Elternzeit nehmen müssen. Das heißt, dass zum Mitteilungszeitpunkt klar ist, dass auch der Mann ein paar Monate weg ist, was die o.g. Risiken gleichverteilt. Dummerweise funktioniert das nicht für Alleinerziehende und Paare bei denen ein Teil nicht arbeitstätig ist. Irgendetwas was dieses Risiko ausgleicht … das wäre eine gute Sache. Beim Splittingvorteil bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher; das Argument der Internalisierung von Pflege und Versorgung ist schon nicht ganz von der Hand zu weisen––auch wenn ich andersherum die Vorstellung, dass man einen Teil des Sozialverhaltens dadurch ökonomisiert, wiederum ziemlich schräg finde.
 
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Das mag ja alles stimmen was du schreibst, aber sein Punkt war schlicht und ergreifend, dass wir als Gesellschaft diese Probleme nunmal nicht auf die Frauen abwälzen dürfen. _Dass_ es in vielerlei Hinsicht ein Problem ist, wenn Frauen aufgrund Schwangerschaft ausfallen ist ja das große Problem, da ist unser System nicht richtig strukturiert. Und klar kann man die Risiken noch etwas weiter splitten, wie mit der Elternzeit, aber eine absolute Gleichverteilung der Risiken wird es auf kurze Zeit imo nicht geben: Bei den meisten selbst jungen Paaren die ich kenne, geht dann doch die Frau zumeist deutlich länger in Elternzeit als der Vater.
Muss aber trotzdem noch mehr umdenken erfolgen: Ansonsten wundern sich dann alle, dass Frauen eines gewissen Bildungsstandes kaum mehr Kinder bekommen. Ja warum wohl?
 
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Es sind nun mal Frauen, die die Kinder bekommen und nicht Männer. Alle Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter kommen um diesen biologischen Fakt nicht drumherum. Wenn Männer und Frauen vom Staat in die Elternzeit gezwungen werden, werden Väter immer noch weniger Elternzeit ableisten müssen als Mütter.

Am Ende des Tages ist es die Entscheidung des Paares, wer schwerpunktmäßig die Erziehung übernimmt und egal ob man der Meinung ist, dass Frauen evolutionsbedingt eher diese Rolle annehmen wollen, ob das Patriarchat ihnen das Hirn wäscht, ob das Paar zur rationalen Entscheidung gelangt, dass der Besserverdienende weiter Vollzeit arbeitet (der Mann), der Mann sich für einen emaskulierten Loser fühlt wenn er zu Hause bleibt oder was auch immer der Grund ist, was hat der Staat denn für ein Interesse daran, Ressourcen zu investieren, um am Status Quo irgendetwas zu ändern? Was ist der Mehrwert, wenn das Verhältnis zwischen Hausmännern und Hausfrauen 50-50 ist? Das ist doch eine Entscheidung, die letzendlich nur 2 Menschen miteinander verhandeln müssen.
Muss aber trotzdem noch mehr umdenken erfolgen: Ansonsten wundern sich dann alle, dass Frauen eines gewissen Bildungsstandes kaum mehr Kinder bekommen. Ja warum wohl?

Niemanden wundert das, die Gründe sind logisch. Mit zunehmenden Bildungsstand der Frauen geht die Zahl der Kinder herunter. Das ist eine irreversible Entwicklung und nichts inhärent Schlechtes. Warum sind wir so interessiert daran, Frauen wieder zu Gebärmaschinen zu machen? Zittern wegen der Rente, ist das alles?
 
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Das mag ja alles stimmen was du schreibst, aber sein Punkt war schlicht und ergreifend, dass wir als Gesellschaft diese Probleme nunmal nicht auf die Frauen abwälzen dürfen. _Dass_ es in vielerlei Hinsicht ein Problem ist, wenn Frauen aufgrund Schwangerschaft ausfallen ist ja das große Problem, da ist unser System nicht richtig strukturiert
dass frauen aufm arbeitsmarkt aufgrund von kinderkriegen benachteiligt sind, wird erst seit ein paar jahren als problem wahrgenommen. dem via quote beizukommen ist obvsl ein kläglicher versuch, weils die wirtschaft gimpt. frauen sollen natürlich nicht schlechter gestellt werden, aber progressivität auf kosten von effizienz ist schlechte politik.
 
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Naja wir scheinen unterschiedliche Ansichten dazu zu haben wenn du denkst, die Entwicklung ist "irreversibel". Meiner Meinung nach liegt das nämlich daran, dass sich diese high performer Frauen in der Entscheidung, vor die irgendwann viele Frauen gestellt werden, nämlich "Kind oder Karierre" dann für die Karriere entscheiden. Das ist aber nichts irreversibles, sondern von der Gesellschaft steuerbar, inwiefern diese Frage so gestellt werden muss.
Das hat auch nichts damit zu tun, Frauen zu Gebärmaschinen zu machen sondern damit, die Alterspyramide zu beeinflussen. In sofern jo, zittern wegen der Rente. :troll:


dass frauen aufm arbeitsmarkt aufgrund von kinderkriegen benachteiligt sind, wird erst seit ein paar jahren als problem wahrgenommen. dem via quote beizukommen ist obvsl ein kläglicher versuch, weils die wirtschaft gimpt. frauen sollen natürlich nicht schlechter gestellt werden, aber progressivität auf kosten von effizienz ist schlechte politik.
Was in welcher Form die Wirtschaft gimpt und was daran inheränt ein Problem ist, ist überhaupt nicht klar. Das freie Wochenende und die 5-Tage Woche war im ersten Schritt auch Progressivität auf Kosten von Effizienz, und musste von den Gewerkschaften gegen harten Protest durchgeprügelt werden ("Am Wochenende gehört Papa mir!"). Hat sich dann aber gezeigt, dass das erstens gut für die Belegschaft ist und zweitens gar nicht so viele Effizienzeinbußen gebracht hat. Und selbst wenn nicht ist Effizienz in der Wirtschaft kein Selbstzweck: wir wollen eine gute Wirtschaft, damit es möglichst vielen Menschen gut geht, nicht damit es der Wirtschaft möglichst gut geht. Das ist in den Zielen oft kongruent, aber sicherlich nicht immer.
 
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achso, und aus obvsl schlechter politik wird lächerliche politik, wenn der ausgleich von diskriminierung zu neuer diskriminierung führt. #xantos
 
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Was in welcher Form die Wirtschaft gimpt und was daran inheränt ein Problem ist, ist überhaupt nicht klar.
nicht nach qualifikation sondern maßstäben wie geschlecht einzustellen ist obvsl ein gimpen. über das ausßmaß lässt sich spekulieren.

