Es ist wie
@tic0r sagt: Meine Kollegen wollen auch irgendwo wohnen, sind aber eben weder Kandidaten für's Arbeitsamt noch ursprünglich illegal als Glücksritter eingereist.
Ich finde es echt erstaunlich wie schwer es für viele offenbar ist zu akzeptieren, dass geltende Regeln auch durchgesetzt werden sollen, und es eben kein sehr breit gefasstes universelles Menschenrecht auf Einwanderung nach Deutschland gibt. Da war die Rechtsprechung mE in den letzten 10 Jahren sehr auf der Seite der Vertreter dieser Meinung … und mich wundert es überhaupt nicht, dass z.B. die FAZ völlig zu recht titeln kann, dass die Politik der letzten 10-15 Jahre (insb. Merkel und ihre Follower obvsly) der AfD den Weg in die Parlamente in dieser Stärke geebnet hat.
Ich finde es traurig, dass es erst so weit kommen musste bis eine ernsthafte Debatte stattfindet und einige Dogmatiker überlegen ihre Voten anzupassen.
Leider fehlt mir der Glaube, dass diese Menschen ihre Meinung überdenken werden. Paradebeispiel wären die sicheren Herkunftsländer. Ich frage mich sehr auf welchem Level an Abgehobenheit man angekommen sein muss, um implizit jeden Lebenskontext der nicht "Level Deutschland/Wertesystem Deutschland" ist als menschenunwürdig abzulehnen––was ja letztlich stets eine Komponente der Ablehnung der Erweiterung der Liste ist. Ich empfinde es als arrogant hier den eigenen Maßstab als Messlatte für jede Kultur anzulegen. In der Konsequenz könnte man wirklich jedem Menschen auf der Welt direkt einen deutschen Pass ausstellen weil es ja quasi überall menschenunwürdig schlimm ist. Und dass man in der linken Bubble nicht akzeptieren will, dass das kein tragfähiges Konzept ist geht mir nicht in den Kopf.
Gerade auch weil man es für diejenigen schulterzuckend als normative Kraft des Faktischen akzeptiert und gar noch vehement verteidigt, die sich in ihrer Prägung und in ihren Wertüberzeugungen vom Ideal des feministischen freiheitlich-demokratisch rational-wissenschaftlich denkenden Menschen radikalstmöglich unterscheiden.
Stattdessen würde ich mir gerade für Fälle von "Es ist nicht Asyl, aber sie haben gute Gründe die wir in gewissen Grenzen anerkennen können" gut geplante und exekutierte legale Fluchtmöglichkeiten wünschen würde. Damit könnte sich ein Teil der Aufregerthemen schon fast von allein erledigen. Von einem Punkte-Immigrationssystem gar nicht erst zu reden. Dass das mit einem strikten Durchsetzen existierender Regeln und Grenzkontrollen einhergehen müsste ist klar, aber auch hier dürfte es sich eher um etwas Vorübergehendes handeln bis sich herumgesprochen hat, dass es a) legale Wege gibt, b) man mit einem ausgedachten Grund einfach nur wieder zuhause landet, und c) das gesetzlich verankerte Recht auf echtes Asyl Bestand hat. Gefühlt jedem trotz aller berechtigten Einwände subsidiären Schutz oder Duldung und dann nach ein paar mehr Jahren den Pass zu geben ist in so vielen Dimensionen falsch … insbesondere weil der Grund für diesen Zustand vor allem ist, dass wir, Deutschland, vor den damit verbundenen Debatten zurückschrecken.
Abschiebung nach Afghanistan, Syrien, Pakistan, whatever … man hat sich jahrelang damit begnügt sehr schnell mit "alles menschenunwürdig" abzubrechen weil wir selbst (!) als Gesellschaft zu viel Schiss davor hatten auch nur ein iota indirekte Verantwortung für die Konsequenzen solcher Handlungen empfinden zu müssen. Unsere Angst vor einem schlechten Gewissen jemanden nach Syrien/Afghanistan zurückgeschickt zu haben ist hier ein Hauptproblem. Der Punkt ist, dass wir uns mal wieder darüber klar werden müssten, dass Menschen auch für ihr eigenes Leben verantwortlich sind, und dass es selbst unter Berücksichtigung der besonderen Geschichte Deutschlands weder zielführend ist noch als verpflichtend empfunden werden muss, dass wir jetzt sofort die ganze Welt retten. Den easy way out zu nehmen, einfach zu allen noch so bescheuerten Messlatten ja und amen zu sagen weil man Angst vor harten Entscheidungen hat führt nur zu … ja, der AfD in den Parlamenten.
Final denke ich, dass es bei vielen anderen Themen sehr ähnlich ist. Man hat sich, eventuell auch ein Erbe der Nachkriegszeit, daran gewöhnt Probleme mit Geld oder teuren Kompromissen totzuwerfen, um harten Konflikten aus dem Weg zu gehen. Paradebeispiel Ausbau von Bahnstrecken die notwendig/sinnvoll wären aber doch nicht gebaut werden. Oder die Stromtrassen. Und ich denke, dass diese Probleme gemeinsam das Problembild des Standorts Deutschland sind. Die Migrationsdebatte ist da nur ein kleiner Teil von, und mE nicht einmal der wichtigste.