Brexit - Chance oder Risiko

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Es geht nicht drum, ob es möglich wäre oder nicht.

Die EU hat die 4 Grundfreiheiten zusammengekettet. GB will jetzt ein paar die es mag behalten und die andern streichen (und natürlich auch sonst nichts mehr an die EU zahlen). Das widerspricht direkt dem Kernvertrag der EU.

Aus, Ende, Schluss.

Das kann dir passen oder nicht aber darauf habt Ihr (durch eure Regierungen) euch nun mal geeinigt.



Afaik müsste die EU übrigens anderen Partnern dann diesen Deal ebenfalls anbieten da in den meisten Handelsabkommen derartige Klauseln vorkommen...
 
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Die EU hat die 4 Grundfreiheiten zusammengekettet. GB will jetzt ein paar die es mag behalten und die andern streichen (und natürlich auch sonst nichts mehr an die EU zahlen). Das widerspricht direkt dem Kernvertrag der EU.

Und genau das ist doch das Problem: Viele Bürger Europas wollen das nicht. Es ist auch total bescheuert, diese Dinge willkürlich zu verketten, obwohl sie problemlos einzeln machbar wären.
Eine Freihandelszone mit tollem Binnenmarkt will jeder (außer total verrückten Kommies, aber die können wir mal ignorieren), aber dazu braucht man den ganzen politischen Unfug einfach nicht. Die EU primär als Wirtschaftsunion und alles, was darüber hinausgeht, komplett freiwillig und ohne Zwang, insb. ohne Nachteile bei der Wirtschaftsunion, ist und war schon immer das weit überlegene Modell.
 
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Und genau das ist doch das Problem: Viele Bürger Europas wollen das nicht.
Hast Du dafür Belege? Also dass das mehr als 'ne kleine lautstark meckernde Minderheit ist? Ich halte alle vier Säulen der EU für absolut fortschrittlich und nützlich für sowohl das wirtschaftliche als auch menschliche Zusammenwachsen der Völker Europas. Was ein mächtiger Garant für die Vermeidung innereuropäischer gewaltsamer Konflikte ist.

Dass UK keine Flüchtlingsmassen aufnehmen will ist ja - für mich - nachvollziehbar, dafür müssen die ja nicht aus der EU austreten. Andere EU-Staaten machen es vor, dass man seine Grenzen auch dicht halten kann und streng reguliert. Aber Angst davor zu haben, dass massenweise Polen einwandern...pfff, das ist ja hochgradig dämlich. Die wenigsten Polen wollen überhaupt nach England und die die es wollen wären wirklich gute Arbeitskräfte. Also die "Angst" vor der Personenfreizügigkeit halte ich für extrem überzogen und völlig unbegründet. Gibt doch in der ganzen EU keine nachgewiesenen negativen Effekte davon? Sozialmissbrauch mal außen vor, aber so geil ist die soziale Hängematte in UK wohl nicht, dass die nennenswert Leute aus Ungarn z.B. überzeugen würde, nach UK auszuwandern...
 

Benrath

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Was ich ja noch nie verstanden habe, ist das Geheule von der "Rosinenpickerei".
Wenn einige Teile der EU so toll sind, dass sie jeder haben will und andere anscheinend scheiße, dann frage ich mich, warum wir die EU nicht einfach auf die "Rosinen" beschränken und dann alle happy sind.
Oder Rosinen für alle und nur für die EU-Fanatiker das Gammelobst dazu.

Alter hast du wirklich VWL studiert und dich mit Gemeinschaftsgütern, Tragik der Allmende etc. pp beschäftigt. Ich find das macht echt betroffen.

Man hat einen Verein mit ein paar Regeln aufgemacht, die Vor und Nachteile für alle Länder bieten. Aber gut man konnte sich darauf einigen. Bei internationalen Vereinbarungen spricht man von internal und external stability. Internal ist hier das Problem. Wenn man jetzt einen gehen lässt, ihm aber teilweise doch quasi im Verein lässt, warum noch der Verein. Dann kommt der nächste und will auch ne Extrawurst.

Das ist für die EU bei vielen Fragen ein Problem, weil man diese Kulisse aufrecht erhalten muss, weil sonst das Ganze schnell anfängt zu bröckeln.

@MV
die Exportländer wollen die Freihandelszone, viele andere eher die Dienstleistungen.
 
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Hast Du dafür Belege?

Der Brexit ist Beleg genug, oder? Zumindest in England wollen sehr viele Bürger die EU in ihrer heutigen Form nicht.
Auch in Deutschland sind europakritische Parteien nicht ganz erfolglos. Immerhin ist das der Ursprung der AfD, auch wenn sie heutzutage mit anderen Themen Wähler gewinnt.

Das ist für die EU bei vielen Fragen ein Problem, weil man diese Kulisse aufrecht erhalten muss, weil sonst das Ganze schnell anfängt zu bröckeln.

Genau das wäre der Punkt, oder? Sollte die EU vielleicht an gewissen Stellen bröckeln, wäre es vielleicht besser die Kulisse nicht aufrecht zu erhalten und stattdessen das EU-Fundament umzugestalten? Genau hierfür bietet der Brexit eine sehr gute Chance, die Europa jetzt aber auch nutzen muss.
Das Bürokratie- und Korruptions-Monster in Brüssel kann doch nun wirklich nicht die beste Lösung sein.
 
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Nein, der Brexit ist nicht Beleg genug. Die "Mehrheit" ist selbst in UK hart umstritten und ein aktuelles Referendum würde wohl keine Mehrheit mehr ergeben.

Zweitens richtet sich die Kritik vieler Engländer gar nicht so sehr gegen die vier Grundsäulen der EU sondern - auch ganz gut medial über das realistische Maß hinaus gepusht - gegen die angebliche "Bevormundung aus Brüssel" (die historisch bei der "Weltmacht England" nicht gut ankommt. Das hat was mit Nationalstolz zu tun...), und eine drastisch geschürte Angst in der Bevölkerung man "müsse" Unmengen von Flüchtlingen aufnehmen wenn man in der EU bliebe. Das war damals in den UK-Medien *der* Aufhänger der Brexit-Befürworter, man wolle das Recht behalten selbst zu entscheiden wer ins Land komme etc. pp... Gerade dieser Punkt entfällt aber mehr und mehr weil eben erfolgreich demonstriert wird, dass man in der EU sein kann und dennoch 'ne harte Linie gegen (illegale) Migration fährt.

Ich teile also Deine Meinung nicht, dass der Brexit da ein Beleg für wäre, dass die vier Grundfreiheiten von einer signifikanten Zahl der Menschen abgelehnt werden. Nicht in UK und schon gar nicht "in Europa". Beim Brexit gehts um ganz andere Dinge, die mit den vier Säulen imho recht wenig zu tun haben.
 

Benrath

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Der Brexit ist Beleg genug, oder? Zumindest in England wollen sehr viele Bürger die EU in ihrer heutigen Form nicht.
Auch in Deutschland sind europakritische Parteien nicht ganz erfolglos. Immerhin ist das der Ursprung der AfD, auch wenn sie heutzutage mit anderen Themen Wähler gewinnt..

Das ist jetzt selbst für dich schlecht. Allein schon mit "viele Wähler" und dann ein Land wo es einmal knapp 50/50 war. Politik richtet sich nach Mehrheiten und es gibt afaik keine klarer Mehrheit für einen Brexit. Du bist ideologisch gegen die EU, ich und andere dafür. Immerhin hat die Pro Seite eine recht lange positive Geschichte der EU und Ihrer Erfolge vorzuweisen. Zum negativen hat Boot schon recht viel gesagt. Die EU dient auch mal gerne als Sündenbock für alles.


Genau das wäre der Punkt, oder? Sollte die EU vielleicht an gewissen Stellen bröckeln, wäre es vielleicht besser die Kulisse nicht aufrecht zu erhalten und stattdessen das EU-Fundament umzugestalten? Genau hierfür bietet der Brexit eine sehr gute Chance, die Europa jetzt aber auch nutzen muss.
Das Bürokratie- und Korruptions-Monster in Brüssel kann doch nun wirklich nicht die beste Lösung sein.

Aha wenn der Putz bröckelt bauen wir das Fundament neu. Würdest du bei deinem Haus auch so machen?
Es macht überhaupt keinen Sinn auf solch unbelegte und plakative Pseudokritik wie "Bürokratie- und Korruptions-Monster" einzugehen.

