Genderstudies / -equality

Benrath

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Was zum??????
Habt ihr und die anderen Eltern nicht selber ein Interesse daran, dass Euer Sohn sich als männlich definiert und nicht schwul, bi- oder etwas anderes wird, dass nicht in meinem Wortschatz vorkommt? Du hast oben selber geschrieben, dass quere Menschen ehere suizidgefährdet usw. sind.
Warum haben U3-jährige pinke Socken, Einhornshirts und Blumenkleider? Das sind dann ja weniger die Kinder, als die Eltern, die sich da hipp fühlen und ihren Kindern den Kram anziehen, oder sie fragen, ob sie das nicht toll finden. Die Babys gehen wohl selten alleine shoppen. Ich glaube man würde viele Probleme vermeiden, wenn die Kinder neutral gekleidet werden und sich erst gar nicht anfangen als "anders" zu definieren.
Ich finde es wirklich grotesk.

Chill mal deine Base und (ich wollt es schon immer mal schreiben) hast du Kinder??

Warum sollen 3 jährige nicht pinke Socken tragen? was ist das Problem? Wenn Sie Bock darauf haben und es sich selber auswählen? Deshalb "wird" man nicht schwul.


Es ist soweit. Workshop bei uns. Und im Titel steht
Ich bin übrigens einfach nicht hin :deliver: . War eh online.
Hab schon gehört, dass sich an wirklich wichtigen Fragen festgebissen wurde. Gesetze zu gendern...
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Hast du in die mal in die Literaturangaben aus meinem letzten Posting geschaut?


Nee, du versuchst mich da von etwas zu überzeugen, was ich einerseits bereits glaube, was für mich andererseits aber auch am Thema vorbei geht. Über die letzten 100+ Seiten wurde hier hauptsächlich nicht darüber geredet, ob es Unterschiede in den outcomes gibt, darüber sind sich dann doch die meisten Leute einig, sondern eher wodurch die Unterschiede zu erklären sind und ob und wie man sie abbauen sollte. In meinen Augen wurde das in der Diskussion viel zu häufig an dem Thema Sprache festgemacht, aber das ist halt die Natur solcher gesellschaftspolitischen Reizthemen. Das war der Anlass für meine Antwort auf dich: Über "schau mal, hier ist eine Liste mit Links" (wie die, die du saistaed gepostet hast, meine jetzt nicht die die du an mich gerichtet hast) sind wir mittlerweile hinaus. Ich habe mir auch mehrere dieser Arbeiten, insbesondere die deutschen, mal selbst angeschaut und ich bin ganz und gar nicht überzeugt davon, dass man da irgendwie schlagkräftige Evidenz gesammelt hat, aus den oben genannten Gründen. Nun würde ich jetzt auch nicht auf ein RCT hoffen, weil das in den Sozialwissenschaften weitestgehend unmöglich ist. Aber es gibt dann doch relativ viel Literatur zu dem größeren Thema Sapir-Whorf und mir scheint der Konsens zu sein, dass die Evidenz für Sapir-Whorf (die Hypothese ist ja logischerweise nicht einfach auf Fragen der Gleichstellung beschränkt) relativ dünn ist. Heißt natürlich nicht dass man es nicht mit einer gewissen Endogenität bzgl. Wirklichkeit und Sprache zu tun hat, das bestreitet glaube ich niemand. Mir erscheint der potenzielle Ertrag allerdings in keinem Verhältnis zum Aufwand zu stehen, weshalb ich immer der Meinung war, dass man es den Leuten selbst überlassen kann, ob sie gendern oder nicht, man sich davon aber nicht viel versprechen sollte. Das


Und Re: Seit Abschluss meiner Postdoc-Phase und Weggang von der Uni habe ich zwar noch eine Weile lang Lehraufträge zu Forschungsmethoden & Co gegeben, bewerte beruflich aber insbesondere die Forschungsmethodik und generell Forschungsqualität von empirisch Forschenden :deliver: und bin aktuell in diversen... sagen wir "Meta-Prozessen" aus der deutschen Forschungslandschaft zum Thema. Selber dazu geforscht habe ich nie.
Und nochmal: Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass wir gerade bei den meisten Themen geschlechtlicher und sexueller Vielfalt sehr viel forschungsmethodischen Mist dabei haben. Dass auch der gefördert wird, liegt u.a. daran, dass neben BMBF auch BMFSFJ Geld dafür vergibt und dass es auch im BMBF ganz unterschiedliche Abteilungen und Referate mit verschiedensten fachlichen Hintergründen und Vorlieben gibt.
Aber es gibt international auch schon längst methodisch ordentliche Forschung dazu, die eben nicht an winzigen Stichprobengrößen, sample bias usw. kranken, s.o.
Man könnte natürlich auch die Ansicht vertreten, dass ausschließlich doppelverblindete RCTs irgendwie wertvoll wären, und auch nur dann, wenn ihre Effekte über Jahre hinweg laufen, Effektstärken d >.5 erreichen und anschließend noch mindestens ein Dutzend Mal repliziert werden. Dann könnte man Feldforschung zu (sozial)psychologischen Themen aber auch gleich sein lassen.

Klar, das ist wie gesagt auch nicht mein Standpunkt. Aber mir ist schon aufgefallen, dass du einerseits (absolut korrekt) auf die diversen Schwächen vieler Ergebnisse der Umfrageforschung hingewiesen hast, andererseits aber relativ handwedelnd auf die Literatur bzgl. Gendern verwiesen hast, die an allen diesen Problemen (und ein paar anderen) noch viel mehr krankt als die typische Arbeit mit surveys jeglicher Art.
Ich halte btw den Verweis auf die internationale Komponente für wichtig: Es wird imho zu häufig unterschlagen, dass Sapir-Whorf sich ja denklogisch auf alles Mögliche beziehen müsste, eben nicht nur oder hauptsächlich auf Geschlechterunterschiede. Die Gender-Komponente gibt es natürlich so in vielen Sprachen nicht, aber weil das eben nur ein Aspekt unter sehr, sehr vielen ist, wie Sprache unser Denken beeinflussen müsste, sollte es, falls Sapir-Whorf eine halbwegs akkurate Beschreibung der Wirklichkeit ist, doch mittlerweile haufenweise gute Beispiele dafür geben. Die Wahrheit scheint mir aber eher das Gegenteil zu sein: Es gibt ein paar Studien, aber die Evidenz ist häufig relativ schwach und unter Linguisten scheint mir die gegenteilige Behauptung viel breitere Unterstützung zu haben, dass der maßgebliche kausale Zusammenhang eben die Richtung Wirklichkeit --> Sprache ist und nicht Sprache --> Wirklichkeit (wie gesagt ohne das, wie bei so endogenen Fragen üblich, komplett auseinander dividieren zu können).
 
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Es gibt das Mantra, dass die Botschaft der Empfänger bestimmt. […]
Damit verwandt gibt es auch häufig "Wenn irgendetwas falsch verstanden wird ist der Sender schuld."
Da kann ich jedes Mal kotzen, weil es keine Forschung gibt, die das untermauert. Trotzdem wird es mantraartig wiederholt.

Das kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen, weder das Problem noch die Kritik. Wenn jemand meint, seinen Text, auch wenn der primär Sachinformationen vermittelt, gendern zu wollen, dann soll er/sie/es das tun. Das Argument, das wäre eine "potenzielle Ablenkung" ist mir zu konstruiert und vage. Nach der Argumentation könnte ich auch darauf bestehen, dass Sachtexte in Stichpunktform mit minimalem Wortschatz und -anteil geschrieben werden sollen, da alles, was über reine Informationsvermittlung hinausgeht, potenzielle Ablenkung sei. Ich denke man kann von Menschen durchaus erwarten, dass sie die Sachinformationen eines gegenderten Textes genauso verstehen, wie bei einem ungegenderten Text.
Der zweite Punkt ist auch einfach falsch. Die Funktion des genderns ist doch nicht, etwas besonders sichtbar zu machen, sondern eine gefühlte Ungerechtigkeit auszugleichen. Selbstverständlich erwarten die Mainstream Gender-Vertreter, dass ein Gewöhnungseffekt und eine Selbstverständlichkeit eintritt und werden dann nicht anfangen, noch krassere Formen einzubringen. Es geht darum, die "Ungerechtigkeit" des generischen Maskulinums zu entfernen und durch eine "faire" Formulierung zu ersetzen. Ich denke die Mehrheit der Befürworter würde sich über einen Gewöhnungseffekt freuen, würde es doch bedeuten, dass eine gewisse Selbstverständlichkeit einkehrt.
Ehm.
Es ist tatsächlich Ziel der Sachtexterstellung, dass man möglichst knapp und formalisiert den Kram auf den Punkt bringt.
Die Funktion des Genderns soll laut vielen Menschen genau das sein was Du verneinst, nämlich die Sichtbarmachung.
Dazu soll es ebenso ganz doll die gefühlte Ungerechtigkeit ausgleichen, ja. Aber der Punkt ist ja, dass es genau gar nichts oder nahe nichts bringt (siehe inconclusive evidence oben). Warum ist es also okay, die Bevölkerung mit einer Maßnahme ohne unterstützende Evidenz zu schikanieren?
Allein schon die Begründung, dass eine generische Form ungerecht ist, ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Das kann man nur glauben wenn man ziemlich viel von dem Cool Aid getrunken hat. Ich habe mir extra einen sehr langen Podcast mit Luise Pusch angehört, um eine bessere Begründung als "Ist halt ungerecht weil es zufällig der männlichen Form näher ist vong dem Buchstaben her." zu bekommen. Es gab keine. Die ganze Begründung ist, dass die Worte halt doof klingen weil Männer doof und so.

Ich hatte selbst mal recherchiert vor einigen Jahren und die Quintessenz scheint sich, wenn ich @saistaed in Bezug auf sein Querlesen der aktuelleren Quellen glaube, seither nicht so wirklich verändert zu haben: Es gibt kontextabhängig manchmal sichtbare Effekte, aber sie sind meistens klein und verschwinden nach endlicher Zeit wieder. Oder, was ich gefunden hatte, konkret: Wenn man Studenten in einer Seminararbeit zu gender-fair language zwingt und vorher/nachher ihre Einstellung zu Geschlechterrollen abfragt, dann wird man genau gar keine Effekte finden.
Quintessenz der Quintessenz für mich: Die Realität prägt das Sprechen deutlich stärker und bestimmter, als das (erzwungene) Sprechen die Realität bestimmt.

Ergo ist Gendern zwar emotional nachvollziehbar als Wunsch alles viel gerechter zu machen, aber es ist letztlich viel Gewese um nix, abseits einzelner sehr klar abgegrenzter Anwendungsfälle.


@Gustavo ein Beispiel wäre die finnische Sprache. Keine Geschlechter, trotzdem relativ starke Geschlechterrollen in der Gesellschaft. 🤷‍♂️
 
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Wat? Ich widerspreche nicht der Beobachtung, ich widerspreche deinem Erklärungsansatz. Und der ist sicherlich nicht besser als meiner. Wie sieht es aus mit Mathematik auf Lehramt? Das ist mathelastiger als die meisten Ingenieursstudiengänge, trotzdem hast du da nen viel höheren Frauenanteil. Dazu die Frage, warum Mathelastigkeit der Grund für einen niedrigeren Frauenanteil sein soll? Sind biologisch Frauen schlechter in Mathe als Männer? Deckt sich null mit schulischen Leistungen. Oder kommt das erst in späteren Jahren? Warum? Deine ganze Erklärung ist komplett unausgegorener Blödsinn.
Die Chemie war bei uns gesellschaftlich einfach für Frauen akzeptierter als andere MINT-Studiengänge. Das merkt man auch daran, dass es sich in den anderen Bereichen verändert seit Mädchen und Frauen offensiver für diese Richtungen angesprochen werden.
Doch auch zwölf Jahre später ist die Sache mit den Geschlechtsunterschieden noch immer nicht abschließend geklärt, trotz erbitterter Diskussionen. Immerhin verheißen gute Leistungen in Mathe und Naturwissenschaften später auch im Schnitt ein deutlich besseres Gehalt. In den Pisa-Tests der OECD zeigen jedoch Jungen fast überall mehr Mathematik-Kompetenz als Mädchen, mit Ausnahme weniger Länder. In Deutschland liegt der Mathe-Rückstand der Mädchen seit vielen Jahren konstant bei einer rund drei Prozent niedrigeren Punktezahl.

[...]

Inzwischen haben mehrere Untersuchungen die Stereotype-Bedrohung in Zweifel gezogen. In einer Metaanalyse stellten Gijsbert Stoet und David Geary 2012 fest, dass längst nicht alle seriösen Studien den Effekt reproduzieren können. Andere Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass allein das Publikationssystem die Sache aufbläst: Studien, die keinen messbaren Effekt zeigen, werden generell seltener veröffentlicht. Eine Ausnahme ist eine Studie von 2016 mit der vergleichsweise großen Zahl von 590 Probanden (Journal of Research in Personality) - von Stereotype-Bedrohung keine Spur.

[...]

Etwas anders liegen die Dinge bei den echten Mathe-Cracks. Nimmt man zum Beispiel die besten 0,01 Prozent der amerikanischen SAT-Teilnehmer im Mathe-Test: In dieser Gruppe kommen, wie man es dreht und wendet, auf eine Frau ungefähr vier Männer. Dieses Verhältnis lässt sich nur schwer allein auf gesellschaftliche Schieflagen schieben. Eher dürfte es daran liegen, dass unter Männern die Schwankungsbreite größer ist - mehr Genies, mehr Trottel.

"Es scheint eine gewisse biologische Basis für Unterschiede zu geben", sagt auch Marcel Helbig vorsichtig. "Es ist aber nicht klar, ob der heutige Frauenanteil unter den Top-Performern in der Mathematik schon diese Basis widerspiegelt, oder ob er noch weiter steigen kann." Tatsächlich könnte es durchaus Luft nach oben geben: In den 1980er-Jahren lag der Männerüberschuss unter den Mathe-Genies noch bei 13 zu eins.

aber für dich ist es ok, Behauptungen und Vergleiche anzustellen. Die gesamtschulische Leistung von Mädchen ist besser, aber in Mathematik sind Jungs global besser.
Erklär mir jetzt, warum Chemie akzeptierter ist als andere MINT-Fächer außer Biologie, wo, Überraschung, ca. 60% Frauen sind.

