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@Gustavo
Ich meinte mitnichten, dass die alle dumm sind. Aber “nicht dumm sein” genügt in dieser Lage imo nicht dem Anspruch, den man in einem Land wie unserem an die Regierung haben sollte - genau so wenig wie der von Robin Alexander empathisch vertretene Wunsch, dass doch die Zahlen sinken mögen.
Ganz so unerklärlich finde ich jetzt auch nicht, was da passiert ist. Man versucht halt einen einheitlichen Beschluss unter 16 letztlich alleinverantwortlichen Bundesländern zu erreichen. Da finden sich immer ein, zwei, denen aus diesem oder jenem Grund irgendeine Maßnahme gerade noch zu weit geht und am Ende ist der kleinste Nenner eben zu klein.
Hier zeigt sich der Föderalismus von seiner schlechtesten Seite, denn gerade die härteren Maßnahmen, die Richtung Shutdown gehen, verlieren zum Teil erheblich am Effizienz, wenn sie nicht koordiniert werden (Restauranttourismus usw.). Dazu kannst du dich drauf verlassen, dass jeder Kultusminister die Nachteile ausbreiten wird, die es hätte, wenn man jetzt als einziges Bundesland zum Wechsel- oder Fernunterricht übergehe.
Darin sehe ich einen echten Systemfehler. Wenn es schon darum geht eine gemeinsame Lösung für ganz Deutschland zu finden, dann ist die richtige Instanz dafür imo keine Runde von 16 MPn, die von der Kanzlerin moderiert wird, sondern die Bundesregierung.
Hier hätte man imo aus den ersten Monaten der Pandemie weitreichendere Schlüsse ziehen können. Als Vorzug dieses Systems hört man immer, dass es ja so gut sei im Ostseehinterland mit Niedriginzidenz andere Regeln zu haben als im bayrischen Hotspot - als sei es unmöglich oder auch nur ungewöhnlich, dass zentral festgesetzte Regeln die örtliche Situation berücksichtigen.
Daran anknüpfend zum Thema Langzeitstrategie:
Hier gilt im Wesentlichen, was ich schon beim ersten Lockdown kritisiert habe. Man macht diese Maßnahmen, aber man erklärt weder den Leuten, warum, noch habe ich dem Eindruck, dass die Verantwortlichen das wirklich verstehen. Genau so äußert sich doch auch Viola Priesemann, wenn sie sagt, dass die Relation "geringe Inzidenz > hohe Inzidenz" offensichtlich sei und sie lange nicht verstanden habe, dass sie das für Politiker eben nicht ist. Was man nicht versteht, kann man nicht vermitteln und das schließt quasi aus, dass man rechtzeitig effektive Maßnahmen einleitet.
Weil(?) sagte noch vor einigen Wochen bei Lanz, dass es doch eine klare Strategie gebe: die Überlastung der Gesundheitsämter zu verhindern. Das ist in etwa so gehaltvoll wie "meine Strategie ist erfolgreich zu sein".
Der springende Punkt ist doch der: Am Anfang der Pandemie gab es noch berechtigte Uneinigkeit darüber, wie man diese Pandemie überwindet. Seit ein paar Monaten können wir mit hoher Konfidenz davon ausgehen, dass wir gute Impfstoffe bekommen und zwar so zeitig, dass es der erste und einzige echte Pandemie-Winter wird.
Sobald man diese Einsicht hat, ist eigentlich klar, dass die beste Strategie jene ist, die die Infektionen und damit die gesundheitlichen Kosten minimiert und zugleich den ökonomischen Nutzen sowie die sozialen Freiheiten maximiert.
Wenn darüber mal Einigkeit besteht und das auch nach außen klar so kommuniziert wird, lassen sich auch die nötigen Maßnahmen leichter rechtfertigen - gegenüber der Öffentlichkeit, im Zweifelsfall auch gegenüber Gerichten, vor allem aber auch gegenüber den Zauderern in den eigenen Reihen.
Der Witz ist ja gerade, dass aufgrund dieser fundamentalen Einsicht sich viele Diskussionen erübrigen, weil letztlich gar keine Abwägung mehr zwischen Gesundheitsschutz und Wirtschaft oder Freiheiten stattfinden muss - auch wenn Aufziehfiguren wie Lindner und Kubicki(*) uns das gerne glauben machen: Es ist gleichermaßen für alle die beste Handlungsweise.
Diese Erkenntnis scheint unter den politischen Entscheidungsträgern aber niemals die Akzeptanz und das Verständnis gefunden zu haben, die es bräuchte. Noch besser als das wäre eine konkrete Implementierung, wo auf relativ niedrigem Niveau bestimmte Maßnahmen verpflichtend werden.
