Coronavirus Sterben wir oder doch nicht?

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Erstaunlicherweise ja. Es ist auch wirklich nicht so schwer zu verstehen. Bisher war noch immer und überall, wo die Pandemie außer Kontrolle geraten ist, ein Lockdown nötig, um das zu stoppen. Jetzt kann man diesen Lockdown sofort machen, wenn es soweit ist, und nach relativ kurzer Zeit wieder zum Status quo ante mit etwas mehr Einschränkungen zurückkehren. Oder man kann das Ganze schön reden und so tun, als gäbe es einen dritten Weg, bis man den Lockdown dann doch macht - für viel länger mit viel mehr Kranken, viel mehr Toten und viel mehr Abfuck.
 
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Ist mir fast alles bekannt, auch das Ding mit der Plattformtechnologie (im Zusammenhang interessant es ja auch der hier jetzt nicht erwähnte Influenza Universalimpfstoff (da wird ja seit 20 über Jahren dran geforscht) .

Das ist natürlich ne coole Idee (die ich so noch nicht kannte)
According to Florian Krammer, a vaccine scientist at Mount Sinai, you could do all of this at a cost of about 20 million to20millionto30 million per vaccine and, ideally, would do so for between 50 and 100 different viruses — enough, he says, to functionally cover all the phylogenies that could give rise to pandemic strains in the future. (“It’s extremely unlikely that there is something out there that doesn’t belong to one of the known families, that would have been flying under the radar,” he says. “I wouldn’t be worried about that.”) In total, he estimates, the research and clinical trials necessary to do this would cost between 1 billion and1billionand3 billion.

Es ging ja auch jetzt schon alles recht flott, Biontech war ja auch nur ein paar Tage später mit dem Prototypen fertig.
Es scheiterte an der Produktion. Zulassungsstudien sind trotz sicherer Plattformen bestimmt nicht verkehrt irgendwie kann man ja die zeit bis es Impfstoff in ausreichdner Menge gibt überbrücken, aber vielleicht wird auch schon nach der ersten Produktionscharge mit der Impfung begonnen

Ich bin auch überzeugt davon das es bei der nächsten Pandemie besser laufen wird und auch dass es jetzt schon besser läuft als wenn es SARS1 als Warnschuß #1 nie gegeben hätte.
 
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Auf der anderen Seite hatten wir, wenn man so will, letztes Jahr unsere erste Pandemie und dieses Jahr unsere zweite. Und bisher failen wir ganz gut, obwohl auch schon Impfstoffe unterwegs sind. :mond:
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Hauptsächlich scheinst du dich daran zu stören, dass die Maßnahmen inkonsistent sind. Das tue ich auch. Die Schlussfolgerung ist für mich aber nicht: Einzelhandel und Außengastro auf, während die Zahlen fröhlich explodieren, sondern erstmal auf die Bremse treten, bis die Lage stabil ist und dann überlegen, in welcher Reihenfolge man öffnen kann.

Das ist ein gutes Beispiel für das, woran die Debatte über die Corona-Politik* krankt. Ich will jetzt nicht sagen, dass die Sozialwissenschaften im Allgemeinen oder die Politikwissenschaft im Besonderen DIE harten Ergebnisse hätten um zu erklären, wie Politik funktioniert, aber sie ist doch immerhin viel weiter als so ziemlich alles, was ich bei diesen Quasselrunden von Journalisten höre, selbst von vielen die selbst zumindest nominell Politikwissenschaft oder Sozialwissenschaft studiert haben. Alles ist immer noch "great man"-Theorie der Politik: Wenn es gut läuft, dann weil Angela Merkel/Jens Spahn/Olaf Scholz/wer auch immer gute Arbeit machen, wenn es schlecht läuft dann weil sie Flaschen sind. "Die Bürokratie" ist überbordend und träge, weil in den Amtsstuben geschlafen wird. Dass das alles größtenteils institutionelle Gründe hat wird überhaupt nicht gesehen. Die Tatsache, dass Angela Merkel "gute Arbeit" macht, weil es innerhalb des institutionellen Gefüges einfach ist und Angela Merkel "versagt", wenn es innerhalb des Gefüges schwierig ist, scheint für viele in Deutschland etwa so eingängig zu sein wie ein Sobolev-Raum.

Siehe das Zitat: Wenn Bereiche wie Außenhandel und Gastro sich unfair behandelt fühlen und das Argument irgendwo durchsetzen können, sei es jetzt in der Öffentlichkeit oder vor einem Gericht, dann ist der default alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen, der keine "Diskriminierung" einzelner Teilbereiche mehr bedeutet, anstatt zu fragen ob es nicht sinnvoller wäre, stattdessen die anderen Bereiche auch zu schließen, weil die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vielleicht eben daher rührte, dass manchen zu viel erlaubt wurde, nicht anderen zu wenig.
Genauso mit "der Bürokratie": Als ob da irgendein Hengst in seiner Amtsstube sitzt und Freude daran hat, Leute mit unsäglichen Regeln zu drangsalieren. Aber wenn man halt die Ämter komplett mit Juristen vollstopft, die alle denken dass Regelbefolgung die sine qua non ist und wir ohne noch auf Bäumen sitzen und uns gegenseitig mit Fäkalien bewerfen würden, dann ist es halt auch kein Wunder dass da nichts vorran geht; selbiges gilt analog oft genug für die Ministerien und die Fachausschüsse im Bundestag. Das ist dann halt normalerweise ein Ärgernis, aber niemand schert sich so richtig drum weil ja im Großen und Ganzen doch alles immer irgendwie ok läuft (ok, vielleicht wird die A49 nie fertig aber man kann sie ja immerhin umfahren), aber wenn es halt wirklich mal schnell gehen muss, dann wird es so nicht gehen.
Dafür kann man Palmer übrigens tatsächlich sehr dankbar sein: Der hat immerhin erkannt dass man sich an unsinnige Regeln in Notsituationen besser nicht hält. Aber das ist halt auch wieder so ein Beispiel dafür, wie das Institutionengefüge das bestimmt: Palmer kann das nur machen, weil seine Herangehensweise direkt Ergebnisse produziert, weshalb sein Ansehen sehr hoch ist. Wenn er die richtige Idee hätte, aber man drei Monate warten müsste bis die Ergebnisse sich einstellen, hätte ihm das Land das bis dahin längst verboten, weil es halt nicht sein darf, dass Menschen in Tübingen mehr Rechte haben als Menschen in Reutlingen, Böblingen oder Emmendingen.





*eigentlich Politik generell, aber die meisten Themen schlagen natürlich keine so hohen Wellen
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Dass das alles größtenteils institutionelle Gründe hat wird überhaupt nicht gesehen.

Und wer ist für diese institutionellen Gründe verantwortlich?

Aber wenn man halt die Ämter komplett mit Juristen vollstopft, die alle denken dass Regelbefolgung die sine qua non ist und wir ohne noch auf Bäumen sitzen und uns gegenseitig mit Fäkalien bewerfen würden, dann ist es halt auch kein Wunder dass da nichts vorran geht

Was dann deine persönliche "bad man" Theorie ist, nur halt auf eine dir verhasste Berufsgruppe bezogen. Ist auch nicht viel rationaler als das, was du dem Pöbel vorwirfst. Wenn du jedenfalls meinst dass ÖD Mitarbeiter aus anderen Fachrichtungen irgendwie flexibler oder pragmatischer wären, hast du zu lange nicht mehr mit deutschen Behörden zu tun gehabt. Hast du da irgend eine Quelle für, dass die Anzahl der Juristen in einer Behörde mit Pragmatismus umgekehrt proportional verläuft? Oder beschwerst du dich darüber, dass deutsche Behörden nicht nach eigener Willkür Gesetze brechen? Vielleicht liegt das Problem ja an den Gesetzen, s.o.
 