Wer glaubt, dass eine Welt voller loser verbundener Nationalstaaten wesentlich besser wäre, sollte eventuell mal sein Geschichtsbuch aufschlagen.
 
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Da bin ich durchaus bei dir. Um gezielt gegen eine der vier Freiheiten der EU zu sein müssten sich die EU-Bürger erst mal mit diesen auseinandersetzen und begreifen, was diese überhaupt sind. Die Mehrheit der EU-Bürger tut dies sicherlich nicht.
Aber auch ohne explizit die vier Freiheiten abzulehnen haben wir eine große Gruppe von EU-Bürgern, die - vielleicht tatsächlich undifferenziert - feststellt, dass "da irgendwas in Brüssel falsch läuft". Und diese Einschätzung, dieses Bauchgefühl ist meiner Meinung nach durchaus korrekt, auch wenn der Otto-Normal-EU-Bürger es nicht einer der Freiheiten zuordnen kann. Dass sich diese allgemein EU-kritische Einstellung in den letzten Jahren, insb. seit der Flüchtlingskrise, stark verbreitet hat dürfte auch unzweifelhaft sein, oder?

Die Personenfreizügigkeit ist der am ehesten angreifbare Punkt der Freiheiten, das weitaus größere Problem ist aber imo wie gesagt das bürokratische Monster, das wir uns in Brüssel aufgebaut haben. Eine Rückbesinnung auf die Wirtschaftsunion und weitgehende Aufgabe der politischen Union (d.h. aller Aspekte, die nicht für die Wirtschaftsunion notwendig sind) wäre sogar mit der Erhaltung der Personenfreizügigkeit vereinbar.

Immerhin hat die Pro Seite eine recht lange positive Geschichte der EU und Ihrer Erfolge vorzuweisen.

Welche Erfolge wären das denn konkret? Also Erfolge, die mit verbündeten Nationalstaaten in einer reinen Wirtschaftsunion nicht möglich oder zumindest deutlich schwerer gewesen wären? Erfolge, die nur aufgrund der politischen Union möglich bzw. praktikabel wurden?
 
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Benrath

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Kein großer innereuropäischer Krieg reicht mir. Die Ausnahme ist wohl Jugoslawien.

Was ist überhaupt die politische Union und die Wirtschaftsunion. Wo ist da die Trennung.
Ist eine gemeinsame Direktive zur Harmonisierung des Schienenverkehrs schon politisch oder noch wirtschaftlich?
 
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Kein innereuropäischer Krieg ist wohl kaum eine Errungenschaft der EU. Mit oder ohne EU, die europäischen Länder sind doch gar nicht mehr verteidigungsfähig. Da ist ein Krieg einfach nicht drin. Die Überalterung macht Krieg führen auch äußerst unattraktiv, mit der EU hat das aber auch herzlich wenig zu tun. Starke wirtschaftliche Verpflechtungen kommen noch dazu, Krieg würde den europäischen Wohlstand viel zu sehr bedrohen.

Die gute wirtschaftliche Entwicklung kriegen wir problemlos ohne politische Union hin. Sowas wie EU-Roaming würde ich als politisch getriebenen Erfolg zählen und ja, auch die Harmonisierung des Schienenverkehrs wäre in einer reinen Wirtschaftsunion zwar möglich, aber deutlich schwerer, so dass ich es auch gelten lassen würde.
Ist aber halt eher "Kleinkram", dem bei einer Kosten/Nutzen-Betrachtung die immensen Kosten der EU gegenüberstehen.

Ich bin eigentlich überhaupt nicht europakritisch, im Gegenteil, ich finde den europäischen Zusammenhalt toll und absolut notwendig. Aber das geht eben auch ohne dass man sich eine Zentralregierung aufsetzen muss, das geht auch in einem föderalen System ganz problemlos. Gerade weil ich ein Europa-Freund bin muss ich kritisch gegenüber der aktuellen EU sein, denn die ist in ihrer aktuellen Ausgestaltung einfach nicht gut (genug) für den Kontinent.
 
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Benrath

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welchen fucking Kosten denn?

Deine Meinung das die EU ein Garant für den Frieden innerhalb von Europa ist, ist auch nur deine Meinung.
 
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Mich nähmt auch mal wunder wo diese so unglaublich riesigen Kosten genau sind. Klar gibt es Verschwendung/Doppelspurigkeiten/Kostenüberschüsse, aber wo genau sprengen diese denn das Mass und sind total abartig im Verhältnis zur Grösse der EU?

Kritik an der Währungsunion kann ich ohne weiteres Nachvollziehen, aber hier profitiert Deutschland ja stark also nehme ich nicht an, dass sowas MV oder Mackia stört.
 

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aber wo genau sprengen diese denn das Mass und sind total abartig im Verhältnis zur Grösse der EU?

Über die Definition von Maß und "total abartig im Verhältnis zur Größe der EU" lässt sich vortrefflich diskutieren. Reichen >200 Mio. € im Jahr für unnütze Umzüge zwischen Brüssel und Straßburg?

Einmal im Monat packen Abgeordnete, Assistenten und weite Teile der EU-Kommission in Brüssel hunderte von grauen Kisten mit Aktenordnern zusammen. Am Wochenende tauchen dann in den Tiefgaragen der EU-Gebäude zahllose Lkw auf, verladen diese Kisten und bringen sie nach Straßburg, neben der belgischen Hauptstadt Sitz des Europaparlamentes.
https://www.tagesschau.de/ausland/eu-parlament-strassburg-101.html
 
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Nein, nicht mal annähernd. Ist zwar ein gutes Beispiel für Idiotie, aber der Betrag ist im grossen ganzen schlicht lächerlich.
 
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komplett freiwillig und ohne Zwang
kannst du irgendeinen bilateralen wirtschaftsvertrag benennen, der so funktioniert..?

der sinn der eu ist es auch verbindliche standards zu setzen und dadurch verlässlichkeit und stabilität zu schaffen, wenn jeder die standards eines jeden anderen landes anerkennen muss und jeder trotzdem seine eigene suppe kocht, dann ist der effekt deutlich geringer und man kann auch einfach ne zfreihandelszone machen...
 
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Zuallererst freut es mich ja, dass hier endlich wieder etwas Musik drin ist. :wee:

Und genau das ist doch das Problem: Viele Bürger Europas wollen das nicht. Es ist auch total bescheuert, diese Dinge willkürlich zu verketten, obwohl sie problemlos einzeln machbar wären.
Eine Freihandelszone mit tollem Binnenmarkt will jeder (außer total verrückten Kommies, aber die können wir mal ignorieren), aber dazu braucht man den ganzen politischen Unfug einfach nicht. Die EU primär als Wirtschaftsunion und alles, was darüber hinausgeht, komplett freiwillig und ohne Zwang, insb. ohne Nachteile bei der Wirtschaftsunion, ist und war schon immer das weit überlegene Modell.
Muss ich leider komplett quoten.
  1. Die meisten Bürger der EU wollen die EU genau so lange nicht, bis sie merken was sie verlieren wenn sie plötzlich nicht mehr da ist. Ein halbwegs aktuelles Beispiel liegt auf einer Insel in der Nordsee. Dass man sich auf die vier Grundfreiheiten geeinigt hat ist sowohl sinnvoll als auch ein Kompromiss. Die einen Länder wollten vor allem A und B, die anderen B und C, am Schluss einigte man sich auf A,B,C,D und alle waren zufrieden. Das nennt sich dann Politik. Das was man am ehesten aus begründbaren Motiven einschränken könnte wäre die Kapitalverkehrsfreiheit, und zwar weil sie auch stark destruktive Effekte haben kann welche auf (wichtig) die Entscheidungen weniger zurückgehen. Die Personenfreizügigkeit zu beschränken wäre eine Entscheidung gegen die Bevölkerung, gegen die Völkerverständigung und für die Konzerne, weil diese dadurch sattsam Arbitragegewinne machen könnten. Etwas asozialeres gäbe es kaum, ebenfalls mit dem Effekt, dass dann viele Menschen genau dies (zu Recht) an der EU kritisieren würden.
  2. Nur nein. Nur Handel allein reißt es halt nicht raus. Die EU war von Anfang an ein Friedensprojekt und zwar Frieden durch Austausch _und_ Handel. Wer das nicht erkennt disqualifiziert sich selbst.
  3. Nein, was sollen bitte die Vorteile einer reinen Freihandelszone sein? Handel bedingt immer auch die Anerkennung bzw. Akzeptanz von Standards. Da eine übergeordnete Organisation zur Verständigung zu schaffen ist nur folgerichtig und effizient. Du stellst Dir das viel zu einfach vor, siehe nächste Antwort.
Übrigens ist Freihandel ohne Zölle auch nicht das gleiche wie der Europäische Binnenmarkt. Ich hatte soweit ich mich entsinne auch schon darauf verwiesen. Just saying.

