Wir sind hier aber nicht an einer Universität. Und auch große Firmen und Verwaltungen warten nicht auf universitäre Studien, um Reorgs, Prozessverbesserung, Automatisierung zu betreiben.Und schon werden die goal posts wieder kräftig verschoben. Dass bestimmte Verwaltungshandlungen effizienter gingen, wenn sie digital wären, bestreite ich nicht. Die Frage ist: Wie viel effizienter? Oben hast du die Digitalisierung eine "Jahrhundertaufgabe" genannt, jetzt kommst du hier mit "Argumente sind offensichtlich, muss ich nicht vorbringen." Das ist genau die Art von Argument, die dir an einer Universität um die Ohren gehauen wird.
Solche Entschieudngen beruhen zurecht oft auf Argumentationslogik. Man hat ausreichend logische Gründe, eine Verbesserung zu versuchen, und testet sie dann in der Praxis. Dann lernt man in der Realität, iteriert & verbessert und skaliert dann sobald man hinreichend überzeugt ist, dass man den richtigen Ansatz hat.
Ich bin für Reorgs & Prozessoptimierung zuständig in einem Tech-Konzern mit >100 Mrd Umsatz und >100k Mitarbeitern, und kann daher deine Aussage umdrehen: "Wenn hier jemand sagt, wir können erst handeln, wenn wir eine akademische Studie haben, dann wird dir das in der Privatwirtschaft um die Ohren gehauen".
Wenn das alles so offensichtlich wäre, warum sehen wir dann kein Wettrennen zwischen Staaten, ihre Verwaltung zu digitalisieren?
- Weil staatliche Verwaltungen Monopolisten sind, die keinem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind. Daher können sie es sich leisten, ineffizient und unmodern zu sein (Stichwort "politischer Wille").
- Weil es kein hochqualifiziertes Management gibt, was sich um diese Bereiche kümmert. (Stichwort "Kompetenz").
- Weil es Elfenbeintürmler gibt, die das ganze dann auch noch verteidigen und die Vorteile von effizenten, digitalisierten Prozessen kleinreden.
Lass' doch mal deine kleinen Unwahrheiten wie "ich höre immer nur Estland von dir". Ich habe hier exakt einmal Estland als Beispiel gebracht. Auch weil es einfach ein gutes Beispiel ist. Selbst Charlie Munger nutzt Estland als gutes Beispiel, auch wenn es bei ihm im Kontext konkret um die Digitaliserung der Justiz in den USA geht.Ich höre immer nur Estland von dir, aber das ist ein Staat der in etwa 2/3 so groß ist wie Hamburg. Ich habe schon in mehreren Ländern gelebt, alles Industrienationen, und in jedem davon sieht die Verwaltung mit der man in Kontakt kommt viel mehr so aus wie in Deutschland als in Estland. Das könnte nicht vielleicht daran liegen, dass die Effizienzgewinne einfach nicht so hoch sind wie du glaubst?
Und ich kenne wirklich niemanden außer dir, der je ernsthaft in den Raum gestellt hat, dass die langsame / mangelnde Digitalisierung von öffentlichen Verwaltungen daran liegt, dass es nicht soviel bringt. Ich vermute selbst Merkel würde zugeben, dass das sehr viel bringen kann (und dann einschränken, dass man da ja schon auf einem guten Weg ist & es halt alles nicht so einfach ist).
News Flash: Die Welt dreht sich nicht um dich. Ich bin keiner deiner Studenten, denen du rot anstreichen kannst, wenn sie keine Quelle bringen.Und schon wird wieder angenommen wozu ich dich AUSDRÜCKLICH nach Belegen gefragt habe. Kannst du denn in irgendeiner Form belegen, dass es NICHT der absolute Regelfall ist, dass die Verwaltung in Deutschland so funktioniert wie sie sollte? Anscheinend nicht.
Ob die Verwaltung in Deutschland so funktioniert wie sie sollte hängt ganz vom Maßstab ab. Wenn du die Messlatte niedrig legst und Langsamkeit, hohe Prozesskosten & die derzeitige Fehlerquote als Soll definierst, dann "funktioniert sie so, wie sie sollte".
Meine Messlatte ist beispielsweise, dass ich einfach online einen Personalausweis beantragen kann und zwar ohne dass es deutlich komplizierter ist als Online Banking. Oder dass wir eine europäische biometrische Datenbank für Asylbewerber haben, mit der sich Identitäten (vma gehashed für Datenschutz) feststellen lassen. Oder dass die Gesundheitsämter vernünftige Software zur Kontaktverfolgung einsetzen. Oder oder oder -- da kann man hunderte von Beispielen nennen, dass Verwaltung eben nicht so gut funktioniert, wie sie idealerweise sollte.