Und selbst wenn nicht ist Effizienz in der Wirtschaft kein Selbstzweck: wir wollen eine gute Wirtschaft, damit es möglichst vielen Menschen gut geht, nicht damit es der Wirtschaft möglichst gut geht.
daccord. quote ist dafür aber ungeeignet
 

Gustavo

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dass frauen aufm arbeitsmarkt aufgrund von kinderkriegen benachteiligt sind, wird erst seit ein paar jahren als problem wahrgenommen. dem via quote beizukommen ist obvsl ein kläglicher versuch, weils die wirtschaft gimpt. frauen sollen natürlich nicht schlechter gestellt werden, aber progressivität auf kosten von effizienz ist schlechte politik.

Die Wirtschaft wird es überleben. Wir greifen mit allen möglichen Arbeitnehmerrechten viel stärker in "die Wirtschaft" ein. Wenn "die Wirtschaft" so effizient ist wie du denkst wird das überhaupt kein Problem sein, allen Krokodilstränen der Wirtschaftsvertreter zum Trotz. Ich kann verstehen warum man sich nicht selbst aus eigenem Antrieb schlechter stellen will wie @Bootdiskette es beschreibt, aber genau für solche Fälle gibt es halt einen Staat, der das auf gesamtstaatlicher Ebene löst, damit alle gleiche Bedingungen haben. Zu sagen "Frauen werden halt schwanger, nicht das Problem von Männern, betreibt handel damit" war lange akzeptabel, ist es halt aber zunehmend weniger und dem wird dann halt irgendwann gesetzlich Rechnung getragen werden.
 
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Die Wirtschaft wird es überleben. Wir greifen mit allen möglichen Arbeitnehmerrechten viel stärker in "die Wirtschaft" ein. Wenn "die Wirtschaft" so effizient ist wie du denkst wird das überhaupt kein Problem sein, allen Krokodilstränen der Wirtschaftsvertreter zum Trotz. Ich kann verstehen warum man sich nicht selbst aus eigenem Antrieb schlechter stellen will wie @Bootdiskette es beschreibt, aber genau für solche Fälle gibt es halt einen Staat, der das auf gesamtstaatlicher Ebene löst, damit alle gleiche Bedingungen haben. Zu sagen "Frauen werden halt schwanger, nicht das Problem von Männern, betreibt handel damit" war lange akzeptabel, ist es halt aber zunehmend weniger und dem wird dann halt irgendwann gesetzlich Rechnung getragen werden.
ok, kann ich akzeptieren. was ist mit dem argument, dass die quote zu neuer diskriminierung führt?
 
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In einer perfekten Welt wird dir da vermutlich jeder zustimmen, @tic0r
Es ist aber etwas wohlfeil, diese gleiche moralische Forderung an kleine Unternehmen stellen, die nicht hoch profitabel sind.
Allein schon die Skala spielt ja eine Rolle. Wenn dein einziger Controller 2 Jahre weg ist, ist das was anderes als wenn in einer 30-Personen-Abteilung im Schnitt immer 2 auf long-term leave sind.

Daher ist die Abwälzung auf Unternehmen halt in der Praxis nichts anderes, als die Diskriminierung beizubehalten -- weil die kleinen Unternehmen sich dann halt trotzdem so verhalten, wie nicht gewünscht/ideal.
 

Das Schaf

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In einer perfekten Welt wird dir da vermutlich jeder zustimmen, @tic0r
Es ist aber etwas wohlfeil, diese gleiche moralische Forderung an kleine Unternehmen stellen, die nicht hoch profitabel sind.
Allein schon die Skala spielt ja eine Rolle. Wenn dein einziger Controller 2 Jahre weg ist, ist das was anderes als wenn in einer 30-Personen-Abteilung im Schnitt immer 2 auf long-term leave sind.

Daher ist die Abwälzung auf Unternehmen halt in der Praxis nichts anderes, als die Diskriminierung beizubehalten -- weil die kleinen Unternehmen sich dann halt trotzdem so verhalten, wie nicht gewünscht/ideal.
Was den das für ein Argument?
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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ok, kann ich akzeptieren. was ist mit dem argument, dass die quote zu neuer diskriminierung führt?

Damit kann ich schon gut leben. Wenn das "neue Diskriminierung" ist, dann ist die Tatsache, dass nur Frauen schwanger werden können "natürliche Diskriminierung" und es ist der klassische Sein/Sollen-Fehlschluss so zu tun als wäre Letzteres besser als Ersteres.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Die Wirtschaft wird es überleben. Wir greifen mit allen möglichen Arbeitnehmerrechten viel stärker in "die Wirtschaft" ein. Wenn "die Wirtschaft" so effizient ist wie du denkst wird das überhaupt kein Problem sein, allen Krokodilstränen der Wirtschaftsvertreter zum Trotz. Ich kann verstehen warum man sich nicht selbst aus eigenem Antrieb schlechter stellen will wie @Bootdiskette es beschreibt, aber genau für solche Fälle gibt es halt einen Staat, der das auf gesamtstaatlicher Ebene löst, damit alle gleiche Bedingungen haben. Zu sagen "Frauen werden halt schwanger, nicht das Problem von Männern, betreibt handel damit" war lange akzeptabel, ist es halt aber zunehmend weniger und dem wird dann halt irgendwann gesetzlich Rechnung getragen werden.

Sehe ich auch so. Man muss nur auf der anderen Seite sehen, dass Frauen auch begreifen müssen, dass man nicht den Kuchen essen und behalten kann. Also Vollzeitmami und die "wichtigsten" Jahre 0-5 (und dann am besten nochmal für Kind 2 direkt im Anschluss) voll mitbekommen aber gleichzeitig auch "Karriere" machen udn vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen gleichauf sein, die eben nicht 0-5 Jahre Pause gemacht haben, ist die Quadratur des Kreises.

D.h. es gibt in der echten Welt nur zwei mögliche Wege: Karriere und Kind viel fremdbetreuen (hätte ich 0 pain mit, aber die deutschen Hängen nunmal ihrem Bild der GLuckenmutter aus Hitlerzeiten nach und denken ernsthaft, dass nur eine bioligische Mutter ein Kind betreuen kann oder dass es schädlich wäre, wenn das Baby nicht 24/7 an der Mutter hängt wie so ein Orang Utan Kind lul *lachtinfranzösisch*); oder halt keine Karriere. Aber dann bitte nicht rumheulen, dass das "System" einen diskriminiert.
 
