Nachrichten, Randnotizen und Kurioses v4

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Na ja, das ist halt die Ausgangsprämisse für alles: Wenn die Leute nur mehr Hausaufgaben machen würden, würden sie es so sehen wie ich. Das bleibt aber regelmäßig unbewiesen. Ich bin jetzt gar nicht der Meinung dass es nie Marktversagen gibt oder so, aber in vielen Fällen ist die naheliegendere Erklärung dass man einfach nicht wirklich verstanden hat, was die Mehrheit möchte und sich aus normativen Erwägungen einredet, die Bevölkerung hat ja eigentlich einen Grundwunsch, der aktuell nur überlagert wird. Vielleicht will die Bevölkerung auch einfach ihren Smartkrempel und letztendlich zeigen die revealed preferences, dass das ganze Geschwätz von wegen Datenschutz ihnen nicht so wichtig ist wie sie behauptet? Die Leute sagen ja auch regelmäßig, sie würden gerne mehr für besseres Fleisch bezahlen und an der Kasse sieht man dann nichts mehr davon.
Ist das so? Vielleicht liegt es an mir als Empfänger, aber ich höre sowas wie den Artikel immer auf dem normativen, nicht auf dem deskriptiven Ohr. Die Überwachungs- und Nudging "Algorithmen" sind nicht schlecht, weil die Mehrheit sie schlecht finden würde, wenn man sie genug aufklärt. Sie sind schlecht, weil sie aus eigenen Erwägungen als schlecht definiert werden. Natürlich ist die Hoffnung, dass die Menschen das auch so sehen, wenn man sie aufklärt, aber das ist nicht immer direkt postuliert. Und oftmals scheint es in langsamen Bewegungen ja auch zu funktionieren.
So wie in deinem Beispiel: Für bessere Tierhaltung einzustehen ist das richtige, selbst wenn 99% der Kunden einen Scheiß darauf geben würden. Gleichzeitig funktioniert die Bio und Veg-Bewegung ja, wenn man das Produktportfolio heutzutage und vor 10 Jahren vergleicht. Anfangs nur als Lifestyle-Bewegung, heutzutage kriegst du das auch alles im Discounter.
 
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@GeckoVOD ich glaube ich verstehe was Du meinst. Ich kriege bei diesem Text die gleichen Vibes wie wenn ein Manager in meiner Nähe mal wieder "Das lösen wir mit KI" sagt, aber keine Ahnung hat wovon er redet. So kommen bei mir Sätze wie
Die Konzerne eignen sich den neuen Rohstoff jedoch nicht nur an, sondern bearbeiten ihn und machen ihn zu einer Ware. Diese Bearbeitung zerstört das ursprüngliche Material. Denn unsere Erfahrung ist eigentlich unberechenbar, oft geprägt von Zufällen und widersprüchlichen, uns selbst unverständlichen Wünschen und Regungen. Im späteren Vorhersageprodukt ist davon nichts mehr übrig. Auch diese Zerstörung ließe sich als eine Art Enteignung beschreiben.
an. Da schlägt die Geisteswissenschaftlerperspektive voll durch. Das hat sie gelernt, das kennt sie, das muss richtig sein. Das kann pars pro toto für so viele Diskussionen zwischen verschiedenen Disziplinen stehen wenn auf mindestens einer Seite nicht über den Tellerrand geschaut wurde.

Ich weiß ja was sie meint, aber sie hat ganz offensichtlich so rein gar keine Ahnung von Datenverarbeitung und den Möglichkeiten und Einschränkungen prädiktiver Modelle, dass es schon weh tut. Die Wahrheit ist, dass man auf einer aggregierten Ebene "unsere Erfahrung" eben doch als halbwegs "berechenbar" sehen kann. Das ist vielleicht ernüchternd, aber es ist auch nicht so schlimm wie man meinen mag, weil die meisten Firmen ohnehin zu dum sind, um mit ihren Datenmengen sinnvolles anzustellen.

