ein paar unsortierte gedanken von mir zu diesem thema:
ich glaube, dass die ganze welt (israel mit eingeschlossen) nicht mit einem offenen schlag auf israelisches territorium gerechnet hat. es war in den letzten tagen stetig die rede von einer iranischen vergeltungsaktion, aber es lag nahe davon auszugehen, dass iran sich mehr oder weniger an die unausgesprochenen regeln in diesem bilateralen konflikt halten würde. d.h. angriffe und nadelstiche gegen israel durch verbündete milizen in der region. iran selbst hat immer betont, dass die eigene rote linie in diesem konflikt der angriff auf sein territorium sein würde und wenige sind davon ausgegangen, dass iran den angriff auf seine botschaft in damaskus als genau solch einen angriff auf sein eigenes territorium deuten würde.
beide akteure sind also seit jahren immer wieder ganz knapp unterhalb der eskalationsgrenze an scharmützeln beteiligt gewesen. israel hat ein gut funktionierendes spionagenetzwerk in iran und hat regelmäßig für "merkwürdige" explosionen und todesfälle auf iranischem boden gesorgt, während iran seit jahren schon mit sehr wenig geld und sehr wenig aufwand (im verhältnis natürlich) milizen in der ganzen region aufbaut, wo immer schwache und halb vernichtete staaten eher verwaltet anstelle von regiert werden. er hat seinen einfluss in den letzten jahren massiv ausgeweitet über irak, syrien, libanon/hisbollah, palästinensischer islamischer djihad und neuerdings sogar den jemen und die huthi rebellen mit angestachelt, die historisch gesehen überhaupt nichts mit dem israel/palästina konflikt zu tun haben, aber nun aktiv angriffe gegen israelisches territorium führen. selbst mit den auf dem papier verfeindeten sunniten der hamas arrangiert man sich, so lange es nur den gemeinsamen interessen dient. jordanien ist der nächste wackelkandidat, der sich in einer absoluten krise befindet und der im westlichen bündnis bislang noch kaum beachtung findet.
und mehr noch als das, iran hat ein völlig neues und mit ziemlicher sicherheit unbegründetes selbstverständnis, nach dem der westen schwächer ist als jemals zuvor, israel weltweit an rückhalt verliert während iran selbst international immer mehr anerkennung gewinnt. iran ist seit dem 01. januar 2024 mitglied der bricsstaaten. weiterhin gab es ein kooperationsabkommen mit china, das inzwischen mit großem abstand irans größter handelspartner ist, große mengen an iranischem öl abnimmt und vor kurzem sogar vermittelt hat zwischen iran und saudi arabien. diese entspannung ggü saudi arabien und den golfmonarchien wird die iranische führung mit ziemlicher sicherheit weiter angestachelt haben, nach belieben schalten und walten zu können. ohnehin befinden sich in den tonangebenden gremien des landes nur noch hardliner. und damit meine ich nicht hardliner im islamischen sinne, sondern hardliner im sinne von ideologen, die iran als den staat in der region und das tor schlechthin zwischen ost und west sehen möchten.
ein weiterer punkt ist, dass iran inzwischen über exorbitant mehr leverage verfügt als noch vor einigen jahren. sein bündnis aus nichtstaatlichen verbündeten kann einen konflikt zwischen israel/iran sofort auf große teile des nahen ostens ausweiten. auch kann der iran sein engagement in russland und damit sein engagement gegen den westen und insbesondere europa jederzeit deutlich verschärfen und neben drohnen sogar ballistische raketen liefern. leider scheinen sich inzwischen auch die befürchtungen zu bewahrheiten, demzufolge iran das technische knowhow für ein nukleares waffenprogramm sein eigen nennen kann und es an dieser stelle nur noch darum geht, ob bzw. wann die führungsriege den endgültigen entschluss hierzu fassen möchte.
es bleibt jetzt abzuwarten, wie israel reagiert. ich sehe gute chancen, dass ein krieg vermieden werden kann und das ist, wenn man so will, die einzig positive nachricht an diesem ganzen desaster. niemand hat ein interesse an einem flächenbrand in nahost und niemand möchte mit bodentruppen in iran einmarschieren. im grunde wäre es bis vor ein paar jahren noch so einfach gewesen, den iranischen einfluss in der region massiv zu beschränken, indem man unter allen umständen eine zweistaatenlösung im israel/palästina konflikt herbeiführt. diese hätte die iranische position in der region auf massivste art und weise unterminiert, denn um wessen willen sollen iranische ideologen und andere hardlinerregionen in nahost kämpfen, wenn die palästinenser ihren eigenen frieden mit israel machen? wie viel dampf hätte man von dem gesamten kessel nahost nehmen können? leider gab es in den letzten jahren so viele andere krisenherde nicht nur in nahost, so dass das thema zweistaatenlösung untergegangen ist.
nach wie vor bleibe ich bei meiner haltung, dass die us-politik des "maximalen drucks" auf blamabelste und kontraproduktivste art gescheitert ist. wir können jetzt nichts weiter tun, als israel zu einer vergeltungsaktion innerhalb des oben angesprochenen rahmens zu bewegen, um wenigstens schadensbegrenzung zu begehen.