Deutschland im Vergleich

GeckoVOD

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Das Beispiel mit dem BER ist imho schon ganz treffend. Ich wette, es war nicht so schwer zu recherchieren, um was für Brandschutzmaßnahmen es da genau ging und wie schwerwiegend es gewesen wäre, wenn man dort die Ansprüche deutlich gesenkt hätte, vermutlich stand das auch irgendwann mal im Tagesspiegel. Aber: Wie viele Artikel hast du zum BER gelesen, in denen gefragt wurde "ergibt es wirklich Sinn, dass ein riesiger Flughafen ewig nicht voll ausgelastet werden kann, nur wegen Brandschutzbestimmungen von ungeklärter Wichtigkeit?
Der Brandschutz, inklusive Palmers fragwürdiger Auswahl an Beispielen zur Abrundung, wäre jetzt nicht das Beispiel, das ich wählen würde. Zumindest nicht unter diesem Aspekt der "ungeklärten Wichtigkeit". Beim Brandschutz würde ich unterscheiden zwischen "im Betrieb" und "in der Planung".

Im Betrieb gibt es herzlich wenig zu beachten, das ist für ein normales FM-Team keine Hürde. Wartet man seine Feuerlöscher und die Anlagen, schaut, dass aktualle Pläne dahängen, fertig. Ab und zu gibt's eine Schulung für Mitarbeiter, macht das Kraut nicht fett.

Die Planung ist schwieriger, aber für normale Gebäude jetzt wirklich nicht die Welt. Siehe Palmer, für seine Versammlungsstätte sagt der Brandschutz halt einen zweiten Fluchtweg, der auch sinnvoll ist. Schaut man genauer hin, dann geht's um ein "historisches Schulgebäude". Ich guck mal in die Glaskugel und gehe davon aus, dass der Denkmalschutz den zweiten Fluchtweg in Form einer Treppe verhindert. Suprised Pikachu.

Der BER hatte viele Probleme, der Brandschutz war ein prominentes davon. Die mir bekannten Ursachen auf allen Tagungen / Vorträgen war bis jetzt einheitlich: Schlechte Koordination der Gewerke durch die Leitung(en) mangels moderner Technologie (bspw. fehlen von BIM). Da gab es Rolltreppen ins nichts / zu kurz, fraglich dimensionierte Bauteile (für dich: Wände), etc. pp. Wenn dann ein Anlagenbauer kommt und sagt, dass Schächte und Schotts falsch angebracht sind, dann würde ich auch die Unterschrift verweigern. Nicht, weil die Wahrscheinlichkeit eines Brandes hoch ist, sondern weil die Anlage u.U. dann Gefahrenquellen verschärft, oder selbst eine darstellt (da falsch verbaut), oder einfach wieder der nächste Kostenpunkt wird, weil Ausbesserungen nötig sind.

Hier lese ich Bootys Einwand aus dem sozialen-Gerechtigkeitsthreads bei Palmer und dem Autor raus: Die Experten werden ignoriert, weil "lol Brandschutz". Als ob die Experten sich an komplizierten Einzelfallregelungen aufhängen würden, v.a. in dem Themenkomplex, nur weil sie Experten sind.
Das ist prinzipiell immer im Betrieb von öffentlichen Gebäuden zu beobachten. Ist schon klar, die Verwaltung soll verwalten, nicht Gebäude betreiben. Aber dann immer überrascht sein, wenn die Substanz verreckt, weil "lol Empfehlungen, lol Experten" durch die Kämmerer. Ironischerweise fehlen mir hier einfache Verfahren, die tatsächlich Geld sparen könnten: Einhalten der Wartungen und der Sichtprüfungen, schon wird der Verschließ geringer. Nunja, egal.

Fakt ist, dass der Neubau aller möglichen Gebäudetypen einfach lächerlich kompliziert in Deutschland ist. Das hat aber viel mehr mit allen möglichen Einzelnormen der Länder zu tun, als es an eher einheitlichen Vorschriften hängt. Die zuständigen Verantwortlichen (siehe Palmer) glänzen da nicht durch Verständnis, sondern pochen eher auf "ihrem Weg". An den Bauvorschriften kannst du gerne den Rotstift ansetzen, sprich an der Kompetenz der einzelnen Länder. Zusätzlich noch an allen verschränkten Ämtern und Prüfstellen, die sehr mit der Lobby der jeweiligen Baustoffe verschränkt sind und je nach Gusto mal schneller, mal langsamer arbeiten. So wird standardisiertes Bauen und das Abwickeln von großen Projekten natürlich nie was.
 
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Das ist auch wieder so ein Thema, wo mir null einleuchtet, warum die Länder da regelungsmäßig überhaupt irgendwas rumzupfuschen haben. Es ist völlig utopisch, dass es sinnvolle regionale Unterschiede bei sowas gibt und noch utopischer, dass es dem Wählerwillen in BaWü eher entspricht Vorschrift xy so zu machen als dem Wähler in Hamburg.
 
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Ich finde es schwer, allgemeingültig über das Thema zu reden. Bei den Palmer-Beispielen fand ich das mit dem Lärmschutz vor der Feuerwehr neben einer vielbefahrenen Straße am anschaulichsten für die Position, dass es sinnvoll wäre Vorschriften umgehen zu dürfen. Da ist es auch ziemlich einfach zu fassen, weil der Sinn der Vorschrift (Lärmschutz der Anwohner) durch die Straße sowieso nicht erfüllt wird.

Wenn es um Brandschutz o.ä. geht wäre ich da aber nicht so sicher. Klar, da entstehen Kosten, die für die meisten Gebäude keine Rolle spielen. _Wenn_ ein Brand ausbricht kann es allerdings Leben retten. Und diese Brände entstehen tagtäglich. Oder sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeiten, welche dann doch weitreichende gesellschaftliche Folgen haben, wie der Brückeneinsturz in Genua. Jede einzelne der Schutzmaßnahmen kann man für ein einzelnes Bauwerk als vernachlässigbar einstufen, die Summe der Maßnahmen und die Zahl der Bauwerke macht es dann aber doch signifikant. Und ich persönlich brauch kein Geld in der Verwaltung an so einer Stelle sparen. Aber vielleicht stelle ich mir das auf der Abstraktionsebene auch falsch vor, kA.
 
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Kann dazu kaum was Sinnvolles sagen, da ich mich weder mit den Regeln noch Eventualitäten des Brandschutzes auskenne.
Natürlich rettet sowas Leben. Der Punkt ist halt immer, wie viele Leben man rettet und welche Mittel man dafür einsetzt.
Man müsste sich die Daten ansehen, aber ich finde es zumindest plausibel, dass in Deutschland zum einen eh relativ wenige Menschen durch Brände sterben und die meisten davon eher zu Hause im Schlaf überrascht werden. Wir bauen deswegen ja nicht Feuertreppen an alle Gründerzeitaltbauten dran.

Das Grundproblem sind imo auch nicht die Regeln an sich oder der Versuch, es möglichst gut zu macheb, sondern der Prozess, tendenziell immer neue Regeln auf alte draufzusatteln.