Bei der Bewerbung an Universitäten und Hochschulen ging es ähnlich zu wie beim Übergang von POS zu EOS. Zunächst erfolgte die Studienplatzvergabe nach staatlicher Bedarfsplanung, die Entscheidung für den einzelnen Bewerber sollte nach dem Leistungsprinzip erfolgen. Dennoch war sie häufig politisch motiviert. In der Regel erhielten bei gleichen Leistungen diejenigen den Vorrang, die als Arbeiter- und Bauernkinder galten. Auch über eine Verpflichtung für die bewaffneten Dienste konnte man Begünstigungen erlangen. Auch das Ministerium für Staatssicherheit nahm Einfluss auf Zulassungsentscheidungen. Wer abgelehnt wurde, dem blieb lediglich die Wahl, ein den eigenen Wünschen widersprechendes Studium aufzunehmen.

aber bestimmt lügt der MDR und das, was ich damals in Geschichte gelernt habe. Oder von meinen Verwandten höre.

Bessere Kinderbetreuung etc. hilft, um mehr Frauen (Voll-)Zeit in den Arbeitsmarkt zu bekommen, aber nicht dass sie sich mehr für MINT interessieren.
 
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Sind biologisch Frauen schlechter in Mathe als Männer? Deckt sich null mit schulischen Leistungen. Oder kommt das erst in späteren Jahren? Warum?

In "höherer" Mathe: ja sind sie. Auch wie sich das mit schulischen Leistungen deckt, warum der Unterschied erst später sichtbar wird ist bekannt. Siehe z.B. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4270278/

The differences between boys and girls in mathematical abilities in elementary school tend to be small and to favor girls. Abilities are assessed in elementary school mostly with school grades, which reflect other factors, including behavior and turning in assignments on time. Girls are slightly better at computational tasks in 4th grade and remain at the same advantage relative to males through 12th grade (d between .1 and .2; Willingham & Cole, 1997; but see Royer, Tronsky, Can, Jackson, & Marchant, 1999). Thus, we see advantages for females in the early primary-school years, when mathematics consists of computational knowledge and speed; little or no sex difference through the rest of the primary-school years; and then a male advantage when the mathematical concepts require more reasoning and are more spatial in nature, in the context of solving problems in geometry and calculus, subjects typically taught in the higher secondary-school grades
 

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Damit verwandt gibt es auch häufig "Wenn irgendetwas falsch verstanden wird ist der Sender schuld."
Da kann ich jedes Mal kotzen, weil es keine Forschung gibt, die das untermauert. Trotzdem wird es mantraartig wiederholt.
Aus meiner Baumkuschlerwelt würde ich generell vermeiden die Schuld zu suchen, sobald das fällt, ist sowieso ein toter Punkt erreicht, weil dann keine Lösung im Vordergrund steht. Grundsätzlich habe ich nichts gegen Aussagen in dem Stil, vor Seiten angemerkt: diese "gewaltfreie" Kommunikation ist in meiner realen Arbeitspraxis tatsächlich ein funktionierendes Mittel. Hat in diversen Situationen für Entspannung gesorgt, sobald sich die Leute halbwegs darauf einlassen. Es ist nur schwierig, wenn ich dogmatisch in den Methoden werden, egal was. Wir haben hier ab und zu so eine Achtsamkeits-Frau mit Gong... :kotzerle: Verstehe ja Pausen, um sich zu sammeln, aber doch nicht alle 3,1415 Minuten. BONG. Bevor ich jetzt abschweife...

Gewissen Positionen muss man doch nicht ernst nehmen. Das Thema wäre doch spannend, wenn es nicht ständig so emotional überspült wäre.

Ich werde bei dem Thema langsam zum Pendant von Benrath gegen die DSGVO. Mir geht es weniger um die Emotionalität, mehr um das Dogma. Es passiert nämlich das, was Gustavo beschreibt: Die Leute stellen sich hin und "hören zu", ignorieren Einwände, v.a. die pragmatischen aus der Realität, behaupten weitere Dinge und finden dann keinen Weg mehr aus dem Kaninchenbau. Der Mehrwert solcher Diskussionen ist für alle Beteiligten in der Summe Null - entweder man nimmt es an und setzt es um, oder man macht den Stiefel wie bisher weiter, wenn das geht. Die Zielgruppe des Genders, insbesondere der, ich nenne es mal voll-inklusiven Form mit * oder _, wird es nicht betreffen. Man kann mit diesen Personen selten eine Brücke bauen, etwa vorschlagen, man setzt das bei Recruiting, wichtigen Kommunikationsschreiben und in Teilen des Marketing gezielt und standardisiert ein - nein, wenn dann überall. Na, okay, dann halt nicht?

Mir begegnen tatsächlich und das kann ich bestätigen in letzter Zeit häufig Dinge wie:

Hab schon gehört, dass sich an wirklich wichtigen Fragen festgebissen wurde. Gesetze zu gendern...

Ausschreibungen sind gegendert, also Texte, die ich sowieso schon gefühlt hundert mal im Detail lesen muss, weil es so verschachteltes Beamtendeutsch ist. Oder mir begegnen Personen, die barrierefrei in einfacher Sprache Dinge formulieren. Also ohne Fremdworter, möglichst einfach erklärt. Sobald das fertig ist, dann wird halt gegendert oder das generische Maskulin durch völlig abstruse Grammatik ersetzt. Gratulation, die Aufgabe wurde erfolgreich versaut. In der kompletten Rechnung habe ich nur X Energie für das Erfüllung eines Zieles Y, wobei X dann durch Randfaktoren Z gestört wird - dazu gehört Gendern.

Fachartikel, Erklärungen und so weiter und so fort - an Stellen, an denen es nicht erwartet wird, noch passend wäre, kommt das Zeug um die Ecke. Kann ich drüber hinwegsehen, wenn es sowieso einfach zu verstehen ist. Wenn ich allerdings etwas komplexes verstehen möchte, haut das noch einen Grad an Komplexität drauf. Mind you, das ist in den seltesten Fällen einheitlich, sondern mal so, mal so: Also entweder der * oder irgendwelche Partizipformen, oder oder oder. Es gibt nichts, das es nicht gibt.

Ich habe jetzt schon häufiger die Diskussion geführt, ob es sinnstiftend ist kirchliche Würdenträger, also unter anderem Repräsentanten des Vatikans in ihrer Ausübung des kanonischen Rechts(!), mit gegenderter Form zu adressieren. So im Geiste der Forderungen des synodalen Wegs. Kannste dir nicht ausdenken. Aber jetzt nicht in irgendwelchen Szenarien, in denen es da um Integration geht, sondern um Formalitäten.
Was ich da alles erlebt habe mittlerweile, u.a. auch die Orientierung an UN-Zielen als strategische Leitlinie: Mehr Integration, mehr Gleichberechtigung. Wir hätten da eine Latte an Punkten, u.a. die Ausarbeitung von Richtlinien für Home Office, Barrierefreiheit in Architektur und Software, social benefits / Boni / Richtlinien für care-Arbeit der Mitarbeiter. Was kommt? Gendern. Wie? Möglichst für alle, die Führung verzichtet aber mit einem Disclaimer drauf, weil - Trommelwirbel - es Zeit kostet und viel Energie braucht, das immer umzusetzen. Stell dir vor, wie motivierend es ist, an solchen Themen zu arbeiten, den Gedanken zu bekommen man kann was positiv verändern und dann so was. Aber gut, dafür werde ich bezahlt, es geht ja um Kulturwandel. Steter Tropfen und so.

All das klaut mir an Ecken und Enden Arbeits- oder Lebenszeit, die mich langsam nervt. Kann man drüber hinwegsehen, solange ich keine Debatte führen muss. Die führe ich aber gefühlt mindestens einmal im Quartal. Frustrierend dabei ist, dass ich all den Kram nicht im Grundsatz ablehne, die Ausführung mich aber in den Wahnsinn treibt. Man gebe Leuten ein Instrument und beobachte dann, wie die Schimpansen damit Termiten angeln.
 
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Zu 1: Jeder kann und soll tun, was er will. Das heißt aber nicht, dass es sinnvoll ist. Und da generische Formen oft kürzer sind, ohne dabei weniger verständlich zu sein, sind sie imo oft die bessere Lösung. Ob man von Menschen verlangen kann, gegenderte Texte zu verstehen, ist eine unsinnige Frage. Kann ich von Menschen verlangen, dass sie ein generisches Maskulinum als generischen akzeptieren?
Es ist doch erstmal ne empirische Frage, ob eine bestimmre Ausdrucksweise von den meisten Menschen besser verstanden wird oder nicht.
In der Praxis sollte man imo dem Verständnis zuarbeiten und bei sowas wie Gesetzestexten beispielsweise, die für Laien eh schwer zu verstehen sind, hilft es wohl eher nicht, wenn man sie durch Gendern oder gekünstelte Ausweichformulierungen zusätzlich aufbläht. Das Gleiche gilt etwa für technische Beschreibungen, Gebrauchsanweisungen usw.
Das beruht alles auf der Prämisse, dass Verständlichkeit das oberste Gut ist, und das ist eine (höhö) verständliche Hypothese, aber die werden Gender-Befürworter ablehnen; dadurch ist letztlich im Diskurs also nichts gewonnen. Ich finde das auch etwas schwierig, weil ich, wie schon dargestellt, noch viele weitere Punkte aufzählen könnte, die man machen sollte, wenn Verständlichkeit das wichtigste ist. Es gibt z.B. beim Amt Texte, die extra in sehr einfacher Sprache geschrieben sind, in denen würde für mich gendern z.B. auch null Sinn ergeben. So sollten aber, ist Verständnis das höchste Gut, alle offiziellen Texte geschrieben werden, sind sie aber nicht.
Genauso technische Beschreibungen, die oftmals von einem gewissen (sehr variablen) Grundwissen ausgehen und Verständnis für viele Leser, insbesondere Laien, nicht gegeben ist. Präzision ist da z.B. oftmals ein wichtiger Aspekt, und man könnte argumentieren, dass das auf genderte Sprache dahingehend zutrifft.

Zu 2.: Also ich meine, dass Begriffe wie Sichtbarkeit, Repräsentation und ähnliche in der Diskussion durchaus eine Rolle spielen und die bedingen imo eine gewisse Aufmerksamkeit. Dass Befürworter mehrheitlich eine Gewöhnung ablehnen, behaupte ich dagegen nicht.
Letztlich ziehst du dich hier auf eine sehr schwache Position zurück, dass sich manche Menschen mit gegenderter Sprache einfach wohler fühlen. Das mag so sein, führt uns aber weg von Positionen, über die man sinnvoll diskutieren kann und an so einer Diskussion hab ich auch kein Interesse.
Sichtbarkeit und Repräsentation spielen natürlich eine Rolle, aber doch nicht in der Form wie du es in deinem Posting verwendet hast. Es geht ja darum grundsätzlich die gegenderte Variante zu verwenden um einer weiblichen Gruppe oder dem weiblichen Teil einer Subgruppe eine sprachliche Sichtbarkeit zu geben. Das ist dadurch erreicht, indem die gegenderte Variante verwendet wird. Wenn das dann irgendwann so alltäglich werden sollte, dass es Menschen gar nicht mehr auffällt, ist diese Sichtbarkeit ja nicht weniger gegeben, deine Logik kann ich hier also wirklich null nachvollziehen.
Naja ich bin ja (hoffentlich) bekanntlich kein Genderer sondern ein Vertreter der Gruppe "soll jeder machen wie er/sie/es möchte". Ich habe nur deinen Post aufgegriffen, weil du da Widersprüche aufstellst, die es imo in der Realität gar nicht gibt und die auf einer Prämisse beruhen, die erstens diskutabel ist und zweitens nicht konsequent (siehe Absatz oben).


aber für dich ist es ok, Behauptungen und Vergleiche anzustellen. Die gesamtschulische Leistung von Mädchen ist besser, aber in Mathematik sind Jungs global besser.
Erklär mir jetzt, warum Chemie akzeptierter ist als andere MINT-Fächer außer Biologie, wo, Überraschung, ca. 60% Frauen sind.
Sag mal liest du deine eigenen Links überhaupt? Bei den absoluten Top-Performern gibt es also eine gewisse biologische Komponente, die ich noch nichtmal abstreiten würde; Männer sind ja allgemein Top- und Bottom etwas besser aufgestellt. Aber selbst bei den "Top-Performern" ist die Ratio 1:4! Und um Top-Performer geht es hier nicht, es geht darum, je nach Studiengang, HöMa 1-2 oder 4 zu bestehen. Ich habe dir bereits meinen Erklärungsansatz geliefert: Sozialisation. Dementsprechend ist es möglich, diese Ungleichheit durch aufklärende Maßnahmen und soziales Engagement zu verringern.
Du versuchst deinen Ansatz zu untermauern und machst dich dabei nur lächerlich. Genau, die 60% Frauenanteil in Biologie im Vergleich zu 5% oder so in Maschbau liegen daran, dass Frauen biologisch schlechter in Mathe sind. Wenn du das wirklich glaubst kann ich mir nicht vorstellen, dass du erfolgreich ein MINT-Studium abgeschlossen hast.

In "höherer" Mathe: ja sind sie. Auch wie sich das mit schulischen Leistungen deckt, warum der Unterschied erst später sichtbar wird ist bekannt. Siehe z.B. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4270278/
Aus dem Abstract der Studie:
A wide range of sociocultural forces contribute to sex differences in mathematics and science achievement and ability—including the effects of family, neighborhood, peer, and school influences; training and experience; and cultural practices. We conclude that early experience, biological factors, educational policy, and cultural context affect the number of women and men who pursue advanced study in science and math and that these effects add and interact in complex ways. There are no single or simple answers to the complex questions about sex differences in science and mathematics.

Insofern stimmt dein Link mir ja zu, danke dafür!
 
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Also als normaler Chemiker braucht man gar kein HM besuchen, nur wenn man sich in Richtung physikalischer oder theoretischer Chemie spezialisiert. Das ist dann wirklich etwas höheres Abiturniveau. Quantenmechanik, Reaktionskinetik lernt man für die Klausuren die wenigen Formeln und Herleitungen auswendig und ist durch.