Zudem weht dann noch ein gewisser Geist durch den Text, den ich als ein verbreitetes Grundproblem im kapitalismuskritischen Spektrum wahrnehme: Einerseits will man hundertprozentige Privatautonomie in allen Entscheidungen und Lebensfragen, andererseits ist man schon dafür, dass jegliche Lebensrisiken möglichst vollständig versichert werden. Gewissermaßen das "We're gonna build a wall –– and have the Mexicans pay for it." der Linken.

Sie beschreibt teils einfach nur was auf einem Markt passiert, nämlich Optimierung auf Kosten und Gewinn. Das mag an manchen Stellen fragwürdig sein (insert Kritik an neoliberalistischen Bestrebungen alle Lebensbereiche einer Marktlogik zu unterwerfen about here), ist aber an sich genau das was gewünscht ist weil es genau das ist was ein Marktmechanismus tun soll. Es ist Aufgabe einer Gesellschaft zu entscheiden was Markt sein soll und was nicht.

Bisserle lustig ist, wie sie eine BWL-Professorin zur Ökonomin macht, und Lisa Paus zur Frauenministerin verengt. Aber es ist auch ein wenig traurig, denn es deutet an, worauf die Autorin achtet und wie sie schreibt: Im Detail schludrig solange es zur Story passt.

Mein Fazit wäre wie von @Wintermute: Keine Ahnung für wen das geschrieben wurde. Der Text hat keinen roten Faden, keine klare Aussage, keinen konkreten Anlass und bietet keine neue Sicht auf irgendwas. Er ist ein "was ich noch sagen wollte damit ich es gesagt habe weil es mir irgendwie diffus wichtig ist."
 
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Wenn die Rechte keine manifeste Mehrheit hat dann weil sich die Mehrheit (schweigend) nicht traut das Maul aufzumachen, wenn die Linke keine Mehrheit hat dann weil ein erschreckend niedriger Prozentsatz der Bevölkerung im Oberseminar Soziologie war. :mond:

in dieser knackigen kürze gut auf den punkt gebracht :fetti:
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ist das so? Vielleicht liegt es an mir als Empfänger, aber ich höre sowas wie den Artikel immer auf dem normativen, nicht auf dem deskriptiven Ohr. Die Überwachungs- und Nudging "Algorithmen" sind nicht schlecht, weil die Mehrheit sie schlecht finden würde, wenn man sie genug aufklärt. Sie sind schlecht, weil sie aus eigenen Erwägungen als schlecht definiert werden. Natürlich ist die Hoffnung, dass die Menschen das auch so sehen, wenn man sie aufklärt, aber das ist nicht immer direkt postuliert. Und oftmals scheint es in langsamen Bewegungen ja auch zu funktionieren.
So wie in deinem Beispiel: Für bessere Tierhaltung einzustehen ist das richtige, selbst wenn 99% der Kunden einen Scheiß darauf geben würden. Gleichzeitig funktioniert die Bio und Veg-Bewegung ja, wenn man das Produktportfolio heutzutage und vor 10 Jahren vergleicht. Anfangs nur als Lifestyle-Bewegung, heutzutage kriegst du das auch alles im Discounter.

Ganz ehrlich: Wenn "Gesellschaftskritik" bedeuten würde, dass Linke der Gesellschaft sagen, was sie an ihren Wünschen und Gepflogenheiten scheiße finden fände ich das 100x besser. Aber so ziemlich jede "Gesellschaftskritik", die ich so sehe, beschränkt sich auf denselben Verso-Stil "der Mensch ist eigentlich gut, aber Kapitalismus/Markt/Neoliberalismus/Patriarchat vermurkst uns die Gesellschaft" und ich frage mich halt immer, warum man implizit immer davon ausgeht, normativ hätten *eigentlich* alle dieselben Vorstellungen wie man selbst, wäre da nicht der böse Kapitalismus.