Was uns als Gesellschaft und Staat imo helfen würde:
1. In regelmäßigen Abständen die besten Experten des Landes einsammeln und damit beauftragen sich von Grund auf zu überlegen, wie man gewisse Bereiche sinnvoll regeln sollte - und zwar ohne Juristen an Bord und ohne Rücksicht auf bestehende Gesetze und Vorschriften, ganz so als würden wir einen neuen Staat gründen und uns jetzt überlegen müssen, wie wir es am besten machen.
2. Öfter und intensiver über den Tellerrand schauen, statt Politik-, Rechts- und Lebensbereiche entkoppelt zu betrachten. Also z.B. nicht nur: Wie können wir beim Brandschutz noch ein paar Leben mehr pro Jahr retten, sondern das Retten von Leben und die Verbesserung der Lebensqualität als übergeordnetes Ziel sehen und sich anschauen, in welchen Bereichen man diese Ziele mit dem besten bang for the buck erreichen kann.
 
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Natürlich rettet sowas Leben. Der Punkt ist halt immer, wie viele Leben man rettet und welche Mittel man dafür einsetzt.
Man müsste sich die Daten ansehen, aber ich finde es zumindest plausibel, dass in Deutschland zum einen eh relativ wenige Menschen durch Brände sterben und die meisten davon eher zu Hause im Schlaf überrascht werden. Wir bauen deswegen ja nicht Feuertreppen an alle Gründerzeitaltbauten dran.
Welche Metrik setzt du denn dann an? Wenn also rauskommt, dass Brandschutzmaßnahmen die Summe x veranschlagen und potenziell eine Zahl von Menschen y retten, ab welchem Verhältnis sagt man: "das machen wir nicht mehr"? Und ne, wir bauen keine Feuertreppen an Gebäude, was wieder andere Probleme mit sich bringt. Aber wir bringen verpflichtend Rauchmelder in allen Aufenthaltsräumen und Fluchtwegen an, was ja schonmal ne gute Sache ist. Da sind wir ja bei dem Wunsch: "Maßnahme x ist deutlich günstiger und auch effektiv, also machen wir das."
Naja ich will nicht prinzipiell dagegen reden, mir ist nur nicht ganz klar, wie das dann konkret angegangen wird.

Das Grundproblem sind imo auch nicht die Regeln an sich oder der Versuch, es möglichst gut zu macheb, sondern der Prozess, tendenziell immer neue Regeln auf alte draufzusatteln.

Was uns als Gesellschaft und Staat imo helfen würde:
1. In regelmäßigen Abständen die besten Experten des Landes einsammeln und damit beauftragen sich von Grund auf zu überlegen, wie man gewisse Bereiche sinnvoll regeln sollte - und zwar ohne Juristen an Bord und ohne Rücksicht auf bestehende Gesetze und Vorschriften, ganz so als würden wir einen neuen Staat gründen und uns jetzt überlegen müssen, wie wir es am besten machen.
2. Öfter und intensiver über den Tellerrand schauen, statt Politik-, Rechts- und Lebensbereiche entkoppelt zu betrachten. Also z.B. nicht nur: Wie können wir beim Brandschutz noch ein paar Leben mehr pro Jahr retten, sondern das Retten von Leben und die Verbesserung der Lebensqualität als übergeordnetes Ziel sehen und sich anschauen, in welchen Bereichen man diese Ziele mit dem besten bang for the buck erreichen kann.
Ist das so, dass es immer mehr Regeln werden? Kenne jetzt nur den Bereich der Elektrotechnik/technischen Ausrüstung, und da wurde vor kurzen die Erdungsvorgabe erleichtert. Natürlich werden die Normen regelmäßig an den Stand der Technik aktualisiert, aber neue kommen eigentlich nicht dazu. Dazu passend Punkt 1: Gibt es doch, zumindest im Bereich der DIN-Normen. Jetzt nicht ohne Blick auf bestehende Gesetze, aber schon mit dem Ziel, wie man einen Bereich sinnvoll regeln kann.
Und zu 2.: Das ist wohl dann Aufgabe der Politik, die Experten der verschiedenen Bereiche können das ja schwer in andere Gebiete überblicken. Und klar, das ist im groben natürlich absolut sinnvoll. Wozu Brandmeldeanlagen in Gebäuden noch komplexer gestalten, wenn z.B. Millionen Menschen auf den Straßen verhungern? Das Problem liegt wohl wieder in der konkreten Umsetzung; kommen natürlich viele Parteien mit verschiedenen Partikularinteressen zusammen und verkünden lauthals, dass ihr Bereich der bessere/wichtigere ist. Ab einem gewissen technologischen Entwicklungsgrad wird es zudem, vermute ich, nicht so leicht, die Rechnungen aufzustellen.
Als Ziel sollte das aber sicherlich ausgerufen werden; ich bin mir nur nicht sicher, ob das nicht tatsächlich das Ziel ist und sich in der konkreten Umsetzung einfach verliert. Dann wäre die Frage, wie man das ordentlich vereinfachen kann.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Welche Metrik setzt du denn dann an? Wenn also rauskommt, dass Brandschutzmaßnahmen die Summe x veranschlagen und potenziell eine Zahl von Menschen y retten, ab welchem Verhältnis sagt man: "das machen wir nicht mehr"? Und ne, wir bauen keine Feuertreppen an Gebäude, was wieder andere Probleme mit sich bringt. Aber wir bringen verpflichtend Rauchmelder in allen Aufenthaltsräumen und Fluchtwegen an, was ja schonmal ne gute Sache ist. Da sind wir ja bei dem Wunsch: "Maßnahme x ist deutlich günstiger und auch effektiv, also machen wir das."
Naja ich will nicht prinzipiell dagegen reden, mir ist nur nicht ganz klar, wie das dann konkret angegangen wird.


Sowas gibt es schon, afaik auch schon in Deutschland. Nennt sich "Value of a statistical life" (in den USA). Insbesondere im Verkehr werden solche Kalkulationen eingesetzt, damit du sagen kannst ob etwaige Schutzmaßnahmen in irgendeinem sinnvollen Verhältnis zum Ertrag stehen. Wie gesagt, die Briten machen sowas (mit Jahren statt einem Leben) für ihr Gesundheitssystem. Ich weiß, da kommen dann direkt wieder 10 Juristen aus irgendeiner Hecke hervorgeschossen mit "aber die Menschenwürde", aber die Wahrheit ist, dass der Unterschied zu heute einfach nur ist, diese Erwägung explizit zu machen, anstatt sie implizit zu lassen wie aktuell.

Letztendlich geht es mir darum, das Prinzip anzuerkennen, dass Regeln einen eigenen Wert haben, anstatt den abstrakten Wert von "Regelbefolgung" für jede einzelne Regel zu veranschlagen. Der ist natürlich sehr hoch und so ziemlich keine Einzelmaßnahme rechtfertigt es, auf den Anspruch auf Regelbefolgung zu verzichten, egal wie sinnvoll sie vielleicht sein mag. Es würde aber eben nicht direkt die Anarchie ausbrechen, wenn wir dem Staat erlauben würden, in sagen wir 5% der Fällen bspw. Erwägungen des Denkmalschutzes einfach sein zu lassen, auch wenn sie eigentlich vorgeschrieben wären. Ich habe noch nie mit einem Beamten gesprochen, der mir nicht Beispiele für Regeln nennen konnte, die für ihn ein konkretes Hindernis darstellen und regelmäßig niemandem einen echten Vorteil bringen. Ich wette da könnte man eine Menge sinnvolle Sachen crowdsourcen.


€dit: @saistaed weil ich es gerade zufällig gesehen habe: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/20531680231200692.