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Das ist ein gutes Beispiel für das, woran die Debatte über die Corona-Politik* krankt. Ich will jetzt nicht sagen, dass die Sozialwissenschaften im Allgemeinen oder die Politikwissenschaft im Besonderen DIE harten Ergebnisse hätten um zu erklären, wie Politik funktioniert, aber sie ist doch immerhin viel weiter als so ziemlich alles, was ich bei diesen Quasselrunden von Journalisten höre, selbst von vielen die selbst zumindest nominell Politikwissenschaft oder Sozialwissenschaft studiert haben. Alles ist immer noch "great man"-Theorie der Politik: Wenn es gut läuft, dann weil Angela Merkel/Jens Spahn/Olaf Scholz/wer auch immer gute Arbeit machen, wenn es schlecht läuft dann weil sie Flaschen sind. "Die Bürokratie" ist überbordend und träge, weil in den Amtsstuben geschlafen wird. Dass das alles größtenteils institutionelle Gründe hat wird überhaupt nicht gesehen.
Wessen Aufgabe ist es denn, die Institutionen zu reformieren? Vielleicht auch jemandes, der 16 Jahre Kanzler und Vorsitzender der Regierungspartei ist?
Siehe das Zitat: Wenn Bereiche wie Außenhandel und Gastro sich unfair behandelt fühlen und das Argument irgendwo durchsetzen können, sei es jetzt in der Öffentlichkeit oder vor einem Gericht, dann ist der default alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen, der keine "Diskriminierung" einzelner Teilbereiche mehr bedeutet, anstatt zu fragen ob es nicht sinnvoller wäre, stattdessen die anderen Bereiche auch zu schließen, weil die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vielleicht eben daher rührte, dass manchen zu viel erlaubt wurde, nicht anderen zu wenig.
Es geht bei der Forderung eben nicht um irgendeine abstrakte Fairness. Sondern um eine Kosten-Nutzen-Abwägung.

Andersherum wird doch ein Schuh daraus: Viele argumentieren doch, man dürfe nichts öffnen, solange noch Schulen offen hätten.

Für diese Denke gibt es genug Belege, beispielweise hier Giffey, die sich gegen Öffnung von Hundeschulen vor Kinderschulen ausspricht:

Genauso mit "der Bürokratie": Als ob da irgendein Hengst in seiner Amtsstube sitzt und Freude daran hat, Leute mit unsäglichen Regeln zu drangsalieren. Aber wenn man halt die Ämter komplett mit Juristen vollstopft, die alle denken dass Regelbefolgung die sine qua non ist und wir ohne noch auf Bäumen sitzen und uns gegenseitig mit Fäkalien bewerfen würden, dann ist es halt auch kein Wunder dass da nichts vorran geht; selbiges gilt analog oft genug für die Ministerien und die Fachausschüsse im Bundestag.
Auch hier, wer trägt dafür denn die Verantwortung und wer hatte die letzten 16 Jahre am meisten Optionen, das zu ändern?

Man hört ja wirklich lächerlich oft auch von Mitgliedern der Legislative: "so sind halt die Gesetze, kann man nichts machen"
Dasasas ist dann halt normalerweise ein Ärgernis, aber niemand schert sich so richtig drum weil ja im Großen und Ganzen doch alles immer irgendwie ok läuft (ok, vielleicht wird die A49 nie fertig aber man kann sie ja immerhin umfahren), aber wenn es halt wirklich mal schnell gehen muss, dann wird es so nicht gehen.
Dafür kann man Palmer übrigens tatsächlich sehr dankbar sein: Der hat immerhin erkannt dass man sich an unsinnige Regeln in Notsituationen besser nicht hält. Aber das ist halt auch wieder so ein Beispiel dafür, wie das Institutionengefüge das bestimmt: Palmer kann das nur machen, weil seine Herangehensweise direkt Ergebnisse produziert, weshalb sein Ansehen sehr hoch ist. Wenn er die richtige Idee hätte, aber man drei Monate warten müsste bis die Ergebnisse sich einstellen, hätte ihm das Land das bis dahin längst verboten, weil es halt nicht sein darf, dass Menschen in Tübingen mehr Rechte haben als Menschen in Reutlingen, Böblingen oder Emmendingen.
Das kann sehr gut sein.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Und wer ist für diese institutionellen Gründe verantwortlich?


Willst du jetzt "die Politiker" oder "Angela Merkel" hören oder was? So funktionieren demokratische Staaten nicht, nicht hier und auch nirgendwo sonst. Das sind alles über Jahrzehnte, was den föderalen Aufbau angeht teilweise Jahrthunderte gewachsene Strukturen, keine einzelne Person oder Partei hat oder hatte in BRD je die Machtfülle, das einfach mal umzukrempeln (im Übrigen wollte das bis vor kurzer Zeit auch kaum jemand, weil die BRD, wenn man sieht wo sie angefangen hat und wo sie 30-40 später stand, dann natürlich doch eine absolute Erfolgsgeschichte war). Die politischen Institutionen bedingen die politische Kultur, die sich wiederum auf die politischen Institutionen durchwirkt. Das ist nicht einfach "ok, wir finden mal eben eine 2/3-Mehrheit für eine Grundgesetz-Änderung, damit wird es schon getan sein".
Das in einer bereits etablierten Demokratie zu durchbrechen funktioniert eigentlich nur in epochalen Krisen* wie der Großen Depression ein. So groß ist der Leidensdruck halt bei weitem nicht: Wenn du Hoovervilles vor dem Bundestag siehst wäre das vielleicht etwas anderes, aber solange alle schön ihr Kurzarbeitergeld und ihre Überbrückungshilfen (die ich natürlich beide begrüße) bekommen wird sich der Druck immer in Grenzen halten. In sechs Monaten sind wir mehr oder weniger durchgeimpft, dann redet von dieser Geschichte niemand mehr. Und wenn ich höre, in was für einem absoluten Gewäsch Leute darüber reden ("agiler Staat", "Scrum" etc.) ist es vielleicht sogar besser.



*ok, aus dem Stegreif fällt mir eine Person ein, die es auch ohne geschafft hat: Charles De Gaulle. Der war allerdings auch ein veritabler nationaler Kriegsheld.


Was dann deine persönliche "bad man" Theorie ist, nur halt auf eine dir verhasste Berufsgruppe bezogen. Ist auch nicht viel rationaler als das, was du dem Pöbel vorwirfst. Wenn du jedenfalls meinst dass ÖD Mitarbeiter aus anderen Fachrichtungen irgendwie flexibler oder pragmatischer wären, hast du zu lange nicht mehr mit deutschen Behörden zu tun gehabt. Hast du da irgend eine Quelle für, dass die Anzahl der Juristen in einer Behörde mit Pragmatismus umgekehrt proportional verläuft? Oder beschwerst du dich darüber, dass deutsche Behörden nicht nach eigener Willkür Gesetze brechen?

Das hat doch nichts mit "bad man" zu tun, das ist doch nicht weniger albern als sich darüber zu beschweren, was Politiker X jetzt genau so macht. Das Problem sind nicht die Juristen, sondern die vorhandene Regelungstiefe, die dann diese ganzen Juristen erst nötig macht. Es geht nicht darum, Gesetze zu brechen sondern sich zu fragen, ob sie überhaupt erst nötig waren.
An manchen gehobenen Stellen in den Bundesbehörden gibt es zweifellos echte Flaschen, wo man sich fragt ob es tatsächlich Not getan hat, den 1000. Staatsrecht-WiMi aus Bonn durchzubefördern, anstatt jemanden zu nehmen der sich mit der Materie tatsächlich auskennt, aber im Großen und Ganzen sind Juristen nicht das Problem und die paar im Staatsdienst, die ich kennengelernt habe, sind fast durch die Bank sehr fähige Leute. Nur haben sie halt Fähigkeiten, die ein moderner Staat weniger dringend braucht als der deutsche Staat immer noch denkt (wobei es mit der Zeit schon besser geworden ist). Merkst du nicht, dass der Beitrag, den Juristen zur Bekämpfung der globalen Krisen überhaupt leisten, mit denen wir es in den letzten 15 Jahren zu tun hatten, einfach gering ist? Weder das globale Finanzsystem noch Millionen von Flüchtlinge noch ein Virus scheren sich in irgendeiner Form um den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen und die Wahrheit ist halt, dass zumindest in zwei der drei Krisen letztendlich das Recht der Wirklichkeit weicht?
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Willst du jetzt "die Politiker" oder "Angela Merkel" hören oder was? So funktionieren demokratische Staaten nicht, nicht hier und auch nirgendwo sonst. Das sind alles über Jahrzehnte, was den föderalen Aufbau angeht teilweise Jahrthunderte gewachsene Strukturen, keine einzelne Person oder Partei hat oder hatte in BRD je die Machtfülle, das einfach mal umzukrempeln (im Übrigen wollte das bis vor kurzer Zeit auch kaum jemand, weil die BRD, wenn man sieht wo sie angefangen hat und wo sie 30-40 später stand, dann natürlich doch eine absolute Erfolgsgeschichte war). Die politischen Institutionen bedingen die politische Kultur, die sich wiederum auf die politischen Institutionen durchwirkt. Das ist nicht einfach "ok, wir finden mal eben eine 2/3-Mehrheit für eine Grundgesetz-Änderung, damit wird es schon getan sein".

