In Deutschland generiert Uber wenig Value, weil Taxis schon zienlich gut waren.
In den USA hat Uber schon viel Wert generiert, weil viele Taxis shady waren (technisch, Verhalten).
Die Qualität ist daher in den USA gestiegen, gerade in Puncto Sicherheitsgefühl für Frauen.
Und die Produktdifferenzierung wie Sammeltaxis hat auch Wert generiert.
Damit will ich nicht sagen, dass der Anteil von Uber fair ist.
Aber dass du da schon etwas übertreibst / stark vereinfachst.
Na ja, das sehe ich anders, das war aber auch nicht wirklich mein Punkt. Es geht um die Produktivitätssteigerung, die Uber bisher erzielt. Wovon du redest ist nicht primär Produktivität, sondern hauptsächlich ein Gewinn an Bequemlichkeit, der dem Aufbrechen der relativ rigiden Regulierung der US-Taxibranche geschuldet ist. Ich weiß Letzteres auch zu schätzen, keine Frage (habe mich auch letztes Mal aus Philly zum JFK kutschieren lassen, statt dreimal mit dem Zug umzusteigen mit Koffern). Das macht es aber noch nicht zu einem volkswirtschaftlichen Gewinn.
Die Produktivitätssteigerung ist einerseits die bessere Routenplanung durch die App* und andererseits, dass jetzt auch Menschen ein paar Stunden die Woche Taxi fahren (oder Essen ausliefern) können, in denen sie sonst vermutlich volkswirtschaftlich weniger produktiv gewesen wären. Das ist nicht zu vernachlässigen, aber wie gesagt: Der geschaffene Wert einer Taxifahrt wird hauptsächlich aus dem Teil erzielt, zu dem Uber nichts beiträgt, nämlich der Arbeitskraft des Taxifahrers (und zu einem kleineren Teil dem Fahrzeug). Effektiv subventioniert hier der Staat (respektive die amerikanische Gesellschaft) Uber bisher massiv dadurch, gig worker von Arbeitsschutz-Maßnahmen auszunehmen.
*fairerweise muss man auch sagen, dass wegen der höheren Zahl der Fahrer die Auslastung bei Uber effektiv nur bei 60% ist, was für einen Taxifahrer ein miserabler Wert wäre
Auch hier würde ich etwas widersprechen.
Beispiel: Reisevermittlung online ist deutlich effizienter und damit produktiver als Reisebüros, eben weil diese vorher schon ein "teurer Mittelsmann" waren. Online-Reisevermittler sind gut für Konsumenten und für High-Quality Anbieter (weil diese Repeat Business & Word of Mouth haben, so dass relativ wenig über die Vermittler läuft & du relativ easy direct-to-consumer machen kannst).
Du lässt aber den "wie er es sich vorstellt"-Teil einfach hinten runter fallen. Natürlich gibt es Branchen, in denen man Effizienzgewinne hat, aber auch hier gilt: Der Wert einer Reise ist nur zu einem Bruchteil die Vermittlung. Wirkliche Produktivitätsschübe sind dadurch, einen relativ unproduktiven und doch auch recht überschaubaren Teil der Wertschöpfungskette wegzurationalisieren, nicht zu erwarten. Um tatsächlich Produktivitätsschübe zu erreichen, wie er sie sich vorstellt, müsstest du Wege finden tatsächlich deutlich mehr Wirtschaftstätigkeit zu generieren, nicht einfach denselben Service mit weniger Arbeitskräften anzubieten, weil man die Vermittlerfunktion digitalisiert. Das hat zwar auch einen Wert, passiert allerdings analog im Servicesektor durch Standardisierung seit jeher, weshalb der Produktivitätstrend der Gesamtwirtschaft eben aussieht, wie er aussieht. Reisebüros sind natürlich prädestiniert dafür, "disrupted" zu werden, weil es für die Kunden ein Mehrwert ist, sich ihre Reisen selbst zusammenstellen zu können (außerdem gibt es in Deutschland aus unerfindlichen Gründen viel zu viele Kleinunternehmen).
Die Werbung ist ja nur das Revenue-Modell. Womit Google gesellschaftlichen Mehrwert & Produktivität generiert ist...
- Suche = Kosten- & Zeitersparnis Informationsgewinnung
- Maps = Kosten- & Zeitersparnis & Qualitätsverbesserung Navigation + Transparenz zur Qualität von Gastronomie
- Wettbewerb im Bereich Mobile OS (Android vs iOS)
- Wettbewerb im Bereich Office Software (Google Workspace vs MS Office)
eBay & Classifieds allgemein steigert imo auch die Produktivität. Ist ja nicht so, dass es vorher easy war einen gebrauchten Rasenmäher zu verkaufen. Vorher musstest du recht teuer Anzeigen in Zeitungen schalten, die damit ja krasse Margen gemacht haben.
Ich will damit das ganze Zeug gar nicht heilig sprechen. Aber du unterschlägst imo wichtige Aspekte:
- Dass es vorher offline auch teure, machtvolle Mittelsmänner gab wie Reisebüros & Zeitungen
- Dass Zeitersparnis Produktivitätssteigernd ist, weil du die Möglichkeit hast, diese Zeit in etwas anderes zu investieren
- Dass es indirekte Effekte wie den Qualitätsdruck auf normale Brick & Mortar Businesses gibt (bspw. Restaurants)
Demgegenüber steht natürlich die Gefahr von oligo-/monopolistischen Platformen, die zuviel Marge einstreichen.