Politicians learning about public opinion and responding to their resulting perceptions is one key way via which responsive policy-making comes about. Despite the strong normative importance of politicians’ understanding of public opinion, empirical evidence on how politicians learn about these opinions in the first place is scant. Drawing on survey data collected from almost 900 incumbent politicians in five countries, this study presents unique descriptive evidence on which public opinion sources politicians deem most useful. The findings show that politicians deem direct citizen contact and information from traditional news media as the most useful sources of public opinion information, while social media cues and polls are considered much less useful. These findings matter for substantive representation, and for citizens’ feeling of being represented.

Es ist fast schon komisch, in was für einem Verhältnis Repräsentativität und Einschätzung der Wichtigkeit zueinander stehen.
 
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Ein Leser aus Österreich weist auf diesen Mastodon-Thread hin. Österreich ist noch härter von der Inflation betroffen als Deutschland und die Verbraucher müssen noch krassere Preiserhöhungen und Inhaltssenkungen hinnehmen.
Daraufhin hat die Regierung ein Preisvergleichsportal angekündigt. "Bis Herbst". Das war in Mai. Der Typ so: Hold my berr! In zwei Stunden hatte er einen Prototypen online.

Das ist noch nicht die Story. Die Story ist, dass er seit dem Daten über Preise von Supermarktketten gesammelt und analysiert hat, auch historische. Und da tun sich dann plötzlich Einblicke auf, die man sonst nicht hat.

Unter anderem konnte er sehen, dass die großen Ketten ihre Preise offensichtlich gegenseitig anglichen. Sobald einer irgendwo hoch ging, waren innerhalb von 24h die Konkurrenten auch hoch, auf denselben Preis gar. Bei sowas liegt der Verdacht einer Kartellbildung und von Preisabsprachen nahe.

Heftig auch: Dasselbe Produkt ist in einer Supermarktkette in Deutschland 40% billiger.

pikachu face, wer konnte das ahnen. ist aber ziemlich lesenswert.
 

Benrath

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Naja on das gleich Absprachen sind. Anscheinend führt Transparenz nicht immer nur zu sinkenden Preisen.. Hat das Kartellamt nicht was ähnliches zu Benzinpreisen geschrieben. Es braucht für die Kollisionen nicht zwingend Absprachen
 

Shihatsu

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Naja on das gleich Absprachen sind. Anscheinend führt Transparenz nicht immer nur zu sinkenden Preisen.. Hat das Kartellamt nicht was ähnliches zu Benzinpreisen geschrieben. Es braucht für die Kollisionen nicht zwingend Absprachen
Im Thread steht sogar das es eben keine aktive Absprachen sind:
"Clearly, something was up. My guess was: tacit collusion, meaning, oligopolic price coordination without explicit coordination."
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ich finde es eher erstaunlich, dass irgendwer davon so überrascht ist bzw. explizite Absprachen erwartet. Wenn irgendein Hansel in ein paar Stunden einen Crawler schreiben kann, würde ich immer fest davon ausgehen, dass Milliardenkonzerne das längst verfolgen.
 

Shihatsu

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Wer ist denn überrascht? Der Tenor ist doch eher ein ironisches "Das konnte ja NIEMAND ahnen! Aber danke das mal schwarz auf weiß zu sehen"?
 

Gustavo

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Wer ist denn überrascht? Der Tenor ist doch eher ein ironisches "Das konnte ja NIEMAND ahnen! Aber danke das mal schwarz auf weiß zu sehen"?

Kann nur deinen eigenen Hinweis an dich zurückgeben: Lies den Thread.

I scrambled to integrate his data into my platform. I added analytics tools. And then I ran my first few analyses. And my jaw dropped.
 
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Das gibt es doch in beide Richtungen.

Gerade Ketten wie Aldi und Lidl senken ja manchmal auch sehr bewusst ihre Preise für wichtige "Ankergüter", wenn sie können. Um damit Kunden anzulocken.

Umgekehrt beobachtest du halt die Konkurrenz und bist bei Produkten, bei denen du denkst, dass sie nicht so sehr entscheiden wohin der Kunde geht, halt nicht unnötig billig.

Zur Bewertung würde ich mir da eher die gesamten Margen anschauen. Wobei es natürlich sein kann dass Margen in einer intransparenten Kette versteckt werden.

Aber man sieht, wie wichtig ein diverser Markt ist, bei dem es große Player gibt, deren Strategie Preisführerschaft beinhaltet.
 

parats'

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Menschen entdecken auf einmal, dass im LEH absoluter Preiskampf bei niedriger Marge herrscht und sind dann überrascht, wenn man sowas aus den Daten "auslesen" kann. :rofl2:
Aldi und Lidl setzen seit Jahrzehnten die Preise in fast allen Verbrauchsgütern des LEHs und big suprise, das gilt nicht nur in eine Richtung.

Klassischer Fall einer absoluten Nicht-Meldung, wenn man die letzten 30 Jahre nicht unter einem Stein gelebt hat. :|
 

Shihatsu

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Kann nur deinen eigenen Hinweis an dich zurückgeben: Lies den Thread.
Ich glaube nicht das er überrrascht war DAS es passiert, sondern wie brutal und effizient. Ich bin dem Kerl schon auf Twitter gefolgt, und er beobachtet das schon seit Monaten. Lies doch den ganzen thread inkl. dem Hinweis auf Twitter... ;)

Aber klar, der Markt wird das schon regeln :top2:
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ich glaube nicht das er überrrascht war DAS es passiert, sondern wie brutal und effizient. Ich bin dem Kerl schon auf Twitter gefolgt, und er beobachtet das schon seit Monaten. Lies doch den ganzen thread inkl. dem Hinweis auf Twitter... ;)

Ich habe den ganzen Thread gelesen? Mir scheint aus dem Thread ziemlich eindeutig hervorzugehen, dass der Typ überrascht ist, aber dass du das nicht einsehen würdest war mir eigentlich schon klar, als ich den Post abgeschickt habe.
 

Benrath

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Bin mir auch recht klar dass der thread Überraschung darstellen soll. Er ist ja scheinbar auch überrascht dass die ganze Coupon Geschichte wahrscheinlich noch mit mitgliederkarten am Ende des Tages zu durchschnittlich höheren Preisen führt weil die Händler eigentlich nur besser preisdifferenzieren können
 
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Welche Metrik setzt du denn dann an? Wenn also rauskommt, dass Brandschutzmaßnahmen die Summe x veranschlagen und potenziell eine Zahl von Menschen y retten, ab welchem Verhältnis sagt man: "das machen wir nicht mehr"?

Dann setzt man ne willkürliche Grenze, 1 MEUR oder so pro Menschenleben. Da ist der Aufschrei groß, fände ich aber tatsächlich gut und einigermaßen realitätsnah.
Es gibt schöne Beispiele, wo man einigermaßen genau ausrechnen kann, wieviel ein Menschenleben bei uns in bestimmten Kontext tatsächlich "wert" ist. Beispiel Krankenhaus: In Deutschland sterben pro Jahr ca. 20.000 Menschen an Infektionen, die sie sich im Krankenhaus zuziehen.
Man könnte ausrechnen, wieviel es kosten würde die Hygienstandards in deutschen Krankenhäusern zum Beispiel auf das Niveau der Niederlande zu heben und wie viele Menschenleben man damit retten würde.

