also, mal bissl geplänkel.
die entscheidung einen ultra zu laufen stand schon anfang des jahres fest: ich hatte vor 1-2 jahren hier in der gegend eine laufpartnerin mit der ich ab und an im siebengebirge lauftechnisch unterwegs war. sie trainierte damals für ihren ersten (??) ultra. ende des letzten jahres musste sie studienbedingt den ort wechseln und sie hat mich dann mehr oder weniger dazu überredet, dass wir uns doch bei einem ultra am ende des jahres wiedersehen könnten. leichtfertig wie man eben manchmal ist, hielt ich das für eine ganz hervorragende idee und meldete mich also zum ultra an. sie meldete sich kurze zeit später auch an und ein paar wochen später stand ich auf der teilnehmerliste, sie jedoch nur auf der warteliste.
ich bin zwar generell jemand, der - sei es mit rad oder zu fuß - weite strecken mag, aber es ist mir unvorstellbar gewesen über 100 km einmal zu laufen. dann auch noch bei ca. 3500 höhenmetern. immerhin sind 100 km größenordnungen von strecken, die manche leute nichtmals mit dem rad im flachen hinlegen können.
allerdings, so dachte ich mir, hab ich ja meine mittlerweile ultra erfahrene freundin an der seite, die schon auf mich aufpassen wird.
ende der geschichte und bittere realität: es gab kein wiedersehen, sie ist nicht nachgerückt und ich ich durfte vorgestern alleine laufen statt wie geplant zu zweit. dazu war ich letzte woche noch krank geworden, hatte erst im zweiten halbjahr wegen meines gewichtes mit dem laufen wieder locker angefangen und war dennoch verletzungsgeplagt am linken knie nach meiner bonn-stuttgart rennrad tour, was mir ein der sache nach angemessenes trainingsprogramm verbot.
aber das startgeld war nunmal überwiesen und neue, hochwertige laufklamotten und ausrüstung extra angeschafft (siehe shopping-thread): Wenn ich aufgeben muss, dann wollte ich es zumindest nicht auf die fehlende und minderwertige ausrüstung schieben müssen, mit der ich mich sonst im walde blicken lasse. natürlich hab ich die ausrüstung erst im letzten moment zusammengekauft und sie nie wirklich einen praxistest vor dem lauf unterziehen können - einzig die lampe stand mir schon seit dem sommer für nächtliche läufe im wald zur verfügung.
vorgestern war dann der große tag. eigentlich war geplant mir eine gopro auszuleihen und von dem event permanent bilder zu schießen. allerdings hält der akku der gopro auch in diesem aufnahmemodus maximal 2 stunden und so beschloss ich auf das zusätzliche gewicht zu verzichten und sie doch daheim zu lassen.
(nach meinen ausgelutschten socken auch die (ausgeklopften) schuhe nach den 100km)
morgens gegen 11 hab ich die startnummer abgeholt und bekam zusätzlich eine kleine tasse zusammen mit nem kirschlikör als erinnerung in die hand gedrückt. hätte ich gewußt welche torturen auf mich zukommen, wäre es wohl das beste gewesen sich den kirschlikör direkt eingeschenkt zu haben. natürlich waren auch die anderen mitläufer da. ich kannte niemanden dort und müsste zusätzlich noch mit abstand der jüngste gewesen sein.
ich beobachtete jedoch, dass die anderen eine recht freundschaftliche beziehungen zueinander pflegen und sich im groben alle kennen.
mein erster eindruck, nachdem ich ein wenig deren erinnerungsgeschwafel an absolvierten läufen dieses und der letzten jahre gelauscht habe: die sind verrückt.
mein zweiter eindruck: ich bin verrückt ohne richtiges training hier mitzumachen.
es gab ein kurzes obligatorisches briefing, bei dem nochmal erklärt wurde wie die wegmarkierung ausschaut, welche stellen abphotographiert werden müssen und wer bei ausscheiden zu kontaktieren ist. nach dem briefing haben wir noch für ein kleines photo posiert und dann ging es auch schon in den bus, der uns von bonn nach rengsdorf fuhr.
die strecke ging von da über den gesamten rheinsteig (
www.rheinsteig.de) entlang nach bonn.
(auf der webseite: Etappen Unteres Mittelrheintal + Etappen Siebengebirge)
ich hatte morgens noch nichts gegessen und so war die busfahrt die perfekte gelegenheit meinen sperrigen studentenfutterigen proviant aufzufuttern. am parkplatz in rengsdorf ausgestiegen hieß es dann nur
"der start ist übrigens in 2 minuten". ich hatte defakto also gerade noch zeit meine schuhe zuzubinden und meine uhr anzumachen.
die ersten km beim start glichen dann erschreckenderweise eher einem meiner zügigeren trainingsläufe.
habe mich konsequenterweise schüchtern ganz nach hinten eingeordnet und gehofft dadurch mitläufer zu treffen, deren ziel auch nur das durchkommen/überleben war. ich musste jedoch, bevor ich mich mit diesen läufern beschäftigen konnte, leider beim ersten etwas steileren abstieg spüren, dass da hinten (für kurz nach dem start) bereits ein wenig zu vorsichtig für meinen geschmack runtergelaufen wird.