Den Landesregierung ist hier nicht zu trauen - es ist politisch auch einfach schwer mit einschneidenden Maßnahmen voranzugehen, wenn das Infektionsniveau oberflächlich betrachtet noch überschaubar wirkt.
Darum müsste hier imo die Bundesregierung stärkere Zugriffsrechte haben, um bundesweite Maßnahmen anordnen zu können. Damit sind die Länder ein Stück weit aus der Verantwortung.
Das ist jetzt natürlich viel Wunschkonzert. Der konkrete Vorwurf besteht darin, dass sich kaum jemand wirklich für den vernünftigen Weg verausgabt hat. Das trifft in letzter Konsequenz auch die Bundesregierung. Da gab es zwar zu jeder Zeit stärkere Appelle und mahnendere Worte in Richtung der Länder. Aber wirklich forciert hat man es imo nicht in einer der Situation angemessenen Weise.
(*) Gerade durch Zufall diese Perle entdeckt:
https://www.tagesspiegel.de/politik...der-vulnerablen-gruppen-versagt/26730162.html
Das gewichtigere Gegenargument scheinen mir die wirtschaftlichen Einbußen zu sein. Der Shutdown light hatte ja immerhin den Vorteil, dass er die Kernbereiche der deutschen Wirtschaft relativ unangetastet gelassen hat. Wenn wir den 4 oder sogar 6 Wochen früher eingesetzt hätten, dann wären wir damit eventuell durch den Winter gekommen und man hätte nur für einen Bruchteil der Volkswirtschaft eine faire Kompensation finden müssen.
Aber jetzt geht es ja wirklich darum für einen relativ kurzen Zeitraum nochmal alles drastisch herunterzufahren. Da würde ich mir zumindest einen ehrlichen Versuch wünschen, auch Firmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Wie gesagt, wenn es keine Homeoffice-Pflicht ist, dann eben eine Zwischenlösung. Die Maskenpflicht z.B. war bisher völlig unzureichend: Man durfte die Maske schon am Arbeitsplatz abnehmen, wenn ein Abstand von 1,5 Metern zum Nachbarn sichergestellt war. Das geht auch in einem Minibüro, wo 4 Leute arbeiten. Wenn einer davon fleißig Aerosole dünstet, sind trotzdem alle infiziert. Das Mindeste wäre imo eine generelle Maskenpflicht. Dazu würde ich Betriebskantinen stärker einschränken und die Anzahl der Mitarbeiter pro Raum und Fläche begrenzen.
Der Umgang mit den Schulen und Kitas war imo das größte strategische Versagen unserer Pandemiebekämpfung. Noch im April hat die Leopoldina da Öffnungen im Schneckentempo empfohlen, die letztlich mit dazu führten, dass für viele Kinder und Eltern über Monate keine Betreuung existierte. Im August ist die Leopoldina dann umgeschwenkt: Plötzlich hieß es, Schulen und Kitas sollten möglichst lange geöffnet bleiben. Die Politik hat das offenbar derart verinnerlicht, dass man sich selbst dann noch weigerte auch nur den Präsenzbetrieb einzuschränken, als die Inzidenz ein Vielfaches der betrug, bei der die Schulen zwischen März und Juni geschlossen waren - trotz Sommers mit Biergärten, Cafés, Restaurants usw.
Insbesondere konnte, ja musste man schon damals in Betracht ziehen, dass eine Herbst- und Winterwelle droht und wir dann Schulen und Kitas viel dringender würden schließen müssen. Die schädlichsten Maßnahmen sollte man sich für die Zeit aufsparen, wo sie den größten Effekt hat. Das habe ich afair damals auch schon argumentiert.
In einem Punkt bin ich aber ganz bei dir: Eine der einfachsten Maßnahmen wäre gewesen, die Sommerferien dieses und nächstes Jahr zu streichen, um mehr Spielraum für die kalte Jahreszeit zu haben.
Zur Quarantäne: Ich weiß nicht, wie hoch die Compliance da tatsächlich ist. Ich habe auch Berichte aus dem Dunstkreis der Gesundheitsämter gehört, die darauf hindeuteten, dass zum einen Leute bewusst Kontakte verschweigen oder abzumildern, um den Betroffenen die Quarantäne zu ersparen und auch bestehende Quarantäne bzw. Isolation nicht immer eingehalten werden. Um dieses Problem zu quantifizieren, müsste man es natürlich untersuchen.
