So in etwa läuft das derzeit an vielen Lehrstühlen der Unis ab, und der generelle Ratschlag von vielen Prof's und Doktorvätern (zumindest meiner Erfahrung nach) ist: Wenn du männlich und kein absoluter Überflieger bist, versuch es garnicht erst.
Universitäten und Vergabe von Doktorandenstellen ist wieder eine sehr spezielle Fallkonstellation. Generell sehe ich es noch irgendwo ein, allerdings scheint es da mehr Baustellen als nur die Geschlechterauswahl zu geben. Prinzipiell aber folgendes:
- Wenn es zumindest symmetrisch definiert ist, d.h. für beide Geschlechter gilt, ist das schon besser.
Ich finde auf die Schnelle jetzt keinen Beleg, aber im öD gilt grundsätzlich 35-40% für beide Geschlechter. Es ist also symmetrisch. An meinem Institut damals wurden sogar explizit Männer gefördert, weil diese unter 30% gerutscht sind. Für börsennotierte Unternehmen dürfte das selbe gelten, ansonsten wäre diese Quote mit Sicherheit irgendwo kassiert worden.
- Dennoch ist es dann eine Benachteiligung von Individuen. Und sogar systematisch von einem Geschlecht, wenn die sich bewerbenden Personen gleicher Qualifikationen nicht 50-50 nach Geschlecht verteilt sind.
Kann man so sehen. Wenn man das aber so sieht, dann schließt man automatisch jedwede Form von institutioneller / indirekter Diskriminierung aus, denn - und an dieser Stelle sehr verkürzt, da ich das schon gefühlt 100 mal mit MV, Heator & co. hatte und es langsam leid bin:
Das ist ein weiteres Problem. Da wird dann eben oft die schlechtere Person genommen, indem der Spielraum, die "gleiche Qualifikation (Handy-Typo bereinigt)" breit ausgelegt wird.
[...]
Die Quote(n) basieren nicht nur auf dem Equal Pay Gap, das vorweg. Frauen verdienen
bereinigt (was schwierig ist) in etwa (aber nicht gleich) das, was Männer auch verdienen, wenn man gleiche Biographie, gleiche Position und gleiche Arbeitszeit vergleicht. Dennoch wäre auch da eine Lücke, hier setzt der Konservative die Logik der Soft Skills und Nature-Argumente wie Risikofreude an: Schlechtes verhandeln, Risikoaversion, etc. pp.
Dies ist zu beweisen. Ich kenne ähnlich viele Studien über Hormone bezüglich Softskills, die in die eine oder die andere Richtung argumentieren. Imo ist die Lektüre da alles, aber nicht eins.
Nun kommt hinzu, dass "Frauenberufe" schlechter entlohnt sind. Wir lassen den Rattenschwanz nature vs. nurture an der Stelle aus und auch die Frage, warum das so ist und warum diese Berufe so schlecht finanziell entlohnt werden. Da gebe ich frei zu, dass ich soziale Berufe deutlich besser entlohnt und besser gestellt haben möchte, als andere Sparten.
Das tatsächliche Übel ist eher, dass die deutsche Arbeitswelt sehr auf den Mann gepolt ist. Geringere Arbeitszeiten werden in der Regel mit geringerer Produktivität gleichgesetzt (Schlagworte Normalarbeitsverhältnis, Normallebenslauf zum Googlen), Erwerbsbiographien mit jeglicher Lücke sind eher schlecht als gut, es sei denn, man kann sie in der oberen Geschäftsetage total hipp verkaufen (Sabbatical, Auslandsjahr, ...). Für die Ottonormalfrau ergibt das die gläserne Decke, da Kind = unproduktiv ist und sie nunmal Kinder gebären muss und so oder so, egal wie groß das Engagement ist, Lücken erzeugt. Es sei denn sie verzichtet möglichst lange oder am besten komplett. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass hier ein User (erinnere mich nicht mehr an wen) immer total anti-Quote war ("Frauen sind doch gleichberechtigt!"), gleichzeitig aber im LSZ fragte, warum seine Freundin im gebährfreudigen Alter nirgendwo eine Festanstellung findet. Nunja.
Diese Doppelbelastungen und die Stigmatisierung, egal wie sehr das Management das ausdrücklich angeblich berücksichtigt, erzeugt eine gläserne Decke. Grundlegend, meine Einschätzung, ist da das Mantra schuld, man könne höhere Positionen nur daran erkennen, wie sehr jemand buckelt, nicht wie effektiv diese Person wirklich (messbar) ist. Sieht man auch, dass sofort auf Qualifikationen abgestellt wird, aber nie geklärt wird, warum dem so sei. Im realen Leben bis ins mittlere Management ist mir jedenfalls keine Frau begegnet, die nicht ohne weiteres genau so gut wie ein Mann wäre. Selbst in den höheren Etagen höre ich nur wie schwierig das alles sei, dennoch sehe ich nicht, warum das für eine Frau nicht schaffbar wäre oder warum alles an einer Person kleben muss. Sobald diesen Ansichten widersprochen wird (auch von Männern) wird's schwierig. Nach oben kommt primär der, der das System reproduziert und möglichst wenig ändert. (Hier sehe ich den Hauptkritikpunkt an der Quote: Frauen, die durch Quote hochkommen, waren vorher schon sehr hoch und werden deswegen auch den Hang haben das System zu reproduzieren - weswegen sich kaum bis gar nix ändern wird).
Frauen / Minderheiten werden eben immer noch klassische Rollen zugeschoben, wann auch immer keine volle Information vorliegt ("wie bewährt sich die Person in Zukunft?"). So passiert das bei Einstellung und Beförderungen immer wieder ("ist im gebährfreudigen Alter", "Heirat war erst vor kurzem", oder "hat viele Lücken durch Elternzeit" - ähnliche Argumente btw für Migranten, Menschen mit Behinderung & co.). Hier greift die Quote, denn sie würde verbieten immer nur auf das "alte Wissen" zurückzugreifen.
Vergleich das nun mit einem 0815-Mann ohne Migrationshintergrund / Behinderung. Der hat all diese Hürden nicht. Wenn er faktisch ein ähnliches Bildungs- und Erwerbsniveau hat, dann hat er bis zum Punkt, an dem er evtl. durch eine Quote wegselektiert wurde, keine Diskriminierung erlebt. Was nun passiert, so die Argumentation, ist das Aufteilen der freien Plätzen nach Gewicht. Er konkurriert nicht "mit den Frauen", sondern mit "den anderen Männern". Wenn der Mann abgelehnt wird sollte das primär deswegen sein, weil dort schon genügend Männer sind oder sich bessere Männer beworben haben. Da hat weniger die Frau schuld, als der Arbeitgeber, der bislang sehr einseitig eingestellt hat.
Nun zum nächsten Argument: "Aber was, wenn es nur Männer gibt?". Tja, dann werden halt Männer eingestellt und die Quote ist hinfällig. Man muss keine Frauen herbeizaubern. Wenn dann statt einem Bioingenieur eine Germanistin eingestellt wird, dann sorry, ist der Arbeitgeber die größte Übernulpe überhaupt. Wer die Quote umgehen will, auch im öD, hat mehr als genug Hebel, er muss sie nur nutzen. Ihr sagt es ja schön selbst, Qualifikation ist interpretierbar. Wenn es Schwierigkeiten gibt Mann über Frau in der Interpretation zu stellen, dann ist die Frage gerechtfertigt, warum es die Schwierigkeiten gibt - vielleicht ist der Mann dann gar nicht so viel besser oder produktiver.