Beim Brandschutz sind wir sowas von jenseits von Gut und Böse, dass Politiker mit Arsch in der Hose einfach ohne zu rechnen schonmal diverse Gesetze kassieren können. Bei der Bundeswehr bekommt JEDES Gebäude eine Außentreppe, selbst wenn die Gebäude nur zwei Geschosse haben und im 1. Stock keine gehbehinderten Menschen sein können. Es ist zu 100% Geldverschwendung. Ähnlich der Irsinn, dass bei neu verbauter Hauselektrik jede verschissene Steckdose ihr eigenes Kabel + Sicherung bekommt. Das ist doch ein milliardenteurer Schildbürgerstreich auf Kosten des Steuerzahlers.
Ich merke ich rege mich gerade auf und beende dieses posting.
 
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Oder wir ersetzen einfach die Rente durch eine Einheitsrente knapp über Grundsicherung und haben dann genug Geld, um alle Menschen zu retten.
 
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Fänd ich tatsächlich nicht schlecht. Alles Weitere darf dann gern privat, betrieblich oder über eine staatliche Zusatzrente (Staatsfonds?) laufen.
 

Gustavo

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Folgendes würde in mehrere Threads (USA, Wohnthread, hier) reinpassen, aber ich poste es mal hier rein.

Twitterthread: Economist-Artikel zu selbigem Twitterthread: https://www.economist.com/graphic-d...broken-a-closely-followed-survey-of-sentiment

Kurzfassung: Das Konsumklima in den USA lässt sich mit einigen wenigen Makro-Variablen SEHR GUT erklären, das ist auch lange bekannt. ABER: Seit Covid hat sich das offensichtlich geändert. Obwohl es in den USA gesamtwirtschaftlich deutlich besser läuft als in Deutschland ist das Konsumklima vergleichsweise mies. Interessanterweise ändert das aktuell nichts am Konsum selbst: Während früher das Konsumklima ein relativ guter Indikator dafür war, wie viel Geld tatsächlich ausgegeben wurde (was sich dann natürlich sehr schnell in den Wachstumszahlen zeigte), ist er es seit Covid überhaupt nicht mehr. Ergo: Die Amerikaner geben zwar nicht weniger Geld aus, sind aber bzgl. der amerikanischen Wirtschaft viel pessimistischer als anhand der Kenndaten vor Covid zu erwarten gewesen wäre. Insbesondere die hohen Leitzinsen scheinen wohl aktuell die Einschätzung stark negativ zu beeinflussen.

Der Economist-Artikel erwähnt es nicht (der Twitter-Thread schon), aber das kann natürlich auch einen Einfluss auf die Wahl haben: Es ist bekannt, dass Einschätzungen bzgl. der Wirtschaft (deutlich mehr noch als die eigene wirtschaftliche Situation) ein wichtiger Einflussfaktor auf die Wahlentscheidung ist. Insofern scheint der hohe Leitzins die Wiederwahlchancen von Biden zu drücken, was natürlich ironisch ist, denn der Leitzins wird alleine von der Fed festgelegt und ist der demokratischen Entscheidung (aus bekannten Gründen) entzogen.
 

Gustavo

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Habe ich zufällig heute bei der FAZ gelesen: https://www.faz.net/aktuell/gesells...mkontrolleur-der-stadt-augsburg-19200337.html

tl;dr: Ahornbaum fällt um, erschlägt Kind auf Spielplatz. Tragische Geschichte. Dass man das allerdings nicht als höhere Gewalt sieht, sondern erst mal in einem Prozess wegen fahrlässiger Tötung geklärt werden muss, ob der Ahornbaumkontrolleur denn auch die Ahornbaumkontrollverordnung angemessen umgesetzt hat, worüber erst drei Gutachten von Ahornbaumkontrolleurspezialisten angefertigt werden mussten, nur um am Ende zu dem Schluss zu kommen "tragischer Unfall" erscheint mir ziemlich symptomatisch für die Risikoaversion, die mehrfach beklagt wurde.
Für alles muss irgendwer verantwortlich sein, wobei der erste Blick immer zum Staat geht.
 
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Peak Deutschland.


Nebeneffekt dieser tollen Risikoaversion:
Der Kontrolleur sei durch das Unglück stark mitgenommen, sagte sein Verteidiger. Der 58-Jährige ist seitdem arbeitsunfähig und in psychotherapeutischer Behandlung.

Man darf davon ausgehen, dass er sich auch so Vorwürfe gemacht hätte, aber so ein Prozess und die Grundeinstellung machen es gewiss nicht besser.
 
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Stimme zu.
Im Idealfall hätte man nach dem Unfall als Teil der Untersuchung 2 andere Gutachter herangezogen, und wenn diese den ursprünglichen Kontrolleur entlastet hätten, wäre es gar nicht zum Prozess gekommen. Dadurch hätte man den Kontrolleur nicht über ein Jahr vermutlich wöchentlich daran erinnert, inkl. vermutlich oft mit einer Vorwurfshaltung.

Wenn der Kontrolleur zufälligerweise schon in einer anderen Stadt gelebt hätte, würde ich mir auch wünschen dass, so er entlastet wird, von dem Vorfall gar nichts erfahren muss (außer er liest es selbst in der Zeitung). Ist doch klar dass sich da auch viele ganz unschuldige Vorwürfe machen.
 
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Versteh auch nicht ganz, warum bei der Gutachtersituation ein Anfangsverdacht der Pflichtverletzung/Fahrlässigkeit angenommen wurde, so dass es überhaupt zum Prozess kam.

Grundsätzlich scheint mir das Problem, dass niemand eine klare Vorstellung davon hat, welches Sicherheitsniveau wir uns für Bäume in der Stadt wünschen. Das macht es schwer, da irgendwas hinreichend klar gesetzlich zu regeln.
Wenn es am Ende darauf hinausläuft, dass ein paar Gutachter sagen "hätte ich auch nichts gemacht" vs. "hätte man anhand der auffälligen Wurzelbildung näher untersuchen sollen", dann genügt das imo nicht den Ansprüchen an einen Rechtsstaat, sondern wälzt Verantwortung auf den Einzelnen ab.

Ein weiteres Problem ist, dass unser Recht bei sowas zur Lotterie neigt: Du kannst dein ganzes Leben lang umsichtig und gewissenhaft arbeiten. Fehler passieren trotzdem mal und wenn einer davon tragische Folgen zeitigt, stehst du im Feuer. Umgekehrt kann man auch bei eher unvorsichtiger Arbeitsweise Glück haben, dass nie was Schlimmes passiert.
Wann immer es sinnvoll möglich ist, würde ich eher auf das Prinzip abstellen, statt auf das Outcome in Einzelfall.
Das heißt konkret: Gefährliches Verhalten viel konsequenter bestrafen (hallo, Straßenverkehr), selbst wenn nichts passiert, und dafür eher Milde walten lassen, wenn doch mal was schief geht.
Ich würde bspw. lieber den Fahrer hart bestrafen, der (noch dazu wiederholt) mit 60 durch die 30er Zone brettert, als den, der bei 30 einen Moment abgelenkt ist, in dem ihm ein Kind vors Auto springt.
 