Ach komm, willst du wirklich weiter behaupten, dass der Effizienzgewinn durch Online Banking gegenüber "In die Filiale gehen, Überweisungsträger + Schecks ausfüllen" "marginal" sein soll? Naja, muss ich dich nicht überzeugen -- das kann ja hier jeder Leser aus eigener Erfahrung einschätzen.Dreist ist vor allem, dass du STATT BELEGEN ein einziges Beispiel gebracht hast, bei dem der Effizienzgewinn extrem marginal* ist
Da sind wir wieder in der schönen Logik "Rechtslage ist halt so, da kann der Gesetzgeber nichts machen". Natürlich kann man die Rechtslage so anpassen, dass digitale Signaturen easy sind (sind sie heute schon oft -- die letzten Funding Rounds eines Startups, in welchem ich investiert bin, konnte ich schön digital unterschreiben) und dass der Datenschutz es nicht unmöglich macht, digitale Verwaltungsprozesse zu bauen.*und da ist nicht mal miteinbezogen, dass du viele analoge Sachen gar nicht digitalisieren kannst, denn für Rechtsgültigkeit müssen sie unterschrieben sein, Datenschutzregeln müssen eingehalten werden usw. usf.
Ich zum Glück selten. Wer aber mit dem Bauamt zu tun hat, oder mit dem Jobcenter, für den sieht das schon anders aus. Und Effizienz wird ja nicht nur in Prozessen geschaffen, wo es um Bürgerkontakt geht."Total wertvoll", ok. Nur aus Interesse: Was glaubst du, wie oft du im Jahr im Durchschnitt in irgendeiner Form physisch zu einer Verwaltungsstelle musst als Normalbürger?
Behauptet Gustavo einfach. Weil Gustavo muss natürlich nie Belege liefern dafür, dass Digitalisierung "nur marginalen Nutzen hat, den man mit der Lupe suchen muss". Die ganze Privatwirtschaft digitalisiert wie wild, aber sind natürlich alle doof, weil nicht zu Gustavos Elfenbeinturm gehen und sich Studien anfertigen lassen. Und solange es keine Studie gibt, so liegt die Beweislast immer bei dem, der nicht Gustavos Meinung hat.Für den Teil der Verwaltungsprozesse, für den Kundenkontakt nötig ist. Die könnte man in der Tat effizienter gestalten. Aber ein volkswirtschaftlicher Schaden, den man nicht mit der Lupe suchen muss, entsteht dadurch, dass das nicht der Fall ist, halt auch nicht.
Auch hier -- du verlangst von anderen wie wild Belege, aber kannst selbst grob abschätzen, dass die Summe aller dieser Probleme und Ineffizienzen nur ein "Ärgernis" sei.Sicher fällt mir auf, dass das nicht sonderlich effizient ist. Ich sage bloß, dass die Konsequenzen davon überschaubar bleiben. Klar, für einen Flüchtling ist es scheiße wenn er auf seinen Bescheid länger warten muss und für den Wohngeldempfänger ist es scheiße, wenn ihm sein Wohngeld mit Latenz ausgezahlt wird, aber das spielt sich gesamtgesellschaftlich im Bereich "Ärgernis" ab, nicht im Bereich "muss dringend gefixt werden".
Übrigens: Darfst du mMn sogar. Ist dein gutes Recht, das so abzuschätzen und deine Meinung im Forum kundzutun. Und deswegen darf ich nicht ausrasten und dich für doof erklären, weil du eine andere Meinung hast und keine Belege lieferst.
Umgekehrt darf ich ohne "Belege" schreiben, dass du hier meiner Meinung nach klar falsch liegst. Als derjenige mit sehr wahrscheinlich weit mehr Praxiserfahrung in der (Um-)Gestaltung von Organisationen, der Gestaltung, Messung und Optimierung (digitaler) Prozesse kann ich dir sagen, dass die Gains für Kunden und das Unternehmen gigantisch sind.
Das sind wesentliche Grundvoraussetzungen.Mal das exemplarisch. Es braucht als nur politischen Willen und Kompetenz?
Dass der Kanzler und Minister den politischen Willen haben, und die Leiter der Behörden die Kompetenz, ist natürlich alleine keine "Magic Wand". Es ist trotzdem viel Arbeit, so große und träge Organisationen wie die öffentliche Verwalttung zu reformieren, umzuorganisieren und zu digitalisieren.
Wenn aber Kompetenz und politischer Wille fehlt, dann wird es schlicht nicht stattfinden. Und das ist dann kein Beweis für "Schau guck, die öffentlichen Verwaltungen machen es nicht. Ergo lohnt es sich nicht. qed."
Nein, man macht es nicht "mal eben". Man muss aber ernsthaft anfangen, sonst kommt man nie zu Potte.Ich find das einfach witzig naiv, wie davon ausgegangen wird das man eine so große Organisation wie die Deutschland GmbH mal eben umkrempelt, weil sich sofort alle einige werden was getan werden muss.
Doch, das sind Herausforderungen. Wenn man aber wegen diesen Herausforderungen gar nicht erst anfängt, gute Nacht.Es gibt überhaupt keine unterschiedlichen Interessen und Lobbygruppen, dass man sich nicht mal das Format von irgendwas einigen könnte.
Wer die Digitaliserung nicht will, der hat keine Kompetenz.Dafür ist nicht mal nötig, dass einzelne Teile des System boshaft handeln, sondern jeder für sich denkt das beste für Deutschland zu wollen. Es fängt damit an, dass nicht alle Digitalisierung wollen.