@heat0r: War das jetzt an mich gerichtet? Weil du ein
@tzui drin hast. Ich gehe mal davon aus. Erstmal ist, so vermute ich, Benraths "goal post shifting" nicht auf den Shift Russland/China bezogen, sondern auf den typischen Wandel in deiner Ausdrucksweise. Wir sind von "China ist die größte Bedrohung unserer Zeit" gestartet und sind jetzt bei "eine potentielle militärische Aggression Chinas ist in Zukunft nicht ausgeschlossen". Das sind nicht die gleichen Aussagen, das sollte dir auch klar sein.
Letzteres kann ich natürlich auch überhaupt nicht ausschließen, ersteres ist einfach bescheuerte Panikmache.
Wenn China nicht vor hat mit ihrem Militär etwas offensives zu unternehmen, musst Du ja der Meinung sein, dass es sich um die Aufrüstung zur Abschreckung einer äußeren Aggression handelt. Damit können dann nur die USA gemeint sein. Wenn Du das für verständlich hälst, dass sich also China militärisch von den USA bedroht sieht, wieso stellst Du Russlands Sorge vor einer amerikanischen Bedrohung als irrational dar?
Ich glaube dass China in erster Linie seinen Einflussbereich von einer lokalen in eine globale Macht wandeln möchte. Dazu gehört auch der Aufbau militärischer Kapazitäten. Ein Teil davon ist durchaus auch eine Abschreckung äußerer Aggression aber wohl auch Sicherung eigener wichtiger Standorte (wie z.B. die afrikanischen Häfen).
Außerdem war ich imo nicht derjenige, der Russlands Sorge vor einer amerikanischen Bedrohung als irrational dargestellt hat. Ich halte nur die Sorge der Ukraine vor einer Bedrohung durch Russland für sehr valide und ebenso deren Recht als souveräner Staat etwas dagegen zu tun (wie z.B. der NATO beizutreten). Ich bin sehr dafür, dass die NATO mit Russland spricht und man versucht eine Lösung zu finden; die Ukraine dabei komplett zu ignorieren weil "ist eben nicht wichtig" ist nicht meine Einstellung.
Ich würde angesichts der massiven und weiter steigenden Aufrüstung Chinas in den letzten 20 Jahren jedenfalls nicht so weit gehen zu behaupten, dass eine potentielle militärische Aggression Chinas in der Zukunft lediglich "meine Meinung" ohne Anhaltspunkte sei. Natürlich habe auch ich keine Glaskugel, aber mE sprechen dei Fakten (militärische Aufrüstung, zunehmend aggressives Verhalten in der eigenen Einflusszone, zunehmende Bemühungen Hong Kong und Taiwan einer "Endlösung" zuzuführen (damit ist keine Analogie auf Nazideutschland gemeint), Stationierung von Militär auch zunehmend im außerasiatischen Raum bspw. Djibouti) eher für mich bzw. hat meine Annahme eher Fakten auf ihrer Seite, während ich von Dir eher sowas wie "good faith" in China lese. Woher kommt das?
Ich rede nicht von "China good faith", ich sehe die Fakten aber so:
1. China hat absoluten Machtanspruch auf den Umgang im eigenen Land und möchte sich dafür vor niemandem rechtfertigen. Wie schon gesagt, den Umgang mit den Uiguren und Nepalesen finde ich ebenfalls verbrecherisch (Umgang mit HongKong sehe ich anders, hatte letztens ja schon ein Topic dazu).
2. Habe ich auch zugegeben, dass China sich rhetorisch aggressiv in Bezug auf Taiwan und das südchinesische Meer äußert, alles in der eigenen Einflusszone. Ich sehe da keinen großen Unterschied zu Putins Selbstverständnis gegenüber den ehemaligen Satellitenstaaten mit dem einzigen Unterschied, dass China da eben (noch) nicht einmarschiert ist. Sollte sich das ändern bzw. auch nur andeuten, dann würde sich auch meine Meinung ändern.
3. Stationierung von Militär im außerasiatischem Raum: Siehe oben. Sehe ich in erster Linie als Sicherung der eigenen Einflusssphäre sowie eigener Standorte/ Ressourcen. Genau das gleiche, was die USA seit Jahrzehnten machen.
Die Fakten sprechen imo dafür, dass China sich eben nicht mehr länger als lokale, sondern als globale Macht sieht und dementsprechend verhält. Das daraus automatisch ein aggressives militärisches Vorgehen folgt ist imo überhaupt nicht gegeben. Und selbstverständlich wird das durch Handel und gegenseitige Verzahnung, wie elaida sagt, gesichert. Was nicht heißt, dass wir unsere Abhängigkeit nicht reduzieren sollten; ich bin auch für den Aufbau eigener Microchip-Produktion in Europa. Aber der Weg zum friedlichen Miteinander liegt nicht in einer Konfrontation mit China sondern in einer Zusammenarbeit.
€:
Alle meine Verwandten drehen wegen China am Rad mit ihrem Vorgehen im südchinesischen Meer, aber wenn man 10k km weg hat, ist es leicht zu sagen, dass China harmlos ist. Bin gerade mobil und das ist zu dum.
Natürlich ist das ein entscheidender Faktor. Als Taiwanese oder Vietnamese würde ich darüber anders denken. Genauso wie ich als Deutscher keine Angst vorm Russen habe, als Ukrainer oder Lette sähe das aber ganz anders aus. Das macht diese Länder trotzdem nicht zur weltweiten Gefahr, sondern zum regionalen Big Player. Es hat auch keiner behauptet dass China harmlos wäre, das ist absurd. Es ist aber die andere Seite von der gleichen Medaille, (siehe oben) ob man China als harmlos bezeichnet oder als die größte Bedrohung für die gesamte Menschheit, gegen die wir uns mit dem Russen (sic!) verbünden müssen.