ich bin also noch beim ersten abstieg aus der letzten gruppe ausgebrochen und freute mich schon auf meditative stunden in denen ich ganz alleine mein tempo laufen werde und mir um gott und die welt so meine gedanken machen kann. die führenden läufer hatte ich derweil die ersten paar km immernoch grob im blickfeld, wollte aber nicht aufschließen, weil ich wußte, dass ich deren tempo nie im leben durchhalten würde auf so einer strecke.
dann kam die erste steigung. ich war letzte woche noch mit meiner freundin die ersten km abgegangen und hatte mir da fest vorgenommen die erste steigung tatsächlich zu laufen und nicht wie es bei ultratrails mit starken steigungen üblich ist zu "gehen". das entpuppte sich als großartige entscheidung.
oben nämlich angekommen ist jemand auf mich aufgeschlossen und "schimpfte" mit mir: "XXX, das will ich hier aber nicht nochmal sehen, dass du auch nur einen berg noch läufst.".
hab ihm gesagt, dass ich das auch nicht vorhatte und tatsächlich nur den ersten berg fürs ego hochlaufen wollte. ich hab mich dann an ihn rangehangen und wir liefen dann kurze zeit später gemeinsam: die ersten 20 km vergingen so wie im flug. haben ca. 2.5 stunden dafür gebraucht und in der zeit die führenden immer in sichtfeld gehabt. ich ahnte währendessen zwar, dass aus meiner meditativen selbstbeschäftigungsphase erstmal nichts wird, hatte zeitgleich aber auch ein wenig angst (und wissen), dass ich das tempo meines mitläufers nicht für die gesamte dauer des laufes halten kann und dann doch wieder irgendwann alleine laufe - dann aber dafür völlig erschöpft, weil ich die ersten km zu schnell angegangen war.
wir beide kamen jedenfalls recht unproblematisch bei der ersten photostelle "edmundshütte"(??) in den weinbergen in leutsdorf (???) an. da haben wir dann auch einen dritten im bund angeheuert: er war die ganze zeit zuvor ein wenig vor uns, aber im endeffekt hatten wir dasselbe tempo bis dahin gehabt, es machte also sinn zu dritt zu laufen. sein ziel waren es unter 20 stunden zu bleiben, das ziel vom ersten meiner mitstreiter die punkte für den utmb (
http://www.youtube.com/watch?v=S1ERbcAKVRw) zu holen und mein ziel war es überhaupt anzukommen. in der gruppe sind wir dann auch den gesamten lauf über geblieben. die beiden haben immer mal paar geschichten von absolvierten läufen präsentiert, was den gesamten lauf ganz unterhaltsam machte und wir spulten so fleißig die km runter, stärkten uns ausgiebig an den verpflegungspunkten und feierten auch meine erste absolvierte marathondistanz nach 42 km.
meine taschenlampe + stirnlampe waren der knaller während der nacht. hab für die taschenlampe wie bereits erwähnt zweimal den akku wechseln müssen und die stirnlampe nur bei steilen und unwegsamen passagen benutzt. helligkeitsmässig war es jedoch spitze und auch wenn ich nicht mit geschichten über absolvierte läufe glänzen konnte, so konnte ich so zumindest "minisonne" für uns drei spielen. die zeit verging insgesamt ziemlich flott, die wehwechen (zue oberschenkel/schienbein) wurden zwar über den streckenverlauf größer, aber nichts dramatisches.
einer der beiden und ich konnten seit dem löwenburganstieg bei km 80 nicht mehr so richtig bergrunter/geradeaus traben und mussten auch diese passagen gehen. bei mir hatten beim löwenburgabstieg meine oberschenkelmuskulatur zugemacht und uns hat dann auf dem weg runter ein tapferer einzelkämpfer überholt.
am petersberg, dem letzten richtigen berg vor schluß kam dann jedoch nochmal action auf: auf dem weg nach oben wurden wir von zwei überholt. berghoch ging bei mir noch recht gut und der erste meiner mistreiter war ohnehin noch fit.
er wollte deshalb die beiden ein wenig ganz "bösartig" demoralisieren: dazu beschloss er während des anstiegs ganz locker flockig an ihnen vorbeilaufen, um dann kurze zeit später wieder zu uns zurückkehren.
da ich selbst bergauf keinerlei schmerzen hatte und auch sonst schon immer in verlegenheit kam zu laufen statt berghoch zu wandern, bin ich mit ihm ausgebrochen und wir sind in einem gefühlten irren tempo am berg an den beiden vorbeigezogen - fast so als ob wir gerade erst mit dem lauf gestartet wären.
wir sind dann ein gutes stück vor denen aus derem direkten sichtfeld gelaufen, ehe wir beschlossen haben wieder weiterzugehen statt zu laufen. dann wollten wir eigentlich wieder nen stückchen runtergehen und unseren dritten abholen und damit halt wieder die beiden anderen an uns vorbeilassen.