Was Zwang angeht … Ich glaub es hackt!? Nenne mir bitte auch nur ein einziges Land welches dazu gezwungen wurde der EU beizutreten. Wenn ich mich recht entsinne wurde sogar nicht einmal das UK dazu gezwungen. Es besteht sogar eine recht lange Liste an Ländern die gerne Mitglied im Club wären. Und das auch _nachdem_ offensichtlich war in welche Richtung, nämlich engere Integration, es sich bewegt. Es ist vielmehr so, dass alle Änderungen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit hinaus das Ergebnis langer Verhandlungen waren und vollkommen ohne "Zwang" geschehen sind. Anders sind völkerrechtliche Verträge nämlich ohnehin nicht möglich. Klar wird es bei den Verhandlungen auch mal so gewesen sein, dass jemand gesagt hat "wenn du nicht A, dann ich nicht B", aber zu fordern, dass es ohne hartes Verhandeln ginge wäre einfach nur grotesk weltfremd.

[…]
Was ist in Bezug auf die EU das Analogon zu den Kosten für die Sporthalle - Subventionen für Landwirtschaft und strukturschwache Regionen? Ich sehe nicht, warum die für freien Warenverkehr notwendig wären - wohl aber, warum die Sporthalle zum Sporttreiben notwendig ist.
Es sind vor allem Verwaltungskosten. Eine gemeinsame Koordination und Rechtsprechung in vielen Dingen muss auch verwaltet werden. Menschen müssen sich abstimmen und Kompromisse machen. Ich arbeite aktuell in einem Forschungsprojekt in dem ich regelmäßig mit der EC/REA Kontakt habe. Da gibt es eben ein Gebäude in Brüssel (Covent Garden) in dem nur Leute sitzen die EU-geförderte Forschungprojekte managen und sicherstellen, dass die Kohle nicht für Koks und Bitches rausgehauen wird. Meine aktuelle Arbeit für Geld beschäftigt sich letztendlich genau damit sicherzustellen, dass dieses Forschungsprojekt ordentlich gemanaged und dokumentiert wird, damit keine unnötigen Prüfungen stattfinden. Außer mir sind damit noch zwei andere jeweils in 50% Teilzeitstellen beschäftigt. Verwaltung kostet Zeit und somit Geld.
(Im Umkehrschluss ist es deswegen natürlich völlig legitim eine schlanke (aber effiziente und wirksame) Verwaltung zu fordern, denn sie kostet viel Geld!)

Grob über den Daumen betragen die Ausgaben der EU (inklusive Fördergelder) pro Jahr und Einwohner 320 EUR (2018). Zum Vergleich: In Deutschland geben wir für die Verwaltungstätigkeit des Bundes (exklusive Ausgaben der Länder und exklusive alle Sozialleistungen im Bereich Arbeitslose/Sozialhilfe) pro Person und Jahr aktuell 2440 EUR pro Nase aus. (Inklusive Arbeit & Soziales sind es ca. 4150 EUR).

Die Zulassung von Medikamenten, die Überwachung von Banken, … es gibt eine lange Liste von Dingen die dort koordiniert werden. Es erscheint mir irrig anzunehmen, dass sowas "einfach so" funktionieren könnte. Auch für NAFTA gibt (bzw. demnächst gab) es einen Haufen Menschen die sich nur mit der Einhaltung und Überwachung der Regeln beschäftigt haben. Dasselbe gilt auch für andere Bündnisse und Verträge. Zum Beispiel verlangt (meines Wissens zumindest) auch niemand, dass die NATO kein Geld kosten darf. Auch das würde nicht einfach kostenlos funktionieren wenn man den Vertrag geschlossen hat.
Was heißt es denn überhaupt, dass die Briten "nicht zahlen wollen"? Was wollen sie denn nicht zahlen? Was sind die Kosten des gemeinsamen Binnenmarkts? Was sind die Kosten des freien Warenverkehrs? Warum sind die vier Grundfreiheiten untrennbar? Ist das ein Naturgesetz?
Man könnte dir imo leichter folgen, wenn du auf solche Fragen eingehen würdest.
Die Briten wollen ihren vertraglichen Anteil der o.g. Verwaltungskosten nicht bezahlen, aber trotzdem von der Verwaltungs- und Koordinationsarbeit profitieren. Wie man eben von der Organisationsleistung des Vereins profitiert wenn man mitmacht, weswegen man nach ein zwei Probetrainings üblicherweise ein Beitrittsformular in die Hand gedrückt bekommt. Wenn man die Vorteile will muss man zahlen.
Darüber hinaus wollen die Briten übrigens auch gegenüber ihren eigenen Staatsbürgern, welche in gutem Glauben als EU-Beamte nach Brüssel gegangen sind, nicht ihre Pensionszusagen einhalten, sondern den Unterhalt dieser Menschen die Rest-EU tragen lassen. Man kann es ruhig als schäbig bezeichnen, dass sie da ihre eigenen Leute als Verhandlungsmasse benutzen.

Ein weiteres Beispiel: Wenn man sich mal an die Grenze zwischen Belarus und Polen stellt und misst wie viele Stunden ein Laster dort steht bevor er über die Grenze darf, dann bekommt man eine gute Vorstellung davon was es wert ist im Binnenmarkt zu sein: Jede Stunde die der LKW steht, verdient er kein Geld. Jede Stunde muss der Fahrer bezahlt werden. Jede Stunde wird der Kunde ungeduldiger. Jede Stunde kostet der LKW weil er abbezahlt werden will. All das geht nur wenn möglichst kein Stillstand ist. Zwischen EU-Staaten stehen maximal ein paar gelangweilte Zöllner an der Grenze und schauen ob zufällig jemand der auf der Fahndungsliste steht dumm genug ist in einem bekannten Auto die Grenze zu überqueren. Wenn überhaupt.

Im Binnenmarkt zu sein ist also, bei Wartekosten von angenommenen 10 EUR pro Lastwagen pro Stunde (was niedrig ist), bei einer angenommenen Wartezeit von einer Stunde (was niedrig ist), ziemlich genau 10 EUR pro Grenzübertritt. Die Anzahl der Grenzübertritte ist zwischen nahezu jedem Land befindet sich im Millionenbereich. Allein das LKW-Tunnel-Shuttle zwischen England und Frankreich haben im ersten Halbjahr 2016 etwa 1 Mio. LKWs genutzt. Zwischen Deutschland und Polen dürfte die Zahl im zigfachen Millionenbereich liegen. Zwischen Deutschland und Frankreich auch, im Dreiländerbereich D-A-IT erst recht. Ich erinnere mich noch gut wie ich mit meinem Vater mal irgendwann in den frühen 90ern zum Wandern nach Österreich bin. Da haben wir halt locker 2h an der Grenze gewartet bis wir unsere Pässe zeigen durften.

Bei jedem Grenzübertritt spart man mindestens einen Zehner durch die gemeinsame Verwaltung und den Binnenmarkt und dadurch dass es schneller geht. Typischerweise geschieht das eben in der Form von Zeit. Real dürften die Gewinne deutlich höher sein weil die Wartezeiten nur ein Teil der Geschichte sind. Der andere Teil sind die Zöllner die natürlich jedes Land auch noch für die Kontrolle bezahlen muss. Diese Menschen können sich nun anderen Aufgaben widmen.
Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass es "ungerecht" oder unmöglich ist, den Briten Zugang zum Binnenmarkt zu gewähren und Dienstleistungen und Arbeitnehmerfreizügigkeit auszuklammern. Was ich hier lese klingt mehr nach Prinzipienreiterei und beleidigt-sein. Dass die EU Angst davor hat, dass auch andere Länder dann "nur" noch den freien Warenverkehr haben wollen und den Rest der EU-Segnungen nicht mehr, kann ich schon eher verstehen - das ist aber eher ein Armutszeugnis der EU.
Ist das Argument ernsthaft, dass der EU-Markt größer ist, als der GB-Markt und die Briten deswegen für den Zugang zahlen müssen? Müssen kleine Länder immer Gebühren zahlen, wenn sie mit großen Ländern handeln wollen? Das wäre mir neu und klingt auch nicht plausibel.
Ich wollte es aus Höflichkeit erst nicht so offensiv formulieren wie Benrath, aber bei der Antwort bleibt mir kaum etwas anderes übrig. Dass Du VWL studiert haben willst erscheint mir kurios. Falls doch, so ist es ein weiterer Beleg dafür, dass dieser Abschluss an sich offenbar genau gar nichts bedeutet. Deine Ahnungslosigkeit bereitet mir als Volkswirt akuten Fremdscham.