Ok, also sind instutionelle Probleme leider unbehebbar, muss ja ein tolles System sein. Scherz: natürlich hätte man, wenn man gewollt hätte, alles entsprechend ändern können. Es liegt am Wollen, nichts anderes. Das GG wurde seit 1949 übrigens ganze 60 mal geändern. Ich habe den Eindruck, dass du die Politik irgendwie für gar nichts in die Verantwortung nimmst, als eine Art Gegensteuerung gegen die Menschen, die alles der Politik zu schreiben. Das ist aber eine ziemliche Überkompensation.

Das Problem sind nicht die Juristen, sondern die vorhandene Regelungstiefe, die dann diese ganzen Juristen erst nötig macht. Es geht nicht darum, Gesetze zu brechen sondern sich zu fragen, ob sie überhaupt erst nötig waren.

Ganz genau. Und wer ist dafür verantwortlich?

Merkst du nicht, dass der Beitrag, den Juristen zur Bekämpfung der globalen Krisen überhaupt leisten, mit denen wir es in den letzten 15 Jahren zu tun hatten, einfach gering ist?

LuL ist es jetzt Aufgabe von Juristen globale Krisen zu meistern? Welchen Beitrag leisten denn, keine Ahnung, Fahrlehrer oder Ökontrophologen? Was ist das denn für ein Argument. Und im Übrigen: nein, das merke ich nicht. Sie leisten nämlich doch eher mehr als der Durchschnittsberuf, allerin durch die Forschung und Implementierung von Maßnahmen gegen Umweltzerstörung, Steuervermeidung, Sklavenarbeit usw. Was meinst du denn, wer in den ganzen Ministerien und bei der Kommission verschiedene Modelle/Vorschläge /Entwürfe ausarbeitet, wie man nun z.B. globale entwaldungsfreie Lieferketten gesetzlich festzurrt oder sowas wie ein Klimabkommen auf die Beine stellt? Wie man Steuerschlupflöcher schließt und was meinst du eigentlich, wer dafür gesorgt hat, dass der Staat relativ pragmatisch und unbürokratisch mal eben zig Mrd. € Rettungspakete innerhalb weniger Monate fließen lassen konnte? Ja stell dir vor, das waren sogar nicht nur die "guten Juristen" aus dem ÖD, sondern so böse Großkanzleianwälte wie ich, die an rechtssicheren Beihilemaßnahmen gearbeitet haben, damit die Menschen nicht auf der Straße landen, weil eine LH keine 2 Wochen später pleite gewesen wäre.

Außerdem haben doch gerade die Lawmaker der Kommission recht pragmatisch reagiert. Für die og Beihilfen gab es innerhalb von drei Monaten ein komplettes Regelwerk, Vergaberecht wurde ausgesetzt, um
ohne Ausschreibungen mediznisches Gerät beschaffen zu können, im Kartellrecht wurden Fusionskontrollen und Kooperationen in der Forschung liberalisiert und die Insolvenzpflicht modifiziert. Das alles in den ersten 6 Monaten der Pandemie.

Also ich behaupte mal, wenn deine geliebte Bundesregierung so schnell an der Vorbereitung der Impfkampagne gearbeitet hätte, wie die bösen Juristen daran den Rechtsrahmen pandemiebedingt anzupassen, dann hätten wir heute bessere Zahlen.

Weder das globale Finanzsystem noch Millionen von Flüchtlinge noch ein Virus scheren sich in irgendeiner Form um den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen und die Wahrheit ist halt, dass zumindest in zwei der drei Krisen letztendlich das Recht der Wirklichkeit weicht?

Ja und? Big Woop: in akuten Katastrophenfällen ist Rechtsstaatlichkeit zweitrangig, krasse Erkenntnis. Nur wollen wir halt nicht dauerhaft im Katastrophenmodus leben und da sind verlässliche Gesetze in einem zivilisierten Land halt ziemlich nett. Denn - und das ist nicht meine Meinung, sondern wird von viel klügeren Menschen vertreten - verlässliche, rechtsstaatliche Institutionen sind DER Hauptgrund dafür, dass einige Nationen erfolgreich sind und andere nicht. Und ein konstitutives Merkmal dieser Institutionen ist, dass nicht jeder kleine Besserwissen nach Gutdünken machen kann wie er will, weil er meint, dass er ja so ein cooler Pragmatiker ist, den man bitte nicht mit Vorschriften nerven muss.
 
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Wessen Aufgabe ist es denn, die Institutionen zu reformieren? Vielleicht auch jemandes, der 16 Jahre Kanzler und Vorsitzender der Regierungspartei ist?

Fairerweise besteht unsere Regierung nicht nur aus Angela Merkel. Ich bin sicherlich kein Freund ihrer Politik und dieses schwammigen Führungsstils. Auch die Jahre unter der GroKo sind imo verlorene Jahre ohne Fortschritt. Aber sie für alles was schief läuft verantwortlich zu machen, ist meiner Meinung nach zu simpel. Wir haben einen riesigen Apparat im BT sitzen und Merkel ist sicherlich ein zentrales Zahnrad, aber auch kein Feudalherr. Die Opposition hat genügend Mittel zur Auswahl um die Koalition zu treiben, allerdings arbeitet man sich lieber an der AfD ab und untergräbt damit die eigene Stärke.
Das Problem ist nicht Merkel sondern die Berufspolitik und das Festhalten am eigenen Ast, der nicht abgesägt werden darf.
 

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Ok, also sind instutionelle Probleme leider unbehebbar, muss ja ein tolles System sein.
Über welche institutionellen Probleme reden wir hier jetzt eigentlich? Dass nicht der Bund für die Pandemiebekämpfung zuständig ist? Da stelle ich mir zuerst mal die Frage was der konkrete Vorteil sein sollte. Läuft es in Frankreich und Österreich besser? Und hält es irgendwer ernsthaft für realistisch, dass die Länder ihre Zuständigkeit mal eben hergegeben hätten? Da muss man sich ja nur mal anschauen, was für ein jahrelanges Gewürge z.B. beim Finanzausgleich nötig ist bis da ein Kompromiss rauskommt, der mehrheitsfähig ist.

Davon ab bin ich ad hoc auch nicht so recht überzeugt davon mitten in der Krise mal eben aus dem Bauch raus irgendwelche tiefgreifenden Änderungen durchzuführen, wenngleich das historisch der Normalfall sein dürfte. Sinnvoller deucht es mir, man setzt sich hinterher mal in Ruhe an einen Tisch und denkt mit kühlem Kopf darüber nach, was man für zukünftige Lagen besser machen kann.

Dass Merkel eine politische Arbeitsverweigerin ist, bleibt davon unberührt.
 