plötzlich sehen wir aber von hinten das licht einer kopflampe, die sich mit einem wahnsinns tempo uns annähert. erst gedacht es wäre einer der beiden überholten, aber der lichtträger entpuppte sich als unser dritter, der vor energie auf einmal nur so sprudelte. keine ahnung wo der zu dem zeitpunkt die energie aufgefunden hatte - an der stelle, wo wir ihn für unseren kurzen zwischensprint kurz zuvor verlassen haben, war er noch völlig platt.
auf jeden fall war die kleine laufeinlage das beste was passieren konnte: die beine waren wieder ein stückchen mehr frei, d.h. wir alle konnten geradeaus/bergab wieder laufen statt gehen.
kurz vor schluß ging bei mir jedoch gar nichts mehr laufmässig: die gegend bei ramersdorf rum und am rhein sind wir komplett gegangen. die beiden, die wir am petersberg laufend hintergelassen haben blieben aber hinter uns. und nicht nur das: durch die kleine laufeinheit sind wir vermutlich unter 18 stunden geblieben.
wir sind dann nach 17:54h morgens um 8 bei sonnenaufgang als vierter, fünfter und sechster ins ziel, haben uns also einen gemeinsamen fünften platz gesichert.
im ziel gab es dann einen herzlichen empfang mit gulasch, alkoholfreiem bier und anderen gaumenschmäusen. irgendwann kamen läufer an, die einen personalausweis unterwegs gefunden haben. es war meiner, den ich bei der ersten photostelle wohl verloren haben musste. das lustige: er fragte wohl an einem der drei verpflegungspunkte schon danach, ob der perso zu einem der mitläufer gehört. allerdings meinten sie bei betrachten des geburtsdatums "nee, so nen junger läufer, macht hier nicht mit".
jetzt am tag danach:
- muskelkater hab ich keinen, wohl aber probleme dabei mein bein durchzustrecken - humpel also ein wenig beim gehen, bzw. bewege mich nur sehr langsam.
- radfahren geht
- vielleicht tut mir das band links außen am knie ein wenig weh, aber kann es wegen meinen unrunden bewegungsablauf im moment nicht einschätzen. wenn es wehtut, dann ist es auf jeden fall keine dramatische überbelastung.
- ein paar blasen am fußballen geholt, die mich dazu bewegen, dass ich rechts am fuß ein wenig schonhaltung einnehme. blasenpflaster hilft.
- schleimbeutel im linken knie ist status quo. denke ich nehme in zukunft einfach keine rücksicht mehr drauf und akkzeptiere einfach, dass ich da eine verhärtung habe.
das schlimmste wehwechen:
- hab nen blauen fleck am "ringzeh" des rechten fußes. für bergab sind die schuhe wohl doch ein wenig zu klein für so eine strecke gewesen (waren aber auch noch so gut wie neu). auf druck brennt die stelle ein wenig. hab da ein wenig angst, dass da der zehnagel abfällt.
also insgesamt mehr als gut überstanden. die orga war super. die leute an den vp's sehr nett und zuvorkommend. sehr schöner lauf mit zwei netten menschen.
eine erfahrung fürs leben. denke nicht, dass das mein einziger ultra bleibt - allerdings der nächste mit deutlich mehr training bitte.
die frage, die ich mir im moment lauftechnisch stelle ist nur, ob mich normale marathons noch reizen. ich kann es mir zur zeit nicht vorstellen. mich reizt eher für sowas hier zu trainieren nun:
http://www.youtube.com/watch?v=6SAI1iTOVXQ
mein lauf-trainingspensum für dieses jahr hab ich eben in sporttracks auch mal überschlagen (in klammern durchschnittskm pro lauf im monat). es ist für so eine anstrengung lächerlich gering gewesen, allerdings kommen noch etliche rennrad km hinzu, die zwar nicht die richtigen bänder/muskulatur trainieren, wohl aber das herz-kreislauf system. dennoch, das laufpensum wird den meisten wohl nichtmals dazu ausreichen, einen marathon zu bestehen - völlig verrückt was ich da gemacht habe.
Jan 14.65 + 21.77 + 11.6 + 9.52 = 57.54 (14.385)
Feb 12.61 = 12.61 (12.61)
März 0
April 0
Mai 0
Juni 0
Juli 10.01 + 21.69 + 13.61 + 12.01 = 57.32 (14.33)
August 29.99 + 21.61 = 51.6 (25.8)
September 16.37 + 8.25 + 16.42 + 18.78 + 8.92 + 10.26 = 79 (13.1667)
Oktober 11.45 + 21.16 + 15.27 + 21.65 = 69.53 (17.3825)
November 21.12 + 9.07 + 10.47 + 11.24 + 12.05 + 5.74 + 11.44 + 11.60 + 5.57 + 7.47 = 105.77 (10.577)
macht unterm strich gerade mal 433.37 km auf 11 monate, also nix.