Hmh lass mich das noch mal etwas differenzieren: ich würde sagen, dass zumindest mittlerweile die Aussage "das kann man ja nicht über Flüchtlinge sagen, weil Nazi" nicht mehr zutrifft. Zumindest seit auch die Grünen mehr abschieben wollen und Scholz sich so ablichten ließ im Stern lasse ich das nicht mehr gelten.
Das stört mich aber auch nicht. Ich stimme nicht notwendigerweise zu, aber kann und höre mir gerne konservative Positionen dazu an, ist erstmal legitim.
Okay, da sind wir uns einig.
Mich stört halt, dass sich häufig beide Seiten der Diskussion am Ende immer noch auf moralische Imperative zurückziehen und zwar über whatever geredet haben, aber nur um am Ende keinen Schritt näher an einem Konsens zu sein weil die anderen "linksgrüne-kommunistenfaschisten" oder halt "braunes nazipack" sind. Dabei gäbe es mE einen Middleground mit dem eigentlich alle gut leben könnten, wenn man man anerkennen würde, dass man sich in einer Demokratie eben nicht zu 100% durchsetzen kann und eben nicht eine Minderheit (egal welche) zu 100% dem Rest ihre Moralvorstellungen diktieren kann. (Und das finde ich im Übrigen sehr gut und möchte, dass es so bleibt, denn ich finde die Errungenschaften der Aufklärung und der französischen Revolution usw. usf. sehr wichtig.)
Ich gebe dir in der tendenz recht, dass nicht alle AfD Wähler auch nicht voll auf Linie Höcke ist.
Deine Erläuterungen dazu finde ich grundsätzlich auch nachvollziehbar aber etwas sehr nachsichtig formuliert
Z.b. Mackia hat hier ein paar mal gesagt, dass es ihm im Grunde scheiß egal ist ob die AfD Verfassungsfeindlich ist, weil er das Problem für so alles überragend wichtig hält. Ich kaufe ihm auch ab, dass er genau das meint. Ich halte dass auch für eine Einstellung, die viele AfD Wähler haben.
Da muss man schon eine rote Linie ziehen meine ich. Und nicht nur ich als linker Gesell, sondern jeder demokratisch denkende Bürger.
KEIN einzelnes singuläres Problem rechtfertigt, dafür Demokratiefeinde ins Amt zu heben. Da muss klare Kante sein, da endet mein Verständnis. Es endet übrigens auch bei linken antidemokratischen Parteien, nur der Vollständigkeit halber.
Ich denke ich weiß was Du meinst und ich stimme Dir zu; insbesondere dem letzten Absatz.
Ich glaube ich interpretiere es einfach anders, nämlich als "Ohnmachtsgefühl meets Dummheit & Ignoranz", und channele gleichzeitig meinen inneren Menschenfreund, um ganz fest daran zu glauben, dass solche Menschen unter anderen Umständen zumindest akzeptable Mitbürger sein können. Man kann sich sein Staatsvolk halt (leider) ebenso wenig schnitzen wie die Linksverteidiger.
[…]
Ach wenns nur um die moralische Überhöhung ginge, wäre ich ja froh. Ich denke die Leute haben halt auch zu Recht das Gefühl, dass sie in der Politik zu wenig repräsentiert sind und niemand echte Politik für sie macht. Wenns nur um bisschen weniger Moralapostelei ginge hätte Merz die Afd halbiert wie angekündigt.
[…]
Ich glaube da lohnt es sich kaum weiterzudiskutieren weil wir uns vermutlich sehr einig sind. Einer meiner Gründe niemals die Union wählen zu können ist ja, dass ich ihnen––und damit aktuell eben Frieder M.––einfach nichts davon ernsthaft abnehmen kann was sie behaupten. Hohle Phrasen und Moralgefasel das genau so lange hält, bis die Situation etwas anderes erfordert, um an der Macht zu bleiben. Eigentlich ein Trauerspiel, dass gerade die konservative Volkspartei des Landes es nicht schafft glaubhaft für Wertüberzeugungen und Treue zu selbigen einzustehen. Da ist echt die SPD vorbildlicher.