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Also … ganz ernsthaft … Du scheinst noch nicht in einem größeren Unternehmen Projekt- geschweige denn Personalverantwortung gehabt zu haben. Du hast ein Budget und einen Zeitrahmen in dem Du Dein Produkt liefern kannst, und Dir wird in einem relativ engen Rahmen diktiert was Du zu leisten hast. Das kann man zwar mitgestalten wenn man das Glück hat, dass die Firma einen machen lässt, aber am Ende muss man relativ nah an den theoretisch leistbaren 100% versprechen wenn man seine eigenen (interessanten) Projekte durchbringen will und nicht zu irgendeiner Scheiße verdonnert werden will.
Wenn Du im Team klar verteilte Rollen hast, weil Du es Dir nicht leisten kannst auf jeder Position einen perfekten Generalisten sitzen zu haben, dann ist eine werdende Mutter leider aus Projektsicht ein ziemliches Problem, denn Du hast nach der Mitteilung an den Arbeitgeber so circa 4 Monate (bis der Mutterschutz einsetzt), um einen Ersatz zu finden und einzuarbeiten. Und das muss dann im Regelfall mit zero Zusatzkosten funktionieren, denn das Budget gibt es nicht her, dass man einfach mal ein paar Personenmonate zusätzlich bezahlt.
Wenn man dann zufällig ein Projekt hat, das dem Vorstand wichtig ist, an dem wichtige Teile der Unternehmensroadmap hängen und bei dem jeder Verzug auf 3-6 andere Projekte durchschlägt … jo, dann will ich mal sehen wie locker Du das siehst wenn Du am Ende verantwortlich bist.

Nochmal: Ich würde vermutlich gerne eine der Frauen einstellen wenn sie ihre Papierform bestätigen können. Aber genau die oben beschriebenen Abwägungen könnten dazu führen, dass das nicht passiert.
Sorry, aber du tust so, als sei das hier ne empirische Diskussion ("dir fehlt einfach die Erfahrung"), das ist es nicht. Ich bestreite nicht, dass eine Schwangerschaft für Arbeitgeber und Kollegen ein Problem ist. Aber wenn wir es einigermaßen seriös angehen, dann müssten wir schon sagen: Auch die meisten heutigen männlichen Akademiker würden Elternzeit nehmen, wenn sie Vater werden. Das wird in der Regel deutlich weniger sein, als die Mutter nimmt, aber es geht hier nicht um den Fall Frau 14 vs Mann 0, sondern um irgendeinen Wert dazwischen, den wir nicht genau kennen. Dann kannst du Stand heute auch nicht seriös quantifizieren, wie wahrscheinlich das Ereignis überhaupt eintritt und welche substantiell negativen Auswirkungen diese Differenz hätte.
Du malst hier ein Worst-Case-Szenario an die Wand, das letztlich doch eher unwahrscheinlich ist. Ein Problem wird es in der Regel durchaus sein, aber oft auch einfach eins, das man lösen kann.
Wir können davon ausgehen, dass die aller meisten Männer in Personalverantwortung sich nicht die Karriere zerschießen oder auch nur - bezogen auf ihr gesamtes Erwerbsleben - substantielle Nachteile erleiden, weil sie ne Frau einstellen, die schwanger werden könnte. Die Chance, dass eine beliebige Frau, die nicht grad im öffentlichen Dienst arbeitet, substantielle Nachteile erleidet, ist ungleich größer.

Und selbst wenn es so wäre, dass du am Ende hier der Gekniffe wärst. Dann bist du immernoch der Mann in der deutlich stärkeren Position, der vielleicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen gewissen Nachteil erleidet. Die Frau ist eh schon in der schwächeren Position und erleidet einen wesentlich krasseren Nachteil sicher, weil sie den Job nicht kriegt - und vielleicht den nächsten und den übernächsten auch nicht.

Menschlich kann ich deine Einstellung durchaus nachvollziehen. Aber moralisch halte ich sie für untragbar. Und es hilft imo auch nicht, wenn wir hier so tun, als sei daran nichts Verächtliches, wenn es ganz klar so ist.
Mich erinnert das an Menschen, die jede Zivilcourage vermissen lassen, weil sie den Selbstschutz über alles stellen. Eine Welt, wo jeder versucht Nachteile für sich erstmal auszuschließen, bevor er Nachteile für andere in Betracht zieht, ist eine scheiß Welt, in der ich persönlich nicht leben will und - da bin ich ziemlich sicher - du auch nicht.
 
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parats'

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Sehe ich auch so. Man muss nur auf der anderen Seite sehen, dass Frauen auch begreifen müssen, dass man nicht den Kuchen essen und behalten kann. Also Vollzeitmami und die "wichtigsten" Jahre 0-5 (und dann am besten nochmal für Kind 2 direkt im Anschluss) voll mitbekommen aber gleichzeitig auch "Karriere" machen udn vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen gleichauf sein, die eben nicht 0-5 Jahre Pause gemacht haben, ist die Quadratur des Kreises.
Kennst Du denn eine Frau, die sich nach der Elternzeit darüber beschwert, dass sie keine Karriere machen kann bzw. die Anlaufhürde höher ist?
In meinen bisherigen 14 Arbeitsjahren kann ich diese Sorte Frau an einer Hand abzählen.
Und komm mir jetzt nicht mit irgendwelchen versprengten Emma Journalistinnen oder Alice Schwarzer.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Kennst Du denn eine Frau, die sich nach der Elternzeit darüber beschwert, dass sie keine Karriere machen kann bzw. die Anlaufhürde höher ist?

Ja, sehr viele. Angefangen von Kolleginnen über meine beste Freundin, die bei einem großen Automobilkonzern ist und dort zwar auch nach dem Kind weiter "Karriere" macht, aber eben deutlich langsamer. Sie ist natürlich reflektiert genug um zu verstehen, dass es ihre eigene Entscheidung ist und nich irgend ein "System", das sie diskriminiert. Aber man reibt sich schon zwischen diesen zwei Idealen auf in als hochqualifizierte Frau in Deutschland und das tut mir immer so leid zu sehen, weil es zwei sich logisch ausschließende Rollen sind. Wenn Du nicht bereit bist dein Kind hauptsächlich betreuen zu lassen, ob nun durch Großeltern oder Profis, kannst Du rein logisch keine "Karriere" machen wie jemand, der X Jahre mehr "reingesteckt" hat. C'est la vie. Die betreffende Freundin ist sogar Halbfranzösin und sieht zB bei ihren Cousinen in Frankreich, wie es völlig problemlos ist als Mutter Karriere zu machen, wenn man das KInd eben sofort nach 3-6 Monaten zur Betreuung gibt. Aber dann kickt ihre deutsche Sozialisation und sie kriegts nicht übers Herz, weil einem hier seit ca. 100 Jahren in den Kopf gehämmert wird, dass das deutsche KInd seine deutsche Mutter und sonst niemanden braucht. Eine selbstgemacht Qual für deutsche Frauen.