Es geht mir nur darum, dass man nicht "gesellschaftlicher Mehrwert" und "Produktivität" miteinander vermischt. Der gesellschaftliche Mehrwert ist zweifellos vorhanden und groß, aber man sollte sich halt auch keine Illusionen machen, woraus er besteht. Hätte man jemandem vor 40 Jahren gesagt, dass man in der Zukunft so gut wie jede Information abrufen und fast alles was man möchte online lernen kann, hätte derjenige vielleicht auch vermutet, dass das zu riesigen Produktivitätssprüngen führen könnte. Die Wahrheit ist aber, dass die Verfügbarkeit dieser Informationen nur zu einem Bruchteil zu volkswirtschaftlich produktiver Tätigkeit genutzt wird und zu einem großen Teil für "leasure" (was ja auch völlig ok ist).
Unser Leben ist bequemer als das vor 30 Jahren, klar, aber man sollte auch nicht überschätzen wie groß die Sprünge früher waren (bis auf die industrielle Revolution, die tatsächlich qualitativ und quantitativ etwas anderes war als alles vorher und nachher). Ha-Joon Chang hat mal das etwas trollhafte Argument gemacht, dass Waschmaschinen das Leben des durchschnittlichen Haushalts mehr verändert haben als das Internet. Das kann man jetzt glauben oder nicht, aber alleine dass das Argument halbwegs sinnvoll gemacht werden ist schon bemerkenswert. Krugman hat neulich dasselbe Argument gebracht:
https://www.nytimes.com/2023/04/04/opinion/internet-economy.html
Man sollte auch nicht ganz unter den Tisch fallen lassen, dass diese Produktivitätsgewinne zu unschönen Nebeneffekten führen. Der monopolistische Aspekt ist sicher der größte, der auch zu ungünstigen Verteilungseffekten führt. Dazu werden halt auch Industrien "disrupted", die man vielleicht besser unbeschadet geblieben wären: Es ist zwar schön, dass man in den USA heute seinen Rasenmäher viel einfacher verkaufen kann als vor 25 Jahren, dafür ist Lokaljournalismus aber am Aussterben.
Du meinst, es ist ein nice-to-have, ob du Firmen wie Microsoft im Land hast oder deren Services aus dem Ausland kaufst?
Solange es nur in einigen Bereichen ist, vma.
Aber wenn wir neben Energie & Rohstoffen irgendwann auch noch 90% der Software, 90% der Hardware kaufen müssten & dazu noch mehr Entertainment im- als exportieren, dann stackt es sich schon auf. Klar, solange Deutschland's B2B-Business mit Machinery etc gut läuft, geht das. Aber es ist keine ultra-komfortable Position.
Na ja, letztendlich wird es wohl darauf hinauslaufen, dass umso größer der Anteil der Tech-Branche an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung ist, umso weniger Staaten es sich gefallen lassen können und werden, wenn Gewinne, die durch Verkäufe im Inland erwirtschaftet werden, nicht auch dort versteuert werden. Aber zuerst mal müssten digitale Produkte für Endverbraucher tatsächlich ein größerer Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung sein.
Dasselbe Problem hast du ja btw auch innerhalb der Staaten selbst: Umso mehr Profit du erzielen kannst, weil du mit zwar hochbezahlten, aber quantitativ doch einer überschaubaren Zahl von Leuten, die sich um Software kümmern, auskommst um deine Produkte zu entwickeln und pflegen, umso stärker wird der Druck auf Staaten werden, diese Gewinne anders zu besteuern und die gig worker arbeitsrechtlich besser zu schützen und die Plattformen härter zu reglementieren. Die USA sind dafür natürlich ground zero, weil dort die politische Ökonomie ohnehin schon so sehr zugunsten der wohlhabenderen Bevölkerung ausfällt, aber selbst dort merkt man langsam Widerstand. Da sehe ich auch teilweise durchaus negativen gesellschaftlichen Nutzen. Das ist kein reines Tech-Phänomen (subcontracting ist in den USA schon lange profitabel und ein Problem), aber es ist im letzten Jahrzehnt schon deutlich schlimmer geworden.
Genuine Frage: Was wäre, wenn in den USA die Löhne im Service-Sektor höher wären? Also bspw. $15 Mindestlohn etc. -- würde das ggf in den Metriken nach Produktivitätswachstum aussehen? Bzw umgekehrt: Ist das Produktivitätswachstum ggf auch deshalb niedrig, weil eingesparte Arbeitskräfte in den letzten Jahrzehnten eher in geringer bezahlte Jobs gewechselt sind?
Nicht direkt, aber vermutlich indirekt, weil dann weniger produktive Stellen wegfallen würden und Arbeitnehmer in einem heiß gelaufenen Arbeitsmarkt auf produktivere Stellen wechseln würden. Andererseits könnte es auch sein, dass Leute dann prinzipiell weniger arbeiten wollen. $15 wäre btw in Teilen des Landes wohl eindeutig zu hoch, wobei der aktuelle Mindestlohn von $7,25 vermutlich überall zu niedrig ist. Aber solange die Republikaner jegliche Anhebung auf Bundes- wie Landesebene verweigern bleibt das eh Makulatur.