Also für einen normalen Chemiker ist HM Raketen Wissenschaft.

Hat du den link von der süddeutschen gelesen?
Für dich ist die Welt so leicht, alles ist Sozialisation. Ich dachte, monokausale Erklärungen sind meistens zu wenig.
 
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Du bist hier derjenige mit monokausaler Erklärung und versteifst dich auf biologische Unterschiede in der Kenntnis der Mathematik. Wenn du das wirklich ernst meinst kann ich dich eben, wie gesagt, nicht ernst nehmen. Ich habe darauf hingewiesen, dass es nicht nur an Männer vs. Frauen liegen kann, wenn ich mir die Zahlen der Studenten anschaue. Und Sozialisation ist offensichtlich nicht monokausal, da es verschiedene Facetten beinhaltet: "including the effects of family, neighborhood, peer, and school influences; training and experience; and cultural practices"
Ich behaupte nicht, dass es keine biologischen Unterschiede gibt, ich behaupte nur, dass die so sehr an den Spitzen vorhanden sind, dass es für die Betrachtung hier keine Rolle spielt. Für HöMa spielt die Betrachtung von Top-Performern keine Rolle, ob das jetzt für dich Raketenwissenschaft ist, ist auch egal.
 

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Für HöMa spielt die Betrachtung von Top-Performern keine Rolle, ob das jetzt für dich Raketenwissenschaft ist, ist auch egal.
Er hat doch gerade gesagt, dass er keine höhere Mathematik hatte. Vielleicht sollte man erklären, wo der Unterschied zwischen Mittelwertvergleichen und den Interpretationsmöglichkeiten einzelner Ausreißer liegt. Ich sage das jetzt nur, weil er einer schützenswerten Minderheit angehört, die man bevormunden muss.
 
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Das beruht alles auf der Prämisse, dass Verständlichkeit das oberste Gut ist, und das ist eine (höhö) verständliche Hypothese, aber die werden Gender-Befürworter ablehnen; dadurch ist letztlich im Diskurs also nichts gewonnen. Ich finde das auch etwas schwierig, weil ich, wie schon dargestellt, noch viele weitere Punkte aufzählen könnte, die man machen sollte, wenn Verständlichkeit das wichtigste ist. Es gibt z.B. beim Amt Texte, die extra in sehr einfacher Sprache geschrieben sind, in denen würde für mich gendern z.B. auch null Sinn ergeben. So sollten aber, ist Verständnis das höchste Gut, alle offiziellen Texte geschrieben werden, sind sie aber nicht.
Genauso technische Beschreibungen, die oftmals von einem gewissen (sehr variablen) Grundwissen ausgehen und Verständnis für viele Leser, insbesondere Laien, nicht gegeben ist. Präzision ist da z.B. oftmals ein wichtiger Aspekt, und man könnte argumentieren, dass das auf genderte Sprache dahingehend zutrifft.
Das ist doch ein Sophismus. Wir müssen uns gar nicht darüber unterhalten, ob Verständlichkeit in Bezug auf Sprache das höchste Gut ist - weder behaupte das, noch ist es eine Prämisse für das, was ich behaupte - und es tut auch nichts zur Sache, ob Texte auch aus anderen Gründen oft schwerer verständlich sind, als sie sein müssten.
Mein Punkt ist: Prima facie widerspricht Gendern erstmal vielen etablierten Qualitätsmerkmalen sprachlichen Ausdrucks: Prägnanz, Verständlichkeit oder etwa dem Prinzip, dass man sich lieber konkret als abstrakt ausdrücken sollte. Ein durchgegenderter Text wird nach herkömmlichen Gütekriterien erstmal schlechter sein als eine gemäßigte Alternative. Das ist imo ein valider Grund als sprachaffiner Mensch Gendern erstmal skeptisch zu betrachten. Es heißt nicht, dass Gendern damit bereits disqualifiziert ist, wohl aber dass man Gendern hinreichen begründen sollte. Die ganze Diskussion dreht sich nun darum, ob und wie man es hinreichend begründen kann.
Da wohl nur eine tendenziell radikale Minderheit behaupten würde, dass man niemals bzw. immer und überall gendern sollte, kreist die Diskussion für mich also darum, wo es sinnvoll ist und wo nicht.


Sichtbarkeit und Repräsentation spielen natürlich eine Rolle, aber doch nicht in der Form wie du es in deinem Posting verwendet hast. Es geht ja darum grundsätzlich die gegenderte Variante zu verwenden um einer weiblichen Gruppe oder dem weiblichen Teil einer Subgruppe eine sprachliche Sichtbarkeit zu geben. Das ist dadurch erreicht, indem die gegenderte Variante verwendet wird. Wenn das dann irgendwann so alltäglich werden sollte, dass es Menschen gar nicht mehr auffällt, ist diese Sichtbarkeit ja nicht weniger gegeben, deine Logik kann ich hier also wirklich null nachvollziehen.
Naja ich bin ja (hoffentlich) bekanntlich kein Genderer sondern ein Vertreter der Gruppe "soll jeder machen wie er/sie/es möchte". Ich habe nur deinen Post aufgegriffen, weil du da Widersprüche aufstellst, die es imo in der Realität gar nicht gibt und die auf einer Prämisse beruhen, die erstens diskutabel ist und zweitens nicht konsequent (siehe Absatz oben).
Ich glaube durchaus, dass viele Befürworter des Genderns sagen würden, es sei gut, wenn sich irgendwann alle so sehr ans Gendern gewöhnt hätten, dass es gar nicht mehr auffiele. Und ich glaube, dass viele Befürworter des Genderns sich wünschen, dass Frauen und Diverse durch Gendern sprachlich sichtbarer und stärker repräsentiert werden. Eine naheliegende Möglichkeit, die du gar nicht in Betracht zu ziehen scheinst, ist, dass diese Anliegen tatsächlich widersprüchlich sind.
Imo ist Sichtbarkeit ohne Sichtbarkeit nicht zu haben: Entweder fällt mir durch die Formulierung auf, dass übrigens auch Frauen und Diverse mit gemeint seien oder es fällt mir nicht auf. Wenn es nicht auffällt, wozu dann gendern? Was macht eine Welt, in der gegendert wird, ohne dass es jemandem auffällt, besser als eine Welt, in der nicht gegendert wird und es niemandem auffällt?
Imo ist es einfach ein sehr schwaches Argument, dass Gendern ja gar nicht ablenke, wenn sich irgendwann alle daran gewöhnt hätten. Das ist erstens nicht der Fall und zweitens ließe sich das Argument doch völlig analog auf das generische Maskulinum übertragen: Stören sich doch nur Menschen dran, die sich nicht daran gewöhnt haben oder gewöhnen wollen, dass damit halt alle gemeint seien?
Das widerspricht übrigens auch der empirischen Forschung, die den Sinn des Genderns belegen will: Studien wie Gygax und andere wollen doch gerade zeigen, dass das generische Maskulinum eben nicht generisch sei, weil es tendenziell als männlich interpretiert werde. Es ist imo abwegig davon auszugehen, dass eine generische Form als männlich interpretiert wird, die Kombination von männlicher und weiblicher Form aber umgekehrt nicht als männlich und weiblich.
 
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Er hat doch gerade gesagt, dass er keine höhere Mathematik hatte. Vielleicht sollte man erklären, wo der Unterschied zwischen Mittelwertvergleichen und den Interpretationsmöglichkeiten einzelner Ausreißer liegt. Ich sage das jetzt nur, weil er einer schützenswerten Minderheit angehört, die man bevormunden muss.
Bei den Durchfallquoten, die dann an HM scheitern, scheint mir das keine Selbstverständlichkeit zu sein. Viele sind schon von Mathematik auf Abiturniveau überfordert.
Für uns high performer in forum scheint das alles viel zu banal zu sein.
 

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Bei den Durchfallquoten, die dann an HM scheitern, scheint mir das keine Selbstverständlichkeit zu sein. Viele sind schon von Mathematik auf Abiturniveau überfordert.
Für uns high performer in forum scheint das alles viel zu banal zu sein.
High Performer ist so ein bißchen das Stichwort, danke dafür.

Unabhängig vom Geschlecht ist der Standard-Mensch mit Veranlagungen geboren, von mir aus, ist wohl auch so. Im Mittel unterstützt vma. unser Bildungssystem jeden Menschen Basisfähigkeiten zu erlangen, die später im Beruf und im Alltag genutzt werden. Man sollte sich vor Augen halten, dass die meisten Tätigkeiten eben keine höhere Mathematik benötigen, oder generell vieles der abstrakten Bildungsinhalte im Alltag sekundär und Beiwerk sind.
Neben dieser Beobachtung kommt die nächste: Auch innerhalb einer Gruppe, von mir aus Jungen oder Männer, gibt es sehr unterschiedliche Ausprägungen in den Veranlagungen, weil niemand der exakte Max Mustermann ist. Das fängt aber unser System ab, oder soll es abfangen, da jedes Defizit adressiert werden kann.
Um das für dich zu übersetzen, wenn du den IQ nimmst ist der für sich alleine relativ aussagelos - ob jemand nun 93 oder 102 hat, wie genau unterscheiden die sich im langen Verlauf? Wenn beide den gleichen Beruf erlernen, wird es in letzter Konsequenz auf sehr ähnliche Karrieren herauslaufen.

Die von euch zitierten Studien (und die restlich mir bekannten) zeigen mir in erster Linie nur, dass es Defizite geben kann, aber für den Standardlebenslauf in erster Linie keine endgültigen Determinanten sind: Mit genug Förderungen, Eigenantrieb und Disziplin kann der Standard-Mensch schon sehr viel, egal ob Mann oder Frau. Es wird eine natürliche Limitation geben, beispielsweise wenn es um die wirklich komplexen Tätigkeiten geht - von mir aus Ärzte. Die Limitation ergibt sich aber wahrscheinlich aus dem generellen Vermögen der geistigen Leistung eines Menschen, nicht an den Unterkategorien der Intelligenz an sich. Du sagst ja selbst, dass man als Chemiker diverse Mathematik mit Techniken "überwinden" kann, wenn man sich nicht spezialisieren möchte.

Man muss jetzt nicht Exzellenzen aus dem Hut ziehen, von mir aus Nobelpreisträger oder Jahrtausendgenies bemühen - diese Gruppe an Menschen ist so fern ab jeglicher Normalität, dass sich die Diskussion gar nicht erst lohnt. Das ist auch auf die Wirtschaft übertragbar, ich muss keine Top-Manager bemühen, wenn es der dicken Masse um die Fachkräfte geht.

Daraus folgere ich, dass diese Diskussion nirgends hinführt, Frauen können unter'm Strich das Gleiche für das Meiste und die krassen Unterschiede sind in solchen jenseitigen Bereichen, die wohl extrem wenig mit dem Arbeitsmarkt zu tun haben.

Davon ab sind Präferenzen und Interessen zu beurteilen. Hier findet man in der Forschung durchaus Punkte, die für biologische Aspekte sprechen, ist aber auch egal, weil das nicht die Fragestellung ist. Wenn ich Fachkräftemangel habe und diese mit mehr Frauen stopfen möchte, dann muss ich mich eben mit den Systemfragen beschäftigen. Oder, wenn ich mich mit sozialen Fragen beschäftige, die durch die Frauen / Minderheiten (völlig zu recht) kritisiert werden.

Vielmehr stellt sich mir die Frage, ob es gesellschaftlich wünschenswert ist, dass es "Frauenberufe" gibt, für die einfach alles in Summe schlechter ist:

Warum sind uns soziale Berufe weitaus weniger wert [Klarstellung: Lohn, Subvention durch Staat], als Berufe in der Bankenwelt oder der Produktion?
Warum wird private Care-Arbeit nicht als Arbeit gesehen und staatlich subventioniert?
Warum nimmt der Markt / die Wirtschaft bei unserer Gesellschaftsform eine so dominante Rolle ein?
Warum wird nicht arumgentiert, dass "die Wirtschaft" davon profitiert, wenn alle Erwerbspotenziale aktiviert werden und daher auch in eine Mehr-Leistung gehen müssen?
Warum gibt es bei uns keine ordentliche Infrastruktur, um eine volle Beteiligung beider Geschlechter zu erreichen und warum gerät das dauernd aus dem Fokus?
Warum gibt es bei uns keine Diskussion darüber, ob die Mentalität Anwesenheitszeit = Produktivität das gelbe vom Ei ist?
Warum wird nicht untersucht, wie man mehr Männer in die private Care-Arbeit bringt, um den Aufwand gerechter zu verteilen?
 
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Mein Punkt ist: Prima facie widerspricht Gendern erstmal vielen etablierten Qualitätsmerkmalen sprachlichen Ausdrucks: Prägnanz, Verständlichkeit oder etwa dem Prinzip, dass man sich lieber konkret als abstrakt ausdrücken sollte. Ein durchgegenderter Text wird nach herkömmlichen Gütekriterien erstmal schlechter sein als eine gemäßigte Alternative. Das ist imo ein valider Grund als sprachaffiner Mensch Gendern erstmal skeptisch zu betrachten. Es heißt nicht, dass Gendern damit bereits disqualifiziert ist, wohl aber dass man Gendern hinreichen begründen sollte. Die ganze Diskussion dreht sich nun darum, ob und wie man es hinreichend begründen kann.
Da wohl nur eine tendenziell radikale Minderheit behaupten würde, dass man niemals bzw. immer und überall gendern sollte, kreist die Diskussion für mich also darum, wo es sinnvoll ist und wo nicht.
Wir sind uns ja in den Auswirkungen einig, von daher macht es eigentlich keinen Sinn, weiter darüber zu diskutieren. Sprach er, und machte es trotzdem (:ugly: ): Das ist mir immer noch zu vage und zu viel Handgewedel, was du hier betreibst. Ist ja per se nicht schlimm, aber unpassend wenn man es der Gegenseite vorwirft. Z.B. Prägnanz oder konkreter Ausdruck: Man könnte imo problemlos argumentieren, dass ein gegenderter Ausdruck prägnanter bzw. konkreter ist. Er erfordert nicht viel mehr Zeichen und stellt trotzdem einen Informationsmehrwert dar. Bei dem Ausdruck Lehrer weißt du nicht, ob Frauen Teil der Gruppe sind. Kann sein, muss aber nicht. Bei Lehrer:innen ist das eindeutig. Deine Prämisse, dass ein durchgegenderter Text nach objektiv messbaren Gütekriterien (wie gesagt, was sollen die sein?) damit erstmal schlechter ist, kann ich nicht unterschreiben.
Wir stimmen in der persönlichen Bewertung darin überein, dass letztlich entscheidend ist, was der Kontext ist und ob diese Zusatzinformation an dieser Stelle wichtig bzw. sinnvoll ist. Wichtig bzw. sinnvoll sind aber schwer objektiv messbar und da wird es sicherlich unterschiedliche Ansichten an verschiedenen Stellen geben. Kann sich nur im gesellschaftlichen Diskurs auflösen. Oder wir erlauben halt eigenständig zu entscheiden.