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Fairerweise besteht unsere Regierung nicht nur aus Angela Merkel. Ich bin sicherlich kein Freund ihrer Politik und dieses schwammigen Führungsstils. Auch die Jahre unter der GroKo sind imo verlorene Jahre ohne Fortschritt. Aber sie für alles was schief läuft verantwortlich zu machen, ist meiner Meinung nach zu simpel.
Ja natürlich. Die Unfähigkeit zur Reform ist nicht neu, und es nicht nicht Merkel allein. Aber Merkel hat nun einmal eine Regierung abgelöst, die zumindest einige wichtige Reformen gemacht hat (Agenda 2010), ist seit 20 Jahren Vorsitzende der größten deutschen Volkspartei, ist seit 1992 (?) Ministerin und seit 16 Jahren Kanzlerin. Sie hatte auch Einfluss außerhalb ihrer Position, gerade wegen ihrer Popularität bei Volk und Medien.

Sie ist nicht das einzige Problem. Sie ist aber die Gallionsfigur, und niemand hatte die letzten 16 Jahre auch nur ansatzweise soviel Macht, etwas zu ändern.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Jo Zustimmung an alle 3 über mir. Welche konkreten institutionellen Probleme Gustavo meint ist mir ebenfalls nicht klar, ich hab aber eine ungefähre Vorstellung. Warum nun die Bundesregierungen der letzten 16 Jahre dafür keine Verantwortung tragen soll, aber irgendwelche Juristen in irgend einem Ministerium (welche überhaupt und wie genau vollbringen sie dort ihr böses Werk und worin besteht es und wieso sind nicht die Macher der Gesetze verantwortlich, sondern die Rechtsanwender? ) - das verstehe ich nicht.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ok, also sind instutionelle Probleme leider unbehebbar, muss ja ein tolles System sein. Scherz: natürlich hätte man, wenn man gewollt hätte, alles entsprechend ändern können. Es liegt am Wollen, nichts anderes. Das GG wurde seit 1949 übrigens ganze 60 mal geändern. Ich habe den Eindruck, dass du die Politik irgendwie für gar nichts in die Verantwortung nimmst, als eine Art Gegensteuerung gegen die Menschen, die alles der Politik zu schreiben. Das ist aber eine ziemliche Überkompensation.

Du verstehst anscheinend Null, wovon ich rede. Jede Verfassung ist Kontingent gegenüber den Institutionen, sie kommt ja nicht aus dem luftreeren Raum. Unsere Verfassung sieht so aus, wie sie aussieht, weil das Ende der 40er der Stand der Dinge war und wird Zug um Zug weiterentwickelt, um sich der veränderten Lage von heute anzupassen. Aber hier und da die Verfassung per Grundgesetzänderung oder BVerfG-Neuauslegung zu ändern verändert kein Staatsgefüge. Es gibt ein hervorragendes Buch von Paul Pierson, wo er in Fallstudien nachgezeichnet hat, wie in den USA und dem UK konservative Regierungen versucht haben, den Wohlfahrtsstaat zurückzubauen. Das hat, trotz aller Beteuerungen, in beiden Ländern nur mäßig gut geklappt; insbesondere im UK, der ja quasi bei Parlamentsmehrheit keine Vetoplayer hat, sollte einem das zu denken geben was machbar ist, wenn man einen echten Politikwechsel vollziehen will. Stell dir vor, hier würde eine Partei (oder sagen wir eine Koalition) versuchen, den Sozialstaat auf US-Niveau zurückzubauen, weil sie glaubt das würde die Wirtschaft stärker ankurbeln. Kannst du dir vorstellen, wie gut das ungefähr laufen würde? Warum leben die USA dann seit Ewigkeiten mit einem solchen sozialen Netz? Weil die Bevölkerung es nicht will? Umfragen sagen seit langer Zeit das Gegenteil.

Die Politik hat nicht "für nichts" die Verantwortung, aber es ist halt einfach schwierig, "der Politik" grosso modo irgendwas zuzuschreiben und das siehst du auch in der Realität. Das ist übrigens mittlerweile zigfach belegt: In so ziemlichen allen demokratischen Staaten der Welt ist belegt, dass DER beste Indikator für deine Wiederwahlchance das Wirtschaftswachstum ist. Gleichzeitig ist sich die Wirtschaftswissenschaft weitestgehend einig, dass die Möglichkeiten der Politik in so kurzfristigen Zeiträumen wie einer oder zwei Legislaturperioden nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu stimulieren extrem gering ist. D.h. die Leute rechnen "der Politik" etwas als Gewinn und Verlust zu, was gar nicht wirklich in ihren Möglichkeiten ist.

Ganz genau. Und wer ist dafür verantwortlich?

Das ist als würdest du fragen wer dafür verantwortlich ist, dass Europa reich ist und Afrika arm. Da kannst du so viele Faktoren finden, angefangen von völlig exogenen Faktoren (in Afrika ist Binnenschifffahrt kaum möglich weil alle Nase lang die Inlandsflüsse riesige Höhengefälle haben) bis hin zu komplett endogenen (heute ist es um ein Vielfaches leichter, eine gute Bildung zu bekommen, wenn du als Spanier geboren wirst als als Somalier). Lies mal die Gesellschaftsgeschichte von Wehler und du wirst sehen, dass die hohe Regelungsdichte schon im 19. Jahrhundert ein deutsches Phänomen war. Im Vergleich zu "der Kaiser/Fürst/Stammeshäuptling sagt, was Sache ist" ist das ja auch eine gute Sache. Aber gerade in einer immer weiter globalisierten Welt stoßen regelbasierte Systeme halt schnell an ihre Grenzen, weil im Zweifelsfall niemand da ist, um die Regeln auch durchzusetzen.
Bestes Beispiel ist die ganze Impfstoffgeschichte mit dem UK: Ich garantiere dir dass absolut NIEMAND in der EU jemals einen Vertrag unterschrieben hat, der eindeutig sagt dass Europa gegenüber dem UK als nachrangiger Käufer zu behandeln ist. Wie so oft hat die EU auf den freien Markt vertraut und hat gerade vorgeführt bekommen, dass den im Fall der Fälle eben niemand garantiert. Was bringen einem in so einem Fall Regeln? Was würde es helfen, jetzt AZ zu verklagen? Dadurch würde man keine Impfstoffdose mehr bekommen und AZ könnte für die Schäden sowieso nicht haften. Der UK fühlte sich einfach nicht an dieselben Regeln gebunden und deshalb haben die jetzt 48 Impfdosen pro 100 Menschen verimpft, die EU aber nur 15. Hätte die EU sich genauso verhalten wie der UK wären es 25, dafür stünde der UK bei 18 (und ein paar andere Länder bei Null).

LuL ist es jetzt Aufgabe von Juristen globale Krisen zu meistern? Hä? Welchen Beitrag leisten denn, keine Ahnung, Fahrlehrer oder Ökontrophologen? Was ist das denn für ein Argument. Und im Übrigen: nein, das merke ich nicht. Sie leisten nämlich doch eher mehr als der Durchschnittsberuf, allerin durch die Forschung und Implementierung von Maßnahmen gegen Umweltzerstörung, Steuervermeidung, Sklavenarbeit usw.

Wie viele Fahrlehrer und Ökotrophologen glaubst du denn gibt es so im Bundestag? Als Führungskräfte in obersten deutschen Bundesbehörden? Mir ist jedenfalls kein Fahrlehrermonopol im Verkehrsministerium aufgefallen so wie es lange ein "Juristenmonopol" überall sonst gab. Auch ist mir nicht bekannt, dass es einen ganze Staatsgewalt gibt, in der nur Fahrlehrer arbeiten.


Was meinst du denn, wer in den ganzen Ministerien und bei der Kommission verschiedene Modelle/Vorschläge /Entwürfe ausarbeitet, wie man nun z.B. globale entwaldungsfreie Lieferketten gesetzlich festzurrt oder sowas wie ein Klimabkommen auf die Beine stellt? Wie man Steuerschlupflöcher schließt und was meinst du eigentlich, wer dafür gesorgt hat, dass der Staat relativ pragmatisch und unbürokratisch mal eben zig Mrd. € Rettungspakete innerhalb weniger Monate fließen lassen konnte? Ja stell dir vor, das waren sogar nicht nur die "guten Juristen" aus dem ÖD, sondern so böse Großkanzleianwälte wie ich, die an rechtssicheren Beihilemaßnahmen gearbeitet haben, damit die Menschen nicht auf der Straße landen, weil eine LH keine 2 Wochen später pleite gewesen wäre. Klar klappt das mal besser mal schlechter, aber als ob deine Zunft da so einen stark größeren Beitrag leistet, würde ich gerne mal nachgewiesen sehen.