Dass Du anderen die Früchte Deiner Arbeit zum Nulltarif zur Verfügung stellen willst, während Du dafür bezahlst, während die anderen wiederum auf Dich scheißen und sich ins Fäustchen lachen … halte ich für unglaubwürdig. Dein Beharren auf dem Verschenken von Vorteilen ist etwas was mir als Prinzipienreiterei auffällt. Merke: Länder haben keine Freunde, nur Interessen. Ähnliches gilt auch für Staatenbünde. Ein Bonmot welches einem Konservativen wie Dir doch nur allzu bekannt sein sollte.

Das UK wird ab dem 01.04.2018 ein Drittstaat sein. Also kann man ausloten ob es gemeinsame Interessen gibt, wie ein Freund behandeln sollte man sie nicht, sonst wird man ganz offensichtlich hart in den Arsch gefickt wie die Vergangenheit zeigt. Die EU ist ja gerade ein Projekt welches Konflikte bändigen und internalisieren soll, und zwar so, dass die beteiligten Länder miteinander umgehen können wie Freunde. Das ist der wesentliche Unterschied. Das UK wollte und will in einer Gemeinschaft der Gleichen besondere Privilegien genießen. Das geht eben nicht ohne den Charakter der Gemeinschaft zu zerstören.

Zu behaupten, dass man alles auf ökonomische Transaktionen reduzieren kann ist fehlgeleitet. Dies funktioniert mit Staaten ebensowenig wie mit Einzelpersonen. Sag das mal Deinen Arbeitskollegen (nicht den Freunden, das ist ja eine andere Kategorie). Die werden Dir was erzählen. Jeder menschliche Kontext hat eine soziale Komponente die sich eben nicht mit einem ökonomisch rationalen Vertrag substituieren lässt. Wäre das so effizient würde niemand mehr heiraten und alle gingen in den Puff. Ist ja eine einfache Angebot/Nachfrage-Geschichte. Warum der ganze soziale Shit wenn es auch einfach als Geldtransaktion geht? Das ist easy dasselbe!
Das Bürokratie- und Korruptions-Monster in Brüssel kann doch nun wirklich nicht die beste Lösung sein.
Wie Benrath schon schrieb: Das ist Grund für Reform, aber nicht für ein Auflösen. Niemand hier verteidigt Verschwendung oder Korruption. So zu tun als ob dies nur in Brüssel stattfände und in Berlin nur Chorknaben und -Knäbinnen am Werk wären ist maximalst merkwürdig.

Kein innereuropäischer Krieg ist wohl kaum eine Errungenschaft der EU.
[…]
Immense Kosten
[…]
problemlos einzeln möglich
[…]
Ich bin eigentlich überhaupt nicht europakritisch, im Gegenteil, ich finde den europäischen Zusammenhalt toll und absolut notwendig. Aber das geht eben auch ohne dass man sich eine Zentralregierung aufsetzen muss, das geht auch in einem föderalen System ganz problemlos.
  1. Wie ich schon schrieb. Die EU, bzw. um genau zu sein die EGKS, ist ganz dezidiert als Friedensprojekt gegründet worden. Es ging darum eine derjenigen Nationen, die in den vergangenen ~80 Jahren mehrfach ihre Nachbarn mit Krieg überzogen hatte, an die Kette zu legen.
  2. Die "immensen Kosten" betragen 320 EUR pro Nase und Jahr gemittelt auf die ganze EU. Also für einen Naturwissenschaftler wie dich: Du arbeitest am Tag vermutlich deutlich unter 5 Minuten deiner Arbeitszeit für die Kosten der EU. Klingt für mich nicht allzu teuer.
  3. Problemlos einzeln möglich sind die Dinge eben nicht. Sowas wird zusammen verhandelt weil man nur dann einen Gesamtkompromiss findet der alle zufriedenstellt. Ex post daherkommen und behaupten das wäre möglich gewesen ist billige Polemik. Klar kann man es sich die Welt vorstellen wie sie einem gefällt, aber real umgesetzt bekommt man es so halt eben nicht.
  4. Ich glaube Du meinst eine Konföderation im Gegensatz zu einer Föderation im Gegensatz zu einem Staatenbund. Die EU ist aktuell nicht ganz, aber fast eine Föderation und schon eine Weile nicht mehr nur ein Staatenbund. Ihr wird im Allgemeinen eine eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen. Wenn Dein Ziel eine Föderation, also ein Bundesstaat, ist, dann müssen wir weiter integrieren. Ein Konföderation wäre lockerer. Natürlich sind da die Grenzen einigermaßen fließend. Was in einem lockeren Staatenbund mit sehr souveränen Befugnissen der Teilstaaten passiert kannst Du nicht nur in Europa sondern auch in den USA sehen. Es ist mir unerklärlich wie manche banalen Sachen dort von jedem verkackten County selbst geregelt werden. Die Standardantwort dürfte sein "cause muh freedom!", was aber Quatsch ist, denn zentralisierte Verwaltung hat halt auch ganz offensichtliche und wichtige Kostenvorteile. Insbesondere bei Dingen die überall möglichst gleich sein sollen, wie z.B. Trinkwasserqualität oder Menschenrechte oder oder oder…
    Witzigerweise ist das genau das was die EU macht. Typischerweise auch nur mit der Vorgabe "Regelt das wie ihr wollt, aber hier sind die Richtlinien die eingehalten werden müssen. Wir haben das alle gemeinsam beschlossen, jetzt muss es jeder für sich bis in 3 Jahren umsetzen. kthxbye." Deswegen heißt es auch "Richtlinie (Directive)." Für Sachen wo dieser Spielraum sinnlos ist gibt es dann Verordnungen die direkt Rechtswirkung entfalten (Regulation).
 
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#2 Gut und prägnant erklärt.


Zu den Verwaltungskosten: Ich stecke in der Debatte grad nicht so drin. Ich bin davon ausgegangen, dass die Verwaltungskosten relativ gering sind, weil ein Großteil des EU-Haushalts für Wirtschaftsförderung (insbesondere Landwirtschaft) rausgehauen wird und UK sich vor allem an sowas nicht mehr beteiligen will. Man kann imo durchaus in Frage stellen, inwiefern diese Ausgaben in direktem Zusammenhang zum europäischen Binnenmarkt stehen.
 
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Saistaed: Guter Punkt der nicht sofort offenbar wird. Die verschiedenen Kohäsionsmaßnahmen sollen vordergründig der Angleichung der Lebensverhältnisse in allen EU Mitgliedsstaaten dienen. An sich ein guter Grund, aber auch kein zwingender. Immerhin sollen die Länder ja u.a. durch die Vorteile des Binnenmarktes wachsen und gedeihen. Und dann brauchen sie die Hilfen ja nicht mehr, oder? Nicht ganz.

Durch den Binnenmarkt werden bzw. wurden eher arme Ökonomien plötzlich sehr wettbewerbsfähigen Mitbewerbern ausgesetzt. Das könnte auch ins Auge gehen und für Verstimmungen sorgen wenn die eigenen Firmen von der ausländischen Konkurrenz gesteamrolled werden. Gerade weil es für die Industrie der ärmeren Länder schwierig ist einen Fuß auf den Boden zu bekommen wenn die Konkurrenz stark. Die Kohäsionshilfen sollen daher auch die lokale Wirtschaft und Infrastruktur stärken, dass sie irgendwann von sich aus konkurrieren können und das Land nicht nach zehn zwanzig Jahren dem hässlichen Deutschen gehört. Dass dieses Alternativszenario politisch problematisch wäre ist klar, weswegen die Kohäsionshilfen durchaus gerechtfertigt sind.