Ich kann beispielhaft gestehen, dass wir die Isolationspflicht bisher auch etwas freier interpretiert haben, als der Buchstabe des Gesetzes vorsieht.
Der Punkt, den ich machen wollte, war übrigens gerade, dass man nicht nur die Strafandrohung, sondern gerade die Chance erwischt zu werden erhöhen muss - sie sollte zumindest mal deutlich über 0 liegen. Das ist aber keine Maßgabe für die jetzige Situation, weil das natürlich nur bei geringer bis mäßiger Inzidenz halbwegs realistisch ist. Die Asiaten machen das auch, obwohl nicht davon auszugehen ist, dass die mit geringerer Compliance zu rechnen haben als wir.
Btw, hier mal ein etwas düsteres Szenario aus der Wissenschaft bezüglich Weihnachten und Silvester:
https://www.tagesspiegel.de/wissen/...in-den-april-verlaengert-werden/26729146.html
Das macht einem nochmal klar, was für ein Ei wir uns durch die Zauderei gelegt haben könnten. Was die Menschen in den nächsten 2 Wochen machen entzieht sich tatsächlich weitgehend der politischen Kontrolle. Umso wichtiger wäre es gewesen, mit niedrigeren Zahlen in diese Zeit zu gehen.
Ich würde vorsichtshalber schon mal Polizei und Bundeswehr in Stellung bringen, um ab dem 27. strenge Ausgangssperren durchzusetzen.
Ich meinte mitnichten, dass die alle dumm sind. Aber “nicht dumm sein” genügt in dieser Lage imo nicht dem Anspruch, den man in einem Land wie unserem an die Regierung haben sollte - genau so wenig wie der von Robin Alexander empathisch vertretene Wunsch, dass doch die Zahlen sinken mögen.
Ganz so unerklärlich finde ich jetzt auch nicht, was da passiert ist. Man versucht halt einen einheitlichen Beschluss unter 16 letztlich alleinverantwortlichen Bundesländern zu erreichen. Da finden sich immer ein, zwei, denen aus diesem oder jenem Grund irgendeine Maßnahme gerade noch zu weit geht und am Ende ist der kleinste Nenner eben zu klein.
Hier zeigt sich der Föderalismus von seiner schlechtesten Seite, denn gerade die härteren Maßnahmen, die Richtung Shutdown gehen, verlieren zum Teil erheblich am Effizienz, wenn sie nicht koordiniert werden (Restauranttourismus usw.). Dazu kannst du dich drauf verlassen, dass jeder Kultusminister die Nachteile ausbreiten wird, die es hätte, wenn man jetzt als einziges Bundesland zum Wechsel- oder Fernunterricht übergehe.
Darin sehe ich einen echten Systemfehler. Wenn es schon darum geht eine gemeinsame Lösung für ganz Deutschland zu finden, dann ist die richtige Instanz dafür imo keine Runde von 16 MPn, die von der Kanzlerin moderiert wird, sondern die Bundesregierung.
Hier hätte man imo aus den ersten Monaten der Pandemie weitreichendere Schlüsse ziehen können. Als Vorzug dieses Systems hört man immer, dass es ja so gut sei im Ostseehinterland mit Niedriginzidenz andere Regeln zu haben als im bayrischen Hotspot - als sei es unmöglich oder auch nur ungewöhnlich, dass zentral festgesetzte Regeln die örtliche Situation berücksichtigen.
Daran anknüpfend zum Thema Langzeitstrategie:
Hier gilt im Wesentlichen, was ich schon beim ersten Lockdown kritisiert habe. Man macht diese Maßnahmen, aber man erklärt weder den Leuten, warum, noch habe ich dem Eindruck, dass die Verantwortlichen das wirklich verstehen. Genau so äußert sich doch auch Viola Priesemann, wenn sie sagt, dass die Relation "geringe Inzidenz > hohe Inzidenz" offensichtlich sei und sie lange nicht verstanden habe, dass sie das für Politiker eben nicht ist. Was man nicht versteht, kann man nicht vermitteln und das schließt quasi aus, dass man rechtzeitig effektive Maßnahmen einleitet.
Weil(?) sagte noch vor einigen Wochen bei Lanz, dass es doch eine klare Strategie gebe: die Überlastung der Gesundheitsämter zu verhindern. Das ist in etwa so gehaltvoll wie "meine Strategie ist erfolgreich zu sein".
Der springende Punkt ist doch der: Am Anfang der Pandemie gab es noch berechtigte Uneinigkeit darüber, wie man diese Pandemie überwindet. Seit ein paar Monaten können wir mit hoher Konfidenz davon ausgehen, dass wir gute Impfstoffe bekommen und zwar so zeitig, dass es der erste und einzige echte Pandemie-Winter wird.
