Wieso? Es geht hier immer um den Durchschnitt, natürlich gibt es Abweichungen. Es gibt auch Frauen die auf Frauen stehen, trotzdem wird wohl niemand bestreiten dass so ganz allgemein gesprochen, eher mehr Männer als Frauen auf Frauen stehen, und das hat nicht viel mit der Erziehung zu tun.
Ich glaube zwar dass trotzdem Erziehung und Gesellschaft einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das Ergebnis haben, aber dieser Einfluss basiert wahrscheinlich zu einem guten Teil auf den durchschnittlich anderen Interessen von Mädchen, einfach ein selbstverstärkender Effekt, der die Gruppe zu dem durchschnittlichen Verhalten hinzieht, den es bei beiden Geschlechtern gibt.
Ich würde grob folgendes vermuten (auch wenn ich keinen Beweis dafür wüsste, aber es scheint mir plausibel und erklärt das gender paradox recht gut):
Es ist ein relativ normales Verhalten von Menschen sich ihrer Gruppe anzupassen. (...)
Dann macht es auch ziemlich viel Sinn dass es in freieren und reicheren Gesellschaften weniger Frauen in MINT gibt, denn da kann man es sich eher erlauben die Ausbildung nach so einem Gesichtspunkt zu wählen, statt das zu machen was man kann und womit man Geld verdienen wird.
Mit dem generellen Ton stimme ich überein, nur ist dein Argumentationsweg dahin schon stark von Zeitungsartikeln verzerrt, vllt. auch von der eher eindimensional (aber nicht falschen) Sichtweise der eingangs verlinkten Eia-Doku verzerrt. Unterm Strich fallen dann aber doch paar Dinge weg, die leider doch wichtig sind. Wenn man das aufschlüsseln möchte:
Genetische Prädisposition
Piko hat hier schon eher recht, die Debatte um Prädisposition sind mühevoll und realitätsfern, könnte man sicher Bücher drüber schreiben. Mein Eindruck war, dass sich alle einig sind, dass es logischerweise rein biologische Unterschiede ergeben, nur was sie dann letztendlich bedeuten kann man kaum interpretieren. Teilweise, weil völlig willkürliche Maßstäbe an Intelligenz, Exzellenz und "Erfolg" gekoppelt werden, teilweise, weil die Forschung in diese sehr spezielle Richtung erst in den letzten zwanzig Jahren fahrt aufgenommen hat (im Sinne von die Ergebnisse werden erst richtig diskutiert und getestet), teilweise, weil sie völlig - wie piko erwähnt - an der Realität vorbeigeht. Etwa: Selbst die Intelligentesten sind nicht zwingend erfolgreich oder tragen irgendetwas wichtiges in ihrem Leben für die Forschung bei, noch ist eine Veranlagung wichtig, um überhaupt irgendetwas komplexes zu verstehen. Jemand mit einem IQ von 110 muss sich halt durch MINT-Sachen quälen, kann sie aber letztendlich verstehen, während jemand mit einem IQ von 130+ sein ganzes Leben als Harzopfer verbringen kann. Disziplin ist hier viel wichtiger, und die hat wiederum nix mit Geschlecht zu tun. Hat jetzt relativ wenig mit dem Thema zu tun, sollte man aber mal festhalten. Meist geht es ja nichtmal um Forschung, sondern um typische Managerjobs, für die man wirklich nicht wahnsinnig intelligent (nach welcher Definition auch immer) sein müsste.
Hinzu kommt, dass man Leuten wirklich einreden kann, dass sie jetzt schlechter abschneiden (was teilweise in vielen Studien unter einem entsprechenden Kontext gemacht wurde); kontrolliert man für diesen Bias, gibt es erstaunlich verringerte Effekte für Leistungsunterscheide nach Geschlecht, sodass man zweifeln darf, wie wichtig die Effekte selbst noch sind (was nix mit Präferenzen zu tun hat, weil die wieder was völlig anderes sind).