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Da stimme ich doch glatt mal grundsätzlich zu.
Man stelle sich vor der Typ wäre jetzt wegen fahrlässiger Tötung/whatever verknackt worden. Das ruiniert ein Leben und sendet das Signal "bloß niemals auch nur minimales Risiko eingehen, lieber Arsch an die Wand."
Insofern ist das Urteil schon okay … soweit man das aus der Ferne sagen kann. Den Eltern hätte auch eine Verurteilung kaum Erleichterung gebracht.
 

Celetuiw

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Ich halte das Urteil so aus der Ferne auch für okay. Ich schätze mal aus dem Bauch, dass so ein Kontrolleur vom Arbeitsplan her nicht die Kapazität hat jeden Baum so umfangreich so begutachten, wie der Sachverständige der Kläger das gerne hätte. Eher so einmal im halben Jahr 10 Minuten oberflächlich gucken und nach nach Augenschein auf Schimmel achten?
Da kannste nicht realistisch ansetzen, dass an jedem Baum alles überprüfst was überprüft werden kann.
Und wer würde den Job ehrlich gesagt auch machen wollen, wenn man in Zweifelsfall privat haftbar ist wenn einer von wieviel tausend Bäumen im Stadtgebiet umkippt?
 

GeckoVOD

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Für alles muss irgendwer verantwortlich sein, wobei der erste Blick immer zum Staat geht.
Verstehe jetzt den Artikel nicht, unter'm Strich kam doch das 'unschuldig' raus. Dass bei einem Todesfall die Staatsanwaltschaft ermittelt, empfinde ich als völlig in Ordnung. Auch, dass da ein Gutachten angefordert wird. Wenn das in erster Instanz unklar oder negativ ist, dann geht halt die Juristerei los und man hat die 3+ Gutachten. In dem Fall unglücklich gelaufen, primär nur für den Gärtner. Kenne allerdings genügend andere Fälle, bei denen die Ermittlung recht zügig eingestellt wurde. Üblich ist es, dass es sich schnell verläuft, bspw. einfach nach dem Aufzeigen, dass da eine Kontrolle stattfand. kA, warum da ein Gutachter meinte, er sähe das anders.

Versteh auch nicht ganz, warum bei der Gutachtersituation ein Anfangsverdacht der Pflichtverletzung/Fahrlässigkeit angenommen wurde, so dass es überhaupt zum Prozess kam.

Grundsätzlich scheint mir das Problem, dass niemand eine klare Vorstellung davon hat, welches Sicherheitsniveau wir uns für Bäume in der Stadt wünschen.

Nach diversen Unfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft automatisch, Rest: siehe oben.

Zum Sicherheitsniveau: Gibt es doch in Form von Vorschriften.

Es gibt Regelprüfungen von Grünanlagen, abhängig der Nutzung. Je mehr Verkehr, desto häufiger.
Daneben anlassbezogen, bspw. nach Stürmen.

Und selbstverständlich ist nicht alles komplett in Text ausdefiniert, weil's das i.d.R. nicht braucht.
 

Benrath

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Naja es braucht halt immer einen schuldigen und gerne soll das jemand anders sein.

Ich kenn vom Raum Tegernsee die Geschichte dass ein Kind unter einer Schwimminsel aus Holz im See ertrunken ist weil es beim verbotenen unter der Insel hertauchen mit den Haaren stecken blieb. Die Familie saß derweil oben auf der Insel.

Es kam zum Prozess mit dem Ergebnis dass die Gemeinde verantwortlich sei weil man quasi dauerhaft eine seewacht bräuchte. Daraufhin sind alle dieser Inseln verschwunden weil es dafür natürlich kein Geld gibt.

Wüsste nicht was der Prozess meiner Schuld helfen würde,aber anscheinend sah das die betroffene Familie anders...

Link find ich leider nicht mehr
 

Gustavo

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Verstehe jetzt den Artikel nicht, unter'm Strich kam doch das 'unschuldig' raus. Dass bei einem Todesfall die Staatsanwaltschaft ermittelt, empfinde ich als völlig in Ordnung. Auch, dass da ein Gutachten angefordert wird. Wenn das in erster Instanz unklar oder negativ ist, dann geht halt die Juristerei los und man hat die 3+ Gutachten. In dem Fall unglücklich gelaufen, primär nur für den Gärtner. Kenne allerdings genügend andere Fälle, bei denen die Ermittlung recht zügig eingestellt wurde. Üblich ist es, dass es sich schnell verläuft, bspw. einfach nach dem Aufzeigen, dass da eine Kontrolle stattfand. kA, warum da ein Gutachter meinte, er sähe das anders.

Na ja, wenn irgendwo ein Baum umfällt ist das schon ziemlich nahe an der Definition von höherer Gewalt. Prinzipiell mag es *vielleicht* okay sein, dass die Staatsanwalt in so einem Fall ermitteln *kann*, aber ich muss mich schon sehr anstrengen, um vor meinem geistigen Auge Fälle zu konstruieren, wo ich den Vorwurf tatsächlich für angemessen hielte. Das hier ist definitiv keiner davon.
Imho gibt es zwei Arten, wie man diesen Fall betrachten kann:
1. Der Staat ist für praktisch alle Gefahren auf allen seinen Grundstücken zuständig. Dann muss er entweder alle Bäume regelmäßig kontrollieren oder, falls er das nicht leisten kann, alle Bäume fällen.
2. Der Staat ist für bestimmte Lebensrisiken nicht zuständig und braucht hier gar nichts zu tun; jede Art von Baumüberprüfung ist fakultativ und unterliegt dem Gebot der Machbarkeit

Für mich ist nur 2. sinnvoll. Nur wenn man prinzipiell davon ausgeht, dass der Staat sämtliche Risiken abdecken und wenn möglich vermeiden muss, muss hier ein Staat überhaupt tätig werden. Das ist in meinen Augen aber völlig unnötig. Das hier ist exakt die Art von high-impact, low-probability event, die zu verhindern die ganze Überbürokratisierung entstehen lässt, weil der Staat sich einfach um ALLES kümmern soll. Wenn man das nicht will muss man eben im Schadeneintrittsfall auch tatsächlich mal bereit sein zu sagen "na ja, ist halt aus persönlicher Sicht tragisch aber tragische Dinge passieren in einem Land mit 84 Millionen Einwohnern nun mal nicht unregelmäßig" und es damit bewenden lassen. Dass sich hier ein Staatsanwalt überhaupt zuständig fühlte ist imho bzgl. der Art, wie man einen Staat aufbaut, ziemlich durchgeknallt.

Würde ansonsten alles unterstreichen, was @saistaed geschrieben hat. Hier ist das Risiko einfach so niedrig, dass jedes Versagen aufseiten eines Baumkontrolleurs gegenüber der Zufallskomponente völlig in den Hintergrund tritt.
 
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Not sure ob es hier in diesen thread passt. Aber da eine sehr Deutschland-bezogene Studie, packe ich es erstmal hierher. Gern verschieben falls ihr einen besseren Ort dafür seht.