@Gustavo Danke für den Punkt. Das erinnert mich jetzt doch sehr an "Hotelling's Law", was ja häufig als Erklärung für die Angleichung der großen Volksparteien herangezogen wurde über die letzten 15-20 Jahre … nur eben "with a twist", weil es ja suggeriert, dass man in wichtigen aber drögen Themen den Hotelling-Einheitsbrei bekommt. Und dass man in polarisierenden, aber teilweise eben nicht so todeswichtigen Themen (z.B. Gendern) eine starke Differenzierung zelebriert, um insgesamt eine wahrnehmbare Differenzierung im Angebot zu kommunizieren. Womit gleichzeitig implizit anerkannt wird (von Seiten der Parteien), dass sich die real umgesetzte Politik in entscheidenden Punkten gar nicht so sehr unterschiede?
Also ja, es wäre eine Vermutung von meiner Seite gewesen, dass allein schon eine "ehrlichere" und weniger moralbesoffene Kommunikation das Potential hätte die Debatte zu beruhigen. Das setzt natürlich voraus, dass dieser Befriedungseffekt im Vergleich zum Krawalleffekt auf der "Fundi-Seite" überwiegt.
Was die Arbeitsmarktdebatte angeht … heute früh wieder FAZ gelesen (finde den Artikel grad nicht wieder): Fazit der zitierten Volkswirte war, abseits von Politikgedöns, dass es immer noch die einfache Lösung der geringeren Abzüge beim Mehrverdienst von Aufstockern gäbe, um Arbeit an sich lohnender zu machen und dem Lohnabstandsgebot im Geiste gerecht zu werden. Was mich an den dort zitierten Zahlen allerdings nachdenklich gemacht hat (ohne Anspruch auf Wahrheit etc.pp.) war, dass wohl die Zahl der Arbeitsvermittungsvorschläge im Vergleich zur Zahl der Jobsuchenden in einem ziemlichen Tief hängt. Das wird im Artikel mit der Bürgergeldreform verknüpft … keine Ahnung wie valide das ist.
Lange Rede kurzer Sinn: Ich sehe schon, dass es da gesellschaftlichen Diskussionsbedarf gibt, da der Vorwurf der "sozialen Hängematte" wie eh und je massive gesellschaftliche Sprengkraft besitzt, und das wie ich finde zu Recht. Deswegen ist eine ehrliche und (mal wieder) nicht moralbesoffene Diskussion in der man auf alle Bevölkerungsteile hört und allen Redezeit einräumt extrem wichtig.
========
Kleine Storytime von gestern Abend zum Zustand der Asyldebatte:
Eine Freundin von mir ist Beamte in einem Standesamt in einer Brennpunktstadt und wir telefonierten gestern bei einem Becher remote-Glühwein. Sie erlebt regelmäßig hanebüchene Geschichten zu Digitalisierung im Amt sowie Staatsbürgerschaftsrecht, ist selbst türkischstämmig, aber dreimal so konservativ wie ich … mindestens. Was sie gestern erzählte (insb. für
@Celetuiw wohl lustig, weil er die Verfahren besser kennt) war von einem kleinen Sieg den sie kürzlich errang:
Typ mit einer Latte von ca. 20+ Straftaten wollte heiraten, um sich der Abschiebung zu entziehen, war gleichzeitig massiv fordernd und unleidlich. Abschiebung war ausgesetzt weil sein Pass fehlte (hupsi). Zum Heiraten ist der Pass aber notwendig und ist dann magischerweise wieder aufgetaucht. Sie hat den Braten gerochen und zum Amtstermin auch die Polizei eingeladen die ihn dann einkassiert hat. Ende der Geschichte.
Das Traurige, wie sie ebenfalls meinte, ist, dass sowas nur sehr selten auffällt und häufig einfach nicht gemacht wird … und sich der Staat so (ihre Worte) "von diesem Abschaum verarschen lässt."
Und genau das ist pars pro toto das Problem dieses Landes. Kein Bürger hat Bock auf solche Menschen. Einbürgern und ökonomisch subventionieren tun wir sie häufig genug trotzdem, und eine kreischende Minderheit verteidigt dies auch noch.
Sowas ist leider das was einen direkt wieder 50 Punkte "rechter" werden lässt wenn man es hört. Und nein, das ist keine "Freundin von einem Freund der mal gehört hat…", das ist aus erster Hand von einer Standesbeamtin in einer deutschen Großstadt.