Was mich an dem Text besonders stört ist, ganz wie booty es sagt, die maßlose Überschätzung des Ist-Zustands. Wenn man das liest klingt es, als leben wir schon (oder seien zumindest kurz davor) in einer Ex Machina-Dystopie, dabei sind diese ganzen Geräte des "digitalen Überwachungskapitalismus" total darauf ausgerichtet, Daten zu sammeln, die eben sehr leicht zu sammeln sind und mit denen man maximal stark begrenzte Voraussagen machen kann. Der Witz ist dann aber: Wie werden diese Voraussagen dann hauptsächlich verarbeitet? Die ganzen Vorstellungen bzgl. "die Krankenkasse hätte gerne die Daten, um zu sehen wer ein teurer Patient ist" stimmen vielleicht abstrakt, aber ganz konkret ist das natürlich überhaupt nicht erlaubt und die Krankenkasse darf dich wegen deiner Daten nicht anders behandeln, selbst wenn sie diese hätte. Was damit ganz konkret gemacht werden kann ist zu 99% Werbung schalten. Und inwiefern man MEHR depersonalisiert wird durch Werbung, die auf dem eigenen Browserverlauf und (zumindest abstrakt) auf die Daten aus solchen Smart-Geräten basiert und nicht, wie früher im Fernsehen, schlicht dem absolut oberflächlichsten Querschnitt "Produkte, welche Leute kaufen", entzieht sich mir vollständig.
 
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Ach ich bin jetzt definitiv auch kein Dammbruch-Theorie Verfechter. Sollte es irgendwann politische Bestrebungen dahingehend geben, diese Daten zur Andersbehandlung zu verwenden, dann gehört das natürlich aufs Schärfste protestiert, aber soweit sind wir noch lange nicht. Ich sehe das größte Problem der Algorithmen eher darin, was offensichtlich einer der ganz basalen Zwecke ist: Klicks zu erzeugen durch Bereitstellung von Inhalten, die mit dem Nutzerverhalten übereinstimmen. So viele Subgruppen haben mittlerweile das Gefühl, für eine Mehrheit zu sprechen, weil ihnen das im Internet so suggeriert wird. Radikalisierung innerhalb dieser Subgruppen ist dann auch wieder deutlich leichter. Aber das hat jetzt auch nichts mehr mit dem Inhalt des Artikels zu tun.

Ganz ehrlich: Wenn "Gesellschaftskritik" bedeuten würde, dass Linke der Gesellschaft sagen, was sie an ihren Wünschen und Gepflogenheiten scheiße finden fände ich das 100x besser. Aber so ziemlich jede "Gesellschaftskritik", die ich so sehe, beschränkt sich auf denselben Verso-Stil "der Mensch ist eigentlich gut, aber Kapitalismus/Markt/Neoliberalismus/Patriarchat vermurkst uns die Gesellschaft" und ich frage mich halt immer, warum man implizit immer davon ausgeht, normativ hätten *eigentlich* alle dieselben Vorstellungen wie man selbst.
Ich weiß was du meinst, und ich fände das auch angenehmer. Aber gleichzeitig zeigt doch die Vergangenheit, dass das so auch nicht funktioniert. Menschen, die anderen ihren Fleischkonsum vorhalten werden als verrückte Schreier abgetan, ein Veggie-Day in Mensen wird gleichgesetzt mit einer Nahrungsdiktatur und Klimakritiker sind Panikmacher (oder werden belächelt, wie noch FFF). Offensichtlich scheint die Schiene "das liegt nicht an euch, das liegt an den beschissenen Systemen um euch herum" besser zu funktionieren, um Menschen anzusprechen.
 
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@tic0r Natürlich funktioniert das besser als "Du musst X auf Art und Weise Y machen! So wie Du es machst ist es falsch!". Es ist ja im Kern nichts anderes als das "Jemand anderes ist schuld"-Argument. Menschen hören es nicht gerne, dass sie für irgendwas verantwortlich sind. Sie hören umso lieber, dass jemand anderes für eines oder mehrere oder gar alle ihrer Probleme verantwortlich ist.

Genau deswegen finde ich aber auch, dass es ein ziemliches Scheißargument ist. "Kapitalismus" und "das System" sind wir selber. Wenn man sich auf "der Kapitalismus und das System sind schuld" verlegt, dann zeigt man damit nichts anderes als eigenes mangelndes Verständnis und/oder Verantwortungsbewusstsein.
 