Letztendlich sind auch diese Ausgaben ein Beitrag zum Frieden innerhalb der Union. Das zeigt erneut deutlich, dass es eben vor allem ein Friedensprojekt ist, und erst an dritter oder vierter Stelle ein ökonomisches.

Um hier noch ein paar (nicht nur) ökonomische Vorteile der EU zu nennen:

  • Dass man im Ausland kostenlos über die eigene Krankenkasse behandelt wird ist keine Selbstverständlichkeit. Bevor es die EHIC gab musste man unter Umständen damit rechnen bei einem Krankenhausaufenthalt im europäischen Ausland entweder nur die akute Notfallhilfe zu bekommen und dann auf der Straße zu stehen––oder eben viel Geld rauszulassen. Seit 2004 bekommt man überall das volle Paket das auch ein versicherter Inländer bekäme.
  • Ebenso nicht selbstverständlich ist die Möglichkeit im Ausland zu studieren und dies auch anerkannt zu bekommen. Dafür braucht es entweder ein Abkommen zwischen den Universitäten und/oder sehr viel persönlichen Aufwand. Durch die EU hat jeder Student und Auszubildende die Möglichkeit einen Auslandsaufenthalt machen und hierbei auch noch finanziell unterstützt zu werden (ERASMUS/Leonardo/…). Zusätzlich hat man dabei einen Anspruch darauf, dass die im Ausland erbrachten Leistungen auch anerkannt werden. Mit Leistungen von außerhalb der EU ist das deutlich mühsamer. Aber allein die Möglichkeit ins Ausland zu gehen ist Gold wert. Ich war auch Erasmusstudent und es war geil und ich wurde sogar noch mit ungefähr 140 EUR pro Monat subventioniert. Freunde für's Leben gefunden habe ich noch dazu.
  • Die gemeinsame Koordination der Fischereiquoten in den Europäischen Meeren ist auch ein handfester ökonomischer Vorteil. Ohne Abkommen würde es zu einer typischen "Der frühe Fischer fängt den Fisch, und er fängt daher vor allem viel damit die anderen es ihm nicht wegnehmen!"-Situation. Witzigerweise war das genau die Situation zwischen den Fünfzigern und der schrittweisen Einführung der Common Fisheries Policy. Ein großes Glück war, dass es damals nicht so krasse Trawler gab die ganze Meeresabschnitte leermachen können. Sich zu koordinieren um gemeinsam mehr Fisch zu haben ist wohl zweifellos ein ökonomischer Vorteil.

Und selbst wenn die Hälfte des Geldes einfach verbrannt würde. Vergegenwärtigt euch: In den Weltkriegen ist jeweils (hab nicht nachgeschaut, Größenordnung sollte stimmen) knapp ein Zehntel der Bevölkerung umgekommen. Aus irgendeinem Grund hat es jeweils die jungen Männer, zu denen wir quasi alle zählen, dabei jeweils mit einer deutlich höheren Quote erwischt. Wenn ich mir vorstelle, dass in einem ernsthaften Konflikt einfach mal die knappe Hälfte von allen hier Anwesenden verheizt werden könnte damit der Rest irgendwie überlebt. Joa … no thx.

Wir haben uns sehr an den Frieden gewöhnt. Tatsächlich gab es in der Menschheitsgeschichte wohl noch nie eine so lange Periode ohne Krieg in Europa. Zugegeben, da müssen wir die IRA und die ETA ausklammern, aber immerhin. Für Deutschland sind die letzten 73 Jahre des Friedens die längste Friedensperiode in seiner (tausendjährigen, lol) Geschichte.
 
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parats'

Tippspielmeister 2012, Tippspielmeister 2019
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Zwei sehr gute Posts dazu, auch wenn dein Charles de Gaulles Zitat nicht genau passt. ;)

Ich glaube was bei vielen Leuten fehlt ist die Greifbarkeit des Ganzen. Die EU als leblose Hülle nochmal über die Staaten rüber bewirkt natürlich eine Art Befremdung. Auf mittlere Sicht wird wohl nur ein kompletter Zusammenschluss das Kartenhaus zusammenhalten, da der Euro in seiner jetzigen Form mit dem Rücken zur Wand steht. Bei der aktuellen Größe natürlich relativ schwierig.
 

Gustavo

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Dass UK keine Flüchtlingsmassen aufnehmen will ist ja - für mich - nachvollziehbar, dafür müssen die ja nicht aus der EU austreten. [...] Also die "Angst" vor der Personenfreizügigkeit halte ich für extrem überzogen und völlig unbegründet.



Dass die Angst vor "Flüchtlingsmassen" so begründet ist ziehe ich in dem Fall allerdings auch in Zweifel. Daran, dass darüber in diesem Kontext überhaupt geredet wird, obwohl Teile der britischen Gesellschaft seit Jahr und Tag einen völlig unverantwortlichen Umgang mit der EU-Mitgliedschaft pflegen und strukturelle Probleme Brüssel in die Schuhe schieben, zeigt doch nur, wie sehr dieses Thema eine Reflektionsfläche ist.

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Ich saß mal in einem Seminar zu EU-Recht und jemand hat dasselbe Argument vom "Bürokratiemonster" gebracht, das MV hier bringt. Derjenige wurde dann gefragt ob er ein paar Beispiele nennen kann und seitdem frage ich jeden nach Beispielen, wenn so ein Argument kommt. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der tatsächlich sinnvolle Beispiele jenseits irgendwelcher Zeitungsenten oder extrem partikularen Geschichten hatte. Wenn das so ein "Monster" ist müsste das doch eigentlich recht einfach sein.
 

Deleted_38330

Guest
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Farage als Lügner diffamiert wurde für vor allem zwei Vorhersagen:

1. Die EU plant eine eigene Armee.
"Lüge!" wurde von den Brexit-Gegnern geschrien. Ungefähr zwei Wochen nach dem Referendum wurden genau diese Pläne offiziell gemacht.
2. Viele Flüchtlinge bekommen entweder den deutschen Pass oder gleiche Rechte und haben dann das Recht, ungehindert ins UK einzureisen.
"Panikmache!" wurde von den Brexit-Gegnern geschrien. Diese Woche wurde die neue Einwanderungspolitik der GroKo veröffentlicht.
 

parats'

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Was wäre an Punkt 1 prinzipiell verkehrt?
Die Definition von "viele" ist maximale Auslegung, unternauer doch mal den Punkt mit Zahlen. Wie viele Flüchtlinge haben einen deutschen Pass erhalten und genießen damit die vollen Rechte und Pflichten der EU?
 

Deleted_38330

Guest
Was wäre an Punkt 1 prinzipiell verkehrt?
Nichts. Hier geht es aber schließlich nicht um die EU an sich, sondern um den Brexit. Aus deutscher Sicht ist eine EU-Armee nicht so verkehrt, wenn man sich den Zustand der Bundeswehr anschaut. Aus britischer sieht es aber ganz anders aus.

Die Definition von "viele" ist maximale Auslegung, unternauer doch mal den Punkt mit Zahlen. Wie viele Flüchtlinge haben einen deutschen Pass erhalten und genießen damit die vollen Rechte und Pflichten der EU?
Die neue Einwanderungs- und Aufenthaltspolitik wurde gerade erst verkündet. Die Briten haben prophylaktisch für den Brexit gestimmt, und vor allem gegen unkontrollierte Masseneinwanderung vom Kontinent.
 

Deleted_228929

Guest
LoL, über eine EU-Armee oder etwas ähnliches wird doch schon seit Jahrzehnten (!!!!) diskutiert. Was solln daran "geheim" sein? Auch dass UK da ständig auf der Bremse stand, war kein Geheimnis und insofern war es nicht überraschend, dass nach dem Referendum entsprechende Integrationsschritte sofort angepackt werden.

Ansonsten steige ich doch direkt in das alseits beliebte Whatabautismen ein: Wer hat nochmal vor dem Refendum verzapft, UK würde im NHS dreistellige Millionenbeträge pro Monat (?) freikriegen und hat sich original am Tag danach mit "oh ja, kann sein, dass wir uns da verrrechnet haben, machts man gut" vom Acker gemacht?