Ich glaube durchaus, dass viele Befürworter des Genderns sagen würden, es sei gut, wenn sich irgendwann alle so sehr ans Gendern gewöhnt hätten, dass es gar nicht mehr auffiele. Und ich glaube, dass viele Befürworter des Genderns sich wünschen, dass Frauen und Diverse durch Gendern sprachlich sichtbarer und stärker repräsentiert werden. Eine naheliegende Möglichkeit, die du gar nicht in Betracht zu ziehen scheinst, ist, dass diese Anliegen tatsächlich widersprüchlich sind.
Imo ist Sichtbarkeit ohne Sichtbarkeit nicht zu haben: Entweder fällt mir durch die Formulierung auf, dass übrigens auch Frauen und Diverse mit gemeint seien oder es fällt mir nicht auf. Wenn es nicht auffällt, wozu dann gendern? Was macht eine Welt, in der gegendert wird, ohne dass es jemandem auffällt, besser als eine Welt, in der nicht gegendert wird und es niemandem auffällt?
Imo ist es einfach ein sehr schwaches Argument, dass Gendern ja gar nicht ablenke, wenn sich irgendwann alle daran gewöhnt hätten. Das ist erstens nicht der Fall und zweitens ließe sich das Argument doch völlig analog auf das generische Maskulinum übertragen: Stören sich doch nur Menschen dran, die sich nicht daran gewöhnt haben oder gewöhnen wollen, dass damit halt alle gemeint seien?
Das widerspricht übrigens auch der empirischen Forschung, die den Sinn des Genderns belegen will: Studien wie Gygax und andere wollen doch gerade zeigen, dass das generische Maskulinum eben nicht generisch sei, weil es tendenziell als männlich interpretiert werde. Es ist imo abwegig davon auszugehen, dass eine generische Form als männlich interpretiert wird, die Kombination von männlicher und weiblicher Form aber umgekehrt nicht als männlich und weiblich.
Du hast für mich immer noch nicht hinreichend erklärt, wo hier ein Widerspruch sein soll. Es ist (imo) doch ziemlich einfach beschrieben: Sprachliche Sichtbarkeit ist ein Faktum. Lehrer vs. Lehrer:innen. In einem Fall ist sprachlich sichtbar, dass Frauen Teil der Gruppe sind, im anderen Fall nicht. Ein Gruppe rein männlicher Lehrer wird nämlich identisch bezeichnet. Und darum passt auch der Vergleich mit dem generischen Maskulinum nicht: Es ist allgemein bekannt, dass der Begriff Lehrer als generisches Masklinum beide Geschlechter umfasst, sichtbar ist es aber nicht.
Auffälligkeit ist die subjektive Einschätzung einer Sichtbarkeit und ist somit ein komplett anderes Thema. Du bringst das irgendwie in Verbindung und siehst dann einen Widerspruch, wo keiner ist und das kann man doch dann auf alles mögliche übertragen. Wenn ich den Ausdruck Kinder vs. den Ausdruck Kind lese, dann ist für mich sichtbar, dass es um einen Plural vs. einen Singular geht. Trotzdem bin ich den Ausdruck Kinder so gewöhnt, dass es mir jetzt nicht besonders auffällt.
Darum widerspreche ich dir auch nicht, dass die Kombination von männlicher und weiblicher Form als männlich und weiblich gelesen sein soll; das ist ja genau das Ziel. Imo geht es dann rein darum, ob der Mehrwert an Information den Umstand des Neuschreibens rechtfertigt. Und natürlich so soft-Argumente wie "fairness", die schwer zu beziffern sind. Sichtbarkeit hat trotzdem nichts mit Auffälligkeit zu tun.
 

Benrath

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Lehrer vs. Lehrer:innen.

Ach bitte in welchem Kontext spiel das wirklich eine nennenswerte Rolle. Du weißt weder bei der einen noch der anderen Schreibweise ob Frauen Teil der Gruppe sind oder man halt einfach die Gruppe Lehrer ansprechen wollte. Für jemand der sagt, dass er die Sache skeptisch siehst, gibst du dir viel Mühe den Sinn des Genders übers Knie zu brechen.

Und dann sind wir halt bei saistead punkt. Die eine oder die andere Gruppe kann sich einfach daran gewöhnen welche Bedeutung das Wort Lehrer hat. Und gerade bei Lehrer denkt heute niemand daran, dass die Gruppe ausschließlich aus männlichen Lehrer besteht. Die Sprache hat damit nix zu tun, sondern die Realität in der inzwischen gut 2/3 der Lehrer Lehrerinnen sind.
 
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Man muss jetzt nicht Exzellenzen aus dem Hut ziehen, von mir aus Nobelpreisträger oder Jahrtausendgenies bemühen - diese Gruppe an Menschen ist so fern ab jeglicher Normalität, dass sich die Diskussion gar nicht erst lohnt. Das ist auch auf die Wirtschaft übertragbar, ich muss keine Top-Manager bemühen, wenn es der dicken Masse um die Fachkräfte geht.

Ich glaube du unterschätzt die Bedeutung vom top Bereich, bzw. wie breit der ist. Die meisten hier sind glaube ich Akademiker in denen das was eigentlich ein sehr kleiner Teil ist, als normal gilt, das verzerrt die Sicht stark.

So ein paar grobe Zahlen. Die Zahlen sind natürlich nicht beliebig genau, aber bereits deutlich genug dass gewisse Fehler keine große Rolle spielen:
Der durchschnittliche IQ eines Physik Studenten ist ~130. Also normale Studenten, keine Nobelpreisträger und Jahrtausendgenies. Geht dann natürlich höher in Richtung phd. Bereits im Bereich IQ 120+ gibt es aufgrund der größeren Varianz der IQ verteilungen ca. doppelt so viele Männer wie Frauen. Und dann gilt nochmal dass Männer in den mathematischen IQ Bereichen generell besser abschneiden, und Frauen in den sprachlichen.

Das soll jetzt keine monokausale Erklärung für irgendwas sein, insgesamt spielen da natürlich viele Faktoren rein, aber es zeigt das man diese Unterschiede und Varianzen nicht einfach mit "der iq spielt keine so große rolle" in der berufswahl oder "das betrifft nur die absoluten Extembereich mit Nobelpreisträgern" abtun kann. Betrachtet man die Zahlen ist es plausibel dass das einen ziemlich großen Einfluss hat.
 
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Warum sollen 3 jährige nicht pinke Socken tragen? was ist das Problem? Wenn Sie Bock darauf haben und es sich selber auswählen? Deshalb "wird" man nicht schwul.

Ich will nur nochmal hervorheben wie absurd es ist, sowas 2024 überhaupt nochmal jemanden sagen zu müssen. Naiv wie ich bin, hielt ich das längst für Konsens.

Zum Thema: warum ist das immernoch von Relevanz? Ich kann gendern, wenn ich will. Wenn nicht, dann nicht. Und wer richtig deutsch sprechen will, spricht eine Ärztin halt mit Ärztin an.

Ich werd zu alt für diesen Unsinn.
 
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Ach bitte in welchem Kontext spiel das wirklich eine nennenswerte Rolle. Du weißt weder bei der einen noch der anderen Schreibweise ob Frauen Teil der Gruppe sind oder man halt einfach die Gruppe Lehrer ansprechen wollte. Für jemand der sagt, dass er die Sache skeptisch siehst, gibst du dir viel Mühe den Sinn des Genders übers Knie zu brechen.
Durch den Ausdruck Lehrer:innen fallen ja nicht die Begriffe Lehrer und Lehrerinnen weg. Damit kann ich mich natürlich präziser ausdrücken, wenn ich es denn möchte. Ich sehe die Sache skeptisch, aber ganz konkret darauf bezogen, inwiefern das der entscheidende Kriegsschauplatz ist und nicht doch von wichtigerem abgelenkt wird (siehe Geckos Posts). Es gibt viele, die darin ja quasi das Ende der Ungerechtigkeit sehen und das ist Schwachsinn. Ändert nichts daran, dass vieles von der Kritik gegenüber Gendern, wie es auch hier im Forum stattfindet, inhaltlich auch nicht besser ist und sich etwa auf dem Niveau von "gefällt mir nicht" bewegt. Und das wird dann ex post auf irgendeine Weise rationalisiert.

Und dann sind wir halt bei saistead punkt. Die eine oder die andere Gruppe kann sich einfach daran gewöhnen welche Bedeutung das Wort Lehrer hat. Und gerade bei Lehrer denkt heute niemand daran, dass die Gruppe ausschließlich aus männlichen Lehrer besteht. Die Sprache hat damit nix zu tun, sondern die Realität in der inzwischen gut 2/3 der Lehrer Lehrerinnen sind.
Oder sowas hier, das ist doch kein Argument? Ja, die eine oder die andere Gruppe kann sich einfach daran gewöhnen. Kann, muss aber nicht. Auf der Basis können wir alles so lassen wie es ist. Oder ein generisches Femininum einzuführen. Oder das gendern. Jo es muss ja nicht zwingend sein, da sind wir uns einig.
 

GeckoVOD

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Ich glaube du unterschätzt die Bedeutung vom top Bereich,
Und ich glaube du willst einfach nicht verstehen, was ich oben schrieb. 80% der Masse an Personen und Tätigkeiten betrifft deine Aussagen kein Stück weit.

Ich rede von Fragen, die die Bäckereifachverkäuferin genau wie die fiktive nächste Nobelpreisträgerin betreffen:

Vielmehr stellt sich mir die Frage, ob es gesellschaftlich wünschenswert ist, dass es "Frauenberufe" gibt, für die einfach alles in Summe schlechter ist:

Warum sind uns soziale Berufe weitaus weniger wert [Klarstellung: Lohn, Subvention durch Staat], als Berufe in der Bankenwelt oder der Produktion?
Warum wird private Care-Arbeit nicht als Arbeit gesehen und staatlich subventioniert?
Warum nimmt der Markt / die Wirtschaft bei unserer Gesellschaftsform eine so dominante Rolle ein?
Warum wird nicht arumgentiert, dass "die Wirtschaft" davon profitiert, wenn alle Erwerbspotenziale aktiviert werden und daher auch in eine Mehr-Leistung gehen müssen?
Warum gibt es bei uns keine ordentliche Infrastruktur, um eine volle Beteiligung beider Geschlechter zu erreichen und warum gerät das dauernd aus dem Fokus?
Warum gibt es bei uns keine Diskussion darüber, ob die Mentalität Anwesenheitszeit = Produktivität das gelbe vom Ei ist?
Warum wird nicht untersucht, wie man mehr Männer in die private Care-Arbeit bringt, um den Aufwand gerechter zu verteilen?

Ihr labert hier Sachen rum, wie etwa: "liegt halt an euch, dass ihr in schlecht bezahlten Berufen arbeitet" oder "Frauen steigen im Mittel nicht auf" oder "dafür sind sie nicht geeignet, das liegt nicht in ihrer Natur" oder "in Ländern wie im Iran oder Indien sind Frauen auch Ingenieure, die Deutschen sind halt verweichlicht". Ja, aber trotzdem gibt es systematische Probleme, die es anzugreifen lohnt, auch wenn ich fadenscheinig am Pay Gap kritteln kann, oder das Gendern doof finde, oder denke die Frauenquote ist Satan, weil [erfundene normative Fakten], weil ihr die Kernpunkte kein Stück adressiert.

Beantworte obige Fragen, ohne dabei irgendwie in Richtung "nature vs. nurture" abzubiegen. Mal gespannt wie neoliberal man argumentieren muss.
 
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Das größte, ungelöste Problem ist der Entscheidungszwang den Frauen haben: "Karriere oder Familie". Das gilt es anzupacken.
 
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Weil all die Lösungen halt nicht so einfach sind. Ansonsten würds wohl weltweit massenweise besser gemacht, wirds aber kaum wo und wenn dann eher marginal oder punktuell als wirklich durchs Band besser.


Aber um bissl Advocatus Diaboli oder whatever zu spielen:

Warum sind uns soziale Berufe weitaus weniger wert [Klarstellung: Lohn, Subvention durch Staat], als Berufe in der Bankenwelt oder der Produktion?

Das gleich zu bezahlen wie Banker (lassen wir die Produktion mal weg, Banken sind ne andere Welt), würde zur sofortiger Implosion unserer Gesundheits und Sozialsysteme bzw. deren Finanzierung führen oder du müsstest einfach den Privatanteil an den Kosten erheblich erhöhen.
Ob da jetzt Frauen scheisse bezahlt werden oder Männer tut wenig zur Sache. Das ist "dem System" bzw. den Leuten die dafür zahlen total egal, Hauptsache "billig" oder zumindest "bezahlbar".

Warum wird private Care-Arbeit nicht als Arbeit gesehen und staatlich subventioniert?
Warum krieg ich keine Kohle für meine freiwillige "Arbeit" als X Y Z... Hint: Weils Freiwillig ist und in deiner Freizeit stattfindet. In ner Partnerschaft mit einem Hauptverdiener wird die "Care"-Arbeit des Partners btw. durchaus bezahlt, halt nur nicht direkt als Lohn. Führt natürlich oft zu Problemen bei Rente und so, die gehören asap beseitigt.

Warum nimmt der Markt / die Wirtschaft bei unserer Gesellschaftsform eine so dominante Rolle ein?
Weil man Geld verdienen muss und das die meisten Leute in der Wirtschaft also "am Markt" tun?