Also um deine Frage zu beantworten: ich kenne sehr viele Frauen, die mit der Situation auf diese Weise nicht zufrieden sind. Die Unreflektierten geben halt irgendwelchen Systemen oder dem bösen Patriarchat die Schuld und labern irgend einen Blödsinn von "kapitalistischer Verwertungslogik" und "problematisch", die Schlauen verstehen, dass es ihre eigenen Komplexe sind und ihre eigene Entscheidung, aber die "Rabenmutter" Sprüche gibts dann doch eher von der Gesellschaft. Hier wäre in der Tat mal ein gesellschaftliches Umdenken angebracht.

Das für mich kuriose daran: es gibt für dieses Problem in Deutschland keine Geldlösung (und ich HASSE Probleme, die sich nicht mit Geld lösen lassen). Das ist mir völlig schleierhaft. Besagte Freundin ist, wie gesagt, führend bei einem großen Autokonzern tätig, ihr Mann als Ingenieur ebenso, Geld ist da wirklich kein Problem. Sie würden tausende von Euros für eine gute, professionelle und zeitlich flexible Betreuung bezahlen. 3000€ im Monat wären kein Problem zB. (so viel kostet der Fulltime Service in Paris bspw.). Aber es existieren solche Angebote in Deutschland schlichtweg nicht. Wenn ich Kinder nicht so nervig finden würde, würde ich sowas gründen. Eine 24/7 Betreuung mit ordentlichem Schlüssel (maximal 2-3 Kinder pro Betreuer), die jedes Kind zu jeder gewünschten Tages- und Nachtzeit abholt, hinbringt, bespaßt, bespielt, was auch immer und wann auch immer es nötig ist. Mit eigenem Shuttleservice vor die Haustür und Gourmeterbsenbrei vom Sternekoch. Sagen wir für 10k im Monat. Es gibt definitiv einen Markt dafür.
 
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Wenn wir mal von zwei Kindern ausgehen, wo die deutsche Mutter jeweils 6 bis 9 Monate länger Elternzeit nimmt, dann ist das insgesamt eine Differenz von 12 bis 18 Monaten. Das lässt schon zweifeln, dass es rein sachliche Gründe gibt, weshalb die Karriere allein deshalb deutlich langsamer verlaufen muss.
Oft kommt natürlich dazu, dass die Mutter dann vielleicht noch länger in Teilzeit arbeitet und/oder für Überstunden nicht in demselben Ausmaß zur Verfügung steht, solange die Kinder sehr jung sind. Sowas könnten in vielen Fällen aber die Väter auffangen, wenn wir näher an der Parität wären bei der Elternzeit.

Und selbstgemachte Qual trifft es imo auch nicht ganz. Es ergibt durchaus Sinn, dass man Kinder nicht direkt mit 3 oder 6 Monaten in eine Vollzeitbetreuung gibt. Die meisten Psychologen sehen das bis zum Alter von zwei Jahren eher kritisch.
Man sollte imo zugestehen, dass es weder für die meisten Eltern noch die Kinder keine attraktive Option ist Kinder für 8, 9 oder 10 Stunden am Tag in die Kita zu stecken. Dass es einen gewissen Trade-Off zwischen Familie und Karriere geben muss, ist im Gegenzug an sich nicht problematisch. Aber man kann imo durchaus noch einiges dafür tun, dass dieser Trade-Off weniger drastisch ausfällt - sowohl seitens staatlicher Unterstützung als auch in unserer Arbeitskultur. Andere Länder sind da durchaus weiter.

Letztlich haben der Staat und die Gesellschaft ein Interesse daran, dass die Leute und gerade hochqualifizierte Eltern mehrere Kinder bekommen.
 
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Benrath

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Verstehe die Firmen, aber sehe auch nicht die Lösung, dass den Frauen vorzuwerfen.
Welche Projekt sind denn so langfristig und so wichtig, dass man ab einer gewissen Firmengröße den Ausfall einer Person nicht kompensieren kann? Dann liegt etwas anderes im Argen. Dass das individuell für den Leiter des Projekts doof etc. pp geschenkt. Und genau die Überlegungen die Booty beschreibt sind, sind der Grund warum man regulierende Eingreifen muss (falls möglich). Auf der anderen Seite finden sich sonst korrelierte Argumente, um das gewünscht Ziel zu erreichen. Sei es der Character in Havard oder whatever.

Den Unmut zu "bei gleicher Qualifikation" verstehe ich nicht ganz. Wo kommt dass denn so häufig vor? Es ist eher ein Signal dafür, dass man Frauen motivieren möchte. Ich wüsste gar nicht wie das ablaufen sollte. Im ÖD werden die Interviews zumindest hier bepunktet und jeder bekommt die gleichen Fragen. Ich gehe davon aus, dass man sich in der Bewertung am Ende so festlegt, dass der gewollte Kandidat(in) die meisten Punkte hat, um Zweifel zu zerstreuen. Daher ist das für mich ein non-issue.

Ansonsten hat Heator einen Punkt. Das man sich einfach entscheiden muss. Es gibt keine komplette Balance zwischen Karriere und Familie und imho können nicht beide Elternteile ohne Einschränkungen weitermachen, wenn man nicht bereit ist Fremdbetreuung im hohen Ausmaß zu akzeptieren. Je nach Lage gibt es dafür auch genug Angebote und sei es, dass man privat jemand einstellt.. also wenn du von 10k pro Monate laberst.. lol.

Oder man verzichtet solange auf Kinder, bis man nicht mehr aktiv auf sie verzichtet und die Biologie für einen entscheidet.


Aus der eigenen Perspektive kann ich auch sagen, dass man die ersten zwei Jahre auch gut mit Hilfe abdecken kann, wenn man Sie im Umfeld hat. z.B. zwei Tage durch die Großeltern. Einen Tage durch eine extern Hilfe und jedes Elternteil einen Tag. Wenn die temporäre Arbeitszeitreduktion um 20%, dann der Karriere im Weg steht, gabs eventuell die Karriere nie. Zudem kann man die 20 % auch noch zu Nebenzeiten teilweise nachholen.

Eventuell müssen wir auch definieren was Karriere heißt. Nix gegen uns aber wer wird hier denn noch CEO? Professor steht für einige vielleicht noch im Raum? Im ÖD ist die Hierarchie recht flach jenseits von Referatsleiter ist schon eher utopisch.
Wäre fast ein Extrathread im LSZ "Karriereziele" im LSZ wert.
 