Generell hatten es die Brexiteers bisher nicht sonderlich eilig, sich in Verantwortung zu begeben.
 
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parats'

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Nichts. Hier geht es aber schließlich nicht um die EU an sich, sondern um den Brexit. Aus deutscher Sicht ist eine EU-Armee nicht so verkehrt, wenn man sich den Zustand der Bundeswehr anschaut. Aus britischer sieht es aber ganz anders aus.

Die neue Einwanderungs- und Aufenthaltspolitik wurde gerade erst verkündet. Die Briten haben prophylaktisch für den Brexit gestimmt, und vor allem gegen unkontrollierte Masseneinwanderung vom Kontinent.

Farage neo Nostradamus. Gg no re...
 
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Gustavo: bookmark Dir diese Seite für solche Diskussionen. Sie ist passenderweise von der "EU Representation in the UK" und sie ist in solchen Momenten absolutes Gold.

Mit "die EU Armee" ist PESCO (permanent structured cooperation) gemeint, was als Programm eine Koordinationsrolle einnimmt. Das ganze soll durch Harmonisierung und bessere Kooperation vor allem Geld sparen. Hier werden keine Kompetenzen "nach Brüssel" abgegeben und es wurde durch alle teilnehmenden Regierungen beschlossen. Es ist genauso die Armee der EU wie die NATO eine Armee hat, nämlich gar nicht. Dass die Briten sich für das nicht Mitmachen feiern ist ein wenig lustig, aber nur folgerichtig, weil sie ja in 6 Monaten nur noch in der NATO sein werden. Auch hier werden sie weniger eingebunden sein und dadurch an Einfluss verlieren. Hier vier Infographiken zu PESCO im Spoiler:
info_1_3bscb3.png

info_2_12bipd.png

info2_05eijy.png

eu-nato_cooperation.fggfao.png
Wenn man das schlecht findet muss man die NATO auch schlecht finden. Die ergäbe nach der Logik auch für die USA keinen Sinn.

Egal wie man sich über Flüchtlinge und Migranten und Kriminelle mit Migrationshintergrund (unterschiedliche Dinge) aufregt, und das zum Teil auch berechtigt. Einen Deutschen Pass bekommt man nach frühestens 8 Jahren Aufenthaltserlaubnis. Der früheste Zeitpunkt sich aufzuregen wäre also ungefähr 2023.

Das UK hat in der Vergangenheit übrigens mit nochmal deutlich schlechterer Integrationspolitik geglänzt als Deutschland. Es gab dort genau die gleichen Probleme wie hier und anderswo, welche letztendlich soziale Probleme sind welche durch proaktives Handeln zumindest stark abgemildert hätten werden können.

Gerade in Deutschland waren es maßgeblich konservative Regierungen die es verbockt haben hier eine klare Linie zu fahren, beginnend spätestens mit Helmut K. in 1982. Kudos an Wolfgang Schäuble, dass er eine unbequeme Wahrheit ausgesprochen hat und so vielleicht etwas Bewegung in die Sache gebracht hat. Es wird trotzdem ein Ziel bleiben kriminelle Ausländer egal ob EU oder nicht-EU auszuweisen und das ist richtig so. Da nehmen sich D und UK wenig in Sachen Erfolglosigkeit.

Ad Brexit und Zwang: Es ist ja nichteinmal so, dass die Briten am Verlassen der EU gehindert werden. Sie hätten auch einfach ihren Bekanntgabe nach Artikel 50 EUV raushauen und dann abwarten können. Niemand zwingt sie dazu ein Anschlussabkommen zu schließen. Es ist zwar vorgesehen, aber nicht zwingend. Es geht hier einzig und allein darum Anschlussregelungen zu verhandeln, und da gilt halt quid pro pro. Wer nichts zu bieten hat oder nichts anbieten will bekommt eben auch nichts.

Es würde mich mal interessieren auf welcher Basis alle diejenigen, die einen "guten Deal" für das UK fordern, dies rechtfertigen wollen. Das einzige was mir einfällt wäre "nett sein weil ein kratzbürstiger Nachbar in der Nordsee nerven würde", was halt schon recht nah an "sich halt einfach erpressen lassen anstatt Kante zu geben" ist. Klar ist da der Übergang fließend, und es ist auch tatsächlich in unserem Interesse gute Beziehungen zum UK zu haben, aber es gibt ca. Null Gründe ihnen große Geschenke zu machen. Faire Verhandlungen logisch, aber zu fordern, dass eigene Prinzipien über den Haufen geworfen werden, um das UK zufriedenzustellen ist pures unnötigstes Appeasement.
Zur Verhandlungsführung noch ein Artikel aus der ZEIT. Ich hoffe sehr auf klare Kante aber gleichzeitig Willen zu sinnvollen Kompromissen, und das sind mE welche die keine prinzipiellen Regeln der EU aufweichen. Die EU hat nicht das UK rausgeworfen, sondern das UK will gehen, also sollen sie auch die potentiell spaltenden Konsequenzen bei sich tragen und nicht durch einen faulen Kompromiss exportieren können.

Was die neue britische Migrationspolitik angeht: lololololo
Die haben ein Land in dem aktuell sehr niedrige Arbeitslosenzahlen herrschen und vor allem sind mittelqualifizierte gefragt, und jetzt wollen sie nur noch Hochqualifizierte einwandern lassen. Wird bestimmt gut funktionieren.
 
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Danke für die Beiträge, sehr unterhaltsam wie hier die Brexit Befürworter und EU Gegner auseinandergenommen werden.

Mein letzter Wissensstand war, das die EU Bürokratie anhand ihrer Aufgaben wesentlich effizienter als die Bürokratien der einzelnen Mitgliedsstaaten sei. Von Bürokratiemonster kann also wirklich keine Rede sein!
 
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Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Farage als Lügner diffamiert wurde für vor allem zwei Vorhersagen:

sehen wir mal davon ab, dass er Regelmäßig gelogen hat ad hoc fallen mir da: arabische halbinsel nimmt keine flüchtlinge auf, 52-48 unfinished business, 350 mio gpb fürs gesundheitssystem, 70% EU Laws in GB, GB kann einen besseren "Trade Deal" mit der EU aushandeln wenn man nicht mehr mitglied ist, ECJ kann den supreme court overrulen.

den größten gegenwind hat er für die 55mio gbp/day 350mio gbp/week nummer und die artikel 50 sache bekommen, die beides offensichtliche lügen waren und für die er in der öffentlichkeit zurückgerudert hat.
 
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@ Benrath & Bootdiskette: Hoch vom Dache kotzt der Rabe.

Ich sehe in euren aufgeplusterten Postings immer noch kein einziges Argument dafür, warum es nicht möglich sein soll ausschließlich an der Warenverkehrsfreiheit teilzunehmen und die anderen drei Freiheiten auszuklammern. Beim Lesen eurer hochkompetenten Antworten habe ich damit gerechnet, dass schlaue Argumente kommen, wie eng diese Freiheiten miteinander verflochten sind, o.Ä. Das hätte sogar ich mir noch mit fernen Erinnerungen an das EU-Recht aus der Nase ziehen können, aber nichts.
Freerider-Problematik!!!11111211einself und "das war schon immer so", klingt für mich eher nach katholischer Kirche im Mittelalter, als nach einer offenen Diskussion.
Das die EU das als Institution nicht WILL, ist hier wohl jedem klar. Aber warum soll es nicht möglich sein, was wäre daran für uns alle schlechter? Um diese Frage drücken sich hier alle herum.
Vielleicht ist es ja der Königsweg, für das eine oder andere Land, nur mit der EU zu handeln, ohne Arbeitnehmerfreizügigkeit etc?


"Die EU" - wenn ich mir diese Verallgemeinerung erlauben darf, zielt auf eine automatische, immer weitere Integration aller Mitgliedsländer ab. Der EU-Binnenmarkt fordert für seine totale Realisierung die Schleifung aller Ungleichheiten in Besteuerung, Sozialversicherungen etc. in den Mitgliedsländern und darauf wird langsam aber stetig hingearbeitet. Das ist auch nur logisch und liegt schon in der Idee an sich begründet.
Das Ziel ist die Überwindung der Nationalstaaten.
Angela Merkel: „Ich bin dafür, dass die Kommission eines Tages so etwas wie eine europäische Regierung ist.“ Emanuel Macron sein Höschen ist auch schon ganz feucht, wenn er an eine EU-Regierung denkt.
Jean-Claude Junker:"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."