Sobald man diese Einsicht hat, ist eigentlich klar, dass die beste Strategie jene ist, die die Infektionen und damit die gesundheitlichen Kosten minimiert und zugleich den ökonomischen Nutzen sowie die sozialen Freiheiten maximiert.
Wenn darüber mal Einigkeit besteht und das auch nach außen klar so kommuniziert wird, lassen sich auch die nötigen Maßnahmen leichter rechtfertigen - gegenüber der Öffentlichkeit, im Zweifelsfall auch gegenüber Gerichten, vor allem aber auch gegenüber den Zauderern in den eigenen Reihen.
Der Witz ist ja gerade, dass aufgrund dieser fundamentalen Einsicht sich viele Diskussionen erübrigen, weil letztlich gar keine Abwägung mehr zwischen Gesundheitsschutz und Wirtschaft oder Freiheiten stattfinden muss - auch wenn Aufziehfiguren wie Lindner und Kubicki(*) uns das gerne glauben machen: Es ist gleichermaßen für alle die beste Handlungsweise.
Diese Erkenntnis scheint unter den politischen Entscheidungsträgern aber niemals die Akzeptanz und das Verständnis gefunden zu haben, die es bräuchte. Noch besser als das wäre eine konkrete Implementierung, wo auf relativ niedrigem Niveau bestimmte Maßnahmen verpflichtend werden.
Den Landesregierung ist hier nicht zu trauen - es ist politisch auch einfach schwer mit einschneidenden Maßnahmen voranzugehen, wenn das Infektionsniveau oberflächlich betrachtet noch überschaubar wirkt.
Darum müsste hier imo die Bundesregierung stärkere Zugriffsrechte haben, um bundesweite Maßnahmen anordnen zu können. Damit sind die Länder ein Stück weit aus der Verantwortung.
Das ist jetzt natürlich viel Wunschkonzert. Der konkrete Vorwurf besteht darin, dass sich kaum jemand wirklich für den vernünftigen Weg verausgabt hat. Das trifft in letzter Konsequenz auch die Bundesregierung. Da gab es zwar zu jeder Zeit stärkere Appelle und mahnendere Worte in Richtung der Länder. Aber wirklich forciert hat man es imo nicht in einer der Situation angemessenen Weise.
(*) Gerade durch Zufall diese Perle entdeckt:
https://www.tagesspiegel.de/politik...der-vulnerablen-gruppen-versagt/26730162.html
Ich sehe beim Homeoffice, ehrlich gesagt, das Problem nicht. Andere Länder haben Betriebe geschlossen. Wir schließen auch jetzt wieder zahlreiche Einrichtungen, die auch Arbeitsstätten sind, einschließlich Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Es scheint mir nicht plausibel, weshalb man da Betrieben nicht stärker einbeziehen kann.Beim Home Office vermute ich, dass die rechtlichen Hürden einfach zu hoch wären, da das ja letztendlich bedeutet, dass der Staat Arbeitgebern vorschreibt, dass sie für die Pandemiebekämpfung aufkommen müssten. Bei den Schulen bin ich nicht so sehr davon überzeugt, dass das sachlich unmöglich wäre, aber mir scheint die Politik will den Wählern einfach nicht zumuten, ihre Kinder selbst zu betreuen, bevor es nicht mehr anders geht. Bei der Quarantäne glaube ich einfach nicht, dass es für die meisten Leute einen Unterschied machen würde, ob die Strafandrohung jetzt höher oder nicht so hoch ist, solange sie intellektuell wissen, dass die Chance erwischt zu werden extrem gering ist; halte ich allerdings wie gesagt nicht so sehr für ein Problem weil ich vermute dass da die Compliance doch recht hoch ist. Grenzschließungen halte ich da noch am ehesten für möglich, allerdings müsste man da auch relativ zielgenau arbeiten, sonst ist das Geschrei in den Grenzregionen wieder groß: In der Nähe der Schweiz, weil die Läden auf die Nachfrage angewiesen sind; im Osten, weil die Leute auf Pfleger/Ärzte aus der Grenzregion angewiesen sind und im Westen weil da die ökonomische Integration extrem hoch ist. Denke allerdings, dass das prinzipiell möglich und wohl auch sinnvoll gewesen wäre.