Warum gibt es bei uns keine ordentliche Infrastruktur, um eine volle Beteiligung beider Geschlechter zu erreichen und warum gerät das dauernd aus dem Fokus?
Weils niemand bezahlen will (oder kann), zumindest nicht so, dass es den meisten Eltern dann auch "recht" wäre.

Warum gibt es bei uns keine Diskussion darüber, ob die Mentalität Anwesenheitszeit = Produktivität das gelbe vom Ei ist?
Gibts doch öfters mal und je nach Job/Betrieb geht ja durchaus viel in die Richtung. Fakt ist aber auch, dass obiges in sehr, sehr vielen Jobs schlicht unmöglich ist (wie auch Homeoffice). Das betrifft so ziemlich genau Büro(fach)kräfte ohne Kundenkontakt und das wars dann. Deine Bäckereifachverkäuferin muss halt da sein, wenn die Leute Brötchen kaufen bzw. zu den Öffnungszeiten. Daran ist deine Nobelpreisträgerin wohl nicht gebunden, die muss wohl gewisse Dinge aber während Laborzeiten o.ä. machen.

Warum wird nicht untersucht, wie man mehr Männer in die private Care-Arbeit bringt, um den Aufwand gerechter zu verteilen?
Ziemlich sicher, dass das durchaus untersucht wird.




Btw: Mein imaginärer dreijähriger Bub trägt Pinke socken weil ich kein Geld habe für Rubinpantoffeln.
 
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Du hast für mich immer noch nicht hinreichend erklärt, wo hier ein Widerspruch sein soll. Es ist (imo) doch ziemlich einfach beschrieben: Sprachliche Sichtbarkeit ist ein Faktum. Lehrer vs. Lehrer:innen. In einem Fall ist sprachlich sichtbar, dass Frauen Teil der Gruppe sind, im anderen Fall nicht. Ein Gruppe rein männlicher Lehrer wird nämlich identisch bezeichnet. Und darum passt auch der Vergleich mit dem generischen Maskulinum nicht: Es ist allgemein bekannt, dass der Begriff Lehrer als generisches Masklinum beide Geschlechter umfasst, sichtbar ist es aber nicht.
Nach der Logik dürfte aber auch keine Firma von Mitarbeiter:innen sprechen, wenn sie nicht mindestens eine diverse Person im Unternehmen haben (was wohl eher die Mehrheit der Firmen sein düfte). Allein schon, dass du von "beide Geschlechter" redest, zeigt ja dass du die Idiotie hinterm gendern nicht so ganz verstanden hast.
Was du eigentlich scheinbar meinst wäre LehrerInnen.
 

Benrath

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Durch den Ausdruck Lehrer:innen fallen ja nicht die Begriffe Lehrer und Lehrerinnen weg. Damit kann ich mich natürlich präziser ausdrücken, wenn ich es denn möchte.

In welcher wirklich relevanten Situation wirst du präziser, wenn du statt "die Lehrer" den Ausdruck Lehrer:innen verwendest.
Bitte zwei Sätze. Ich mein das tatsächlich ernst, weil du ständig mit dem präziser etc. kommst. Ich sehe es einfach nicht.
Ich kann verstehen, dass jemand sagt er fühlt sich nicht mitgenommen durch generischen Maskulinum, aber dass es angeblich präziser wird, wenn jemand die gegenderte Schreibweise nutzt, sehe ich nicht.
 

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Weil all die Lösungen halt nicht so einfach sind. Ansonsten würds wohl weltweit massenweise besser gemacht, wirds aber kaum wo und wenn dann eher marginal oder punktuell als wirklich durchs Band besser.


Aber um bissl Advocatus Diaboli oder whatever zu spielen:
Von mir aus, durchgekaut auf den ersten 50 Seiten oder ähnlich, als es nur um Pay Gap / Quote und weniger um's Gendern ging. Etwas witzlos, du machst den Eindruck zu verstehen, worum es hintergründig geht.
Das gleich zu bezahlen wie Banker (lassen wir die Produktion mal weg, Banken sind ne andere Welt), würde zur sofortiger Implosion unserer Gesundheits und Sozialsysteme bzw. deren Finanzierung führen oder du müsstest einfach den Privatanteil an den Kosten erheblich erhöhen.
Ob da jetzt Frauen scheisse bezahlt werden oder Männer tut wenig zur Sache. Das ist "dem System" bzw. den Leuten die dafür zahlen total egal, Hauptsache "billig" oder zumindest "bezahlbar". [...] Weil man Geld verdienen muss und das die meisten Leute in der Wirtschaft also "am Markt" tun?
Der fette Satz ist mein Schlüssel. Mir ging es nicht um einen Neid auf die Löhne in Bank oder Produktion, eher um den Stellenwert den Gesellschaft und Politik dem "freien" Markt zurechnen und das immer wiederkehrend neoliberal in ein Mantra verstricken. Klar ist der Markt wichtig, allerdings hatte ich da so meine Beobachtung: Der Fachkräftemangel regional (gestrikt auf ~1.5 Mio. Einwohner) und überregional (mein Bundesland) ist im sozialen Bereich deutlich heftiger als in der Produktion. Ähnlich hoch ist er nur in der Logistik.

Der Punkt ist, und das durfte ich im bayerischen Filz an diversen Stellen erleben: Adressiert wird die Produktion dauernd und stetig (+ Landwirtschaft, aber lol). Förderprogramme und Subventionen werden an diese Kreise kommuniziert, erklärt und bei Anträgen und co. geholfen. Ich erlebe aber kaum ernsthaftes Entgegenkommen der Branchen, wenn es um Transformationsprozesse oder Innovation allgemein gibt. Es wird abgestellt, dass die Gewerkschaften ja schon ordentliche Konditionen verhandelt haben und die Produktion / die Leistungen nunmal wichtig seien, aber durch Globalisierung die Branche unter Druck stünde. Mag sein, dann wäre es aber für mich eindeutig, im ökonomischen Sinne: Der Stärkste wird überleben. Klar kann und sollte man fördern, aber nicht mit dem blanken Scheck (im Vergleich zu allen anderen Branchen). Die Logistik versteht auch nicht so wirklich, warum moderne Sklavenhaltung zu einem leeren Arbeitsmarkt führt.

Im sozialen Bereich denkt man komischerweise ständig durch MDK und co. daran, wie man noch mehr drücken kann und mit noch weniger das Niveau irgendwie hält. Sehr viel Potenzial von Innen da bessere Bedingungen zu schaffen gibt es nicht. Ironischerweise könnten viele Träger von mehr Personal profitieren, dass theoretisch auch bezahlbar wäre. Aber die Bewerbung dieser Stellen wird von außen kaum bis gar nicht (ernsthaft) fokussiert, weil die Aufmerksamkeitsökonomie den "geldbringenden" Branchen (die wir unfassbar stark quersubventionieren) gilt. Passt für mich überhaupt nicht. Ich rede hier von Intiativen die von der Agentur (Arbeitgeberservice), oder der Landesregierung ausgehen. Es gibt nominell ähnlich viel für die Sozialwirtschaft, aber faktisch sind das fast alles Feigenblätter. Alleine zu Corona-Zeiten wurden aus dem ESF plötzlich iirc ~60 Millionen Euro, die der Höherqualifizierung / Stabilisierung von Berufsrückkehreren, Niedrigqualifizierten, durch die Digitalisierung bedrohten oder Engpassenberufen dienendend Weiter- und Grundbildung dienen sollten mit einem Kniefall der Autoindustrie angeboten - in Aussicht gestellt wurde sogar das Aufweichen der Leitlinien, weil Corona. Für die Pflege und Erziehung haben wir dann Fenster geklatscht und ihnen Piazolo und co. vor die Tür gestellt. In. Einer. Pandemie.

Warum krieg ich keine Kohle für meine freiwillige "Arbeit" als X Y Z... Hint: Weils Freiwillig ist und in deiner Freizeit stattfindet. In ner Partnerschaft mit einem Hauptverdiener wird die "Care"-Arbeit des Partners btw. durchaus bezahlt, halt nur nicht direkt als Lohn. Führt natürlich oft zu Problemen bei Rente und so, die gehören asap beseitigt.

Weils niemand bezahlen will (oder kann), zumindest nicht so, dass es den meisten Eltern dann auch "recht" wäre.

Was Eltern wollen und was sie brauche sind zwei Paar Schuhe, was möglich ist, noch ein anderes. Ich lebe nicht vollständig außerhalb der Realität (leider, würde vieles einfacher machen). Man kann es als freiwillig bezeichnen, ich würde es als Notwendigkeit betrachten, die in den kommenden Jahren noch schlimmer wird. Unsere Sozialsysteme werden da einiges abarbeiten müssen (alleine aufgrund des fehlenden, qualifizierten Wohnraums für Alte), jede Leistung aus dem Privaten entlastet, frisst aber auch Potenziale der Lohnarbeit ein Stück auf. Egal, ob ich dann zu Hause bleiben muss, oder ob ich nach der Arbeit eine physische und psychische Zusatzbelastung habe, die sich später in höheren Ausfallquoten ausdrückt. Es ist nicht so, als ob die Arbeitgeber in deren Gesamtheit kein Interesse an einer funktionierenden Infrastruktur hätten. Trotzdem hat gerade mal ein mikroskopischer Bruchteil der Leute über so was wie Betriebskindergärten oder Zuschüsse in die lokale Betreuung nachgedacht, die helfen könnten, das ganze Ding zu entlasten. Die Konsequnenzen für Rente und co. mal außen vorgelassen. Der Kurs gerade geht ja eher in die andere Richtung - mehr Zusammenstreichen, gleichzeitg aber immer noch das Befriedigen der Branchen, weil "systemkritisch" oder so was.

Gibts doch öfters mal und je nach Job/Betrieb geht ja durchaus viel in die Richtung. Fakt ist aber auch, dass obiges in sehr, sehr vielen Jobs schlicht unmöglich ist (wie auch Homeoffice). Das betrifft so ziemlich genau Büro(fach)kräfte ohne Kundenkontakt und das wars dann. Deine Bäckereifachverkäuferin muss halt da sein, wenn die Leute Brötchen kaufen bzw. zu den Öffnungszeiten. Daran ist deine Nobelpreisträgerin wohl nicht gebunden, die muss wohl gewisse Dinge aber während Laborzeiten o.ä. machen.
Ja, aber auch das ist eine Perspektivfrage und nicht NUR an das Home Office gebunden. Home Office empfinde ich zwar als eine praktische Erleichterung, aber sie heilt nicht das ursächliche Problem. Generell sehe ich doch noch häufig die Denke nur Vollzeitäquivalente bringen 100% Leistung, speziell wenn Überstunden in Kauf genommen werden. Das stimmt halt einfach nicht, die Qualität nimmt mit zu hoher Arbeitszeit doch deutlich ab, ist jetzt nicht unbekannt. Gleichzeitig schuften die Frauen schon stark Überstunden, aber halt nur bei 50% Wochenzeit - aber da steckt viel Musik. Auf die Idee die Arbeitszeit und damit die Bedingungen etwas gleichmäßiger zu verteilen kommt selten mal jemand, zumindest in meinem Kundenkreis. Weil das ja "ein Vollzeitjob" ist, deswegen erstmal ein Meeting.

Ziemlich sicher, dass das durchaus untersucht wird.
Weiß ich, war auch an Insituten, wo das ein Forschungsgegenstand war. Die meisten Männer waren da deutlich, die intrinsische Motivation mehr Care-Arbeit (speziell bei Kindern) zu übernehmen ist Grundsätzlich da, aber der Rahmen (s.o.) lässt es kaum zu. Dazu kommt halt noch die Denke "des Restes", dass das verweichlicht ist und auch mit soften Sanktionen auf der Arbeit in Form von dummen Sprüchen und Drohungen hinter der Hand einhergehen kann (gottseidank nicht mehr so krass wie früher). Alles selbst schon erlebt. Ich mache drei Kreuze, dass mein aktueller Arbeitgeber komplett aus der Reihe tanzt, was das angeht und mal erfrischend anders zu denken versucht.
Btw: Mein imaginärer dreijähriger Bub trägt Pinke socken weil ich kein Geld habe für Rubinpantoffeln.
Sehr begrüßenswert. Wenn sich jemand beschwert, zieht er hoffentlich seine Barbie-Puppe aus der Jacke und fragt ob die Person zeigen kann, wo genau der Schmerz entsteht, bitte auf der Puppe zeigen.
 
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Vielleicht überschätzt du auch, wie dramatisch der Arbeitsmarkt bspw in der Logistik ist. Klar: Die Jobs sind oft nicht super attraktiv, so dass die Leute oft wechseln, wenn sie können. Aber: Für viele ist das ein erreichbarer Job, weil man uhn mit wenig Qualifikation und wenig Deutsch ausüben kann.

Am Ende müssen wir als Gesellschaft schauen, dass wir Werte schaffen, die andere wollen. Weil wir vieles importieren müssen oder wollen. Daher ist es durchaus gesellschaftlich wichtig, dass Forschung und Entwicklung sowie Produktion funktionieren.

Pflege ist auch wichtig - aber eben Konsum, den wir uns als Gesellschaft leisten können müssen.

Kinder sind wichtig - daher gibt es ja auch in Deutschland schon viel Förderung & Lehrer werden gut bezahlt.

Im Detail kann man da über vieles streiten und auch vieles besser machen. Klingt bei dir aber so, als ob du da sehr hohe hättest. Was stellst du dir denn bei gesellschaftlicher Unterstützung für Care Arbeit konkret vor?
 