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Ich weiß was du meinst, und ich fände das auch angenehmer. Aber gleichzeitig zeigt doch die Vergangenheit, dass das so auch nicht funktioniert. Menschen, die anderen ihren Fleischkonsum vorhalten werden als verrückte Schreier abgetan, ein Veggie-Day in Mensen wird gleichgesetzt mit einer Nahrungsdiktatur und Klimakritiker sind Panikmacher (oder werden belächelt, wie noch FFF). Offensichtlich scheint die Schiene "das liegt nicht an euch, das liegt an den beschissenen Systemen um euch herum" besser zu funktionieren, um Menschen anzusprechen.
Besser ansprechen ist ja schön und gut...aber wenn sich genau so wenig ändert wie beim anderen oder ggf sogar weniger (denn Schuld sind ja andere), seh ich nicht wieso das nun "besser funktioniert". Man kann sich auch einfach standhaft weigern zu lernen, wie man Leute zum Umdenken bringt.
 
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@tic0r das ist ja einer der Gründe warum ich immer wieder gegen "die Linke(n)" rante. Da wird straight outta Soziologie Oberseminar irgendein verquaster Unsinn verzapft, und am Ende kommt raus "das System ist schuld" bzw. irgendeine undefinierbare Elite von Kapitaleigentümern oder Banken. Das schrammt dann gerne regelmäßig nur knapp an "DIE JÜDISCHE WELTVERSCHWÖRUNG" oder plattem Antiamerikanismus vorbei und bringt genau null Erkenntnis. Gerne führt es auch zu "wir brauchen den Systemwechsel! Wenn wir nur <hier unterkomplexes utopisches System einfügen> implementieren und sich alle Menschen plötzlich an alle Regeln halten, dann wird alles gut!!!!!111einself"

Dummerweise ignorieren dieselben Menschen extrem gerne, dass mit einer Bevölkerung die alle Regeln befolgt, altruistisch und verantwortungsbewusst handelt usw. usf. prinzipiell jedes System funktionieren dürfte. Wir müssen im Zweifel uns alle selbst ehrlich machen und unser Verhalten und unsere Prioritäten anpassen. Weil wir aber zum Großteil lahmarschige und bequeme Maulhelden sind, die vergessen haben wie es ist für ein Ziel zu leiden … genau deswegen kauft uns der Kinese den Schneid ab. Wir sind eine saturierte Kackgesellschaft die vergessen hat wie schwer die Privilegien erkämpft wurden die wir jeden Tag für gegeben nehmen, weswegen unterbelichtete Idioten links und rechts (und in der Mitte) sich nicht zu schade sind Politiken zu fordern, die mehr oder minder direkt in die Abschaffung dieser Grundpfeiler unserer Gesellschaft münden. Aber das möchte man nicht sehen, weil die Welt viel zu vieler Deutscher ein sehr einfacher und friedlicher Ort ist. Da stören Misstöne nur.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ich weiß was du meinst, und ich fände das auch angenehmer. Aber gleichzeitig zeigt doch die Vergangenheit, dass das so auch nicht funktioniert. Menschen, die anderen ihren Fleischkonsum vorhalten werden als verrückte Schreier abgetan, ein Veggie-Day in Mensen wird gleichgesetzt mit einer Nahrungsdiktatur und Klimakritiker sind Panikmacher (oder werden belächelt, wie noch FFF). Offensichtlich scheint die Schiene "das liegt nicht an euch, das liegt an den beschissenen Systemen um euch herum" besser zu funktionieren, um Menschen anzusprechen.

Wollte nur nochmal anmerken: Was funktioniert oder nicht funktioniert interessierte mich gar nicht. Meine Vermutung ist sowieso: Nichts funktioniert. Egal wie sehr Linke sich ein "ganz anderes System" vorstellen und auf welche Art sie dafür argumentieren, solange es eine freie Wahl gibt wird das nicht funktionieren. Die Mehrheit ist konservativ und will ihre Veränderungen in homöopathischen Dosen, nicht mit Systemwandel von dem sowieso niemand so richtig weiß wie ein solches System aussehen könnte.
In meinen Augen ist das Beste, was die Linke tun kann, wieder mehr Fokus auf die materiellen Bedürftnisse einer möglichst großen Zahl von Leuten zu legen. Gesellschaftspolitisch dreht sich die Welt eh auf die Dauer immer nach links und ich habe bisher wenige Belege dafür gesehen, dass man politisch wahnsinnig viel dafür tun kann, diesen Prozess zu beschleunigen. Was man aber politisch tatsächlich beeinflussen kann ist wie die Bevölkerung materiell augestattet ist. Anstatt ihnen einzureden, dass sie keine Smartwatches brauchen, weil das irgendwie vage antifeministisch ist, sollte man sich darum kümmern dass sich jeder eine leisten kann, egal was er dann damit anstellt.
 
