bei den richtern wiederrum, vor allem der älteren generation, herrscht wohl das antike und längst überholte verständnis vor, dass polizisten grds. die besseren bürger sind und wenn sich die aussagen von bürgern und polizisten gegenüberstehen grds. der polizei zu glauben ist. die polizei gilt also als besonders vertrauenswürdig.
Na na na....
Etwa so intelligent wie "Anwälte lügen grundsätzlich vor Gericht für ihre Mandanten". Bei den Richtern gibt es natürlich auch solche und solche, das will ich gar nicht in Frage stellen. Aber die allermeisten wissen sehr wohl, das auch Polizisten böse Dinge tun können. Sie sind sogar, nach der ausdrücklichen Rechtsprechung des BGH, verpflichtet nachzuforschen, ob Aussagen aus falschen Korpsgeist heraus begangen werden.
Dass Polizisten glaubwürdiger sind als andere stimmt so übrigens auch nicht. Der Spruch wurde so oft verdreht und verfälscht, bis man den Sinn nicht mehr erkennen kann: Beamte sind grundsätzlich dann besonders vertrauenswürdig, wenn sie nur aufgrund ihrer normalen dienstlichen Tätigkeit in das Verfahren reingezogen wurden. Denn dann haben sie keinerlei Grund zu lügen. Sie machen ihren Job und haben sonst nichts mit dem Verfahren zu tun. Keine Kontakte zu den anderen Beteiligten, kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits etc.. Auf der anderen Seite haben sie aber per Gesetz mehr zu verlieren als andere. Sie sind nämlich ggf. zwingend zu entlassen. All dies gilt für die meisten anderen Verfahrensbeteiligten nicht. Der Angeklagte beispielsweise hat ein offensichtliches Interesse zu lügen. Seine Mutter, die für ihn aussagt, genauso.
Nun ergibt es sich, dass Polizisten öfter als die meisten anderen Beamten in Gerichtsverfahren hineingezogen werden. Das liegt einfach in der Natur des Jobs. Die gerade genannten Grundsätze gelten auch für sie. Wie gesagt,
sofern es Grund gibt, daran zu zweifeln, dann gilt das natürlich nicht. Umgekehrt haben auch Privatleute diese hohe Glaubwürdigkeit, wenn sie selbst keinerlei Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, wenn sie die Beteiligten nicht kennen usw..
Man stelle sich einfach mal den Fall vor: Nachbarschaftsstreit. Die Nachbarn M und N schlagen sich die Köppe ein. Die Polizei wird gerufen von Passant X, der zufällig dabei ist.
Welchen Grund sollten die Polizisten oder Passant X haben, zu lügen? Wohl deutlich weniger als M und N. Und wohl auch weniger als die Angehörigen von M und N. Deshalb sind die Polizisten und der Passant X besonders glaubwürdig.
Dass das schon, wie du sagst, seit der Antike so ist, hat daher seinen guten Grund: Es ist logisch. Solche Beweisregeln sind die einzige Möglichkeit, Zeugenaussagen zu verwerten. Denn es war schon vor 4000 Jahren so sein und es wird auch noch die nächsten 4 Jahrtausende so sein: Es gibt immer widersprechende Aussagen, die man irgendwie bewerten muss, weil man sonst niemanden mehr verurteilt kriegt.
aus der kombination dieser missstände ergibt sich die misere der deutschen polizeigewalt: polizisten begehen vergehen, beweise werden vertuscht: anklage schon fast unmöglich. ist sie doch theoretisch möglich muss sich schon ein besonders mutiger staatsanwalt finden, der auch noch das unwahrscheinliche ok seiner vorgesetzten bekommt. und wenn das klappt muss sich auch noch ein richter finden, der ohne großartige beweise, weil die vernichtet oder verschwunden sind, der aussage der bürger mehr glaubt als der der polizisten. und das ergibt dann, wie in bayern, 1 verurteilung aus zig hundert verfahren.
Das hast du jetzt wirklich schön verzerrt bis zum geht nicht mehr. Also erstens mal ist es schon wieder sehr schön, dass du aus der anteiligen Anzahl der Verurteilungen an den Anzeigen herleitest, wie korrupt "das System" ist. Das ist etwa so intelligent, wie aus der Anzahl der erfolgreichen Verfassungsbeschwerden den Schluss zu ziehen, dass Bundesverfassungsgericht missachte massiv die Grundrechte.
Und dann betrachten wir es doch mal genau:
Also dass Polizisten sich untereinander decken, ist zwar eine pauschale Aussage, die schon mal an sich unfair ist. An anderer Stelle prangerst du solche Vorurteile jedenfalls immer an, nun gut. Aber das würde ich in der Tendenz ja sogar noch mitgehen.
Was die Staatsanwaltschaft angeht wird es schon kritischer. Wie du ja schon sagtest, ist der Staatsanwalt weisungsgebunden. Ihm kann man also ohnehin keinen Vorwurf machen, sondern nur dem jeweiligen Vorgesetzten bis hin zum Justizminister persönlich. Meiner ganz persönlichen Erfahrung nach, die man natürlich nicht über unseren Bezirk hier in NRW hinaus verallgemeinern kann, werden Anzeigen gegen Polizisten mindestens mit dem gleichen Ernst verfolgt, wie gegen andere Bürger. Nur kommen da schon mehrere Sachen zusammen: Man stellt mit Erstaunen fest, dass geschätzt jeder zweite, gegen den sich eine rechtmäßige Polizeimaßnahme wendet und der - wie du auch - eine mehr oder weniger unterdrückte Abneigung gegen "das System" hat, sofort mit Anzeigen um sich wirft.Was auch nur verständlich ist; als Hooligan wäre ich auch wütend, wenn die Polizei meine Prügelspielchen vor dem Stadion unterbindet. Im Übrigen darf die Staatsanwaltschaft nur anklagen, wenn die Verurteilung wahrscheinlicher ist als der Freispruch. Was soll sie also machen, wenn wirklich Beweise vernichtet wurden?
Wenn das dann zu Gericht kommt (vornehmlich zum Strafgericht), dann gilt schließlich der gleiche Grundsatz wie sonst auch. Vernünftige Zweifel an der Schuld dürfen nicht mehr bestehen. Ich bin hier aus dem Halbschlaf hochgeschreckt, als ich deinen Satz gelesen habe, wonach du es offenbar schlimm findest, dass ein Richter "ohne großartige Beweise, weil die vernichtet oder verschwunden sind", Angeklagte freispricht. Sorry, was forderst du denn? Verurteilung, von Bürgern, gerade weil es keine Beweise gibt, die ihre Schuld belegen?
Nein danke. Da nehme ich lieber unser gegenwärtigtes System. Das ist zwar nicht perfekt und es gibt auch noch Ungerechtigkeiten. Es ist aber wesentlich besser als das was du anscheinend forderst.