Und dir ist noch nie der Gedanke gekommen, dass diese ganze Expertise nicht vielleicht deshalb gebraucht wird, weil die Regelungstiefe in Deutschland so groß ist? Oder warum Länder wie alle Skandinavier mit maximal halb so vielen Anwälten pro Kopf auskommen wie wir, während traditionell organisatorische Wunderkinder wie Italien, Spanien und die USA doppelt so viele haben? Ich will jetzt nicht behaupten, dass diese Zusammenhänge kausal sind, das wäre albern, aber zumindest ist es durchaus möglich, ein Gesellschaftssystem mit weniger hoher Regulierungsdichte zu gestalten, das trotzdem vernünftig läuft. Der Rest ist, vornehm ausgedrückt, vermutlich maximal Wegelagerei. Auch würde ich wohl darauf wetten (auch wenn ich es nicht nachgeschaut habe), dass in den allermeisten Ländern der Welt oberste Bundesbehörden auf der Fachebene eben nicht zu 60% von Juristen geleitet werden, weil es dort eben nicht schon Usus war, dass man, wenn man in den preußischen Verwaltungsdienst einsteigen wollte, jahrelang kostenlos für den preußischen Staat arbeiten wollte, bis man denn eine Stelle bekam. Das reproduziert natürlich eine bestimmte Klasse in Führungsfunktionen, die ein Verständnis davon herausbildet, wie wichtig sie für den Staat sind. Das hat sich garantiert bis in die frühe BRD gehalten, wenn nicht länger.

Im Übrigen: Ich bin nicht sicher was meine Zunft jetzt genau ist, weil ich mittlerweile mehr Statistik als irgendwas Substantielles mache, aber ich würde mal jede Wette mit dir eingehen, dass die Juristen im ÖD ohne das Wissen der Ökonomen vermutlich heute noch darüber sinnieren würden, was das Grundgesetz denn genau über makroökonomische Zusammenhänge sagt*. Falls irgendwo bei euch in der Großkanzlei Leute rumlaufen, die genügend Sachverstand haben, um makroökonomische Zusammenhänge so zu erklären, dass man einschätzen kann, ob Nothilfen überhaupt gezahlt werden sollten oder nicht, erscheint mir jedenfalls bestenfalls fragwürdig.



*fun fact: Antwort ist erhellend einfach, nämlich nichts wofür man sich interessieren sollte. Makroökonomie war in Deutschland, mit Ausnahme weniger Lichtblicke, bis Ende des 20. Jahrhunderts völlig abgehängt


Ja und? Big Woop: in Katastrophenfällen ist Rechtsstaatlichkeit zweitrangig, krasse Erkenntnis. Nur wollen wir halt nicht dauerhaft im Katastrophenmodus leben und da sind verlässliche Gesetze in einem zivilisierten Land halt ziemlich nett. Denn - und das ist nicht meine Meinung, sondern wird von viel klügeren Menschen vertreten - verlässliche, rechtsstaatliche Institutionen sind DER Hauptgrund dafür, dass einige Nationen erfolgreich sind und andere nicht. Und ein konsitutives Merkmal dieser Institutionen ist, dass nicht jeder kleine Besserwissen nach Gutdünken machen kann wie er will, weil er meint, dass er ja so ein cooler Pragmatiker ist, den man bitte nicht mit Vorschriften nerven muss.


Gegen "verlässliche Gesetze" ist nichts zu sagen. Aber wenn du halt glaubst, alles mit einem Gesetz regeln zu müssen, damit auch noch im letzten Winkel Deutschlands Einzelfallgerechtigkeit herrscht, dauert halt alles lange. Und wie gesagt: Ich finde das auch gar nicht SO schlimm, der größte Teil der Probleme, mit denen Politik tagtäglich so zu tun hat brauchen eh keine Hauruck-Lösungen, sondern sind eher das webersche starke Bohren dicker Bretter, aber es ist ja jetzt, wie du selbst sagst, auch keine bahnbrechende Erkenntnis dass es in Krisensituationen anders ist.
Ich habe kein Problem mit Juristen. Ich glaube bloß nicht, dass Leute, die nach meiner Erfahrung extrem regelfixiert denken, in Leitungsfunktionen überrepräsentiert sein sollten. Im Übrigen glaube ich das auch für Sozialwissenschaftler oder Statistiker nicht. Juristen machen einen wertvollen Job, aber sie sind, genau wie Ökonomen oder Statistiker oder Bauingenieure, nur ein Mittel zum Zweck. Mir ist aber zunehmend aufgefallen, seit ich aus Deutschland weg bin, dass unheimlich viele Juristen in Deutschland Regeln mindestens teilweise für den Zweck selbst halten. Letztendlich ist die Gleichung in meinen Augen ganz einfach: Umso mehr Einzelfallgerechtigkeit man will, umso höhere Regelungstiefe braucht man. Umso höher die Regelungstiefe, umso länger dauert die Ausführung.


@SFJunky: Ich wollte jetzt auch in keinem Wort sagen dass ich es gut fände, den Tanker gerade JETZT JETZT JETZT zu drehen. Ich sage bloß dass sich für das, was hier angesprochen ist, nach der Krise vermutlich die Begeisterung wieder in engen Grenzen halten wird. Vielleicht habe ich ja Unrecht, aber so ziemlich alle Krisen die mir aus meinem Erwachsenenleben in Erinnerung sind sind so verlaufen. Ich sehe einfach nicht, wie das Problem des langsamen Staats ohne echte fundamentale Änderungen verschwindet, zu denen die meisten Leute überhaupt nicht bereit sind. Das wird mit ein paar Grundgesetzänderungen und es Scrum Master Zertifikate regnen lassen nicht verschwinden.

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Ich bin ein bisschen erstaunt, wie ich die ganze Zeit nur von Tübingen höre, aber nicht von Rostock. Ich weiß jetzt nicht, WIE ähnlich sich die Öffnungskonzepte dort sind, aber a priori erscheint mir die Stadt mit doppelt so vielen Einwohnern aussagekräftiger zu sein und da sind die Inzidenzzahlen diese Woche in die Höhe geschossen. Bis vor einer Woche immer unter 30, fast durchgehend auch unter 25, jetzt bei 51.
 
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Sieht denn hier irgendjemand realistisch eine alternative zu dem nächsten harten Lockdown?
Angesichts der dramatisch steigenden Zahlen?

Ich denke ja auch die Länder würden sich gerne irgendwie bis zur Impfung durchwursteln, aber sind wir doch mal ehrlich, das wird doch nicht gelingen. Glaubt da jemand noch ernsthaft dran?

Der Zug ist abgefahren und würde jetzt bis zum Kollaps des Gesundheitssystems durchbrettern. Wir sind doch egal was jetzt noch passiert so oder so spätestens in ein paar Wochen in einer Situation in der ein Lockdown unvermeidlich sein wird.
Hält das denn jemand hier wirklich noch für vermeidbar? Ernst gemeinte Frage.

Warum nicht jetzt sofort in den Lockdown?
Er würde insgesamt kürzer gehen und wir würden ein paar tausend Menschen weniger über die Klinge springen lassen.
 
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Jetzt wäre wg. Ostern eigentlich das perfekte Zeitfenster, um nochmal wirklich auf die Bremse zu treten. Es könnten schon noch einige Leben dadurch gerettet werden. Sobald wirklich der Frühling durchschlägt, ist es auch mit der Durchlüftung in Innenräumen wieder leichter. Und dann bitte bis Ende des Jahres impfen, was das Zeug hält.