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Vielleicht überschätzt du auch, wie dramatisch der Arbeitsmarkt bspw in der Logistik ist. Klar: Die Jobs sind oft nicht super attraktiv, so dass die Leute oft wechseln, wenn sie können. Aber: Für viele ist das ein erreichbarer Job, weil man uhn mit wenig Qualifikation und wenig Deutsch ausüben kann.
Das mit der Logistik und dir scheint ein Steckenpferd zu sein. Ich rede hier nicht von Dispatchern oder den klassischen Kraftfahreren, die halbwegs normale Touren im lokalen Umfeld machen, bspw. Baustellen-, Material- oder Warensendungen von Standorten in der Region / näherem Umfeld. Gerade Zusteller und Helfer in den Logistikhubs sind nicht mehr so easy, sowie Personal im Bereich der Bahn. Dagegen sind Fachkräfte im Bereich Mechatronik und co. deutlich besser verfügbar, wenn auch da die Suche eher hart sein mag. Wenig deutsch ist auch sehr relativ, wenn man keinen EU-Führerschein hat, auf dem man aufbauen kann und selbst dann. Siehe die anderen Topics, glaube es war soziale Gerechtigkeit: Die Sprache ist zwingendes Kriterium für die Abschlussprüfung in dem Bereich, die viel zu schwierig für das geforderte Niveau ist. Leute mit Lese- und Textverständnis durchzuboxen ist machbar, Leute, die generell an der Sprache (weil Spracherwerb) eine andere Hausnummer. Das wird seit Jahren bekrittelt und ist Gegenstand anhaltender Diskussion in den Kammern / bei Bildungsträgern. Völlig sinnfrei. Oder siehe die Auflage an den Flüchtling aus Extra 3 - eigentlich bestanden, muss aber weiter rumlernen, weil das halt so sein muss. Danke Merkel.

Am Ende müssen wir als Gesellschaft schauen, dass wir Werte schaffen, die andere wollen. Weil wir vieles importieren müssen oder wollen. Daher ist es durchaus gesellschaftlich wichtig, dass Forschung und Entwicklung sowie Produktion funktionieren.

Pflege ist auch wichtig - aber eben Konsum, den wir uns als Gesellschaft leisten können müssen.

Kinder sind wichtig - daher gibt es ja auch in Deutschland schon viel Förderung & Lehrer werden gut bezahlt.
Ich sage gleich dreimal Smarty in den Spiegel und frage dich wo deine Kinder auf die Schule gehen und welche extra-Förderungen du ihnen außerhalb des Systems zukommen lässt. Wir haben förderalistischen Scheißdreck, ein verrostetes System des Beamtentums mit wenig Anreizen sich konstant als Lehrkraft zu verbessern, kaum unterstützende Hilfe für psychisch belastete / zu fördernde Kinder und du meinst wir hätten "viel Förderung". Im Vergleich mit Schwarzafrika und den indischen Slums von Mumbai schon, von mir aus auch mit den staatlichen Schulen der USA in Brennpunkten, aber meine Anspruchshaltung ist eine höhere.

Im Detail kann man da über vieles streiten und auch vieles besser machen. Klingt bei dir aber so, als ob du da sehr hohe hättest. Was stellst du dir denn bei gesellschaftlicher Unterstützung für Care Arbeit konkret vor?
Viele kleine Details, die in Summe aber eine Richtung anzeigen können. Mal aus dem Bauch raus:

- Weitere Digitalisierung, alleine kindkrank sollte nicht bedeuten, dass ich evtl. zwei mal vor Ort in der Praxis stehe und dann noch zur Kasse / Post muss und beim AG telefonieren. Der dann wiederum rumfieselt, bis alles im System ist, weil ein Teil der AU (normal) so und ein anderer (kindkrank) so erscheint. Ob man da auch gekürztes Gehalt haben sollte, stelle ich mal in Frage.
- Wenn ich schon Geld von Agentur und sonstigem in die Bewerbung von Girls Days für Maschbauer blase, dann sollte ich im absoluten Minimum das gleiche für Erzieher und Pflege rausblasen, gerne auch als "boys days".
- Generell Förderung von Weiterbildung und Umschulung für soziale Berufsbilder, die nicht an die Rechtsträger gekoppelt sind. Mir geht nicht ein, warum viele Fördermittel direkt KdöR, e.V. und gGmbH auslassen, obwohl die das Geld wirklich nicht dicke haben. Gleichzeitg finanziere ich aber über x-Hintertüren für drei Maschbauer extrem spezifische CAD- oder CNC-Kurse, die für den Markt genau gar nicht relevant sind.
- Verstärkter Aufbau von Ganztagsbetreuung von Grundschule auf an, auch gerne in Tandem mit "der Wirtschaft (tm)" vor Ort. Es ist hirnrissig, dass ich langsam einsteigen kann, weil die Kitas sporadisch eine Betreuung von 8 bis 15 Uhr anbieten, in der Grundschule aber plötzlich wieder 11 Uhr 30 tagesweise aus ist und >70% der Eltern in die Röhre gucken.
- Aufbau von einfach verständlichen, funktionierenden, digitalen Lösungen für die Bewerbung / Vergabe von Betreuungsplätzen, das ganze las einheitliche Softwarelösung, die den Kommunen zur Verfügung gestellt wird
- Subvention / Bewerbung / Zuschüsse an Unternehmen, die eine Betriebs-Kita / Hausaufgabenbetreuung für die Mitarbeiter einrichten / mitfinanzieren, höhere Mittel, wenn das als Verbund geschieht. U.a. vllt. durch Übernahme der technischen Betriebskosten (nicht Personal) oder Übergabe von geeigneten Objekten durch die Stadt / Wohnbau. Angebote von Shuttle-Services oder ähnliches, wenn das nicht im dicksten Industriegebiet geschehen soll. Müsste man eindenken, dass auch von außen ein %-Teil Kinder reinkommen darf (und muss, bevor das stratifizierend wirkt).
- gezieltere Unterstützung und Gründungshilfen für ambulante Pflegeservices, gerne auch Erleichterungen und Nachlässe für Spritkosten für alles was in diese Richtung geht (auch Essenslieferungen und co). Wenn die Traktorenbande schon was kriegt, dann sollten die auch was haben, das über die normale Querfinanzierung hinaus geht.
- bereits mehr Leistungen in den unteren Pflegestufen, die u.a. auch gerne der Psychohygiene der Angehörigen dienen darf
- mehr Nachlässe für Ehrenamtliche, bzw. Bewerb des Ehrenamts, das nicht nur regional gilt. Vma. eine Woche mehr gesetzlicher Urlaub, höheres Bafög / niedrigere Rückzahlungsbeträge oder sonstige Boni, wenn sozial-relevantes Ehrenamt ausgeübt wird, das mit der Care-Arbeit verschränkt ist: Seniorenarbeit, Suppenküchen, Tafel, Hausaufgabenbetreuung, so was in die Richtung.
- gezielter Ausbau von öffentlichem Nahverkehr / Hol- und Bringservices auf dem platten Land für Alte und Kinder. Muss ja nicht sein, dass ich die zu Facharztterminen karren muss, weil kein Bus/Bahn und kein Taxi
- Subvention vom Ausbau / gezieltem Bau von behinderten- oder altersgerechten Wohnungen, bzw. Zwang an private Großkonzerne einen Mindestanteil an gefördertem Wohnraum in ihre Quartiere oder Bauklötze zu ziehen
- Abschaffung jeglicher kirchenrechtlicher Sonderformen im Arbeitsrecht, auch für Diakonien und kirchennahen Sozialverbänden
 
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In welcher wirklich relevanten Situation wirst du präziser, wenn du statt "die Lehrer" den Ausdruck Lehrer:innen verwendest.
Bitte zwei Sätze. Ich mein das tatsächlich ernst, weil du ständig mit dem präziser etc. kommst. Ich sehe es einfach nicht.
Ich kann verstehen, dass jemand sagt er fühlt sich nicht mitgenommen durch generischen Maskulinum, aber dass es angeblich präziser wird, wenn jemand die gegenderte Schreibweise nutzt, sehe ich nicht.
Ob relevant ist in der Bewertung natürlich die entscheidende Frage, ich hab mich nur an saistaeds Formulierung gestört, die allgemein gefasst war. Rein formal betrachtet ist Lehrer:innen schlicht und ergreifend präziser, da es einen Informationsmehrwert liefert. Lehrer kann eine gemischtgeschlechtliche Gruppe oder eine Gruppe von männlichen Lehrern sein. Das trifft auf Lehrer:innen nicht zu.
Wenn du z.B. an eine Lehrertoilette einen Zettel hängst auf dem steht "Lehrer dürfen diese nicht mehr benutzen", sind damit alle Lehrkräfte gemeint oder nur männliche Lehrer? :ugly:
Wie gesagt, man darf gern in den Raum stellen wie relevant das ganze ist und ob es die Umständlichkeit wert ist, aber pauschal zu sagen gegenderte Sprache ist indirekter und unpräziser finde ich inhaltlich falsch.
 

Celetuiw

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Viele kleine Details, die in Summe aber eine Richtung anzeigen können. Mal aus dem Bauch raus:
- Umsetzung der EU Richtlinie zum Vaterschaftsurlaub. Zur Erklärung: eigentlich gibt es ein EU Gesetz (Richtlinie) nach der Väter Anspruch auf zwei Wochen bezahlten Urlaub haben.
Hast du in Deutschland aber keinen Anspruch drauf, weil wir dazu noch kein Gesetz erlassen haben, obwohl wir müssten.

Wäre sinnvoll um Frauen direkt nach der Entbindung zu unterstützen und Männer ab Tag 1 in die Care Arbeit zu involvieren.

Hier hat einer gegen die BRD geklagt deswegen:
 
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Und die 2 Wochen sind ja noch lächerlich wenig. Es sollte eigentlich Standard sein, dass auch Väter mindestens 6 Wochen ab Geburt freigestellt sind, um sich um Frau und Baby kümmern zu können.

Wir sind uns ja in den Auswirkungen einig, von daher macht es eigentlich keinen Sinn, weiter darüber zu diskutieren. Sprach er, und machte es trotzdem (:ugly: ): Das ist mir immer noch zu vage und zu viel Handgewedel, was du hier betreibst. Ist ja per se nicht schlimm, aber unpassend wenn man es der Gegenseite vorwirft. Z.B. Prägnanz oder konkreter Ausdruck: Man könnte imo problemlos argumentieren, dass ein gegenderter Ausdruck prägnanter bzw. konkreter ist. Er erfordert nicht viel mehr Zeichen und stellt trotzdem einen Informationsmehrwert dar. Bei dem Ausdruck Lehrer weißt du nicht, ob Frauen Teil der Gruppe sind. Kann sein, muss aber nicht. Bei Lehrer:innen ist das eindeutig. Deine Prämisse, dass ein durchgegenderter Text nach objektiv messbaren Gütekriterien (wie gesagt, was sollen die sein?) damit erstmal schlechter ist, kann ich nicht unterschreiben.
Wir stimmen in der persönlichen Bewertung darin überein, dass letztlich entscheidend ist, was der Kontext ist und ob diese Zusatzinformation an dieser Stelle wichtig bzw. sinnvoll ist. Wichtig bzw. sinnvoll sind aber schwer objektiv messbar und da wird es sicherlich unterschiedliche Ansichten an verschiedenen Stellen geben. Kann sich nur im gesellschaftlichen Diskurs auflösen. Oder wir erlauben halt eigenständig zu entscheiden.

Du hast für mich immer noch nicht hinreichend erklärt, wo hier ein Widerspruch sein soll. Es ist (imo) doch ziemlich einfach beschrieben: Sprachliche Sichtbarkeit ist ein Faktum. Lehrer vs. Lehrer:innen. In einem Fall ist sprachlich sichtbar, dass Frauen Teil der Gruppe sind, im anderen Fall nicht. Ein Gruppe rein männlicher Lehrer wird nämlich identisch bezeichnet. Und darum passt auch der Vergleich mit dem generischen Maskulinum nicht: Es ist allgemein bekannt, dass der Begriff Lehrer als generisches Masklinum beide Geschlechter umfasst, sichtbar ist es aber nicht.
Auffälligkeit ist die subjektive Einschätzung einer Sichtbarkeit und ist somit ein komplett anderes Thema. Du bringst das irgendwie in Verbindung und siehst dann einen Widerspruch, wo keiner ist und das kann man doch dann auf alles mögliche übertragen. Wenn ich den Ausdruck Kinder vs. den Ausdruck Kind lese, dann ist für mich sichtbar, dass es um einen Plural vs. einen Singular geht. Trotzdem bin ich den Ausdruck Kinder so gewöhnt, dass es mir jetzt nicht besonders auffällt.
Darum widerspreche ich dir auch nicht, dass die Kombination von männlicher und weiblicher Form als männlich und weiblich gelesen sein soll; das ist ja genau das Ziel. Imo geht es dann rein darum, ob der Mehrwert an Information den Umstand des Neuschreibens rechtfertigt. Und natürlich so soft-Argumente wie "fairness", die schwer zu beziffern sind. Sichtbarkeit hat trotzdem nichts mit Auffälligkeit zu tun.
Mir ist, ehrlich gesagt, das Problem nicht klar. Meine Proposition ist: Wenn man defaultmäßig einfach "Lehrerinnen und Lehrer" oder "Lehrer:innen" statt "Lehrer" sagt, dann erzeugt man Aufmerksamkeit für das Geschlecht der beteiligten Personen. Diese Aufmerksamkeit ist einerseits gewollt, weil man durch Gendern ja gerade darauf hinweisen will, dass zu der Gruppe Männer und Frauen gehören (Repräsentation). Andererseits ist sie aber nicht gewollt, wenn das Geschlecht der bezeichneten Personen irrelevant ist und es rein um ihre Funktion geht (Abstraktion). Das generische Maskulinum zielt auf Abstraktion und erreicht dieses Ziel natürlich nur unzureichend. Doppelnennung zielt auf Repräsentation. Ich behaupte, dass diese beiden Ziele bis zu einem gewissen Grad unverträglich miteinander sind, weil du Repräsentation auf der Bedeutungsebene eben nur erreichst, wenn die Bedeutung auch ankommt, was zwangsläufig mit dem Verlust von Abstraktion einhergeht. Mir scheint, du ziehst dich als Entgegenung darauf zurück, dass die Bedeutung ja keine Rolle spiele, solange die Repräsentation auf Zeichenebene gegeben sei: Jetzt steht doch da "Lehrerin"/":innen", alles tutti. Kann man sicherlich gut finden, ich halte das dann für reinen tokenism und sehe nicht den Imperativ, dabei mitzuziehen. Das ist in etwa, als wenn jetzt alle anfangen sich einen "Gegen Rassismus"-Sticker anzuheften, Leute ohne diesen Sticker tendenziell als vermutlich pro-rassistisch beäugt werden und wir uns gleichzeitig wünschen, dass sich alle so sehr an die Sticker gewöhnen, dass es niemandem mehr auffällt.
Ein sinnvolle Diskussion über Gendern sollte imo schon konkrete Ziele benennen und reale Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Das ist ja durchaus möglich. "Jeder, wie er will" ist eine Binse, denn die interessante Frage ist ja, was in welcher Situation bessere Outcomes produziert und in manchen Fällen kann man das empirisch untersuchen, in anderen weniger.