Geht um diese Studie der Friedrich Ebert Stiftung zur "distanzierten Mitte" und Rechtsextremismus.
Bin darüber über diesen Twitter-Thread eines Autors gestolpert:

Caveat: Habe nicht die ganze Studie gelesen & gehe auf Teile ein, fokussiert auf den Twitter-Thread dieses Autors (Andreas Hövermann).
Ganz kurz zusammengefasst:
  • "Marktförmigkeit" wird an Zustimmung zu zwei Fragen gemessen
    • "Wer nicht bereit ist, was neues zu wagen, der ist selber schuld, wenn er scheitert"
    • "Wer keine Ideen hat, wie er sich gut verkaufen kann, der ist selber schuld wenn er scheitert"
  • "Entsicherung" wird gemessen durch die Fragen wie stark Deutschland, "Menschen wie Sie", und "Sie selbst" von Krisen betroffen sind
Nicht ganz sicher bin ich mir, wie genau die Gruppen gebildet werden. Man muss scheinbar nicht beiden Aussagen voll zustimmen um "Marktförmig" zu sein.
Das finde ich etwas tricky, da ich die Fragen sehr unterschiedlich finde:
  • "Wer nicht bereit ist, was neues zu wagen, der ist selber schuld, wenn er scheitert" -> für mich eine gut gestellte Frage nach Eigenverantwortung. Denke viele würden da schnell an bspw Ortswechsel, Jobwechsel, Weiterbildung/Umschulung denken.
  • "Wer keine Ideen hat, wie er sich gut verkaufen kann, der ist selber schuld wenn er scheitert" -> für mich eine etwas komisch gestellte Frage, weil ich "Ideen, sich verkaufen zu können" weniger klar finde. Geht es darum, dass man halt auch andere überzeugen muss mit soliden Argumenten? Oder einen sauberen CV hat? (Finde, kann man von jedem erwarten.) Oder geht es eher um aufgesetzte personal brand? Influencertum? Marketingverständnis? (Finde ich nicht von jedem zu erwarten.)
    • Beispiel: Ich würde zustimmen, dass jemand, der in seiner Firma einen Prozess ändern will, halt überzeugen muss. Wenn nicht, Pech gehabt & (auch) selbst schuld. Ich würde aber nicht zustimmen, dass jemand ein super sexy LinkedIn-Profil brauchen sollte, oder perfekt aussehen muss beim Vorstellungsgespräch, um ihm keinen Vorwurf beim Scheitern machen zu müssen.
Insofern würde mich interessieren, wie die ganzen Folgedaten pro Fragen aussehen, anstatt auf dieser imo etwas willkürlichen Kombination aus zwei Fragen.
Aber egal, gehen wir mal weiter rein. Da kommt man dann auf folgende Gruppengrößen:

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Den soziodemographischen Breakdown finde ich sehr unspektakulär.
Bspw. sind junge Menschen, niedrige Einkommen & niedrige Schulbildung mehr von Krisen betroffen. Das allein könnte schon den Unterschied auzsmachen.
Man sieht hier aber nur die Kombination "entsichert Marktförmig", ohne zu erklären ob das zu guten Teilen durch "entsichert" erklärt wird.

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Durchaus interessant dann aber die klaren Ergebnisse bei folgenden Gruppen, gerade beim Verschwörungsglauben:

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Wobei da jetzt auch der Teufel im Detail steckt - ich werde ja misstrauisch, wenn hier keine Fragen mehr gezeigt werden, sondern man Etiketten wie "Autoritarismus" verwendet, der nach der Grafik stark mit "Marktförmigkeit" korreliert.
Zustimmung/Ablehnung folgender Aussagen fließt bspw in Autoritarismus ein:
  • Wir sollten dankbar sein für führende Köpfe, die uns sagen, was wir tun sollen.
  • Wir brauchen starke Führungspersonen damit wir sicher leben können.
  • Verbrechen sollten härter bestraft werden.
  • Um Recht und Ordnung zu bewahren, sollte man härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen.
Finde die Formulierungen komisch.

Bspw. kann man Aussage 1 interpretieren Richtung "Wissenschaftlicher" bspw. Klimawandel. Oder Richtung Hitler.
Und die Nuance zwischen "sollen" und "sollten" finde ich auch wichtig.
Inwiefern ist jemand, der Aussage 1 auf Wissenschaftler bezieht "autoritär"?

Und die letzte Aussage schmeißt imo fast schon manipulativ "Außenseiter" und "Unruhestifter" zusammen.
Ich würde der Aussage bei "Außenseiter" gar nicht zustimmen, bei "Unruhestifter" aber eher schon.



Vor allem finde ich aber interessant, dass soviel auf der hier negativ geframten "Marktförmigkeit" basiert wird, diese aber im Zeitverlauf drastisch sinkt, von 65% in 2016 auf 35% in 2023.
Dabei möchte man mit diesem Trait ja negative Trends bei anderen Haltungen erklären, wenn ich das richtig verstehe.

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Na ja, wenn irgendwo ein Baum umfällt ist das schon ziemlich nahe an der Definition von höherer Gewalt. Prinzipiell mag es *vielleicht* okay sein, dass die Staatsanwalt in so einem Fall ermitteln *kann*, aber ich muss mich schon sehr anstrengen, um vor meinem geistigen Auge Fälle zu konstruieren, wo ich den Vorwurf tatsächlich für angemessen hielte. Das hier ist definitiv keiner davon.
Und jetzt? Verstehe den Artikel nicht, außer es ist die Intention einen Ausreißer zu unterstreichen, oder halt mit den Emotionen zu spielen.

Generell gibt es nicht "den Baumkontrolleur" bei der Überwachung von Verkehrssicherungspflichten, das war so das erste, das ich befremdlich empfand. Generell stellt die Kommune (der Betreiber) halt Gärtner ein, oder beauftragt diese. Im Rahmen der üblichen Pflichten, bspw. einfach nur der Grünschnitt, wird halt mit Hilfe eines Baumkartasters geprüft, ob da alles passt. Ist ja aus diversen Perspektiven sinnvoll, ansonsten wuchert alles zu. Die Ausnahme sind Einzelprüfungen nach Stürmen oder sonstigen Ereignissen, denn auch das ergibt Sinn. Zur Not werden dann halt ein paar Wege oder Spielplätze für ein paar Tage gesperrt und die Sache ist auch geklärt.
Aus rechtlicher Sicht langt das vollkommen aus, was letztendlich auch im Urteil klar wird - soweit sollte das ja eure Anforderungen decken.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt iirc bei diversen Ereignissen automatisch. Bei ungeklärten Todesfällen, oder Unfällen an Geräten / Anlagen, die wartungs- und prüfpflichtig sind. Wie angeführt, ich kenne dutzende Fälle, in denen da das Verfahren binnen weniger Tage eingestellt wurde, weil "höhere Ereignisse". Konkret war da die Ermittlung nur ein Prüfen der Pflichten, dafür langt meist einfach der gegengezeichnete Auftrag.
Und das Vorgehen finde ich im Allgemeinen sehr sinnvoll, weil es auch bei Unfällen in Betrieben greift. Da kenne ich auch diverse Beispiele, wo tatsächlich auf die Vorschriften gepfiffen wurde. Wirkt etwas gegen Saistaeds Lotterie-Argument. Man könnte jetzt diskutieren, ob das bei wirklich allen "Wartungs- und Prüfpflichten" erfolgen müsste. Theoretisch könnte ich bei Parkplatzschranken bspw. wegschauen, bei Bäumen und Dächern aber definitiv nicht. kA, evtl. kann hier ein Jurist sagen, ob es noch genauere Grenzen für die Auto-Ermittlung gibt.

Was in DIESEM Beispiel schief gelaufen ist - keine Ahnung.