FYI: Nirgendwo, wirklich in keiner einzigen ernstzunehmenden Literatur, steht irgendwas von wegen die Schule sei auf Frauen/Mädchen angepasst, weder bei Genderstudies-idioten, Doing-Gender-Soziologen, empirischen Bildungsforschern oder aus dem medizinischen, neurobiologischen oder anthroplogischen Papers - nichts, aber wirklich gar nichts hat davon was mit "Auswendiglernen" zu tun, das "Mädchen besser können", oder dass sie sich "besser anpassen". Kp was der Seitenhieb also soll. Das System ist ein Kompromiß aus Talentförderung und Vorbereitung auf die Wirtschaft. Ist natürlich Scheiße, aber sobald man standardisieren muss, damit Zertifikate was bedeuten, kommt halt ein Lernen raus, das nicht viel wert auf Wissenstransfers legt . Insbesondere, wenn das System noch bezahlt und am besten Schüler jedes Milieus gerecht werden soll. Trotzdem ist es geschlechtsneutral, jeder hat darunter in gleichem Maße zu leiden.
Ich hab kp ob das nur bei mir in der Pampa so war, aber Mädchen wurden schon häufig in MINT-Sachen von den älteren Lehreren überproportional vorgeführt, auch wenn sie nicht schlechter als Referenzjungen waren. Verstehe da schon die Generation Frau 40+, die sich noch lebhaft an solche Aktionen erinnert. In der Realität sollte es langen, wenn die Lehrer sich bewusst machen so etwas zu vermeiden. Ich denke darauf wollte Piko heraus - man muss Mädchen nicht hervorgehoben fördern, solange man sie auch nicht (unbewusst) blöd anmotzt. Ich hoffe inständig, dass das sowieso der Fall ist, also sollte hier kein Handlungsbedarf sein.
Somit kommen wir zu:
Gesellschaftlicher Einfluss
Syzygy bemerkt es schon: Es ist das außenrum, das Frauen in der Karriere stört, und das ist definitiv Ergebnis der (historischen!) Vergesellschaftung. Auch wahr ist, dass manche Frauen einfach keinen Bock auf Beruf haben, aber lieber Kinder werfen. Auch richtig ist, dass Girl's Days wahrscheinlich mehr schaden als sie nutzen, da positive Diskriminierung auch Diskriminierung ist - u.a. sehr subtile Erinnerung, dass man halt Frau in einem MINT-wasauchimmer ist.
Was vergessen wird: Gerade in den sozialen, frauendominierten Bereichen gibt es komische Zufälle und Abweichungen von den Erwartungswerten. Man kann mit fast jedem Datensatz recht gut reproduzieren, dass Frauen irgendwie auf der Ebene direkt unter wahrer Führungsverantwortung versanden, obwohl genügend Frauen da sind, um die Ränge nach oben zu füllen. Und hier sind keine Ingenieurinnen gemeint, sondern der Medizin-, Pflege-, Finanz- und Versicherungssektor. Liegt aber auch eher an der Infrastruktur, als an dem Willen "sich durchzusetzen". Den haben die dort nämlich durchaus.
Um jetzt den Bogen zu spannen: Die Phänomene nicht wirklich tolerierbar, wobei ich jetzt eher so was wie ungleiche Verteilung von Arbeitszeit aufgrund von Familienplanung und die seltsam einseitige Verteilung von Entlohnungen nach Sektor meine, und das auch eher aus pragmatischer Sicht. Die Leute werden immer älter, ohne höchste Frauenerwerbsquote und gut aufgestelltem Gesundheitssektor wird das nix. Und das könnte nach hinten losgehen, nicht dass es mich stört. Ich werde alt werden, wenn die Babyboomer abgekratzt sind, ich hab aber keinen Bock auf ein Jahrzehnt der heulenden Rentner.
Was halt auch irgendwie reinspielt ist das subtile außenrum, dass man angreifen sollte. Ich würde applaudieren, würden jüngere Akademikerinnen jedesmal nach dem AGG klagen, wenn sie subtil getestet werden, ob sie nicht doch noch vielleicht Kinder werfen möchten. Kommt in der Realität noch oft genug vor.
FYI 2, natürlich braucht es keine Quoten, weil höchst ineffektiv und sowieso in der Realität nicht verankerbar. Besser wäre ein generelles Auseinandersetzen mit der Thematik Entlohnung, Arbeitszeitaufteilung und Bekämpfung von sinnfreien Regelungen wie Ehegattensplitting.