Ob relevant ist in der Bewertung natürlich die entscheidende Frage, ich hab mich nur an saistaeds Formulierung gestört, die allgemein gefasst war. Rein formal betrachtet ist Lehrer:innen schlicht und ergreifend präziser, da es einen Informationsmehrwert liefert. Lehrer kann eine gemischtgeschlechtliche Gruppe oder eine Gruppe von männlichen Lehrern sein. Das trifft auf Lehrer:innen nicht zu.
Wenn du z.B. an eine Lehrertoilette einen Zettel hängst auf dem steht "Lehrer dürfen diese nicht mehr benutzen", sind damit alle Lehrkräfte gemeint oder nur männliche Lehrer? :ugly:
Wie gesagt, man darf gern in den Raum stellen wie relevant das ganze ist und ob es die Umständlichkeit wert ist, aber pauschal zu sagen gegenderte Sprache ist indirekter und unpräziser finde ich inhaltlich falsch.
Zwei Dinge hierzu:

1.
Ich hab nie behauptet, gegenderte Sprache sei "indirekter und unpräziser". Die beiden Kategorien, die ich vorgebracht hatte, waren Kürze und Verständlichkeit, wobei letztere sich hier aus ersterer ableitet: Ein Text, der viele genderbare Begriffe enthält, wird umständlicher und schwerer zu lesen als ein Text, der darauf verzichtet. Beispiel:
Lehrerrolle [engl. role of the teacher], [PÄD], beschreibt die soziale Rolle einer Lehrperson, die diese im System Schule einnimmt. Sie umfasst die Planung und Durchführung des Unterrichts, die Interaktion mit Schülern, Eltern, Kollegen und weiteren Personengruppen sowie die Rolle als Vertreter der Schule in Administration und Öffentlichkeit. Basierend auf vielerlei teilweise divergierenden Erwartungen werden Lehrkräften versch. Rollen zugeschrieben, wie u. a. Wissensvermittler, Berater oder Erzieher. [...]
Findest ernsthaft, dass etwa folgende Änderunngen keinerlei Einfluss auf Lesbarkeit und Verständlichkeit und mithin auf die Qualität des Textes haben?
Lehrerrolle bzw. Lehrerinnenrolle [engl. role of the teacher], [PÄD], beschreibt die soziale Rolle einer Lehrperson, die diese im System Schule einnimmt. Sie umfasst die Planung und Durchführung des Unterrichts, die Interaktion mit Schülerinnen und Schülern, Eltern, Kolleginnen und Kollegen und weiteren Personengruppen sowie die Rolle als Vertreterin bzw. Vertreter der Schule in Administration und Öffentlichkeit. Basierend auf vielerlei teilweise divergierenden Erwartungen werden Lehrkräften versch. Rollen zugeschrieben, wie u. a. Wissensvermittler:innen, Berater:innen oder Erzieher:innen. [...]
Gendern ist stilistisch oft schlechter und die Frage ist, welche anderen Vorteile es bietet, die das rechtfertigen.

2.
Richtig: Klarheit und Präzision sind ebenfalls sprachliche Tugenden. Und ja: das generische Maskulinum kann für Unklarheit sorgen und in solchen Fällen sollte man es vermeiden oder anderweitig für Klarheit sorgen. Das hat für mich aber wenig mit Gendern zu tun, sondern eben mit Klarheit des Ausdrucks. Viele Formulierungen und Begriffe, die wir benutzen, können im Einzelfall missverstanden werden. Das führt aber regelmäßig nicht dazu, dass wir sie überall durch andere Begriffe ersetzen.
Ich würde nicht mal sagen, dass "Lehrer:innen" per se ein präziserer Begriff ist. Für mich klingt es wie eine Kurzform von "Lehrer und Lehrerinnen" und ja, wenn ich klarstellen will, dass ich damit die Männer und Frauen unter den Lehrern meine, dann ist der Begriff präziser, z.B. wenn der Sohn zum Vater sagt "Die Lehrer waren heute echt mies drauf." Obwohl der Vorteil der Klarheit hier auf der Hand liegt, glaube ich übrigens nicht, dass im Alltag jemand, außer ganz hartgesottenen Genderverfechtern sagen würde: "Die Lehrerinnen und Lehrer / die Lehrer:innen / die Lehrkräfte / etc. waren heute echt mies drauf". Warum ist das wohl so?
Im Allgemeinen geht es aber überhaupt nicht um eine konkrete Gruppe von Lehrern, zu denen vielleicht Männer und Frauen oder nur Männer gehören, sondern um den Lehrer an sich in seiner Funktion in der Schule, der Gesellschaft o.ä. Und in solchen Fällen büßt die Verwendung der generischen Form auch keine Präzision ein, sondern kann das Gemeinte sogar besser treffen, weil Geschlechtlichkeit eben nichts zur Sache beiträgt, explizit geschlechtliche Formen also gar keinen sinnvollen Informationswert haben, sondern Aufmerksamkeit für eine Nebensache erzeugen. Und letzteres ist grundsätzlich ein Merkmal schlechten Stils.
 
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Mir ist, ehrlich gesagt, das Problem nicht klar. Meine Proposition ist: Wenn man defaultmäßig einfach "Lehrerinnen und Lehrer" oder "Lehrer:innen" statt "Lehrer" sagt, dann erzeugt man Aufmerksamkeit für das Geschlecht der beteiligten Personen. Diese Aufmerksamkeit ist einerseits gewollt, weil man durch Gendern ja gerade darauf hinweisen will, dass zu der Gruppe Männer und Frauen gehören (Repräsentation). Andererseits ist sie aber nicht gewollt, wenn das Geschlecht der bezeichneten Personen irrelevant ist und es rein um ihre Funktion geht (Abstraktion). Das generische Maskulinum zielt auf Abstraktion und erreicht dieses Ziel natürlich nur unzureichend. Doppelnennung zielt auf Repräsentation. Ich behaupte, dass diese beiden Ziele bis zu einem gewissen Grad unverträglich miteinander sind, weil du Repräsentation auf der Bedeutungsebene eben nur erreichst, wenn die Bedeutung auch ankommt, was zwangsläufig mit dem Verlust von Abstraktion einhergeht. Mir scheint, du ziehst dich als Entgegenung darauf zurück, dass die Bedeutung ja keine Rolle spiele, solange die Repräsentation auf Zeichenebene gegeben sei: Jetzt steht doch da "Lehrerin"/":innen", alles tutti. Kann man sicherlich gut finden, ich halte das dann für reinen tokenism und sehe nicht den Imperativ, dabei mitzuziehen. Das ist in etwa, als wenn jetzt alle anfangen sich einen "Gegen Rassismus"-Sticker anzuheften, Leute ohne diesen Sticker tendenziell als vermutlich pro-rassistisch beäugt werden und wir uns gleichzeitig wünschen, dass sich alle so sehr an die Sticker gewöhnen, dass es niemandem mehr auffällt.
Ein sinnvolle Diskussion über Gendern sollte imo schon konkrete Ziele benennen und reale Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Das ist ja durchaus möglich. "Jeder, wie er will" ist eine Binse, denn die interessante Frage ist ja, was in welcher Situation bessere Outcomes produziert und in manchen Fällen kann man das empirisch untersuchen, in anderen weniger.
Ich glaube wir werden bei diesem Punkt nicht zusammenkommen. Aus meiner Sicht konstruierst du einen Strohmann, indem du aus Sichtbarkeit Aufmerksamkeit machst und dann daraus verschiedene Sachen konstruierst. Wir stellen uns ja z.B. eine Welt vor, in der der gegenderte Ausdruck komplett das generische Maskulinum ersetzt. Es spielt dann also keine Rolle, ob es jetzt an der Stelle explizit wichtig ist, dass beide Geschlechter Teil der Gruppe sind oder das Geschlecht in diesem Kontext keine Rolle spielt, beides würde man als Lehrer:innen bezeichnen.
Es würde dementsprechend vom Kontext abhängen, ob da jetzt konkrete Repräsentation oder Abstraktion gemeint ist - nicht unähnlich zur jetzigen Situation, in der ich ja auch verstehen muss, ob gerade von allen Lehrkräften oder von männlichen Lehrern geredet wird. Ist für mich aber eine logischere Form der Abstraktion.

Ich finde übrigens nicht, dass es der Sache gerecht wird, das als "Tokenism" zu bezeichnen. Auf das Wort Neger zu verzichten kannst du in gewisser Form ja auch als Tokenism bezeichnen; ist letztlich nur ein Ausdruck und du kannst auch absolut rassistisch handeln während du dich politisch korrekt ausdrückst. Bezüglich der wirklichen Probleme eines dunkelhäutigen Menschen in Deutschland, racial profiling, Wohnungs- und Jobsuche, tägliche Diskriminierungen usw. ist das wohl auch ein unwichtiger Punkt. Und ja, auch da wird moralisiert, wenn du diese Konvention ablehnst, selbst wenn du freundlich und respektvoll mit jedem Neger umgehst. Sprache ist halt unser Kommunikationsmittel der Wahl, da spielt Symbolismus eben auch ne wichtige Rolle.
Der Unterschied ist, dass es mit weniger Aufwand verbunden ist, auf das Wort Neger zu verzichten, als alle möglichen Pluralformen zu gendern.

Ich hab nie behauptet, gegenderte Sprache sei "indirekter und unpräziser". Die beiden Kategorien, die ich vorgebracht hatte, waren Kürze und Verständlichkeit, wobei letztere sich hier aus ersterer ableitet: Ein Text, der viele genderbare Begriffe enthält, wird einfach erstmal deutlich umständlicher und schwerer zu lesen als ein Text, der darauf verzichtet. Beispiel:

Mein Punkt ist: Prima facie widerspricht Gendern erstmal vielen etablierten Qualitätsmerkmalen sprachlichen Ausdrucks: Prägnanz, Verständlichkeit oder etwa dem Prinzip, dass man sich lieber konkret als abstrakt ausdrücken sollte.
Dann hatte ich dich in dem Absatz falsch verstanden. Für mich war Prägnanz in dem Falle sowas wie Präzision und "konkret ausdrücken" hieß für mich direkter. Ist ja aber auch ein Nebenschauplatz. Für mich ist das einzige Qualitätsmerkmal, dem das Gendern widerspricht, das der Verständlichkeit. Dazu hab ich ja aber schon geschrieben, dass nach meiner Erfahrung dieses Gebot in Abwägungen oftmals zurücksteht.

Du findest ernsthaft, dass etwa folgende Änderunngen keinerlei Einfluss auf Lesbarkeit und Verständlichkeit und mithin auf die Qualität des Textes haben?
Für mich lässt sich das einfach darauf runterbrechen, dass Gendern oft mit schlechterem Stil einhergeht und die Frage ist halt, ob es das im Einzelfall wert ist oder nicht. Mich erinnert das an den elenden pseudo-wissenschaftlichen Passivstil, der in vielen Sozialwissenschaften üblich ist: An sich klar schlechter, aber viele Leute tun es halt, weil sie meinen, es böte einen besonderen Vorteil.
Ich kann da jetzt nur für mich persönlich sprechen: Ich finde im Schriftlichen die Ausformulierung beider Geschlechter nervig und der Lesbarkeit abgängig, das gendern mit Doppelpunkt aber nicht, das kann man imo flüssig durchlesen. Beim Sprechen ist es für mich umgekehrt, da finde ich die Ausformulierung natürlicher und für mich zugänglicher als das Gendern. Ist aber auch wieder eine starke Frage der Gewöhnung. Hab letztens eine Arte Sendung geguckt und am Anfang ist mir das gendern noch aufgefallen, nachher nicht mehr.
 
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Ich glaube wir werden bei diesem Punkt nicht zusammenkommen. Aus meiner Sicht konstruierst du einen Strohmann, indem du aus Sichtbarkeit Aufmerksamkeit machst und dann daraus verschiedene Sachen konstruierst. Wir stellen uns ja z.B. eine Welt vor, in der der gegenderte Ausdruck komplett das generische Maskulinum ersetzt. Es spielt dann also keine Rolle, ob es jetzt an der Stelle explizit wichtig ist, dass beide Geschlechter Teil der Gruppe sind oder das Geschlecht in diesem Kontext keine Rolle spielt, beides würde man als Lehrer:innen bezeichnen.
Es würde dementsprechend vom Kontext abhängen, ob da jetzt konkrete Repräsentation oder Abstraktion gemeint ist - nicht unähnlich zur jetzigen Situation, in der ich ja auch verstehen muss, ob gerade von allen Lehrkräften oder von männlichen Lehrern geredet wird. Ist für mich aber eine logischere Form der Abstraktion.
Wir leben nicht in einer Welt, wo immer und allgegenwärtig gegendert wird und wir werden auch in absehbarer Zeit nicht in dieser Welt leben. Es ergibt wenig Sinn sich darüber zu unterhalten, wie eine Formulierung empfunden werden wird im Jahr 2086, wenn der endgültige Sieg des Genderns über das generische Maskulinum bereits Geschichte ist. Ich als Autor wähle meine Sprache danach aus, wie sie im Jahr 2024 wirkt. Und bevor du das wieder dagegen hältst: Das heißt explizit nicht, dass ich als Autor immer und überall auf maximale Verständlichkeit drängen muss. Ich kann und werde regelmäßig vielleicht auch Worte wählen, die schwerer zu verstehen sind, wenn ich einen zureichenden Grund habe. Die einzige Frage ist: Was qualifiziert als zureichender Grund? Und diese Frage lässt sich je nach Situation unterschiedlich beantworten.
Im Übrigen unterstellst du einfach, dass es auch tatsächlich möglich ist völlig von der expliziten Geschlechtlichkeit einer Form wie "Lehrer:innen" zu abstrahieren. Teile der Pro-Gender-Forschung weisen empirisch doch gerade nach, dass eine derartige Abstraktion - nämlich beim generischen Maskulinum - eben nicht möglich ist.