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Die Wirtschaft wird es überleben. Wir greifen mit allen möglichen Arbeitnehmerrechten viel stärker in "die Wirtschaft" ein. Wenn "die Wirtschaft" so effizient ist wie du denkst wird das überhaupt kein Problem sein, allen Krokodilstränen der Wirtschaftsvertreter zum Trotz. Ich kann verstehen warum man sich nicht selbst aus eigenem Antrieb schlechter stellen will wie @Bootdiskette es beschreibt, aber genau für solche Fälle gibt es halt einen Staat, der das auf gesamtstaatlicher Ebene löst, damit alle gleiche Bedingungen haben. Zu sagen "Frauen werden halt schwanger, nicht das Problem von Männern, betreibt handel damit" war lange akzeptabel, ist es halt aber zunehmend weniger und dem wird dann halt irgendwann gesetzlich Rechnung getragen werden.
Dann muss der Staat aber auch erstmal seine Hausaufgaben machen...von so Kram wie Recht auf einen Kita-Platz kann sich halt auch keiner was kaufen, wenn sich das so nicht in der Realität nicht so wirklich widerspiegelt.
Alles was ich so im Umfeld von Eltern junger Kinder mitgekriegt habe spricht nämlich nicht grad dafür, dass das alles easy ist ein Kind neben der Arbeit betreut zu kriegen, wenn nicht zufällig der Arbeitgeber da ein tolles Angebot hat.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Ansonsten hat Heator einen Punkt. Das man sich einfach entscheiden muss. Es gibt keine komplette Balance zwischen Karriere und Familie und imho können nicht beide Elternteile ohne Einschränkungen weitermachen, wenn man nicht bereit ist Fremdbetreuung im hohen Ausmaß zu akzeptieren. Je nach Lage gibt es dafür auch genug Angebote und sei es, dass man privat jemand einstellt.. also wenn du von 10k pro Monate laberst.. lol.

Das ist für meinen Topnotch Service gemeint, nach Vorbild New Yorker Kinderbetreuung. Da reden wir wie gesagt vom 24/7 Service inkl. Shuttlebus/Hubschrauber/Privatflugzeug (etwa wenn man das Kind am WE von München nach Sylt fliegen muss), Sternekoch und Ballerina aus dem Bolshojtheater als Bewegungstherapeutin (gibts wirklich, war mal ne Doku auf Arte :D).

Aber laut den Angaben besagter Freundin würde eine Betreuung, die ihr und ihrem MAnn gleichberechtigte Arbeit ermöglichen würde durchaus um die 2k € im Monat kosten. Vielleicht meinen die auch eine AuPair oder sowas.

Aus der eigenen Perspektive kann ich auch sagen, dass man die ersten zwei Jahre auch gut mit Hilfe abdecken kann, wenn man Sie im Umfeld hat. z.B. zwei Tage durch die Großeltern.

Das ist mE sowieso die beste Lösung, soweit man sich mit den Großeltern gut versteht. mE der absolute Königsweg, weil keine wirkliche "Fremdbetreuung", aber in Deutschland auch wieder nicht möglich in der Fläche, da die Menschen viel zu individualistisch sind, über das ganze Land verstreut leben und auch Großeltern lieber auf Kreuzfahrten chillen als in die Nähe der Kinder zu ziehen und bei der Erziehung ihrer Enkel zu helfen. Dafür kommen sie dann halt auch ins Heim, Generationsvertrag #Deutschland :deliver:

Wenn wir mal von zwei Kindern ausgehen, wo die deutsche Mutter jeweils 6 bis 9 Monate länger Elternzeit nimmt, dann ist das insgesamt eine Differenz von 12 bis 18 Monaten. Das lässt schon zweifeln, dass es rein sachliche Gründe gibt, weshalb die Karriere allein deshalb deutlich langsamer verlaufen muss.

Du lässt hier außer Acht, dass beide Ereignis sich leider oft zeitlich überschneiden. Frauen bekommen in akademischen Berufen oft gerade dann die Kinder, wenn es an die Weichenstellungen für die Karriere geht, nämlich nachdem sie ein paar Jahre im Beruf waren und eigentlich die nächsten Sprünge rausgehen.

Würde man Kinder mit 50 bekommen, wäre das so wie du sagst. 12-18 Monate könnte man problemlos verkraften, so wie man aus der ein oder anderen gefestigten Position ja auch ein Jahr Sabbatical o.Ä. einschieben kann.

Und selbstgemachte Qual trifft es imo auch nicht ganz. Es ergibt durchaus Sinn, dass man Kinder nicht direkt mit 3 oder 6 Monaten in eine Vollzeitbetreuung gibt. Die meisten Psychologen sehen das bis zum Alter von zwei Jahren eher kritisch.

Ich will da gar keine feste Meinung zu äußern, dafür kenne ich mich zu wenig aus. Aber imho spricht die Tatsache, dass es nicht wenige Länder gibt, in denen es völliger Usus ist Babies auch direkt nach der Geburt betreuen zu lassen, nicht wirklich für die These. Jedenfalls wäre mir nicht bekannt, dass die Anzahl psychischer Erkrankungen o.Ä. in Frankreich signifikant höher wäre.

Imho hatten wir in einer ähnlichen Situation auch mal über solche Studien gesprochen, die besagen, dass es dem Baby vollkommen wurscht ist, ob es von seiner eigenen Mutter, der Nanny, der Großmutter oder dem Kneipenwirt ausm ersten Stock versorgt wird, solange es sich sicher fühlt und gut versorgt wird. Das entspräche auch dem "ursprünglichen" Zugang zur Kindererziehung, wo auch nicht nur die Eltern für die Erziehung zuständig waren, sondern eben die ganze Gemeinschaft und wo eine Frau eben auch mal alle Babies des Dorfes gehütet hat, während die anderen auf dem Feld waren o.Ä.

Imho ist die Quintessenz, dass Babies und Kleinkinder vor allem vertraute Bezugspersonen brauchen, die für sie da sind. WER das ist, ist völlig egal, Mütter haben bis auf das Stillen keine magische besondere Verbindung oder Notwendigkeit für das Baby. Das ist imho eher Teil der deutschen Mutterlegende und der Überfrachtung dieser Rolle mit ideologisch/mystischer Bedeutung.
 
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Es geht ja nicht darum, dass es unbedingt die Mutter sein muss. Wenn ich mir ne gute Kinderfrau leisten könnte, hätte ich auch null Problem mit 8 Stunden Fremdbetreuung fürs Baby. Aber das können sich die meisten Familien halt nicht leisten. Die übliche und (leider) politisch erwünschte Fremdbetreuung findet in einer Kitagruppe statt, obwohl bekannt ist, dass das zumindest für U2jährige nicht optimal ist. Selbst Tagesmütter sind afaik nur geduldet, weil es vielerorts an Kitaplätzen fehlt. Hier folgt die Politik imo einem falschen, da weder kind- noch elterngerechten Paradigma.
In Frankreich ist z.B. Tandembetreuung relativ verbreitet und wird auch staatlich bezuschusst: eine Tagesmutter passt auf zwei Kinder wechselweise im Haushalt einer der beiden Familien auf. Das bedeutet für das Kind viel Zeit in vertrauter Umgebung und einen halbwegs akzeptablen Betreuungsschlüssel auch für U1 - zum Vergleich: Selbst in Krippen liegt der der Schlüssel sind in der Regel bei >3 Babys pro Erzieherin.
Bei uns kann man dagegen entweder gratis einen Kitaplatz in Anspruch nehmen, für den der Staat sowas wie 1500 Euro im Monat zahlt, oder man kann die Betreuung selbst regeln und selbst zahlen. Viel sinnvoller wäre imo, wenn das Geld als Gutschein zur Verfügung stehen würde, so dass auch für Familien mit mittlerem Einkommen eine hochwertige private Betreuung erschwinglich wäre. Wenn man sich bspw. mit einer weiteren Familie zusammenschließt, wäre so quasi eine Vollzeitbetreuung möglich, wenn man selbst noch was drauflegt.