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@Bootdiskette Du hast natürlich Recht und gleichzeitig ist es so schade.
Ich finde das gar nicht so schade.
Ist es nicht in gewisser Weise "empowering", dass eben nicht "das Sytem" Schuld ist, sondern die Gesellschaft selbst & damit jeder einzelne?
Klar, der Glaube an Wunder oder das Himmelreich kann trostreich sein, bringt aber nicht weiter.

Ich würde es mit der Demokratie vergleichen:
  • Man hat nur eine kleine, ungewichtige Stimme
  • Es ist sehr schwer, andere zu überzeugen
  • Und doch ist es viel besser als die Alternativen

Ich weiß was du meinst, und ich fände das auch angenehmer. Aber gleichzeitig zeigt doch die Vergangenheit, dass das so auch nicht funktioniert. Menschen, die anderen ihren Fleischkonsum vorhalten werden als verrückte Schreier abgetan, ein Veggie-Day in Mensen wird gleichgesetzt mit einer Nahrungsdiktatur und Klimakritiker sind Panikmacher (oder werden belächelt, wie noch FFF). Offensichtlich scheint die Schiene "das liegt nicht an euch, das liegt an den beschissenen Systemen um euch herum" besser zu funktionieren, um Menschen anzusprechen.
Ich denke, dass es Alternativen gibt zu:
  • "Normativ sind wir uns doch einig, dass man weniger Fleisch essen sollte. Wie kommen wir dahin?"
  • "Ihr seid böse, weil ihr Fleisch esst."
Konkret war ja jetzt in der Debatte, dass in einer Stadt die KiTas auf vegetarische Kost umstellen.
Der Aufschrei war wieder groß.

Aber ich habe auf Twitter die Erfahrung gemacht, dass doch einige zugänglich waren zur nuancierteren Argumentation:
  • KiTa Mittagessen ist eben nur dass: Mittagessen. Eltern können ihren Kindern zum Frühstück, Abendessen & am Wochenende Fisch & Fleisch geben, wie sie möchten.
  • In gewisser Weise macht das die Dosierung doch sogar einfacher, wenn mir Fleisch wichtig ist: Ich weiß, dass die Menge in der KiTa 0 ist.
  • KiTa haben den Auftrag, gesund & schmackhaft zu ernähren. Aber limitiertes Budget bedeutet, dass das mit Fleisch schwerer möglich ist, weil dieses teuer ist.
Überzeugst du damit jeden? Nein!
Aber ich empfand, dass man einige Leute gut damit erreichen konnte, bspw. das Preisargument sprach Leute an, denen Kostenbewusstsein öffentlicher Träger wichtig sind & Leute, denen hohe Qualität beim Fleisch wichtig sind.

Anderes Beispiel Erbschaftssteuer:
Natürlich ist es nicht leicht, viele Leute hier zu überzeugen.
Aber es wird auch selten wirklich ernsthaft versucht.
Die Befürworter von Erbschaftssteuer gefallen sich in simpler Rhetorik über "die Reichen" etc, anstatt die schlechten Argumente der Gegner inhaltlich anzugehen.
 
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Ich finde das gar nicht so schade.
Ist es nicht in gewisser Weise "empowering", dass eben nicht "das Sytem" Schuld ist, sondern die Gesellschaft selbst & damit jeder einzelne?
Klar, der Glaube an Wunder oder das Himmelreich kann trostreich sein, bringt aber nicht weiter.