Ich finde übrigens nicht, dass es der Sache gerecht wird, das als "Tokenism" zu bezeichnen. Auf das Wort Neger zu verzichten kannst du in gewisser Form ja auch als Tokenism bezeichnen; ist letztlich nur ein Ausdruck und du kannst auch absolut rassistisch handeln während du dich politisch korrekt ausdrückst. Bezüglich der wirklichen Probleme eines dunkelhäutigen Menschen in Deutschland, racial profiling, Wohnungs- und Jobsuche, tägliche Diskriminierungen usw. ist das wohl auch ein unwichtiger Punkt. Und ja, auch da wird moralisiert, wenn du diese Konvention ablehnst, selbst wenn du freundlich und respektvoll mit jedem Neger umgehst. Sprache ist halt unser Kommunikationsmittel der Wahl, da spielt Symbolismus eben auch ne wichtige Rolle.
Der Unterschied ist, dass es mit weniger Aufwand verbunden ist, auf das Wort Neger zu verzichten, als alle möglichen Pluralformen zu gendern.
Ja, man "kann" den Verzicht auf das Wort Neger als Tokenism bezeichnen. Nur halte ich beim Wert Neger für wesentlich plausibler und verständlicher, dass es Menschen beleidigt, verletzt, triggert, whatnot, während der Verzicht an ca. 99,99 Prozent der deutschen Sprachäußerungen genau gar nichts ändert. Dass sich irgend jemand, der sich nicht zwanghaft in das Thema hineinsteigert, ernsthaft verletzt, herabgewürdigt oder sonstwas fühlt, wenn er/sie ein generisches Maskulinum liest, halte ich dagegen für eher unplausibel und habe (völlig subjektiv) auch nur wenig, wenn auch nicht gar kein, Verständnis dafür. Gleichzeitig bedeutet der vollständige Verzicht auf das generische Maskulinum eine merkliche Veränderung (und imo größtenteils Verschlechterung) eines sehr großen Teils der deutschen Sprache.

Was du hier übrigens völlig versäumst ist eine plausible Erklärung, inwiefern Gerndern etwas anderes als bloßer Tokenism ist. Im Gegenteil, du machst ja sogar ganz explizit stark, dass es wirklich nur um die symbolische Formel geht. Jetzt mal ganz konkret: Warum machst du es? Warum sollte ich es?
Ich halte mich allgemein schon für einen ausgesprochenen Menschenfreund, aber der positive Effekt des Genderns erschöpft sich für mich regelmäßig darin, dass man mich nicht für nen Bauerntölpel oder ein chauvinistisches Arschloch hält - da ich grundsätzlich auch ein eher selbstloser Typ bin, reicht mir das als Grund natürlich nicht. :deliver:
 
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@tic0r ich verstehe wirklich nicht wie man immer wieder zu dem Punkt kommen kann, dass "Sichtbarkeit" so schrecklich wichtig sei. Es ist aufgrund der Studienlage zigfach belegt, dass genau diese Kausalkette Sprache --> Sichtbarkeit --> Denken nicht existiert, bzw. ihre Relevanz so klein ist, dass Aufwand und Nutzen nicht ansatzweise im Verhältnis stehen. Das ist das Hauptargument wenn nicht sogar das einzige Argument pro Gendern, und es ist empirisch bestenfalls shaky. Warum reden wir dann immer noch über diesen Mist anstatt, siehe die Punkte von @GeckoVOD, uns um echte Probleme zu kümmern.

Es ist eine unbelegte Hypothese deren Validität trotz viel Forschung nicht besser wurde, es kostet Zeit und Nerven, eine Mehrheit lehnt es ab … trotzdem will eine größtenteils geisteswissenschaftlich gebildete Elite nicht von diesem Bullshit lassen. Was sagt uns das über das Demokratie und Wissenschaftsverständnis dieser Menschen? Nichts gutes befürchte ich, denn offenbar ist Evidenz in diesen Kreisen nur dann wichtig wenn es zu den eigenen Vorstellungen passt.

Wie @saistaed schreibt: Es ist purer Tokenism. Bei Worten wie "Neger" ist begründbar, wie diese wirken und es gibt empirische Evidenz für die Konnotation. Die Nutzung von ":innen" ist dagegen vor allem ein guter Indikator wie nervig eine Person ist. Im Übrigen erlebe ich es in 97,2% der Fälle so, dass selbst die größten Vorkämpfer:innen des Genderns sich im Sprachfluss verstolpern und es dann in einem längeren Gespräch irgendwann mindestens zu Hälfte aufgeben. Dazu sage ich: lol.
 
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Wir haben grad ne tonne Handlungsanweisungen neu geschrieben und in diesem Zuge auch Genderneutral gestaltet.

Im wesentlichen hiess es für mich und zwei Kolleginnen Augenrollen und dann "Augenzu und Gendern bzw. eben Entgendern". Wenigstens haben wir "Bewohnende", "Pflegende" u.s.w. gebraucht und nicht das ekelhafte "Innen" oder ":", "*".
 
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Celetuiw

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Und die 2 Wochen sind ja noch lächerlich wenig. Es sollte eigentlich Standard sein, dass auch Väter mindestens 6 Wochen ab Geburt freigestellt sind, um sich um Frau und Baby kümmern zu können.
Ich möchte mich da noch ein Gecko anschließen. Im Endeffekt weiß ich nicht, ob Gendern kleine Effekte haben könnte auf Rollenverständnis, Berufswahl von Kinden und auf berufliche Teilhabe und Gleichstellung von Frauen im Arbeitsmarkt.

Ich finde es aber in Relation auch absolut unerheblich. Wie Gecko richtiger weise anriss, ist der dt Staat eigentlich sehr unflexibel und folgt dem Mantra nur Vollzeitarbeit 9 to 5 ist echte Arbeit. Es gibt m.M. nach sehr viele Dinge, in denen da etwas passieren muss.

Und ich denke, dass Gendersprache für viele Unternehmen und staatliche Stellen eine billige Möglichkeit ist, virtue signaling zu betreiben und mit dem Thema durch zu sein.

Mir ist das Thema nicht egal, ich bin weder perfekt von der Relevanz noch von der Irrelevanz überzeugt, aber finde deutlich wir haben ganz andere Baustellen in dem Bereich.

@Bootdiskette ist das so? Die Studienlage zitieren ist so eine Sache. Das haben in diesem Thread bereits smarty und Gustavo mit sehr unterschiedlichen Ansichten.
Hast du eine konkrete Studie im Kopf?
 
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Wir haben grad ne tonne Handlungsanweisungen neu geschrieben und in diesem Zuge auch Genderneutral gestaltet.

Im wesentlichen bestand es von Seiten allen (2 Frauen und mir) aus Augenrollen und dann "Augenzu und Gendern bzw. eben Entgendern". Wenigstens haben wir "Bewohnende", "Pflegende" u.s.w. gebraucht und nicht das ekelhafte "Innen" oder ":", "*".
ich finde die partizipformen ekelhaft und lese lieber "Innen/*innen" als diesen murks mit wählenden, radfahrenden und zufußgehenden ertragen zu müssen. ich klicke inzwischen auch jeden artikel weg, in dem aggressiv gegendert wird, selbst wenn ich ihn ohnehin nur überfliegen wollte. taz fällt mir hier als beispiel ein. kann ich nicht ertragen. ist zwar traurig, weil es die ohnehin schon massive wahrnehmungsselektion in unserer gesellschaft nur weiter verschärft, aber ich bin zu alt, um mir aggressive gendersprache anzutun.
 
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Vereinzelt find ich BewohnerInnen nicht sooo schlimm... Wenn die Wörter in einem Dokument aber ständig vorkommen, ist Bewohnende dann imho doch angenehmer.
 
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Wir leben nicht in einer Welt, wo immer und allgegenwärtig gegendert wird und wir werden auch in absehbarer Zeit nicht in dieser Welt leben. Es ergibt wenig Sinn sich darüber zu unterhalten, wie eine Formulierung empfunden werden wird im Jahr 2086, wenn der endgültige Sieg des Genderns über das generische Maskulinum bereits Geschichte ist. Ich als Autor wähle meine Sprache danach aus, wie sie im Jahr 2024 wirkt. Und bevor du das wieder dagegen hältst: Das heißt explizit nicht, dass ich als Autor immer und überall auf maximale Verständlichkeit drängen muss. Ich kann und werde regelmäßig vielleicht auch Worte wählen, die schwerer zu verstehen sind, wenn ich einen zureichenden Grund habe. Die einzige Frage ist: Was qualifiziert als zureichender Grund? Und diese Frage lässt sich je nach Situation unterschiedlich beantworten.
Dann haben wir hier offensichtlich wieder aneinander vorbeigeredet. Aus meiner Sicht ergibt es am meisten Sinn darüber zu reden, was passiert wenn das Gendern das generische Maskulinum ersetzt, da das ja genau der Zweck des Ganzen sind. Und wenn es um individuelle Entscheidungen geht: Du als Autor sollst sowohl im Jahr 2024 wie auch im Jahr 2086 deine Sprache so auswählen sollen, wie du es möchtest. Zumindest in Bezug auf das Gendern. Ich bin nicht dafür, dass nicht-gendern das gleiche gesellschaftliche Stigma bekommt wie das Wort Neger.

Im Übrigen unterstellst du einfach, dass es auch tatsächlich möglich ist völlig von der expliziten Geschlechtlichkeit einer Form wie "Lehrer:innen" zu abstrahieren. Teile der Pro-Gender-Forschung weisen empirisch doch gerade nach, dass eine derartige Abstraktion - nämlich beim generischen Maskulinum - eben nicht möglich ist.
Also erstmal darfst du das nicht als Argument verwenden wenn du ja der Meinung bist, dass eine derartige Abstraktion beim generischen Maskulinum möglich sei. Zweitens glaube ich nicht, dass es tatsächlich Forschung gibt, die eine Abstraktion für unmöglich erklären könnte, das ist doch auch Schwachsinn. Niemand oberhalb von Förderschulbedarf kann nicht verstehen, dass das Wort Lehrer historisch auch für gemischtgeschlechtliche Gruppen verwendet wird. Es ist doch nicht so als hätte unsere Sprache bis zur Entdeckung des Genderns nicht funktioniert.
Das hat daher für mich nichts mit Unterstellung sondern mit gesundem Menschenverstand zu tun. Wenn ich beide Geschlechter anspreche, dann spreche ich die Gesamtheit an, im Gegensatz zum Ansprechen nur eines Geschlechts. Es ergibt für mich daher auch mehr Sinn, eine gegenderte Form als Abstraktion zu verwenden als eine der zufällig gewählten speziellen. Es wäre doch auch komisch, wenn der Ausdruck Lehrerinnen geschlechtsunabhängig alle Lehrkräfte ansprechen sollte. Natürlich könnte man sich daran gewöhnen, aber warum sollte man das?

Wäre dir das dann eigentlich lieber das generische Femininum einzuführen als zu gendern? Wenn es nur eine der beiden Optionen gäbe. Ernsthafte Frage.

Gleichzeitig bedeutet der vollständige Verzicht auf das generische Maskulinum eine merkliche Veränderung (und imo größtenteils Verschlechterung) eines sehr großen Teils der deutschen Sprache.
Nach deinem Empfinden.

Was du hier übrigens völlig versäumst ist eine plausible Erklärung, inwiefern Gerndern etwas anderes als bloßer Tokenism ist. Im Gegenteil, du machst ja sogar ganz explizit stark, dass es wirklich nur um die symbolische Formel geht. Jetzt mal ganz konkret: Warum machst du es? Warum sollte ich es?
Ich halte mich allgemein schon für einen ausgesprochenen Menschenfreund, aber der positive Effekt des Genderns erschöpft sich für mich regelmäßig darin, dass man mich nicht für nen Bauerntölpel oder ein chauvinistisches Arschloch hält - da ich grundsätzlich auch ein eher selbstloser Typ bin, reicht mir das als Grund natürlich nicht. :deliver:
Ich gendere überhaupt nicht. :deliver:
Auch wenn ich hier mit dir über Prägnanz und Direktheit diskutiert habe, spielt das am Ende keine Rolle für mich. Was ich am Konzept des Genderns am ehesten verständlich finde ist der Tokenism, ganz genau. Aber Sprache ist eben nicht nur Kommunikation sondern hat durch Symbolismus eben auch einen Machtfaktor. Und am Ende halte ich das Ersetzen des generischen Maskulinums durch den Doppelpunkt für keine so große Sache. So ähnlich wie das Ding mit dem Neger.

@Bootdiskette : Dieses Sprache -> Sichtbarkeit -> Denken ist zumindest nicht mein Hauptargument, keine Ahnung was andere so von sich geben. Bei mir hörts nach Sichtbarkeit auf. Ich kann mir ein Stück weit vorstellen dass das, was Smarty geschrieben hat eine Rolle spielt (also im Falle von Bewerbungen usw), aber das war's dann auch schon. Hab (leider) noch kein Buch von Judith Butler gelesen, oder wer auch immer das behauptet.
Es ist eine unbelegte Hypothese deren Validität trotz viel Forschung nicht besser wurde, es kostet Zeit und Nerven, eine Mehrheit lehnt es ab … trotzdem will eine größtenteils geisteswissenschaftlich gebildete Elite nicht von diesem Bullshit lassen. Was sagt uns das über das Demokratie und Wissenschaftsverständnis dieser Menschen? Nichts gutes befürchte ich, denn offenbar ist Evidenz in diesen Kreisen nur dann wichtig wenn es zu den eigenen Vorstellungen passt.
Was sagt mir das über dein Demokratieverständnis, wenn du den Leuten vorschreiben möchtest nicht zu gendern? Ich bin ganz dafür, dass Studenten nicht-gendern nicht als Fehler angestrichen werden darf. Wem das passiert, der soll erfolgreich dagegen klagen dürfen. Aber dass die geisteswissenschaftlich gebildete Elite nicht von diesem Bullshit lassen möchte ist ihr verdammtes demokratisches Recht.
 

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Hab (leider) noch kein Buch von Judith Butler gelesen, oder wer auch immer das behauptet.
Butler ist sex und gender, also Biologie gegen soziale Rolle. Der betreffende Aufsatz (oder was das war) ist gar nichtmal so verkehrt, auch wenn ich bspw. Erving Goffman besser finde, weil pragmatischer und weniger auf dem Papier agierend.
 
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