Zu Frankreich: Es gibt durchaus einiges an Pushback gegen den französischen Weg und viele Französinnen machen das auch nicht aus Überzeugung, sondern weil es schlicht von ihnen erwartet wird oder sie müssen. Ein Elterngeld als Lohnersatzleistung wie bei uns gibt es dort nämlich nicht. Trotzdem ist es lange nicht so, dass jede Mutter nach 3 Monaten wieder arbeiten geht. Ich hab grad keine Zahlen zur Hand, aber als ich das letzte Mal ne Statistik dazu gesehen habe, war ich überrascht, wie wenig es waren - im Gegensatz zum verbreiteten Klischee.


Du lässt hier außer Acht, dass beide Ereignis sich leider oft zeitlich überschneiden. Frauen bekommen in akademischen Berufen oft gerade dann die Kinder, wenn es an die Weichenstellungen für die Karriere geht, nämlich nachdem sie ein paar Jahre im Beruf waren und eigentlich die nächsten Sprünge rausgehen.
Das hätte ich gerne mal genauer erläutert. Ich verstehe das Narrativ dahinter. Aber warum sollte es jemanden weniger kompetent bspw. für Führungsaufgaben machen, wenn er seine 2 Jahre Pause mitten im Berufsleben einlegt, statt dass er bspw. einfach 2 Jahre später einsteigt oder das macht, wenn er seine Position bereits etabliert hat?
Das ergibt für mich wenig Sinn, außer aus der Sicht Dritter, die damit negative Stereotype verbinden.
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Sehe ich auch so. Man muss nur auf der anderen Seite sehen, dass Frauen auch begreifen müssen, dass man nicht den Kuchen essen und behalten kann. Also Vollzeitmami und die "wichtigsten" Jahre 0-5 (und dann am besten nochmal für Kind 2 direkt im Anschluss) voll mitbekommen aber gleichzeitig auch "Karriere" machen udn vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen gleichauf sein, die eben nicht 0-5 Jahre Pause gemacht haben, ist die Quadratur des Kreises.

D.h. es gibt in der echten Welt nur zwei mögliche Wege: Karriere und Kind viel fremdbetreuen (hätte ich 0 pain mit, aber die deutschen Hängen nunmal ihrem Bild der GLuckenmutter aus Hitlerzeiten nach und denken ernsthaft, dass nur eine bioligische Mutter ein Kind betreuen kann oder dass es schädlich wäre, wenn das Baby nicht 24/7 an der Mutter hängt wie so ein Orang Utan Kind lul *lachtinfranzösisch*); oder halt keine Karriere. Aber dann bitte nicht rumheulen, dass das "System" einen diskriminiert.

Na ja, grundsätzlich stimme ich zu, allerdings muss man schon auch sagen, dass mehr getan werden könnte, um den Flaschenhals mütterverträglicher zu machen. Wenn Leute von "Karriere machen" reden geht es viel zu oft um eine ganz dünne Oberschicht in Unternehmen, die die allermeisten Leute so oder so nie erreichen werden, ganz unabhängig vom Geschlecht. Aber auch in viel durchschnittlicheren Karrieren gibt es durchaus Beförderungen und da könnte man deutlich mehr für Mütter machen, selbst wenn sie ein paar Jahre ausfallen. Die wenigsten Leute machen technisch so anspruchsvolle Berufe, dass man ernsthaft argumentieren kann, wer ein paar Jahre aus dem Berufsleben raus ist hat so viel Humankapital verloren, dass er nicht mehr konkurrenzfähig zu Leuten ist, die fünf Jahre später angefangen haben aber keine Auszeit hatten. Mir scheint das Problem sind weniger lange Auszeiten als die Tatsache, dass viel zu viele Frauen mit Kindern nicht mehr Vollzeit arbeiten.

Nur als Beispiel: An der Uni an der ich arbeite kriegen Eltern* ein zusätzliches Jahr auf der tenure clock für jedes Kind, das sie bekommen. Sowohl in Mainz als auch in Heidelberg, wo ich in Deutschland studiert hatte, hatten wir am Fachbereich Fälle wo junge Frauen als Juniorprofessorinnen angestellt wurden die dann Kinder bekommen haben und an beiden Unis wurde sich zuerst geweigert, die Stelle überhaupt zu verlängern. In Mainz haben Leute von Fachbereich wohl intern gedroht, damit an die Presse zu gehen und die Stelle wurde letztendlich um ein Jahr verlängert, wie die Sache in Heidelberg ausgegangen ist weiß ich nicht weil das ganz am Ende meiner Zeit da passiert ist.




*fairerweise kann man sich da durchaus fragen, ob Väter und Mütter da tatsächlich gleich behandelt werden sollten
 

Gelöschtes Mitglied 137386

Guest
Es geht ja nicht darum, dass es unbedingt die Mutter sein muss. Wenn ich mir ne gute Kinderfrau leisten könnte, hätte ich auch null Problem mit 8 Stunden Fremdbetreuung fürs Baby.

Stimme ich absolut zu und ja, optimalerweise würde eben der Staat sicherstellen, dass jeder Bürger genau das hat. Allerdings habe ich nach wie vor Bedenken, ob die Deutschen ein Modell, wie es eben in Frankreich praktiziert wird, auch annehmen würde. Wenn also für alle und jeden eine Kita ab 0 Jahren zur Verfügung stehen würde (und der Betreuungsschlüssel ok wäre), wäre ich mir nicht sicher, ob Deutsche diese in ähnlicher Weise iN Anspruch nehmen wie Französinnen. Das ist einfach eine tiefgreifende kulturelle Differenz (die übrigens mal wieder zeigt wie diametral unterschiedlich selbst sehr ähnliche Kulturen in ganz fundamentalen Lebensfragen sein können).