Wahrscheinlich war man sich unsicher, weil der Baum wohl innen gefault war, was theoretisch hätte erkennbar sein können. Evtl. dachte man sich da, da solle ein Experte drauf schauen, damit man den Deckel schließt - keine Ahnung, war nicht dabei, gut klingt es jedenfalls nicht. Analog dazu im Brandfall halt die Expertise der Feuerwehr oder ähnlicher Personen. Wenn die erste Person dann meint, das wäre zu verhindern gewesen, dann ist das halt blöd. Was will dann der Staatsanwalt machen, außer das Verfahren anzustreben, um die Unschuld oder Schuld festzustellen? Imo liegt das nicht an "Bürokratie", sondern an der Meinung des Experten.

Nochmals zu betonen, hier kam unschuldig raus, einstimmig so gesehen von Richter und Staatsanwalt. Primär beschissen für den Gärtner, trotzdem wäre das als Betreiber die Botschaft, die ich für mich selbst mitnehme. Wie ich das Urteil lese hängt dann doch von meiner Einstellung zu dem Thema ab.
 

Gustavo

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Und jetzt? Verstehe den Artikel nicht, außer es ist die Intention einen Ausreißer zu unterstreichen, oder halt mit den Emotionen zu spielen.

Das Problem ist doch nicht der Artikel. Das Problem ist die zugrunde liegende Fallkonstellation. Mag ja sein, dass die Mehrheit dieser Fallkonstellationen in Einstellungen endet. Nur: Ich finde schon den Gedanken, dass man überhaupt ein Gutachten einholt, um zu klären, ob prinzipiell hätte erkannt werden können, dass der Baum sturzgefährdet war, ehrlich gesagt ziemlich absurd. Mir geht es um den dahinter liegenden Anspruch, überhaupt zu glauben, es liege in irgendwessen Zuständigkeitsbereich, darauf zu achten ob Bäume umstürzen können oder nicht, außer vielleicht derjenigen die sich darunter aufhalten wenn man unbedingt jedes Lebensrisiko ausschließen will. Der Fall selbst ist nicht von wirklichem Belang, darum ging es mir aber auch nicht. Ich wollte nur zeigen, womit man leben können muss, wenn man nicht jedes Lebensrisiko durch Regulierung ausräumen will und ich finde das ehrlich gesagt nicht zu viel verlangt von einer Gesellschaft.


Not sure ob es hier in diesen thread passt. Aber da eine sehr Deutschland-bezogene Studie, packe ich es erstmal hierher. Gern verschieben falls ihr einen besseren Ort dafür seht.


Ich bin prinzipiell mit den Interpretationen aus der Mitte-Studie vorsichtig. Einerseits finde ich gut, dass es die Mitte-Studie gibt, weil es weit weniger rein deutsche Panel-Daten zu rein politischen Themen (also jenseits von allgemeinen Panels wie SOEP und ALLBUS) gibt, als man denken würde, insofern sind die Daten wertvoll. Andererseits wird kein Anspruch erhoben, irgendwelche Kausalitäten aufzudecken, das ist reine Analyse von Korrelationen. Auf dieser Grundlage Interpretationen zu liefern ist immer mit Unsicherheit behaftet, insbesondere was a. die Baseline angeht, also ob man daraus, dass bspw. X% der Leute für/gegen etwas sind, direkt Y ableiten kann und b. was die Veränderungen erklärt. Ich habe vor nicht allzu langer Zeit das Buch von Larry Bartels gelesen, in dem er Zahlen aus dem European Values Survey verglichen hat und da war die zentrale Feststellung bzgl. Zustimmung der Demokratie, dass sie 1. über den ganzen Zeitraum hoch ist und 2. die Schwankungen häufig weniger etwas mit dem tatsächlichen Funktionieren der Demokratie zu tun haben als mit den outputs, insbesondere auf der wirtschaftlichen Dimension. Gerade in Deutschland sind die Zahlen seit Anfang der 2000er deutlich BESSER geworden, was allerdings auch kein Wunder ist wenn man bedenkt dass Anfang der 2000er viel vom kranken Mann Europas die Rede war, während die 2010er-Jahre wirtschaftlich quasi konstant erfolgreich waren.
Ohne die Daten gesehen zu haben würde ich vermuten, dass viele Pfeile bei "entsichert Marktförmigen" in die selbe Richtung zeigen: Niedrigere Schulbildung, weniger politische Kenntnis etc. in Verbindung mit geringem wirtschaftlichen Erfolg sind alles Dinge, die generell niedrigere Zufriedenheit mit gesellschaftlichen Zuständen erwarten lassen würden. Wo da jetzt der große Erkenntnisgewinn sein soll gegenüber Theorien, die nur auf die Schichtzugehörigkeit und politische Ideologie abstellen und dann postulieren, dass die Mittelschicht in Zeiten von Unsicherheit das Problem eher unter sich als über sich sieht ist mir unklar.


Ich habe übrigens auch das Buch von Nachtwey und Amlinger gelesen und muss sagen, dass ich tatsächlich etwas schockiert war, wie niedrig der Anspruch an qualitative soziologische Arbeit in Deutschland immer noch ist. Da wird teilweise auf Theorien wie die F-Skala rekurriert, die in der empirischen Sozialforschung längst wegen methodologischer Schwächen in der Mottenkiste verschwunden sind. Dass es einen Unterschied zwischen der Denkstruktur von Anhängern des Nationalsozialismus und Rechtspopulisten gibt, ist sicher nicht falsch, aber das Buch macht mit den qualitativen Interviews von einer Handvoll Leuten da wenig Fortschritte.
 
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Nach diversen Unfällen ermittelt die Staatsanwaltschaft automatisch, Rest: siehe oben.

Zum Sicherheitsniveau: Gibt es doch in Form von Vorschriften.

Es gibt Regelprüfungen von Grünanlagen, abhängig der Nutzung. Je mehr Verkehr, desto häufiger.
Daneben anlassbezogen, bspw. nach Stürmen.

Und selbstverständlich ist nicht alles komplett in Text ausdefiniert, weil's das i.d.R. nicht braucht.
Mein Punkt ist: Was wäre denn, wenn man die Baumfäule wirklich hätte erkennen können, also ein Fehler passiert wäre? Sollten wir dann den verantwotlichen Baumprüfer strafrechtlich belangen?

Ich bin da einfach sehr skeptisch. Klar hat jeder eine Pflicht, seine Arbeit gründlich zu machen, aber diese Pflicht kann ja wohl nach vernünftigem menschlichen Ermessen nicht umfassen, keine Fehler zu machen.
Imo steht es einer Gesellschaft und einem Rechtssystem nicht gut an, ex-post großen Aufwand zu betreiben, um festzustellen, wer an einem Unfall die Schuld trägt, statt sich darauf zu konzentrieren, Unfälle zu vermeiden.

Ganz anderer Fall, bei dem ich auch sofort daran denken musste:
 
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Mein Punkt ist: Was wäre denn, wenn man die Baumfäule wirklich hätte erkennen können, also ein Fehler passiert wäre? Sollten wir dann den verantwotlichen Baumprüfer strafrechtlich belangen?

Ich bin da einfach sehr skeptisch. Klar hat jeder eine Pflicht, seine Arbeit gründlich zu machen, aber diese Pflicht kann ja wohl nach vernünftigem menschlichen Ermessen nicht umfassen, keine Fehler zu machen.
Imo steht es einer Gesellschaft und einem Rechtssystem nicht gut an, ex-post großen Aufwand zu betreiben, um festzustellen, wer an einem Unfall die Schuld trägt, statt sich darauf zu konzentrieren, Unfälle zu vermeiden.