Zur "Warum nicht jetzt?"-Frage: Vermute, dass es ne Mischung aus Bundesländer-Profilierungswut und Angst vor Backlash aus der Wirtschaftsecke ist. Mir hat sich da ein Zitat des bayerischen Wirtschaftsministers von letzter Woche eingebrannt: "Wir setzen auf das Prinzip Hoffnung." Ja, das hat der wirklich gesagt.
 
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Und in NRW werden ja nicht mal die Beschlüsse der letzten MPK durchgezogen, das klingt auch nicht grad danach als würde man nach Verschärfungen rufen :8[:
 
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@pinko , das heißt du siehst ne Möglichkeit mit Lüften, testen und Frühling ohne harten Lockdown bis zur Durchimpfung zu kommen?
 
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Gustavo

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@pinko , das heißt du siehst ne Möglichkeit mit Lüften, testen und Frühling ohne harten Lockdown bis zur Durchimpfung zu kommen?

Was heißt hier Lüften? Rechtfertigst du etwa das Politikversagen, noch keine Luftfilter für jeden Schulraum Deutschlands besorgt zu haben? :x
 
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@pinko , das heißt du siehst ne Möglichkeit mit Lüften, testen und Frühling ohne harten Lockdown bis zur Durchimpfung zu kommen?
Nein, ich bezog mich auf die wärmere Jahreszeit, die das Risiko insgesamt wieder etwas senken wird, weil Leute 1. mehr draußen sind und 2. man innen einfacher Durchzug herstellen kann. Ich befürworte einen wirklich rigorosen Lockdown, um die 3. Welle zu stoppen. Allerdings muss das mMn dann auch der letzte dieser Art sein. Danach MUSS alles in den Impfprozess geballert werden. Die große Unbekannte sind halt die Mutationen. Wer weiß, was da noch kommt.

Ich glaube, dass nächste Woche eine weitere Wischiwaschi-Lösung beschlossen wird und man dann einfach mal aufs Beste hofft.
 
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Was heißt hier Lüften? Rechtfertigst du etwa das Politikversagen, noch keine Luftfilter für jeden Schulraum Deutschlands besorgt zu haben? :x

Ein sehr gutes Beispiel,
Im Frühling 2020 war bereits von Luftfiltern die Rede, idealerweise sollte so ein Teil in jedem geschlossenen Raum stehen.
Ich dachte es wäre zwar super wenn ich auch noch einen bekäme habe allerdings damit gerechnet dass der Markt wie bei den Masken leergefegt ist, immerhin will bestimmt jeder, vom Restaurantbesitzer bis zum Firmenchef so ein Ding haben.
Aber weit gefehlt, Luftfilter gab es (oder gibt es vielleicht sogar immer noch) wie Sand am Meer. Bezahlbar! zur ganz normalen UVP. WTF?

Warum stehen die Dinger nicht in jedem Klassenraum, in jeder Apotheke, in jeder Arztpraxis, in jedem Supermarkt, in jedem Büro?
Eine gute Freundin (Grundschullehrerin) hatte das Glück eines ziemlich reichen Opas eines Kindes, welcher der gesamten Grundschule, rechtzeitig vor den Wintermonaten zwei Luftfilter pro Klasse gespendet hat.
Hier sehe ich tatsächlich auch Staats, und natürlich auch ein Versagen der Wirtschaft.
 
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was glaubst du eigentlich woher dieser harte Knick im Februar kommt, ich bin mir relativ sicher ich weiß es, du auch?

vertrauen.JPG
 
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Was heißt hier Lüften? Rechtfertigst du etwa das Politikversagen, noch keine Luftfilter für jeden Schulraum Deutschlands besorgt zu haben? :x
Nene auch das ist historisch gewachsen. Zu fragen warum noch nicht jede Schule Luftfilter hat, ist so etwa wie zu fragen warum Afrika arm
ist oder ob es außerirdisches Leben gibt. Man kann es gar nicht wissen, diese Fragen sind viel zu kompliziert, das meiste ist eh Schicksal. Was soll eine Regierung schon machen können? Am besten ist, wir geben erstmal eine Studie in Auftrag :deliver:
 
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Über welche institutionellen Probleme reden wir hier jetzt eigentlich? Dass nicht der Bund für die Pandemiebekämpfung zuständig ist? Da stelle ich mir zuerst mal die Frage was der konkrete Vorteil sein sollte. Läuft es in Frankreich und Österreich besser? Und hält es irgendwer ernsthaft für realistisch, dass die Länder ihre Zuständigkeit mal eben hergegeben hätten? Da muss man sich ja nur mal anschauen, was für ein jahrelanges Gewürge z.B. beim Finanzausgleich nötig ist bis da ein Kompromiss rauskommt, der mehrheitsfähig ist.
Angela Merkel.

Guck dir Anne Will an. Wie kann man zu einem anderen Schluss kommen, als dass da eine Kanzlerin sitzt, die den Ernst der Lage verstanden hat und uns deutlich besser durch diese Pandemie geführt hätte, wenn sie nur könnte?


Btw, ich bin relativ zuversichtlich, dass wir spätestens nächste Woche einen härteren Lockdown kriegen. Ob der dann ausreichen wird, steht auf einem anderen Blatt.
 
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parats'

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Nene auch das ist historisch gewachsen. Zu fragen warum noch nicht jede Schule Luftfilter hat, ist so etwa wie zu fragen warum Afrika arm
ist oder ob es außerirdisches Leben gibt. Man kann es gar nicht wissen, diese Fragen sind viel zu kompliziert, das meiste ist eh Schicksal. Was soll eine Regierung schon machen können? Am besten ist, wir geben erstmal eine Studie in Auftrag :deliver:
Ich sehe nicht den Sinn, dass in einem Schulgebäude grundsätzlich Luftfilter nötig gewesen wären (vor Corona).
Es gibt soviel Rückstau in der Bildungspolitik, da kann ich verstehen, dass Luftfilter pre Corona irgendwo ganz unten (wenn überhaupt) angesiedelt waren. Davon abgesehen, fällt die Bildung auf die Länder und nicht auf den Bund zurück, welcher bspw. mit dem DigitalPakt Schule eine Förderung der Digitalisierung anbietet.
Es lief halt in den letzten Jahrzehnten nicht so gut im Bildungssektor und jetzt kam auch noch Pech hinzu. :deliver:
 
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"Der 'halbierte Lockdown', der das Privatleben größtenteils verbietet und gleichzeitig das Wirtschaftsleben so weit wie möglich schont, ist in einer Sackgasse", befand die Initiative vor einer Woche in einem Positionspapier. Fazit: "Eine mehrwöchige Arbeitspause in der Wirtschaft, die den R-Wert massiv senkt und der dritten Welle damit einen Schlag verpasst, ist jetzt unausweichlich."

klingt doch prima, mehrwöchige arbeitspause. danach haben wir mad-max-verhältnisse, oder wie muss man sich das vorstellen?

 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Ich sehe nicht den Sinn, dass in einem Schulgebäude grundsätzlich Luftfilter nötig gewesen wären (vor Corona).
Es gibt soviel Rückstau in der Bildungspolitik, da kann ich verstehen, dass Luftfilter pre Corona irgendwo ganz unten (wenn überhaupt) angesiedelt waren. Davon abgesehen, fällt die Bildung auf die Länder und nicht auf den Bund zurück, welcher bspw. mit dem DigitalPakt Schule eine Förderung der Digitalisierung anbietet.
Es lief halt in den letzten Jahrzehnten nicht so gut im Bildungssektor und jetzt kam auch noch Pech hinzu. :deliver:
Das war eher eine Polemik, natürlich halte ich Luftfilter auch nicht für die wichtigste Maßnahme. Aber wie wenig muss man der Politik zutrauen und wie wenig Erwartung in die Einflussmöglichkeit politischer Entscheidungen, dass selbst sowas simples wie die Beschaffung von ein paar Millionen Elektrogeräten als Ansatz für einen vermeintlichen Scherz herhalten muss oder kann über angeblich übertriebene Erwartungen an die Politik.