Das kann man großartig finden, oder eben nicht. Dafür gerne ein eigenes Topic.

ABER: Diesen Weg weiter zu gehen, ist so ziemlich die größte politische Entscheidung unserer Generation und sie wird, zumindest in Deutschland nichtmal zur Abstimmung gebracht. Sei es drum, aber wir sollten zumindest so frei sein, über Alternativen nachzudenken und dazu sehe ich hier null Bereitschaft.
Aus diesem Grund kann ich auch ein Argument absolut nicht mehr hören: Die EU ist dafür verantwortlich, dass hier seit 1945 Frieden herrscht und wer die EU in Frage stellt, gefährdet den Frieden.
Wer dieses Argument bemüht ist ein absoluter geistiger Tiefflieger und hat sich selbst schon ein Denkverbot erteilt. Es geht niemandem darum die EU als Ganzes abzuschaffen, sondern darum die immer weitere Integration in Frage zu stellen. Die Integration war schon viel weniger tief und die Länder der EU sind trotzdem nicht gegeneinander in den Krieg gezogen. Außerdem ist es tatsächlich möglich auch ohne eine wachsame EU miteinander gut auszukommen und Handel zu treiben. Von was für einem bescheuerten Menschenbild geht man eigentlich aus, wenn man ernsthaft glaubt, dass nur die EU Frieden garantieren kann? Ich wiederhole: Jeder der dieses Argument wiederholt, hat sich als Bauerntrottel disqualifiziert, der nur nachquakt was ihm die Tagesschau erzählt.
 
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mackia, wenn du so frei warst fragen zu stellen und inhaltlich nicht auf die antworten einzugehen, sei doch so frei selbst ein paar fragen zu beantworten.

warum soll GB einen besseren "deal" bekommen als norwegen, island und die schweiz?
warum betrachtest du zugang zum eu binnenmarkt und zum gb binnenmarkt als gleichwertig?
warum soll die EU ihre eigenen verträge brechen?

die allgemeinsätze die du im tenor von "lasst uns alle gute nachbarn sein und alls freiwillig machen" mögen ja toll klingen, aber inhaltlich bleibt da doch wenig übrig, während du von deinen diskussionspartnern konkrete problemlösungen erwartest, ist das nicht einfach ein bisschen billig..?
 
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klar wäre die EU auch als reine Wirtschaftsunion möglich, dies bestreitet hier im thread ja keiner (Ansonsten Quotes pls).
Die meisten Menschen finden eine reine Wirtschaftsunion halt weder erstrebens- noch wünschenswert und unterstützen das derzeitige EU Konzept der vier Säulen.
Quelle: Zustimmung zur EU auf Rekordhoch in der Bevölkerung

Das kannst du schlecht finden, diesen Fakt kannst du aber nicht so einfach ignorieren. Demokratie ist nun mal kein Wunschkonzert, auch wenn es in dem Punkt grade aus der rechtsnationalen Ecke besonders oft zu Verständnisproblemen zu kommen scheint.

Die EU ist damals nicht als reine Wirtschaftsunion sondern AUCH als Friedensprojekt geschaffen worden. Dies ist eine TATSACHE! Was für Argumente vermisst du denn anhand dieses Faktums?
Quelle: Die Anfänge der EU gehen auf die 1950er-Jahre zurück, als zunächst sechs Staaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gründeten. Eine gezielte wirtschaftliche Verflechtung sollte militärische Konflikte für die Zukunft verhindern und durch den größeren Markt das Wirtschaftswachstum beschleunigen und damit den Wohlstand der Bürger steigern.

Alle Menschen die sich damals wie heute für eine EU als Friedensprojekt stark machen als "geistige Tieflieger" zu bezeichnen zeugt nicht grade von eigenen "geistigen Höhenfluegen", sondern ist schlicht und einfach beleidigend. :flop:
Argumente deinerseits sehe ich überhaupt nicht.
Hier kotzt wohl ein Rabe von einem besonders hohen und dazu noch schäbigen Dach.....
 
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Mackia: Kannst Du lesen? Die Antwort auf Deine erste Frage steht in meinem Posting drin. Nochmal in einfacher Sprache:

Natürlich ist es denkbar Aspekte aus einem Verhandlungspaket auszuklammern, das ist kein Problem und das steht auch so wörtlich in einem meiner letzten Postings. Das Problem liegt darin politische Mehrheiten für so eine Lösung zu finden. Da nicht alle exakt das gleiche wollen, sondern unterschiedliche Pakete präferieren, gibt es einen Paketbeschluss der alle Wünsche so berücksichtigt, dass alle dem Paket zustimmen. Ohne allgemeine Zustimmung kein Beschluss. Die Freiheiten sind deshalb verbunden, weil es ohne diese Verbindung keine Mehrheit für das Paket gibt.

Zum Gegenentwurf: Es könnte doch einfach jedes Land mit allen anderen Ländern beliebige Abkommen schließen? Ja könnten sie, es wäre halt drölfzig mal so teuer, weswegen es eben multilaterale Abkommen gibt.

Was wäre schlechter durch ein Zerpflücken? Nunja, wie schon ausgeführt: Wenn man zwei Leute die grundsätzlich auf dem gleichen Level stehen unterschiedlich behandelt, dann muss man damit leben, dass derjenige der schlechter behandelt wird eine äquivalente Besserbehandlung fordert. Bei Nichtbeachtung folgt dann eben politischer Druck, Sanktionen usw.––Man tut sich damit eben keinen Gefallen weil man Handelspartner vergrault. Man kann es machen, aber es ist eben eine unilaterale "Politik der Stärke" mit der man jeglichen Kooperationswillen derjenigen Partner untergräbt, welche man schlechter behandelt.

Und das Trittbrettfahrerproblem so von der Hand zu weisen … well, okay. Wenn Du das nicht so problematisch findest gehörst Du wohl zu einer sehr exklusiven Gruppe von Menschen. Zahlst Du auch immer die Kinokarten für Deine Freunde und wunderst Dich nicht wenn einer Dir kein Geld zurückgibt? Würdest Du so ein Verhalten als okay empfinden und akzeptieren? Falls Du jetzt nicht mit "ja" antwortest hast Du Dich in einen Widerspruch verstrickt.

Du könntest auch noch erklären was der ökonomische Vorteil von weniger Arbeitnehmerfreizügigkeit wäre.

Dein Argument gegen weitere Integration. Okay. Was verstehst Du denn unter Integration? Geht es Dir mehr um die Verlagerung von Kompetenzen oder geht es Dir um die Harmonisierung?
Das sind alles Fragen die durchaus diskutiert werden könnten, die aber selbst in der AfD nicht gestellt werden weil dort offenbar nicht genügend Experten vorhanden sind, um dies zu diskutieren. Auf der Homepage der AfD findet man absolut gar nichts zu dem ganzen Thema außer einem Faltblatt auf dem ein paar allgemeine Parolen stehen.

Mein Menschenbild ist einigermaßen nüchtern und beobachtet, dass es in jeder Weltregion zu jeder Zeit Kriege wegen irgendwelchen Nichtigkeiten gab. Die Ausnahmen sind typischerweise Imperien mit einem Binnenfrieden und Staatenbünde mit einem Binnenfrieden. Es gibt sehr wenige Beispiele für Nachbarländer die immer friedlich zusammenlebten. Eigentlich ist es der historische Regelfall, dass man seinen Nachbarn überfällt, seine Frauen und Töchter verschleppt und vergewaltigt und seine Söhne erschlägt.

Was spricht denn nun in einer globalisierten Welt dafür, dass jedes europäische Land bis zur russischen Grenze für sich selbst steht anstatt eine Gruppe zu bilden? Welche Vorteile hat das? Warum sollte ein Haufen bilateraler Abkommen hier besser funktionieren als ein multilaterales wenn man sieht, dass viele Interessen ohnehin sehr ähnlich sind?
Ähnlich kann man auch gleich fragen warum man Deutschland nicht gleich wieder auf den Stand von ungefähr 1834 zerteilt. Immerhin hat da doch auch alles funktioniert, man hatte den Zollverein, man hatte den allgemeinen Landfrieden, jeder Regionalstaat konnte im Wesentlichen tun und lassen was er wollte. Und trotzdem führte die Handelsintegration nach einer Weile zur politischen Integration ins erste Deutsche Reich, und zwar weil es offensichtlich wurde, dass es sich lohnt sich enger abzustimmen. Gut es gab zwischendrin noch etwas Knatsch wegen verletzter Gefühle, aber die Richtung war eindeutig eine Vergrößerung der Fläche auf der die gleichen Regeln gelten. Ähnliches lässt sich auch als Napoleons Strategie beobachten, der Kontinentaleuropa ein auf dem Code Civil basierendes harmonisiertes Rechtssystem brachte.