Ich würde es mit der Demokratie vergleichen:
  • Man hat nur eine kleine, ungewichtige Stimme
  • Es ist sehr schwer, andere zu überzeugen
  • Und doch ist es viel besser als die Alternativen
Du hast mich offensichtlich missverstanden. Schade ist, dass man auf dem Niveau der persönlichen Verantwortung nicht so weit kommt bei den meisten. Ich dachte das wäre offensichtlich, bezieht sich das ja auf Bootis Post direkt darüber.

Zu deinem Rest: Ein paar überzeugst du immer, ob jetzt wie in deinem Kita Beispiel, oder auch mit den ersten beiden Aussagen. Aber wie du sagst, der Aufschrei ist groß und die Mehrheit "will sich ja nichts vorschreiben lassen und das selber managen". Und dann wird natürlich nichts gemanaged. Ich lebe in einer Bubble, in der sowieso schon viele Vegetarier sind, aber ich weiß noch wie das Thema im Mint-Studium selbst unter Akademikern verhandelt wurde. Da wurden die krudesten Theorien aufgebracht, warum Fleischessen normal und Vegetarier merkwürdig sind. Und natürlich auch wieder auf das Qualitäts-Argument verwiesen während man sich an Schnitzel-Dienstag den Fleischlappen in der Mensa reingehauen hat (ich btw. auch. :deliver: ).
 
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Ok, dann habe ich dich in der Tat missverstanden - mea culpa!

Ja, unbefriedigend ist es natürlich, dass es hartes Brot ist, Leute zu überzeugen.
Merke ich ja auch hier bei meinem Pet Topics Migration, Atom oder Bodenwertsteuer :fetti:

Aber wenn man sich nicht auf "den gesellschaftlichen Wandel" verlassen will, dann bleibt ja nicht viel übrig, als seinen Einfluss auf diese Weise argumentativ zu nutzen.
Viele tun das nicht (bleiben in ihrer Bubble), oder wenn dann nur konfrontativ mit suboptimalen Argumenten.

Natürlich haben viele auch schlicht wenig Reichweite, so dass sie potentiell richtigerweise zum Schluss kommen, sich da ganz rauszuhalten & sich auf das Private zu beschränken, für sie optimal ist.

Deswegen erfüllt ein Forum wie dieses für mich mehrere Zwecke:
  • Inhaltlicher Diskurs mit Menschen außerhalb der eigenen Bubble
  • Testen von Argumentatonen & Formulierungen, so dass man andernorts überzeugender ist
  • Katharisis / Game als Ersatz für tatsächlichen Einfluss / in der Öffentlichkeit vermisste Sachdebatte :)
( Kontroverse Meinung: Leider sind nicht mehr vernünftige reiche Menschen politisch. Die könnten ihre finanzielle Freiheit & Reichweite nutzen, solche Debatten gleichzeitig besser & mit mehr Publikum zu führen. Aber die, die ich kenne, kommen zum Schluss, dass sich aus der Öffentlichkeit 'raushalten gesünder ist.)
 
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In Frankreich dürfen aktuell keine iphone12 mehr verkauft werden, es wird sogar über einen Rückruf nachgedacht. Nun kommt ggf Belgien als nächstes und dann andere. Bin ja eigentlich gerne hämisch gegenüber Apple. Aber wenn die Werte wirklich zu hoch sind, find es wesentlich bedenklicher, dass das erst nach fast 3 Jahren auffällt :eagle:
 
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Ach, geht um die elektromagnetische Strahlungswerte. Ich dachte bei der Headline erst, dass die einen Batch radioaktiv belastete seltene Erden mit verbaut hätten :ugly2:
 
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In Frankreich dürfen aktuell keine iphone12 mehr verkauft werden, es wird sogar über einen Rückruf nachgedacht. Nun kommt ggf Belgien als nächstes und dann andere. Bin ja eigentlich gerne hämisch gegenüber Apple. Aber wenn die Werte wirklich zu hoch sind, find es wesentlich bedenklicher, dass das erst nach fast 3 Jahren auffällt :eagle:

Bei Iphone usern dauerte es halt, bis man gemerkt hat, dass Sie impotent sind.:mond:
 

Der Ziegentobi

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We examine the relationship between cognitive ability and prompt COVID-19 vaccination using individual-level data on more than 700,000 individuals in Sweden. We find a strong positive association between cognitive ability and swift vaccination, which remains even after controlling for confounding variables with a twin-design. The results suggest that the complexity of the vaccination decision may make it difficult for individuals with lower cognitive abilities to understand the benefits of vaccination.