Wie kann man zu einem anderen Schluss kommen, als dass da eine Kanzlerin sitzt, die den Ernst der Lage verstanden hat und uns deutlich besser durch diese Pandemie geführt hätte, wenn sie nur könnte?

Ich hab da mal wieder nur Luftblasen und Selbstbeweihräucherung statt Selbstkritik gesehen. "Man muss auch mal sehen, was wir alles schon toll gemacht haben". NEIN yarak. Was ist das für eine Losermentalität? Man orientiert sich immer an der No. 1 und darf erst dann zufrieden sein, wenn man selbst dort steht. Alles unter Weltspitze ist für Deutschland ein Versagen und ich möchte, dass Politik genau mit dieser Zielsetzung gemacht wird.
 
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Merkel ist von Beruf immernoch Politikerin. Dass da fast alles weichgespült ist, keine Frage. Es ändert nichts an der Tatsache, dass sie die nötigen Schritte - wenigstens sehr viel mehr als bisher - wohl längst unternommen hätte, wenn sie nicht geblockt würde.

Was ich an der Causa BL-Gipfel-Gate bemerkenswert finde: Merkels klare Entschuldigung wird so positiv aufgenommen und gleichzeitig also so ungewöhnlich, dass das bei mir einmal mehr die Frage aufwirft, warum Politiker sich nicht allgemein weniger politikerisch verhalten: klarere Worte, weniger Bullshit, mehr Wahrhaftigkeit etc.
Die Gründe dafür werden häufig in Egoismus und Opportunismus gesehen. Aber es scheint fast, als sei es fast immer erfolgreich, wenn Einzelne dieses Kreuz mal abwerfen und sich einfach anständig verhalten.
Auch Ramelows und Kretschmers offene Eingeständnisse waren bereits überwiegend positiv rezipiert. Und wer hat noch nie Helmut Schmidts Prägnanz bewundert?
Ich hab mich schon oft gefragt, worin Politiker den großen Nachteil sehen, sich einfach mal erfrischend anders auszudrücken.
 
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Was Merkel sagt und was Merkel tut sind aber auch schon mal 2 paar Schuhe. In ihrer Zeit als Kanzlerin hat sie schon oft genug wenn es opportun war große Töne gespuckt und nachher hat man nie wieder davon etwas mitbekommen, dass sie da etwas tun wollte. Sei es nun weil sie es dann an unfähige Minister weiterreicht ala CSU-Verkehrsministern oder weil sie es nur gesagt hat, aber für mich zählt am Ende nur das da nix zählbares bei raus kam.
 
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Na klar sollte sich so eine Gesinnung dann idealerweise auch darin niederschlagen, was man macht. Wobei auch hier wiederum gilt, dass die Möglichkeiten einzelner Politiker oft sehr eingehegt sind.
Beim Beispiel CSU-Minister bin ich mir nicht sicher, was Merkel da wirklich machen kann. Denn wer Minister ist oder bleibt, entscheidet afaik in aller Regel die Partei, der der Posten zugeteilt wurde. Solange ein Minister deren Unterstützung hat, ist es sehr heikel für eine Kanzlerin den einfach anzusägen. Das geht einfacher, wenn es ein Minister der eigenen Partei ist und man da noch eine starke Führungsposition innehat, weniger einfach, wenn es einen Koalitionspartner betrifft.


Andere Nebenbemerkung, weil ich grad in der Lage der Nation nochmal Laschet von letzter Woche im O-Ton höre: Er hat echt gesagt, dass sein bisheriges Handeln darauf basierte, dass wenn es wärmer wird, das Virus sich schon zurückziehen wird, weil das ja letztes Frühjahr so gewesen sej, ernsthaft?
 
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Klar hat da niemand die alleinige Macht, dann ist es aber auch nicht grad die beste oder ehrlichste Idee vollmundige Versprechungen zu machen.

Bzgl Laschet...wundern würd mich das jetzt nicht, seine "Strategie" aktuell erinnert eher an Trump oder Bolsenaro als an irgendwen den man sich wünschen würde.
 

Gelöschtes Mitglied 137386

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Merkel ist von Beruf immernoch Politikerin. Dass da fast alles weichgespült ist, keine Frage.

Warum nehmen wir das eigentlich hin, als ob es alternativlos wäre? Ich habe einen guten Freund, der mittlerweile Berufspolitiker ist und bei dem kann ich diesen Verfall quasi wöchentlich beobachten. Auch im Privaten werden seine Aussagen immer nichtssagender und beliebiger, seit wann ist das eine Qualität, warum wird das honoriert?
 
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Warum nehmen wir das eigentlich hin, als ob es alternativlos wäre? Ich habe einen guten Freund, der mittlerweile Berufspolitiker ist und bei dem kann ich diesen Verfall quasi wöchentlich beobachten. Auch im Privaten werden seine Aussagen immer nichtssagender und beliebiger, seit wann ist das eine Qualität, warum wird das honoriert?
weil sach"zwänge" übernommen haben. der markt macht längst politik, nur kann das ein politiker nicht sagen. egal ob inzwischen links, rechts, grün oder gelb regieren: bis auf nuancen müssen alle dasselbe machen. extrem bsp griechenland, moderates BW oder thüringen
 
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Warum nehmen wir das eigentlich hin, als ob es alternativlos wäre? Ich habe einen guten Freund, der mittlerweile Berufspolitiker ist und bei dem kann ich diesen Verfall quasi wöchentlich beobachten. Auch im Privaten werden seine Aussagen immer nichtssagender und beliebiger, seit wann ist das eine Qualität, warum wird das honoriert?
Das ist eine interessante Frage. Ich glaube nicht, dass die meisten Menschen das honorieren. Man sollte sich erstmal klar machen, dass Berufspolitiker den größten Teil ihrer Zeit von anderen Berufspolitikern umgeben sind. Mit denen arbeiten sie, werben um Unterstützung und Zustimmung, suchen Kompromisse usw. Die Frage ist eher, was hat ein ein Politiker zu gewinnen, wenn er in so ein Milieu mit festen Überzeugungen hineingeht, klarer Ansprache, Wahrhaftigkeit und allen anderen Eigenschaften, die wir uns wünschen?
Die Anforderungen an einen Regierungschef sind mitnichten deckungsgleich mit den Anforderungen an einen Politiker, der es bis zum Regierungschef bringt.
Bevor du als Politiker das Volk von dir überzeugst, musst du andere Politiker von dir überzeugen. Und die Wahrheit ist imo, dass Menschen sich allgemein durchaus von abweichenden Meinungen vor den Kopf gestoßen fühlen. Insbesondere wenn diese Meinungen direkt die Wahrnehmung der Realität betreffen. Darum ist es oft vorteilhaft sich maximal vage zu äußern. Das macht es bspw. viel leichter später einen Standpunkt zu räumen, der sich nicht durchgesetzt hat.

Vorzuziehen wäre sicherlich eine Kultur, in der man bspw. offen sagen kann, dass man eine Auffassung nicht teilt, sie aber trotzdem mitträgt, um des Konsenses willen.
Allerdings funktionieren Menschen psychisch nicht so. Im Zweifel vertrauen die meisten eher jemandem, der (scheinbar) dieselbe Meinung hat als jemandem, der eine ganz andere Meinung hat und dieselbe nur akzeptiert.
 
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parats'

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Warum nehmen wir das eigentlich hin, als ob es alternativlos wäre? Ich habe einen guten Freund, der mittlerweile Berufspolitiker ist und bei dem kann ich diesen Verfall quasi wöchentlich beobachten. Auch im Privaten werden seine Aussagen immer nichtssagender und beliebiger, seit wann ist das eine Qualität, warum wird das honoriert?
Für Erkenntnis des Verfalls braucht es erst einen guten Freund? :troll:
 
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Imo ist die Wirklichkeit noch schlimmer, als Auftritte im Polittalk erahnen lassen.
Ich hatte vor Jahren während des Studiums ein prägendes Erlebnis dazu. Damals hab ich in einem großen Hotel gekellnert auf einer Tagung der CDU-Bundestagsfraktion.
Da ich dem Service am Gast zugeteilt war, hab ich mehrere Stunden am Stück in einem Raum verbracht, wo eine Gruppe Abgeordneter Entwicklungspolitik diskutiert hat.
Das war sehr interessant und sicher der intimste Einblick, den ich bis heute in das Gebaren von Berufspolitikern hinter den Kulissen bekommen habe.
 
