Mal my 2 Cents zur freien Bündniswahl, wieso Russland so denkt wie es denkt:
Kurzum, es gab nie eine vertragliche Zusicherung der Nato oder ihrer Mitgliedsstaaten, auf Osterweiterungen zu verzichten.
Es gab einen Kommentar des damaligen Aussenministers der USA, welcher so weder mit dem Präsidenten der USA noch mit den Nato-Partnern abgestimmt war. Völkerrechtlich eine irrelevante Privatmeinung. Dieser Art gab es auch von Gorbatschow eine Aussage über eine mögliche NATO-Mitgliedschaft Russlands... jetzt meine Frage, warum hält dann Russland die damals vom Staatsoberhaupt getätigte Zusage nicht ein?
Zu dieser nie gemachten mündlichen "Zusage", osteuropäischen Staaten die NATO-Mitgliedschaft zu verweigern sagte der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch:" So unprofessionell waren meine gut ausgebildeten sowjetischen Diplomatenkollegen nie, dass sie wichtige Vereinbarungen nicht schriftlich festhielten "
"So unprofessionell waren meine gut ausgebildeten sowjetischen Diplomatenkollegen nie, dass sie wichtige Vereinbarungen nicht schriftlich festhielten"
Weiterhin gab es zu diesem Zeitpunkt keinerlei Anlass, irgendwelche Garantien abzugeben, der Warschauer Pakt bestand, die Sowjetunion ebenfalls. Zu diesem Zeitpunkt war weder die Auflösung des WP, noch der SU auf dem Tisch. Dazu kommt noch, dass die osteuropäischen Staaten (die später aus sehr guten Gründen die NATO-Mitgliedschaft anstreben sollten) damals gar nicht mit am Tisch saßen. Somit konnte gar keine Entscheidung getroffen werden, welche diese Staaten betrifft. Die Annahme, man könnte doch mal eben ohne die Beteiligung der Betroffenen über Länder entscheiden ist irgendwie sehr... sowjetisch. Als Anfang der 90-er die besagten Verhandlungen liefen, war der Warschauer Vertrag noch intakt. Ein Versprechen die NATO nicht nach Osten zu verschieben, kann also nur das Gebiet der DDR betroffen haben. Und korrekterweise unterstanden die Truppenteile der Bundeswehr auf dem Gebiet der exDDR dann auch längere Zeit nicht dem NATO-Kommando.
Das sich ein Jahr später im März der WP selbst auflöste, hätten 1990 weder Gorbatschow noch die NATO auch nur ansatzweise vermutet. Man konnte keine Zusage geben die NATO nicht ins Gebiet des Warschauer Pakts auszudehnen. Weil das Widersinnig gewesen wäre.
Als man so weit war, die Dinge tatsächlich zu Papier zu bringen - und das war nach den mündlichen Äußerungen - wurde dieser Punkt eben nicht in der Vereinbarung aufgenommen. Schnelles Geld war wichtiger. Und nein, Russland wird auch nicht umzingelt: Bei der unglaublichen Größe der Landmasse müßte man beinahe die halbe Erde belagern. Überhaupt, was ist das für ein abwegiger Anspruch keine eigenständigen und wehrhaften Nachbarn haben zu müssen. Dazu kommt noch diese ausgeprägte Arroganz, nur bilateral die USA als Verhandlungspartner zu akzeptieren.
Vergessen wir bei allem nicht, im Gegensatz zu angeblichen Versprechen gibt es das von Russland explizit mitverfasste UND mitunterschriebene Budapester Memorandum, das der Ukraine explizit nationale Unabhängigkeit UND Integrität in den Grenzen von 1994 (also inkl. Donbass und Krim).
Wer also immer auf versprechen anderer pocht, sollte erst einmal die eigenen einhalten, vor allem wenn es im Gegensatz zu den angeblichen der anderen wirklich und real gegebene sind und nicht konstruierte und erfundene.
Das Vertrauen wurde durch Russland zerstört. Diese Länder in Osteuropa sind der NATO beigetreten, weil sie sich durch Russland bedroht fühlten. Die ehemaligen Sowjetrepubliken sind souveräne Länder, die auch ein Sicherheitsbedürfnis haben! So wie Russland seine ehemaligen Sowjetrepubliken behandelt scheint man die Breshnew-Doktrin wiederbelebt zu haben. Die besagt, dass die Satellitenstaaten nur begrenzte außenpolitische Freiheiten haben und Moskau immer die letzte Entscheidung treffen darf.