Je dum desto ungeimpft, wer hätte es gedacht? :ugly:
 

parats'

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Und das wo Fancy Naeser doch so toll die Werbetrommel gerührt hat.
Besinnt sich die FDP etwa doch? :ugly:
 

Shihatsu

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Ich bin ja nach wie vor der Meinung das eeine Möglichkeit geschaffen werden muss Politiker auf Bundes- und EU-Ebene zur Rechenschaft zu ziehen wenn sie mit Gesetzteseingaben wissentlich gegen geltendes Bundes- oder EU-REcht verstoßen. Du rennst zum wiederholten Male gegen das Vorratsdatenverstoß an? Tja, du darfst 12 Jahre kein politisches Amt ausüben. Du versuchst schon wieder Safe Habour neu zu machen? Tja, wir streichen dir mal deine "Rente" auf die Hälfte. Wie, du verstehst immer noch nicht das der EUGH das Recht auf Verschlüsselung in der Kommunikation schützt? Wie wäre es mit einer Bewährungs- und Geldstrafe? Es wird langsam echt Zeit für sowas. Nieder mit den Überwachungsfaschisten, niemand will englische Verhältnisse.
 
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Das hört sich ehrlich gesagt nach ner ziemlich dämlichen Idee an. Es gibt nämlich nicht nur gute Gesetze, die behalten werden müssen, es gibt auch immer Gesetze, die entweder zwingend abgeschafft gehören oder sich irgendwann überholt haben. Auf der Basis hätten sich Politiker, die sich für die Homo-Ehe einsetzten, strafbar gemacht. Oder es wäre illegal, sich für Legalisierung von Cannabis einzusetzen. Und all die Grünen, die Tempolimit 120 einführen wollen, sollten ihre Rente verlieren! Allgemein gibt man damit konservativen Kräften einen deutlichen Machtvorteil.
Klar ist es scheiße, wenn ein Politiker/ eine Partei sich für Policy einsetzt, die man selber als illegal oder falsch betrachtet. Aber dann ist es Aufgabe des Wahlvolks, diese Leute aus der Position zu befördern, sowas durchsetzen zu können (und die von Gerichten, es zu kassieren, wenn es Regierungsparteien versuchen).
Zumindest fällt mir keine bessere Lösung ein.
 

Shihatsu

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Ich verstehe deine Beispiele sehr gut, aber sie passen nicht so ganz zu dem was ich schrub. Gab es ein EU-Gesetz das Homo-Ehe verbot? Gab es drei Versuche sie trotzdem umzusetzen, inklusive Rüge des Bundesverfassungsgerichts? Innerhalb von 3 Legislaturperioden? So weit ich weiß, nicht. findest du dazu passende Beispiele? Denn DAS ist das Niveau von dem ich rede. Es geht nicht um Policys die ICH als falsch ansehe, sondern Policies die die Judikative wiederholt komplett abgesägt hat, und schon während der Gesetzgebung zahlrecihe Experten genau darauf hingewiesen haben. Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich...
 
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Natürlich verstieß der Vorstoß für die gleichgeschlechtliche Ehe gegen bestehendes deutsches Recht (du hast auch von Bundesrecht geschrieben). Ich bezog mir explizit auf deinen ersten Satz:
Ich bin ja nach wie vor der Meinung das eeine Möglichkeit geschaffen werden muss Politiker auf Bundes- und EU-Ebene zur Rechenschaft zu ziehen wenn sie mit Gesetzteseingaben wissentlich gegen geltendes Bundes- oder EU-REcht verstoßen.
Wissentlich mit Gesetzeseingaben gegen geltendes Recht zu verstoßen kann manchmal auch sehr gut und notwendig sein.
Ich verstehe natürlich, was du meinst: Wenn jemand mehrfach wissentlich versucht, das gleiche Gesetz, welches juristisch bereits kassiert wurde, wieder durchzusetzen. Trotzdem sind auch die Organe Judikative und Experten nicht unfehlbar. Das BVerfG hat mehrfach das Verbot von Cannabis bestätigt, weil es ja der bestehenden Rechtslage entspricht. Du findest genug Experten, die das befürworten. Trotzdem gab es mehrfache versuche, dieses Verbot aufzuheben und ich möchte nicht, dass solche Politiker bestraft werden. Solange sie sich an den demokratisch-legalistischen Prozess halten.
 