Die übliche und (leider) politisch erwünschte Fremdbetreuung findet in einer Kitagruppe statt, obwohl bekannt ist, dass das zumindest für U2jährige nicht optimal ist. Selbst Tagesmütter sind afaik nur geduldet, weil es vielerorts an Kitaplätzen fehlt. Hier folgt die Politik imo einem falschen, da weder kind- noch elterngerechten Paradigma.
In Frankreich ist z.B. Tandembetreuung relativ verbreitet und wird auch staatlich bezuschusst: eine Tagesmutter passt auf zwei Kinder wechselweise im Haushalt einer der beiden Familien auf. Das bedeutet für das Kind viel Zeit in vertrauter Umgebung und einen halbwegs akzeptablen Betreuungsschlüssel auch für U1 - zum Vergleich: Selbst in Krippen liegt der der Schlüssel sind in der Regel bei >3 Babys pro Erzieherin.

100% Zustimmung, s.o. Ich wette aber mit Dir, dass wenn sowas hier üblich wäre, sofort die nervigen Aktivisten auf der Matte stehen würden und irgendwas von "Ausbeutung von Frauen für Carearbeit" faseln würden, weil Serviceleistungen nämlich auch patriarchal und kapitalistische Ausbeutung sind ( so wie bspw. Hausfrauen, Putzkräfte usw.). Aber ist n anderes Thema.

An sich sehe ich auch keinen Weg an diesem Konzept vorbei, übrigens auch schon aus pragmatischen Gründen - Kinderbetreuung ist ein riesiger Arbeitsmarkt für geringqualifizierte Frauen und gerade für Migrantinnen hochattraktiv. Eine win-win Situation eigentlich.

Das hätte ich gerne mal genauer erläutert. Ich verstehe das Narrativ dahinter. Aber warum sollte es jemanden weniger kompetent bspw. für Führungsaufgaben machen, wenn er seine 2 Jahre Pause mitten im Berufsleben einlegt, statt dass er bspw. einfach 2 Jahre später einsteigt oder das macht, wenn er seine Position bereits etabliert hat?
Das ergibt für mich wenig Sinn, außer aus der Sicht Dritter, die damit negative Stereotype verbinden.

Naja weil "Karriere" ja normalerweise grob so abläuft: Du fängst an, Du sammelst Erfahrung, machst Dir einen Namen, machst auf dich aufmerksam, kriegst mehr Verantwortung, lieferst auch dort ab, kriegst wieder mehr Verantwortung, dann wird irgendwo ein Stuhl frei und in diesem Moment muss derjenige, der den Stuhl besetzt, dein Gesicht gerade präsent haben als derjenige, der die LEistung JETZT gerade bringt.

Haust Du gerade ab, als Du dabei warst Dir einen Namen in der Firma zu machen, vergisst man Dich halt wieder. Sowas geht ruckzuck. Hier weiß man kaum noch den Namen der Kollegin, die vor einem Jahr in Elternschutz gegangen ist. Und wenn sie wiederkommt, wird die nächsthöhere Position halt schon vergeben sein an eine Kollegin, die in der Zeit eben da war. Dass oder ob jemand "kompetenter" ist, spielt in der echten Welt doch nun wirklich eine maximal sekundäre Rolle. Wir wissen ja hoffentlich alle, dass Beförderungen und Karriere nicht so viel mit Kompetenz und Leistung zu tun haben, wie mit Beziehungen, Beliebtheit und der Fähigkeit auf den ersten Blick erstmal kompetent zu wirken.
 
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Nur als Beispiel: An der Uni an der ich arbeite kriegen Eltern* ein zusätzliches Jahr auf der tenure clock für jedes Kind, das sie bekommen.
Das finde ich krass.
Wenn es nur fürs Geld ist, ok.
Aber wenn man postuliert: "Du brauchst X tenure für Position Y", dann verstehe ich es nicht.
Entweder das Requirement ist nicht nötig -- dann sollte man es streichen.
Oder es ist nötig -- dann sollte man es nicht verschenken, ohne dass die damit einhergehende Erfahrung tatsächlich vorliegt.

Für mich bedeutet es eher, dass man rückkehrende Eltern nach einem Break nicht benachteiligt / bewusst berücksichtigt & ggf auch überlegt, wie Teilzeit-Führungskräfte funktionieren können.

Also dass der Break keine nachhaltigen Folgeschäden hat.

Aber den Break zu kompensieren halte ich nicht für sinnvoll.

Wenn du 3 Jahre gearbeitet hast und dann fast am Stück 4 Jahre Elternzeit machst (nicht total selten bei Müttern mit mehreren Kindern), dann hast du halt nur 3,X Jahre Berufserfahrung, keine 7. Idealerweise hast du die selben Chancen wie jemand anders mit 3,X Jahren Berufserfahrung. Aber nicht soviel wie jemand mit 7. (Ceteris Paribus der Einfachheit halber -- es kann ja derjenige mit 3 Jahren Erfahrung besser geeignet sein als der mit 7 etc.).
 

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Ich will da gar keine feste Meinung zu äußern, dafür kenne ich mich zu wenig aus. Aber imho spricht die Tatsache, dass es nicht wenige Länder gibt, in denen es völliger Usus ist Babies auch direkt nach der Geburt betreuen zu lassen, nicht wirklich für die These. Jedenfalls wäre mir nicht bekannt, dass die Anzahl psychischer Erkrankungen o.Ä. in Frankreich signifikant höher wäre.
Müsste man sich wahrscheinlich sehr differenziert anschauen, psychische Erkrankung ist schon hochgegriffen, gerade wenn es um den Kindes- und später den Jugendbereich geht. Diagnosen werden in dem Altersbereich (zu recht) spärlich vergeben, insofern als das (Laienwissen) es schon eine Erkrankung in dem von dir wohl gemeinten Bereich liegt. Ohne irgendeine Kausalität unterstellen zu wollen und zu postulieren, dass Kinderbetreuung nach X Monaten die Apokalypse bedeutet. Insgesamt bin ich schon bei dir, dass es wohl eher kulturell in Westdeutschland nicht angenommen werden würde.

Ansonsten # an Gustavo / saistaed. Das Versanden beginnt quasi bei Einstellung und die Beförderungen für die breite Masse kann man schwerlich an den 2-3 Jahren Auszeit festtackern. Oder dem Irrglauben, dass für minimal mehr Verantwortung eine Teilzeit schon das Todesurteil ist. Um es in ein quantifizierbares Beispiel zu rücken, wir reden hier eventuell um die Höherstufung von TVÖD E7 auf E9 oder sowas, nicht von E11 auf AT und darüber hinaus. Selbst Führungsaufgaben können mit Teilzeit möglich sein, wenn es nicht gleich im extremen Projektgeschäft ist.
 