Ich habe wirklich nachgedacht, aber ich finde kein ökonomisches Argument für eine möglichst kleinteilige Regelung von Dingen.

PS: Nichts gegen Raben. Großartige Tiere.
 
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Wär jetzt noch ganz praktisch wenn deine Aussage und deine Quelle was miteinander zu tun hätten

Nach deiner Aussage wäre es aber ein richtig richtig praktischer und leicht zu bewerkstellender Bossmove, Argumente und Beispiele für den deiner Meinung nach fehlenden kausalen Zusammenhang meinerseits zu delivern. Meinste nicht auch?
 
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Die Frage war "profitiert mein Land von der EU-Mitgliedschaft", das ist eine sehr simple Frage, in die du wesentlich mehr Informationen reininterpretierst. Denn weder weißt du aus dem Barometer, ob nicht genauso viele Menschen der Meinung wären das ihr Land von einer reinen Wirtschaftsunion profitieren würde, noch enthält die Frage irgendwas über die 4 Säulen oder welches EU-Konzept sich irgendjemand wünscht.
Als ob überhaupt 75% der Deutschen wüssten was die 4 Säulen der EU sind :rofl2:
Das ist ungefähr so als würde ich behaupten, dass die Festlandeuropäer die Briten scheiße finden und das als Quelle benutzen würde.
 
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Ich finde die generelle Zufriedenheit mit der EU ist ein ziemlich guter Indikator.

granularere Stimmungswerte grade zu hier umstrittenen Fragen (Wie z.B. der Personenfreiheit) kannst du hier nach lesen: Eurobarometer Interaktiv

Die oben erwähnte im Forum kontrovers gesehene Frage zur Personenfreiheit wird z.B. hier gestellt: (spoiler: letzter Wert März 2018 79% Zustimmung Europaweit und 88!% (Hitler wäre stolz) in Grossdeutschland)
What is your opinion on each of the following statements? Please tell me for each statement, whether you are for it or against it:
The free movement of EU citizens who can live, work, study and do business anywhere in the EU
(03/2018)
 
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mackia, wenn du so frei warst fragen zu stellen und inhaltlich nicht auf die antworten einzugehen, sei doch so frei selbst ein paar fragen zu beantworten.

warum soll GB einen besseren "deal" bekommen als norwegen, island und die schweiz?

Sollen sie meiner Meinung nach gar nicht, sondern einen "anderen" deal, der halt besser zu ihnen passt. Norwegen hat z.B.Landwirtschaft und Fischerei aus dem Abkommen ausgeklammert, soll GB halt Arbeitnehmerfreizügigkeit ausklammern. Ich sehe kein Problem. Meinetwegen sollen sie auch ein bisschen was für die Verwaltungsarbeit zahlen, hab mal nachgeschaut: Das sind für Norwegen 76 € pro Einwohner und Jahr.
Fände ich alles in Ordnung, also haben wir einen deal? Dann wären wir wenigstens etwas schneller als GB/EU.

warum betrachtest du zugang zum eu binnenmarkt und zum gb binnenmarkt als gleichwertig?
Natürlich ist der EU-Markt viel größer. So what, wir haben ja auch so ein Abkommen mit Lichtenstein. Korrigiere mich, wenn ich falschliege, aber es ist international NICHT üblich, dass kleinere Länder an größere Länder zahlen müssen, wenn sie mit ihnen handeln wollen.


warum soll die EU ihre eigenen verträge brechen?

Warum sollten wir nicht einfach akzeptieren, dass ein gut befreundetes Land keinen Bock mehr hat komplett in der EU zu sein und dafür sorgen, dass wir trotzdem möglichst eng verbunden bleiben? Ich komme zurück zu meiner Ausgangsfrage, die ich zum dritten Mal stelle: Warum sollte es nicht möglich sein, dass wir mit GB ein Abkommen ausschließlich für den Binnenmarkt schließen?
GB soll den anderen EU-Staaten die gleichen Rechte einräumen, die sie selber genießen wollen. Das ist hier der Fall und darum sehe ich kein Problem, wenn die EU mal über ihren Schatten springen würde.
 
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klar wäre die EU auch als reine Wirtschaftsunion möglich, dies bestreitet hier im thread ja keiner (Ansonsten Quotes pls).

Hier wird alle Nase lang geschrieben, dass die "4 Grundfreiheiten zusammen gehören" und so getan, als ob das von Gott gegeben wäre. Mit dieser Einstellung wird eine EU, die sich auf freien Handel beschränkt, zur Unmöglichkeit, da die Verwirklichung des Binnenmarktes eine immer tiefere Integration der Staaten bedingt.

Die meisten Menschen finden eine reine Wirtschaftsunion halt weder erstrebens- noch wünschenswert und unterstützen das derzeitige EU Konzept der vier Säulen.
Quelle: Zustimmung zur EU auf Rekordhoch in der Bevölkerung

Das kannst du schlecht finden, diesen Fakt kannst du aber nicht so einfach ignorieren. Demokratie ist nun mal kein Wunschkonzert, auch wenn es in dem Punkt grade aus der rechtsnationalen Ecke besonders oft zu Verständnisproblemen zu kommen scheint.

In solchen Umfragen werden ja nie irgendwelche Alternativen abgefragt oder gar vorgestellt und wenn die ich die Wahl zwischen der EU so wie sie jetzt ist und Nationalstaaten ohne jedes Abkommen habe, dann ist die Antwort für die EU nicht so verwunderlich. Das ist, als würde man mich fragen, wie ich die CDU finde, wenn die einzige Alternative die NSDAP ist. Wow, 100 % für die Einheitspartei. Das überzeugt mich nicht, bzw. würde ich mir auch eine andere Meinung zutrauen, wenn 100 % der Bevölkerung Deutschland komplett zugunsten der EU aufgeben wollen.

Die EU ist damals nicht als reine Wirtschaftsunion sondern AUCH als Friedensprojekt geschaffen worden. Dies ist eine TATSACHE! Was für Argumente vermisst du denn anhand dieses Faktums?
Quelle: Die Anfänge der EU gehen auf die 1950er-Jahre zurück, als zunächst sechs Staaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gründeten. Eine gezielte wirtschaftliche Verflechtung sollte militärische Konflikte für die Zukunft verhindern und durch den größeren Markt das Wirtschaftswachstum beschleunigen und damit den Wohlstand der Bürger steigern.

Alle Menschen die sich damals wie heute für eine EU als Friedensprojekt stark machen als "geistige Tieflieger" zu bezeichnen zeugt nicht grade von eigenen "geistigen Höhenfluegen", sondern ist schlicht und einfach beleidigend. :flop:

Auch du hast das Argument nicht verstanden.
Nur weil die EU AUCH als Friedensprojekt gegründet wurde, hat sie nicht die Exklusivität gepachtet, Frieden zu stiften. Nur weil es ein Ziel der EU ist für Frieden zu sorgen, heißt das noch lange nicht, dass es nicht auch ohne die EU Frieden geben kann.
Erst Recht heißt es eben nicht, dass die Integration der EU zwingenderweise immer weiter voranschreiten muss und die Alternative dazu Krieg ist. Die EU hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel und war viel weniger stark ausgeprägt und in dieser Zeit gab es auch keine Kriege in Europa. Wenn also jemand "weniger EU" fordert, dann ist dieses Friedens-Argument völig fehl am Platze.
Ich habe übrigens auch niemanden als geistigen Tiefflieger bezeichnet, der sich für den Frieden engagiert hat - so wie du behauptest. Ich habe diejenigen als geistige Tieffliger bezeichnet, die das "Friedens-Argument" nutzen, um den Eindruck zu erwecken, dass nur die EU in ihrer heutigen Form den Frieden garantieren kann.
 
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