wenn es das Ergebnis so trivial klar ist, wie erklärt man dann Schweden?
Unabhängig von der Schweden-Diskussion: Ich hatte es anders gemeint, nämlich so, dass die Regierung nicht aufgrund irgendeiner Analyse andere Entscheidungen treffen, sondern damit nur die Entscheidung untermauern wird, die sie ohnehin trifft.
Meinst du das ernst?
Du sagst einerseits, dass die Maßnahmen wohl nicht optimal sind.
Andererseits aber fragst du mich, warum ich mir wünsche, dass Maßnahmen transparent nach Kosten/Nutzen bewertet werden.
Was ich mir davon erhoffe:
- Mehr gesellschaftlicher Rückhalt für die Maßnahmen mit gutem Kosten/Nutzen Verhältnis
- Mehr Gegenwind bei Maßnahmen mit schlechtem Kosten/Nutzen Verhältnis, damit sie nicht aktionistisch/populistisch mit reingenommen werden
Deswegen frage ich dich, wer die Maßnahmen bewerten soll und nach welchen Maßstäben. Analysiert und interpretiert wird doch jetzt schon die ganze Zeit von allem und jedem. Du bist mit dem Ergebnis offenbar nicht zufrieden - ich auch nicht. Das sehe ich aber nicht als Erkenntnisproblem, sondern als Problem des Willens bzw. der politischen Umsetzung.
Sicherlich hätten wir ein paar Dinge tun können, um besser über das Infektionsgeschehen Bescheid zu wissen.. Warum wir bspw. bis heute kein repräsentatives Screening haben, sondern die Inzidenz nur über die Meldefälle messen können, erschließt sich mir nicht. Auch könnte man bei den Meldefällen sicherlich sinnvoll mehr Daten erheben (bspw. Berufsumfeld, familiäre Situation usw.).
Aber ich sehe nicht, wie uns das bei der Bekämpfung der Pandemie wesentlich weiterbringen würde. Wir wissen genug, um die richtigen Entscheidungen zu treffen, treffen sie aber trotzdem nicht.
Es gibt augenscheinlich nicht die Wunderwaffe, die uns in die Lage versetzt, die Pandemie mit deutlich geringerem Aufwand zu kontrollieren, als wir das jetzt tun. Abgesehen von ein paar low-hanging fruit (Masken, Abstandsregeln usw.), kriegt man in dieser Pandemie einfach nichts geschenkt: Die Maßnahmen, die wirklich effektiv sind, tun auch weh.
Wir haben uns seit dem Herbst deutlich mehr zugemutet, als hätte sein müssen. Aber imo nicht, weil wir zu pauschal und undifferenziert vorgehen, sondern weil wir letztlich immer zu langsam, zu zögerlich und zu planlos agiert haben. Dadurch haben wir jetzt ein halbes Jahr mit einer so hohen Inzidenz zugebracht, dass die einzige wirklich differenzierte und zielgenaue Eindämmungsmaßnahme quasi keinen messbaren Effekt hatte, nämlich die Kontakt- und Clusterverfolgung durch die Gesundheitsämter.
Darin liegt die größte Ineffizienz unserer Pandemiebekämpfung und der Grund dafür ist neben der unzureichenden Vorbereitung, dass wir seit letztem Frühjahr keinen effektiven Lockdown mehr hinbekommen haben, weil die Politik sich letztlich nicht so richtig getraut hat. Die Kritik von der anderen Seite - das sei alles zu pauschal, zu wenig zielgerichtet, zu hart - ist imo einfach Wasser auf die Mühlen der Unentschlossenheit. Aktuell sieht man ja perfekt, was dabei herauskommt: Lockerungen, die innerhalb weniger Wochen hinfällig sind und am Ende sinnlos Menschen ihre Gesundheit und ihr Leben gekostet haben werden, ohne für alle anderen irgendetwas substantiell zu verbessern.