Odds sind heute massiv geshifted und Kamala Harris ist auf einmal Favorit auf demokratische Präsidenschaftskandidatur knapp vor Biden.
Hab ich irgendwelche News verpasst?
Nicht wirklich. Die ersten Umfragen, die nach der Debatte gemacht wurden, sind publik geworden und die Werte sind landesweit ziemlich uniform um 2-3% runter. Das ist einerseits nicht wahnsinnig viel und relativ vergleichbar mit anderen exogenen Schocks (schlechte Debattenperformanz, National Convention im TV), andererseits ist aber halt nicht wirklich klar ob der Verlust wie die Verluste sonst eigentlich immer transitär oder diesmal dauerhaft ist. Dazu kommt, dass wegen des Wahlsystems minus drei Prozentpunkte bei den Wahlleuten ein brutales Bild abgibt, denn damit wäre nicht nur der Wahlsieg für Biden aktuell außer Reichweite sondern man müsste sich schon um den Ausgang in Staaten Gedanken machen, mit denen die Demokraten in jedem denkbaren Szenario fest rechnen, in dem sie eine Chance haben (Virginia, Minnesota, Nevada). Das drückt die Stimmung natürlich deutlich, ist jetzt aber alles an sich keine Überraschung. Das ist der Grund warum Biden runter geht.
Warum Kamala hoch geht ist ein bisschen spekulativer. Vermutlich ist es eine Mischung aus zwei Faktoren:
- Niemand weiß, wie man sich auf einen Kandidaten einigen würde. Kamala ist quasi die default-Lösung. Die neuesten Umfragen zeigen, dass alle Kandidaten relativ nah beieinander sind, was das 1v1 gegen Trump angeht. Das muss nicht zwingend heißen dass das im Nachhinein tatsächlich so ist, denn momentan sind alle diese Kandidaten mit Ausnahme von Kamala nicht wahnsinnig geläufig, aber aktuell sieht es erst mal gut aus für sie.
- Kamala wäre aus strategischen Gründen bzgl. des Wahlkampfs relativ gut, weil sie sowieso auf dem Ticket ist. Moderner Wahlkampf in den USA ist immer noch hauptsächlich Fernsehwahlkampf und viele der Spots für den Herbst sind bereits jetzt schon gebucht für Biden. Weil es aber eigentlich "Biden-Harris" ist, könnte sie wohl relativ einfach diese Spots übernehmen. Bei allen anderen Kandidaten wäre es wohl völlig unklar, wie das funktionieren würde. Außerdem bekommen die offiziellen Kampagnen Sonderkonditionen, die deutlich unter dem liegen was Drittparteien (PACs) zahlen müssen. Dementsprechend könnte es sein, dass ein anderer Kandidat deutlich mehr für dieselbe Menge Wahlkampfspots zahlen müsste, was dann weniger Geld für die andere große Aktivität, canvassing an der Haustür, übrig ließe.
€dit: Ich wüsste btw mal gerne, woher die Faszination von deutschen Medien für Michelle Obama herkommt. Es gibt NULL Anhaltspunkte dafür, dass Michelle Obama überhaupt daran interessiert ist, Politik zu machen, eher das Gegenteil. In den USA spricht da niemand ernsthaft drüber. Es gab einen Poll, in dem sie gut wegkommt, das ist aber halt einfach Unfug: Sie ist keine Politikerin und populär. Sie würde gegen einen Politiker antreten, der unpopulär ist. Abstrakt ist es schwer, so einen Zweikampf zu verlieren. Wenn Michelle Obama allerdings sagen müsste wofür sie stünde wäre es damit ganz schnell vorbei.