Shihatsu

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I see and stand corrected - trotzdem muss da doch irgendwie etwas gegen getan werden. Also so was wie Vorratsdatenspeicherung immer wieder auf Bundesebene angehen obwohl man weiß das es auf EU Ebene kassiert wird ist halt einfach Geldverschwendung :(
 
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Da stimme ich dir zu! Ich hab auch keine gute Antwort darauf. Vielleicht ist das auch etwas, was das System tragen können muss? Solange das weiter kassiert wird kostet es ja tatsächlich "nur" Geld, bindet die Ressourcen dieser Trottel und hindert sie daran anderen Scheiß zu machen.
 

GeckoVOD

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I see and stand corrected - trotzdem muss da doch irgendwie etwas gegen getan werden. Also so was wie Vorratsdatenspeicherung immer wieder auf Bundesebene angehen obwohl man weiß das es auf EU Ebene kassiert wird ist halt einfach Geldverschwendung :(
Über die paar Öcken scheuere ich mich weg, da ist noch Luft nach oben.
 
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I see and stand corrected - trotzdem muss da doch irgendwie etwas gegen getan werden. Also so was wie Vorratsdatenspeicherung immer wieder auf Bundesebene angehen obwohl man weiß das es auf EU Ebene kassiert wird ist halt einfach Geldverschwendung :(
Es fehlt an der "Politischen Bestrafung", also dass solche Personen aussortiert werden. Dafür sollte eigentlich die 4. Gewalt im Land - die freie Presse - eintreten. Leider passiert das nur wenig bis gar nicht, was ich nicht verstehen kann. Da könnte man eigentlich richtig ansetzen: schon zum 3. Mal, 3 mal wurde es wieder kassiert, das stand für Juristen vorher schon fest - warum hat Person XY immer noch ein Amt inne?
Problem dabei ist dann: das Wahlvolk ist so alt und dumm - es interessiert die meisten nicht.
 
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Mich besorgt ja eher, dass es mittlerweile echt nicht mehr selten ist, dass auch Mitglieder von Parteien wie der SPD häufiger so einen Bullshit verzapfen, anstatt, dass das Fordern von Überwachungsbullshit ein exklusives Hobby von Unionshinterbänklern geblieben wäre.
 

Gustavo

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Mich besorgt ja eher, dass es mittlerweile echt nicht mehr selten ist, dass auch Mitglieder von Parteien wie der SPD häufiger so einen Bullshit verzapfen, anstatt, dass das Fordern von Überwachungsbullshit ein exklusives Hobby von Unionshinterbänklern geblieben wäre.

Muss man der FDP hoch anrechnen: In der sozialliberalen Koalition hat sie die blödsinnigen Ideen der SPD-Innenpolitiker nicht mitgemacht. Da sind die Grünen sehr viel schneller eingeknickt.
 

parats'

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Muss man der FDP hoch anrechnen: In der sozialliberalen Koalition hat sie die blödsinnigen Ideen der SPD-Innenpolitiker nicht mitgemacht. Da sind die Grünen sehr viel schneller eingeknickt.
Fängt da etwa dein kleines gelbes und liberales Herz an zu schlagen? :deliver:
 
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Muss man der FDP hoch anrechnen: In der sozialliberalen Koalition hat sie die blödsinnigen Ideen der SPD-Innenpolitiker nicht mitgemacht. Da sind die Grünen sehr viel schneller eingeknickt.
Tatsächlich ist vermutlich die einzige Politikerin, die ich bis heute als Vorbild sehen würde eine Liberale.
Sabine obvsly
 
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Vielleicht ist die FDP auch einfach nicht die Liberale Partei die sie sein müsste.
(War sie auch nie hundertprozentig.)
 
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