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Ja und was meinten die so? Inwiefern war das noch schlimmer?
 
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Wollte mich heute spontan nachm einkauf auf covid testen lassen. Öffnen aber erst um 15 uhr....


......
,
...............................
 
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Ja und was meinten die so? Inwiefern war das noch schlimmer?
A priori bin ich damals eher davon ausgegangen, dass Politiker sich öffentlich oft vage und unklar äußern, aber durchaus in der Lage sind unter ihresgleichen Klartext zu sprechen. Mein Eindruck damals wurde dadurch völlig ins Gegenteil verkehrt: Es wurde ewig um den heißen Brei herumgeredet. Selbst wenn es schien, als wolle der Redner einen ganz konkreten Punkt mache, gab es eine starke Tendenz das nicht direkt zu tun, sondern den Punkt, auf den man zielte, durch einen Wortschwall einzukreisen.
Konkrete Details sind mir leider kaum mehr im Gedächtnis. In einem Punkt ging es darüber, dass man sich beklagt hat, der Koalitionspartner käme bei bestimmten Themen stets besser weg und lasse einem zu wenig Chancen das eigene Profil zu stärken. Da schien man dann zu überlegen, wie man ihn - z.B. durch Blockade bei anderen Themen - dazu zwingen könne. Freilich wurde das nie so klar gesagt. Es war immer ein Tanz um das Eigentliche herum.




BtT:
Gute Zusammenfassung, wie es mit der Zuständigkeit von Bund und Ländern rechtlich aussieht:

Nach Merkels Auftritt scheint die Debatte um Verschärfungen endlich eine zu kriegen.
Die Grünen haben sich schon angeboten, um notfalls über den Bundestag etwa zu machen. Bin gespannt, was die nächsten Tage bringen. Die Osterferien wären eigentlich eine perfekte Zeit, weil die Schulen eh zu sind. Wird man jetzt wohl verstreichen lassen, genau wie bei den Herbstferien.


[edit]
Wie gerufen ist vor wenigen Tagen eine Studie aus Oxford erschienen, die die Effektivität von NPIs in der zweiten Welle statistisch ausgewertet hat:

Für mich beachtenswert:
-hohe Wirksamkeit von Geschäftsschließungen
-im Vergleich dazu auffallend geringe Wirkung komplett geschlossener Bildungseinrichtungen (da interessiert mich die Baseline, ich kam leider noch nich dazu, das Paper auch zu lesen)
-hohe Steigerung von Kontaktbegrenzung auf 2 Personen im Vergleich zu bis zu 10 aus 2 Haushalten
-relativ hohe Wirksamkeit von verschärfter Maskenpflicht und nächtlichen Ausgangssperren

Hof0uF6.jpg
 

Gustavo

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was glaubst du eigentlich woher dieser harte Knick im Februar kommt, ich bin mir relativ sicher ich weiß es, du auch?

Anhang anzeigen 845


Wie glaubst du denn dass solche Zahlen zustande kommen?



Oder andersherum gefragt: Glaubst du tatsächlich dass die Policy kausal dafür ist, dass die Zustimmung zusammenbricht? Ich nämlich zu ca. 0%. Wenn die Inzidenzzahlen sich gut entwickeln bleiben die Leute zufrieden, wenn sie sich schlecht entwickeln werden sie unzufrieden. Aber ich garantiere dir, hätte die MPK vor zwei Wochen Lockdown verabschiedet wären die Leute deshalb heute nicht zufriedener als im Februar, sondern vermutlich irgendwo zwischen den tatsächlichen März-Zahlen und da, wo sie im Februar waren, weil das Verhindern eines eingetretenen Totalschadens nicht auf dieselbe Art honoriert wird wie man für den Totalschaden abgestraft wird.
In den USA, wo die Politik deutlich stärker personalisiert ist weil die Leute alle ihre Abgeordneten/Senatoren direkt wählen, siehst du schön dass alle immer extrem unzufrieden mit dem Kongress sind, aber jeder trotzdem SEINE Abgeordneten eigentlich für ganz toll hält. Genau so ist es hier auch: Die Leute beklagen sich abstrakt über "die Regierung" oder "die Union", aber effektiv hat sich eigentlich nicht viel geändert, außer halt für diejenigen die jetzt als Schuldige ausgemacht wurden: Spahn und Laschet, wobei Spahn eigentlich nur wieder den Pandemie-Bonus verloren hat, den er zwischenzeitlich (und genauso ungerechtfertigt) hatte.


Warum nehmen wir das eigentlich hin, als ob es alternativlos wäre? Ich habe einen guten Freund, der mittlerweile Berufspolitiker ist und bei dem kann ich diesen Verfall quasi wöchentlich beobachten. Auch im Privaten werden seine Aussagen immer nichtssagender und beliebiger, seit wann ist das eine Qualität, warum wird das honoriert?

Im Zweifelsfall ist es halt für die meisten Politiker besser, zumindest so zu scheitern wie alle anderen auch, als ein Risiko einzugehen das man überhaupt nicht kontrollieren kann, weil halt jeder nur einen Bruchteil der Verfügungsgewalt hat. Aber mal anders gefragt: Ist dein Freund jetzt irgendwie dümmer oder unfähiger geworden als vorher? Denn das sehe ich hier immer noch als DIE bahnbrechende Erklärung, die manche Leute vertreten: Die Politik ist schlecht weil die Politiker unfähig sind. Wenn du dann aber mit Politikern sprichst, kriegst du eher ein Spiegelbild der Bevölkerung: Manche sind tatsächlich ziemliche Flaschen, andere sind sehr clever und der große Teil in der Mitte ist irgendwie Durchschnitt. Nur haben sie halt der Bevölkerung gegenüber einen enormen Wissensvorsprung, denn die Bevölkerung denkt halt ungefähr so weit über politische Zusammenhänge nach*, wie man sie werfen kann.

Was ich aber ehrlich nicht verstehe: Ich bin immer noch völlig davon überzeugt, dass die Politik hier genau einen Hebel hat. Ich habe immer noch nichts Überzeugendes gehört, wie man Masken, Impfstoff oder Tests kurzfristig in ausreichender Menge in die Hände bekommt. Aber die eine Sache, die man tatsächlich machen kann, nämlich einen harten Lockdown, macht man nicht, obwohl sich bisher gezeigt hat dass jeder, der für Lockdowns war, momentan sehr beliebt ist (Merkel, Söder, Günther, Schwesig), während die unbeliebtesten MPs alle eher zu den Zauderern gehören (Müller, Laschet, Ramelow [ok, bei Ramelow wohl gehörten]). Bin mal gespannt wie sich dieser Öffnungsplan auf die Beliebtheitswerte von Hans auswirkt.

*Leute hier, deren Lösung sich auf Gewäsch nach dem Motto "muss man halt einfach Ärmel hochkrempeln und mal machen" hinausläuft definitiv eingeschlossen


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In Rostock geht es weiter aufwärts, heute schon 56,1. Zahlen für Tübingen (Stadt) gibt es erst wieder Ende der Woche, aber mir fällt es zunehmend schwer zu glauben, dass die Stadt völlig abgekoppelt von der Infektionsentwicklung im Rest des Landkreises sein kann. 40% des Landkreises lebt in der Stadt Tübingen und die Inzidenzzahlen sind innerhalb von drei Wochen von 29 auf 99 hochgegangen. D.h. wenn Tübingen da wenig bis nichts dazu beitragen würde müsste der Rest des Landkreises viel extremer angestiegen sein als die Zahlen von Baden-Württemberg insgesamt und der direkten Nachbarn.
 
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