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Stimme ich absolut zu und ja, optimalerweise würde eben der Staat sicherstellen, dass jeder Bürger genau das hat. Allerdings habe ich nach wie vor Bedenken, ob die Deutschen ein Modell, wie es eben in Frankreich praktiziert wird, auch annehmen würde. Wenn also für alle und jeden eine Kita ab 0 Jahren zur Verfügung stehen würde (und der Betreuungsschlüssel ok wäre), wäre ich mir nicht sicher, ob Deutsche diese in ähnlicher Weise iN Anspruch nehmen wie Französinnen. Das ist einfach eine tiefgreifende kulturelle Differenz (die übrigens mal wieder zeigt wie diametral unterschiedlich selbst sehr ähnliche Kulturen in ganz fundamentalen Lebensfragen sein können).
Diese kulturellen Unterschied gibt es sicherlich. Ich denke aber schon, dass man viel bewirken könnte, wenn die Kinderbetreuung wirklich flächendeckend in hoher Qualität zur Verfügung stünde und wenn man insbesondere für kleinere Kinder, für die Gruppenbetreuung noch nichts ist, andere flexible Lösungen explizit staatlich fördern würde.
Ich kenne eigentlich keine Eltern, die ihre Kinder ungern hergeben und insbesondere keine Mütter, die wirklich freiwillig länger als 1 Jahr zu Hause geblieben sind, dafür aber einige - meine Frau eingeschlossen -, die gern schon früher wenigstens in Teilzeit wieder angefangen hätten, wenn es eine gute Betreuungsoption gegeben hätte. Wir hätten unter 1 auch sehr gern sowas wie 75%/75% gemacht, aber dann brauchst du halt ne dritte Person, die zuverlässig wenigstens 2 bis 3 Tage die Woche das Kind übernehmen kann. Das geht meistens nur mit Oma.


100% Zustimmung, s.o. Ich wette aber mit Dir, dass wenn sowas hier üblich wäre, sofort die nervigen Aktivisten auf der Matte stehen würden und irgendwas von "Ausbeutung von Frauen für Carearbeit" faseln würden, weil Serviceleistungen nämlich auch patriarchal und kapitalistische Ausbeutung sind ( so wie bspw. Hausfrauen, Putzkräfte usw.). Aber ist n anderes Thema.

An sich sehe ich auch keinen Weg an diesem Konzept vorbei, übrigens auch schon aus pragmatischen Gründen - Kinderbetreuung ist ein riesiger Arbeitsmarkt für geringqualifizierte Frauen und gerade für Migrantinnen hochattraktiv. Eine win-win Situation eigentlich.
Die einzigen Modelle, die ich aus dem erweiterten Bekanntenkreis mitkriege, sind entweder Au-pairs, wenn man den Platz hat oder eine wirklich professionelle Nanny/Kinderfrau. Letztere sind dann aber eigentlich immer einschlägig vorqualifiziert und entsprechend bist du da dann in Regionen um 3000 bis 4000 Euro pro Monat, was auch für die meisten Doppelverdienerhaushalte einfach weit weg von erschwinglich ist.
Möglich würde es, wenn der Staat das Geld zuschießen würde, was er ab 1 eh per Rechtsanspruch für die Kita bereitstellt. Wenn sich dann noch zwei Familien zusammenschließen, könnte das klappen.
Ein Modell, wo sich die deutsche Mittelschichtsfamilien für deutlich weniger Geld eine Migrantin aus dem orientalischen Raum als Kinderbetreuung engagiert, sehe ich dagegen nicht am Horizont. In den USA gibt es sowas wie die klassische hispanic Nanny oder so afaik deutlich häufiger. Meiner Erfahrung nach bevorzugen die aller meisten Eltern für die Kinderbetreuung - egal ob in der Kita oder zu Hause - jemanden, den sie im weitesten Sinne als Peer betrachten. Man lässt seine Kinder halt auch ungern mit Prolls spielen.
Darum halte ich für Deutschland eigentlich nur das skandinavisches Modell mit gut ausgestatteten Kitas und professionellem Personal für realistisch und flankierend eine möglichst paritätischen Elternzeit sowie bei Bedarf staatlich geförderte individuelle Lösungen wie Tandem.
In diesem Zusammenhang müssten wir eigentlich dringend die Akademisierung in der frühkindlichen Pädagogik vorantreiben. Mir ist absolut unverständlich, warum wir da seit Jahren nicht aus dem Quark kommen.

Naja weil "Karriere" ja normalerweise grob so abläuft: Du fängst an, Du sammelst Erfahrung, machst Dir einen Namen, machst auf dich aufmerksam, kriegst mehr Verantwortung, lieferst auch dort ab, kriegst wieder mehr Verantwortung, dann wird irgendwo ein Stuhl frei und in diesem Moment muss derjenige, der den Stuhl besetzt, dein Gesicht gerade präsent haben als derjenige, der die LEistung JETZT gerade bringt.

Haust Du gerade ab, als Du dabei warst Dir einen Namen in der Firma zu machen, vergisst man Dich halt wieder. Sowas geht ruckzuck. Hier weiß man kaum noch den Namen der Kollegin, die vor einem Jahr in Elternschutz gegangen ist. Und wenn sie wiederkommt, wird die nächsthöhere Position halt schon vergeben sein an eine Kollegin, die in der Zeit eben da war. Dass oder ob jemand "kompetenter" ist, spielt in der echten Welt doch nun wirklich eine maximal sekundäre Rolle. Wir wissen ja hoffentlich alle, dass Beförderungen und Karriere nicht so viel mit Kompetenz und Leistung zu tun haben, wie mit Beziehungen, Beliebtheit und der Fähigkeit auf den ersten Blick erstmal kompetent zu wirken.
Es geht ja nicht darum, dass man direkt mit der Beförderung wieder einsteigt, weil die vor der Elternzeit kurz bevorstand. Aber darin sehe ich jetzt nichts, was sich nach dem Wiedereinstieg nicht relativ schnell wiederbeleben lassen sollte bzw. das man auch während der Elternzeit halbwegs aufrechterhalten kann. Meine Frau hat bspw. auch in der Elternzeit versucht trotzdem Veranstaltungen usw. mitzunehmen und mit Leuten Kontakt zu pflegen, um gerade diesem Effekt des Vergessen-Werdens vorzubeugen.
Man kann übrigens auch als Arbeitgeber Mitarbeiter(innen) in Elternzeit auf dem Schirm haben. Imo sollte da einfach von beiden Seiten was kommen, um sicherzustellen, dass man halt nicht mit dem Beginn der Elternzeit in einem Schwarzen Loch verschwindet. Was ich da schon von Stories gehört hab ...
Und letztlich sagst du ja selbst, dass das Fortkommen in vielen Unternehmen häufig von relativ oberflächlichen Eindrücken bestimmt wird. Daher halte ich es jetzt auch nicht für allzu weit hergeholt, dass man Müttern desöfteren durchaus nachträgt, dass sie sich zeitweise für die Familie entschieden haben und man sich daher leider nicht mehr auf sie verlassen könne oder ähnliches.
 
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