Ganz anderer Fall, bei dem ich auch sofort daran denken musste:
Kennst du dich ein bisschen mit Arbeitssicherheit oder Risikomanagement oder Prozessmanagement aus?

Wenn nicht, vllt mal ein bisschen einlesen.

Mit einem Restrisiko wird man fast immer leben müssen, aber wie Gecko schon geschrieben hat gibt es genug Fälle, wo fahrlässig oder mutwillig die Vorschriften nicht eingehalten werden. Wie willst du sonstsicherstellen, dass jemand nicht blind unterschrieben hat etc
Und das muss neutral geprüft werden dürfen.
 
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Not sure ob es hier in diesen thread passt. Aber da eine sehr Deutschland-bezogene Studie, packe ich es erstmal hierher. Gern verschieben falls ihr einen besseren Ort dafür seht.

Geht um diese Studie der Friedrich Ebert Stiftung zur "distanzierten Mitte" und Rechtsextremismus.
Bin darüber über diesen Twitter-Thread eines Autors gestolpert:

Caveat: Habe nicht die ganze Studie gelesen & gehe auf Teile ein, fokussiert auf den Twitter-Thread dieses Autors (Andreas Hövermann).
Ganz kurz zusammengefasst:
  • "Marktförmigkeit" wird an Zustimmung zu zwei Fragen gemessen
    • "Wer nicht bereit ist, was neues zu wagen, der ist selber schuld, wenn er scheitert"
    • "Wer keine Ideen hat, wie er sich gut verkaufen kann, der ist selber schuld wenn er scheitert"
  • "Entsicherung" wird gemessen durch die Fragen wie stark Deutschland, "Menschen wie Sie", und "Sie selbst" von Krisen betroffen sind
Nicht ganz sicher bin ich mir, wie genau die Gruppen gebildet werden. Man muss scheinbar nicht beiden Aussagen voll zustimmen um "Marktförmig" zu sein.
Das finde ich etwas tricky, da ich die Fragen sehr unterschiedlich finde:
  • "Wer nicht bereit ist, was neues zu wagen, der ist selber schuld, wenn er scheitert" -> für mich eine gut gestellte Frage nach Eigenverantwortung. Denke viele würden da schnell an bspw Ortswechsel, Jobwechsel, Weiterbildung/Umschulung denken.
  • "Wer keine Ideen hat, wie er sich gut verkaufen kann, der ist selber schuld wenn er scheitert" -> für mich eine etwas komisch gestellte Frage, weil ich "Ideen, sich verkaufen zu können" weniger klar finde. Geht es darum, dass man halt auch andere überzeugen muss mit soliden Argumenten? Oder einen sauberen CV hat? (Finde, kann man von jedem erwarten.) Oder geht es eher um aufgesetzte personal brand? Influencertum? Marketingverständnis? (Finde ich nicht von jedem zu erwarten.)
    • Beispiel: Ich würde zustimmen, dass jemand, der in seiner Firma einen Prozess ändern will, halt überzeugen muss. Wenn nicht, Pech gehabt & (auch) selbst schuld. Ich würde aber nicht zustimmen, dass jemand ein super sexy LinkedIn-Profil brauchen sollte, oder perfekt aussehen muss beim Vorstellungsgespräch, um ihm keinen Vorwurf beim Scheitern machen zu müssen.
Insofern würde mich interessieren, wie die ganzen Folgedaten pro Fragen aussehen, anstatt auf dieser imo etwas willkürlichen Kombination aus zwei Fragen.
Aber egal, gehen wir mal weiter rein. Da kommt man dann auf folgende Gruppengrößen:

Anhang anzeigen 8960

Den soziodemographischen Breakdown finde ich sehr unspektakulär.
Bspw. sind junge Menschen, niedrige Einkommen & niedrige Schulbildung mehr von Krisen betroffen. Das allein könnte schon den Unterschied auzsmachen.
Man sieht hier aber nur die Kombination "entsichert Marktförmig", ohne zu erklären ob das zu guten Teilen durch "entsichert" erklärt wird.

Anhang anzeigen 8962

Durchaus interessant dann aber die klaren Ergebnisse bei folgenden Gruppen, gerade beim Verschwörungsglauben:

Anhang anzeigen 8963

Wobei da jetzt auch der Teufel im Detail steckt - ich werde ja misstrauisch, wenn hier keine Fragen mehr gezeigt werden, sondern man Etiketten wie "Autoritarismus" verwendet, der nach der Grafik stark mit "Marktförmigkeit" korreliert.
Zustimmung/Ablehnung folgender Aussagen fließt bspw in Autoritarismus ein:
  • Wir sollten dankbar sein für führende Köpfe, die uns sagen, was wir tun sollen.
  • Wir brauchen starke Führungspersonen damit wir sicher leben können.
  • Verbrechen sollten härter bestraft werden.
  • Um Recht und Ordnung zu bewahren, sollte man härter gegen Außenseiter und Unruhestifter vorgehen.
Finde die Formulierungen komisch.

Bspw. kann man Aussage 1 interpretieren Richtung "Wissenschaftlicher" bspw. Klimawandel. Oder Richtung Hitler.
Und die Nuance zwischen "sollen" und "sollten" finde ich auch wichtig.
Inwiefern ist jemand, der Aussage 1 auf Wissenschaftler bezieht "autoritär"?

Und die letzte Aussage schmeißt imo fast schon manipulativ "Außenseiter" und "Unruhestifter" zusammen.
Ich würde der Aussage bei "Außenseiter" gar nicht zustimmen, bei "Unruhestifter" aber eher schon.



Vor allem finde ich aber interessant, dass soviel auf der hier negativ geframten "Marktförmigkeit" basiert wird, diese aber im Zeitverlauf drastisch sinkt, von 65% in 2016 auf 35% in 2023.
Dabei möchte man mit diesem Trait ja negative Trends bei anderen Haltungen erklären, wenn ich das richtig verstehe.

Anhang anzeigen 8965
Puh … ich finde die beiden von Dir referenzierten Fragen extrem schräg gestellt. Gerade weil sie jeweils mehrere Aussagen miteinander verknüpfen. Durch die Verneinung der Aussage werden sie auch nicht verständlicher. Ein Zerlegen der verschiedenen Aspekte hätte geholfen.

Was ich da ein wenig herauslese, was auch nicht überraschend ist, ist, dass Menschen, die in prekären Verhältnissen leben und das Gefühl haben, dass ihnen niemand hilft, auch empfänglicher für "Wir hier unten gegen die anderen"-Nachrichten sind, welche eine wesentliche Eigenschaft des rechtsextrem-populistischen Randes sind. Hat halt schon seine Gründe warum so Onkelz-Grölsongs mit eingängigen Refrains mit genau diesem Inhalt bei genau diesen Menschen verfangen.

Dazu würde ich noch hineininterpretieren, dass die generelle Neigung mehr in Richtung "möglichst kein Risiko, möglichst nichts wagen, die anderen sind schuld, ich muss nichts tun, der Staat ist verantwortlich" geht sowie dass eine gewisse Polarisierung entsteht.

Underfunded and overstretched, the fate of Deutsche Bundesbank (DB) epitomise […]
@YesNoCancel seriöser Journalismus :ugly:
 
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