Niemand spricht davon, dass Deutschland die Hamas oder die Hizbollah unterstützen soll, das wäre völlig verrückt. Ich bin auch nicht dafür, Israel nicht zu helfen, sich zu verteidigen. Ich bin aber gegen die Art von bedingungsloser* Hilfe, die Israel aktuell bekommt. Ich hatte bewusst ganz am Anfang schon gefragt, was für die Unterstützer von Israel die roten Linien wären, genau weil ich befürchtet habe dass das Eintreten wird, was jetzt eingetreten ist: Israel handelt völlig unverhältnismäßig. Israel interessiert sich nicht für die Umstände, in denen die Menschen in Gaza leben, es interessiert sich ausschließlich für seine eigene Sicherheit. Das ist weder das Israel von vor 70 Jahren, es ist nicht mal das Israel von vor 20 Jahren (mit dem ich auch schon meine Probleme hatte), es ist ein anderes, schlechteres Israel, dessen Unterstützung mir weniger am Herzen liegt.
Soweit kann ich das zumindest nachvollziehen, auch wenn ich es weniger scharf sehe - mir liegt trotz der Probleme Israel immer noch am Herzen.
Das hat mehrere Gründe:
- Historische Verantwortung. Ja, das muss nicht jeder so sehen. Ich finde das aber gerechtfertigt.
- Einzige echte Demokratie im Nahen Osten.
- Teil der Allianz gegen Iran / Houthis / Russland.
- Potentiell Katalyst / Support für eine eher westlich orientierte Achse, die Länder wie Saudi Arabien auf einem vielleicht nicht ultra-liberalen, aber wirtschaftsorientierten und nicht militaristischem Kurs hält.
Ich habe bei manchen Leuten hier das Gefühl, dass sie überhaupt nicht zwischen Deutschland und Israel trennen. Israel ist aber eben nicht unser 17. Bundesland, weder de jure noch der Herzen. Wir haben ein Interesse daran, Israel zu helfen sich zu verteidigen. Wir haben aber auch ein Interesse daran, Israel nicht dabei zu unterstützen, Kriegsverbrechen zu begehen. Diesem Interesse werden wir aktuell nicht gerecht.
Ist das so? Welche Waffenlieferungen aus Deutschland spielen denn eine entscheidende Bedeutung beim Thema Gaza und Libanon gerade?
Die U-Boote werden es ja bspw. nicht sein - die helfen bspw bei Israels Abschreckung, die maximale Eskalation verhindert.
Und dieses Interesse kann man auch nicht mit "versetzt euch doch mal in Israel hinein" wegwischen: Selbst wenn es richtig wäre, dass ein anderes Land mit genau denselben Gewaltexzessen reagieren würde wie Israel ist das kein Argument dafür, dass wir als Dritte diese Gewaltexzesse tolerieren, geschweige denn unterstützen sollen.
Ich habe den Vergleich schon mal gebracht, aber ich wiederhole es explizit nochmal: Wir haben ein System aufgebaut, in dem der deutsche Staat es sich selbst auferlegt hat, im Fall eines gekaperten Flugzeugs dieses NICHT vom Himmel zu schießen, auch wenn die Gefahr groß ist dass es als Waffe durch Terroristen eingesetzt würde, weil wir der Meinung sind dass man Menschen nicht als Mittel zum Zweck benutzen kann. Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass ein Innenminister die Maschine nicht trotzdem abschießen lassen würde, aber das ist der Wert dem wir einem Menschenleben aufgrund der Menschenwürde zumindest in der Theorie einräumen, selbst wenn die Leben von Menschen in Deutschland (!) in Gefahr sind.
Ich bin da eher bei Helmut Schmidt, also dass man mit Terroristen nicht verhandeln kann & im Zweifel auch Geiseln gefährden muss.
Unabhängig davon ist aber eben Israel nicht Deutschland -- daher finde ich es nicht maximal von Belang, wie wir das handhaben würden.
Gedankengang dazu:
- Du könntest oben sagen, dass unsere U-Boote zwar nicht beim Bombardement von Gaza eingesetzt werden, aber Israel ermöglichen, ihre Resourcen selbst dafür zu nutzen.
- Dann ist man aber sehr schnell bei indirekter Hilfe, die letztlich auch wirtschaftliche Zusammenarbeit darstellt.
- Ergo, selbst wenn man Israels Vorgehen ablehnt - wenn man konsequent deine Haltung verfolgen würde, müsste man dann nicht Handelsbeziehungen mit allen "bösen Staaten" abbrechen, da man ja sonst hilft, ihre bösen Taten zu finanzieren?
Ist für mich nicht ganz schlüssig, warum man bspw. mit Saudi Arabien handelt (= de facto finanzielle Unterstützung), aber finanzielle Unterstützung Israels dann des Teufels sein soll.
Das riecht für mich etwas nach dem Anlegen zweierlei Maß -- d.h. dass man nur bei Israel "Verhalten nach deutschen Werten" verlangt.
Natürlich kann man sagen, dass wir Israel mehr und aktiver unterstützen als Saudi Arabien.
Am Ende ist beides aber finanzielle Unterstützung. Wir liefern ja eben keine 500kg Bomben und Raketen.
Und ich finde eben, dass die spezielle Unterstützung, die wir Israel zukommen lassen, historisch gerechtfertigt ist.
Es gibt 100 problematische Staaten, die zuviel Gewalt anwenden.
Da finde ich, dass Deutschland sich bei dem einen (Israel), der nicht ansatzweise der schlimmste ist, einfach aus den o.g. historischen Gründen zurückhalten kann.
Deutschland muss und kann nicht jedes Problem der Welt lösen & nicht zu jedem Detail eine Meinung haben.
Das kann man gerne selektiv nennen -- ich möchte tatsächlich, dass wir da selektiv sind & Israel anders behandeln.
Gleichzeitig liefern wir den Israelis Waffen, die jeden einzelnen Tag in Gaza zeigen, dass die Menschen dort de facto nur noch Mittel zum Zweck sind
Hier nochmal die Nachfrage:
Welche konkreten Waffen liefern wir, die offensiv im Gaza eingesetzt werden?