Du hättest die Rechnung auch weglassen und deine Aussage treffen können. Wenn ich dich richtig verstehe möchtest du damit darstellen, dass auch 20t tote Zivilisten nicht zwingenderweise Kriegsverbrechen voraussetzen. Okay, da geh ich mit. Was du damit aber nicht nachweisen kannst, ist die Folge, die du daraus ziehst. Kriegsverbrechen setzen keine höheren Todeszahlen voraus sondern was genau passiert ist. Wenn also die IDF z.B. eine Kirche voller Flüchtlinge zerbombt hat, wie Amnesty es behauptet, dann müssen da keine 10.000 Leute dringehockt haben, um es zum Kriegsverbrechen zu machen.
Stimmt!
Ich möchte erstmal nur feststellen, dass die Zahl der Opfer per se weder den Schluss zulässt, dass es Kriegsverbrechen gibt oder nicht - und dass beide Szenarien plausibel sind.
Ich halte es übrigens persönlich für gut möglich, dass es
vereinzelte Kriegsverbrechen gibt.
Denke aber, dass es plausibel ist, dass es keine
systematischen Kriegersverbrechen gibt - und die Anzahl Tote spricht für mich dafür.
Und Kriegsverbrechen ist dabei auch nicht die einzige Variable zur Bewertung des israelischen Einsatzes. Ich denke auch ohne Butscha und begangene Kriegsverbrechen würdest du den russischen Einsatz in der Ukraine als verwerflich bezeichnen, oder?
Agree, es geht nicht nur um Kriegsverbrechen.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist vollständig illegitim.
Dass Israel gewaltsam gegen die Hamas vorgeht, ist grundsätzlich legitim.
Natürlich ist die russische Begründung eine andere als die Israels und da sind für mich Welten zwischen. Aber im Kern akzeptiere ich "07.10." nicht als Begründung für den Einsatz, der in dieser aktuellen Form gefahren wird, selbst wenn null Kriegsverbrechen durch die IDF begangen werden.
Mhhh. Ich weiß schon, woher du da kommst.
Da sind wir dann bspw. bei der Frage, wieviele Sachschäden (+ davon existentiell Betroffene Zivilisten) akzeptabel sind, um eine Terrororganisation zu bekämpfen:
Darf man 500k Wohnungen zerstören, um 40k Terroristen zu bekämpfen?
Wünschenswert ist das sicher nicht - für mich stellt sich da dann wieder die Frage nach der Alternative:
Bedeutet das für dich, dass man im Zweifel halt Pech hat & Terroristen / einen Aggressorstaat nicht bekämpfen darf, weil die Schäden an der Infrastruktur zu groß sind?
Auf der Skala von "klare Polizeihandlung" (man denke etwa an die Behandlung des Linksterrorismus seit den 60ern) und "klarer Krieg" liegen wir in meinen Augen hier zumindest so weit von einem Krieg entfernt, dass es keinen wirklichen Sinn mehr macht auf das Kriegsrecht zu schauen um uns daran entlang zu hangeln, was denn jetzt legitim ist.
Für mich ist es auf der Skaal "Polizeiaktion" vs "Krieg" klar am Ende "Krieg".
De facto hat die Hamas nämlich staatliche Kontrolle über den Gaza-Streifen - und das sieht wohl nicht nur Israel so, sondern auch die Hamas selbst.
Ich finde der Gazastreifen ist
praktisch wie ein eigener Staat, und bewerte daher diesen Krieg so wie ich es tue.
(Dass Israel die Außengrenzen kontrolliert ist für mich kein Gegenindikator - das würde jeder Staat in einem Krieg mit seinen Gegnern machen.
Die Hamas hat ja auch vor dem 7. Oktober Israel wieder und wieder mit Raketen angegriffen.
Würde man es als reine Polizeiaktion bewerten, dann verstünde ich harsche Kritik eher.
Bspw. würden wir uns ja nicht wünschen, dass die Bundeswehr Bochum in Schutt und Asche legt, falls eine Terrormiliz dort die Kontrolle übernimmt.
Aber wenn Bochum seit >15 Jahren de-facto self-governed wäre & die Terrormiliz beständig die Umgegend angreift, und die Bochumer die Terrormiliz an die Macht gewählt haben, 40.000 Mann unter Waffen hat & es keine relevante Opposition in Bochum mehr gäbe - dann würde ich es eben auch eher als Krieg sehen denn alls Polizeieinsatz.
Und ich bin dabei explizit NICHT der Meinung, dass Kollateralschäden in keinem Fall akzeptabel sein können, es bleibt eine Abwägung. Die kann man sich in meinen Augen aber nicht einfach dadurch ersparen, dass man sagt "tja, die Hamas hat die menschlichen Schutzschilde halt aufgestellt, also ist es ihre Schuld wenn wir sie bombardieren."
Agree. Es muss immer eine Einzelfallentscheidung bleiben.
Deswegen finde ich die die Betrachtung Opferzahl vs Umfang des Einsatzes relevant:
Es ist nur ein sehr kleiner Teil der Zivilbevölkerung in den Betroffenen gebieten gestorben, selbst wenn wir die Zahlen der Hamas für bare Münze nehmen.
Und wenn man sich auf die Abwägung einlässt, fällt es mir schwer zu glauben, dass dieser Grad menschlichen Leids durch irgendein denkmögliches Ziel gerechtfertigt sein soll, das Israel hier verfolgen könnte. Diese Rechtfertigung hat hier auch noch niemand ernsthaft versucht.
Die Skala ist gigantisch, ja.
Frage: Würdest du es bei geringerer Skala anders bewerten?
Beispiel:
- Die Hamas wären nicht 40k, sondern 40 Dudes - die schießen Raketen auf die Nachbarsiedlungen
- Sie kontrollieren nicht 2 Mio, sondern 20k Leute
- 10k dieser Leute werden zur Evakuierung aufgefordert, weil ein reiner Urban Combat Einsatz auch extrem schwer wäre, weil die 20k Zivilisten die 40 Dudes unterstützen & die Dudes optimisch nicht unterscheidbar von Zivilisten sind
- Nach der Evakuierung gibt es Bombardemnent, bei dem die 40 Dudes, 100 Zilivisten die nicht geräumt haben, und 2000 Wohnungen platt.
Wie würdest du das bewerten?