naja. schau dir einfach die elektro-branche im bereich tv an, war mal ein deutsches industrie-schwergewicht, 100.000 arbeitsplätze, glanzvolle namen wie loewe, telefunken oder grundig. muss jetzt keine blaupause sein, aber diverse industrien sind in deutschland defacto ziemlich unter druck. wenn die weg sind, wirds weh tun. maschinenbau läuft die verschiebung von inhaber geführten mittelständlern zu abverkäufen an usa- wie china-lastigen investoren schon seit gut 5-10 jahren auf hochtouren, dann so geschichten wie viessmann oder kuka. in der breite der parallel ablaufenden prozesse darf man schon mal eine augenbraue heben.
Ja, darf und vor allem sollte man, gerade wenn es um den Verkauf / die Übernahme / Beteiligung an China und ähnliche Staaten geht, da bin ich tatsächlich voll und ganz bei dir.
Andererseits beschreibst du eine Entwicklung, die zumindest teilweise bis in die 90er zurückgeht und definitiv nicht monokausal ist. Gerade Loewe ist ein gutes Beispiel, das war sicherlich nicht "der" Politik im Kontext der gequoteten Quelle geschuldet. Ich schrub es bereits im AfD-Thread zu Sonneberg, Kronach zählt zu dem Eck dazu. Dort trug der Mauerfall einiges dazu bei, das Eck ist einfach am Arsch der Welt gewesen (und ist es noch). Wegfallende Subventionen der Infrastruktur und ein geöffneter Arbeitsmarkt haben in der Region einige "Schwergewichte" des lokalen Arbeitsmarkt nachhaltig geändert, sowie die Globalisierung und die internationale Öffnung der Märkte, Loewe war nur ein weiteres Stückchen auf dem Weg. Fast die komplette Polster- und Spielzeugindustrie ist weg, von ersteren krebst noch eine handvoll Mini-Firmen rum, letztere hat nur HABA/Jako-o und ausgewählte Kleinstunternehmen überlebt. Die Maschinenbauer und die Kunststoffindustrie vegetiert in einer Art Limbus, in der nichts vor- oder zurückgeht. Das macht betroffen.
Was mich extrem nervt, ist die Schauspielerei der KMU (c), es würde alles machbar sein, wenn man nur weiterhin mit dem alten Stiefel weitermachen dürfte, bzw. es immer externe Bringschulden des Staates Deutschland gäbe, andere Baustellen sind ja nicht da. Der Tenor ist so ein bißchen man sei selbst Schuld. Faktisch herrschten die Arbeitgeber mit Öffnung des EU-Ostraums und später mit "Fern-Ost" mit Angst, denn so konnte man begründen, warum die Löhne nicht steigen dürften. Der Niedriglohnsektor anderer Länder wäre ja so lukrativ, Werke zuerst in der Tschechischen Republik, Slowenien, Ungarn und Polen, später in Indonesien und jetzt China wurden gebaut. Das mit EU-Ost hat eher so mittel geklappt und jetzt ist man der betroffene Pikachu, weil China ein sagenhaftes Problem wird und die Tigerstaaten plötzlich innovativ sind. Es wird halt nur gerufen man sei wichtig, wenn nicht systemkritsich, dann wenigstens lokal ein Hidden-Champion.
Die Transfergesellschaft bei Loewe war recht schnell fertig, als ob die Leute da lange gewartet hätten, gerade alles mit Elektro-* in der Bezeichnung war sofort woanders. Ganz so schlimm scheint's noch nicht zu sein. Auch ein anderes Beispiel dieser Sparte dürfte Göbel sein, mit ihren Vor-Boomer-Hummel-Figuren. Waren so toll, dass die Figuren es bis nach South Park geschafft haben, ändert nichts dran, dass dieses Gelände brach liegt. Manche Produkte überholen sich einfach, das sollte im Kapitalismus ja auch normal sein. Daher stellt sich mir die Frage, ob es überhaupt so wichtig ist diese Zweige und Branchen durchzuschleifen und mehr Geld reinzuwerfen. So lange diese Art von Unternehmen keine eigene, wirkliche Innovation schaffen und sich neu erfinden, definitiv nicht. Die letzten 30 Jahre wurde so viel Geld in diese Zweige gepumpt und es ist immer noch keine Besserung in Sicht, außer halt das Mantra, dass man weiterhin auf die alten Konzepte (sprich Produktion im Ausland, Halten des Niedriglohnbereichs, Innovation irgendwas im Stile <eFuel>) festhält, weil man nichts anderes kennt. Irgendwann sollte man halt einfach aufhören, vor allem weil man auf lange Sicht sicher nicht mit den Niedriglohnländern und Steueroasen konkurrieren kann. Wenn Länder Menschenrechte so groß schreiben wie China, dann hat man wenig Optionen, die können und werden immer billiger sein.
Viel verwerflicher finde ich die Entscheidungen die Solarindustrie zu plätten, die Digitalisierung in den Ämtern ins Unendliche zu verzögern (obwohl das angeblich der FDP ein wichtiges Anliegen wäre), Gesundheits- und Rentensystem nicht grundlegen zu reformieren, sich die Pensionslogik und die Armee der Beamten nicht näher anzuschauen, etc. pp. Und natürlich Andi Scheuer und Hubert Aiwanger zu keulen.