Russland ist als Sicherheitsgarant für die ehemaligen Sowjetstaaten und Ostblockländer unattraktiv und wird eher als Bedrohung gesehen.
Was soll denn ein Land wie Polen oder die baltischen Länder von Russland zu erwarten haben? Nach der Krim- Nummer ist auch der letzte Rest an Vertrauen verspielt.
Die Sowjetunion hat die WP-Staaten immer als ihre natürliche Machtsphäre (ich wähle bewusst nicht mal den Begriff "Einflusssphäre") betrachtet und die Länder das auch deutlich spüren lassen. Jetzt wo die Sowjetunion Geschichte ist haben diese Länder die Wahl. Und Russland hat es nicht geschafft, nach der Sowjetzeit ein attraktiver Sicherheitspartner zu werden.
Das das in Moskau frustrane Reaktionen erzeugt kann ich sogar verstehen: da entlässt man die Balten widerwillig in die Freiheit und dann holen die sich statt den Russen NATO- Bataillone ins Land. Warum wohl? Weil man im Baltikum nicht dement ist.
Aber was hat Russland denn anzubieten? Nichts, was die Länder überzeugt. Nur strategischen Egoismus, die permanente Forderung nach eigenen Sicherheiten aber null Programmatik, die die betreffenden Länder irgendwie voranbringt.
"Tretet nicht der NATO bei! Werdet nicht Teil der EU! Tut nichts, was Russlands Interessen zuwiderläuft!" Das ist das Einzige, was aus Moskau kommt.
Da ist man einfach ungeschickt. Die Zeit, wo man im Politbüro oder im Zarenpalast einen Ukas in die Provinzen schickte sind nunmal vorbei. Wenn Russland Einfluss behalten möchte muss es seinen Nachbarn eine attraktive Perspektive bieten. Das versteht man in Moskau aber offensichtlich nicht. Im Gegenteil: man droht. Und wundert sich dann, dass die Bedrohten sich Verbündete suchen.
Das scheint in Moskau gar nicht angekommen zu sein: wie und auf welcher Grundlage sollte 1990 denn "der Westen" eine verbindliche Aussage dazu treffen, dass man "niemals" mit den damals noch nicht ehemaligen WP-Staaten irgendwelche Vereinbarungen trifft?
Und aus welchem Grund hätten sich die USA zu der Versicherung hinreißen lassen sollen, dass sie den uneingeschränkten Machtanspruch der Sowjetunion auf die WP-Staaten akzeptieren? Niemand hat 1990 daran gedacht, dass die Ukraine auf die Idee kommt, NATO- Mitglied zu werden. Da standen zu dem Zeitpunkt sowjetische Atomwaffen.
Der Machtanspruch der Sowjets war damals schon überholt, aber durch Fakten gefestigt. Im Rahmen der Wiedervereinigung konnte es nur um Deutschland gehen, um was denn sonst? 2+4-Verhandlungen negieren die Souveränität Polens, Ungarns, der Tschechoslowakei etc? Das hätte "im Westen" niemand unterschreiben können. Für Deutschland ja, aber der Rest war an den Verhandlungen nicht beteiligt.
Das ist halt das ganz grundsätzliche Problem an Russlands Denke.
Es versteht sowas wie Souveränität gar nicht erst, da es in "Machtbereichen" denkt, es herrscht kein Verständnis dafür, dass Staaten gleichberechtigt einander gegenüberstehen, vor allem Nicht-Atommächte.
Daher wird die Problematik dieser Denkweise gar nicht erst verstanden und die falschen Schlüsse, die man daraus zieht als einzige Selbstverständlichkeit angesehen.
Es gibt nur Russland, Russlands Ansprüche - Fertig. (und Russlands Ansprüche sind hierbei Putins Ansprüche, sowas wie "Das Volk" oder "das beste für die Nation" interessiert niemanden)
Aber bei Putin glaube ich langsam sowieso, wenn man seine Aktionen und Aussagen seit 2014 anschaut, dass der auf dem Weg von Enver Hoxha ist und in immer grössere und absolute Paranoia abrutscht.