Das gewichtigere Gegenargument scheinen mir die wirtschaftlichen Einbußen zu sein. Der Shutdown light hatte ja immerhin den Vorteil, dass er die Kernbereiche der deutschen Wirtschaft relativ unangetastet gelassen hat. Wenn wir den 4 oder sogar 6 Wochen früher eingesetzt hätten, dann wären wir damit eventuell durch den Winter gekommen und man hätte nur für einen Bruchteil der Volkswirtschaft eine faire Kompensation finden müssen.
Aber jetzt geht es ja wirklich darum für einen relativ kurzen Zeitraum nochmal alles drastisch herunterzufahren. Da würde ich mir zumindest einen ehrlichen Versuch wünschen, auch Firmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Wie gesagt, wenn es keine Homeoffice-Pflicht ist, dann eben eine Zwischenlösung. Die Maskenpflicht z.B. war bisher völlig unzureichend: Man durfte die Maske schon am Arbeitsplatz abnehmen, wenn ein Abstand von 1,5 Metern zum Nachbarn sichergestellt war. Das geht auch in einem Minibüro, wo 4 Leute arbeiten. Wenn einer davon fleißig Aerosole dünstet, sind trotzdem alle infiziert. Das Mindeste wäre imo eine generelle Maskenpflicht. Dazu würde ich Betriebskantinen stärker einschränken und die Anzahl der Mitarbeiter pro Raum und Fläche begrenzen.
Der Umgang mit den Schulen und Kitas war imo das größte strategische Versagen unserer Pandemiebekämpfung. Noch im April hat die Leopoldina da Öffnungen im Schneckentempo empfohlen, die letztlich mit dazu führten, dass für viele Kinder und Eltern über Monate keine Betreuung existierte. Im August ist die Leopoldina dann umgeschwenkt: Plötzlich hieß es, Schulen und Kitas sollten möglichst lange geöffnet bleiben. Die Politik hat das offenbar derart verinnerlicht, dass man sich selbst dann noch weigerte auch nur den Präsenzbetrieb einzuschränken, als die Inzidenz ein Vielfaches der betrug, bei der die Schulen zwischen März und Juni geschlossen waren - trotz Sommers mit Biergärten, Cafés, Restaurants usw.
Insbesondere konnte, ja musste man schon damals in Betracht ziehen, dass eine Herbst- und Winterwelle droht und wir dann Schulen und Kitas viel dringender würden schließen müssen. Die schädlichsten Maßnahmen sollte man sich für die Zeit aufsparen, wo sie den größten Effekt hat. Das habe ich afair damals auch schon argumentiert.
In einem Punkt bin ich aber ganz bei dir: Eine der einfachsten Maßnahmen wäre gewesen, die Sommerferien dieses und nächstes Jahr zu streichen, um mehr Spielraum für die kalte Jahreszeit zu haben.
Zur Quarantäne: Ich weiß nicht, wie hoch die Compliance da tatsächlich ist. Ich habe auch Berichte aus dem Dunstkreis der Gesundheitsämter gehört, die darauf hindeuteten, dass zum einen Leute bewusst Kontakte verschweigen oder abzumildern, um den Betroffenen die Quarantäne zu ersparen und auch bestehende Quarantäne bzw. Isolation nicht immer eingehalten werden. Um dieses Problem zu quantifizieren, müsste man es natürlich untersuchen.
Ich kann beispielhaft gestehen, dass wir die Isolationspflicht bisher auch etwas freier interpretiert haben, als der Buchstabe des Gesetzes vorsieht.
Der Punkt, den ich machen wollte, war übrigens gerade, dass man nicht nur die Strafandrohung, sondern gerade die Chance erwischt zu werden erhöhen muss - sie sollte zumindest mal deutlich über 0 liegen. Das ist aber keine Maßgabe für die jetzige Situation, weil das natürlich nur bei geringer bis mäßiger Inzidenz halbwegs realistisch ist. Die Asiaten machen das auch, obwohl nicht davon auszugehen ist, dass die mit geringerer Compliance zu rechnen haben als wir.
Btw, hier mal ein etwas düsteres Szenario aus der Wissenschaft bezüglich Weihnachten und Silvester:
https://www.tagesspiegel.de/wissen/...in-den-april-verlaengert-werden/26729146.html
Das macht einem nochmal klar, was für ein Ei wir uns durch die Zauderei gelegt haben könnten. Was die Menschen in den nächsten 2 Wochen machen entzieht sich tatsächlich weitgehend der politischen Kontrolle. Umso wichtiger wäre es gewesen, mit niedrigeren Zahlen in diese Zeit zu gehen.
Ich würde vorsichtshalber schon mal Polizei und Bundeswehr in Stellung bringen, um ab dem 27. strenge Ausgangssperren durchzusetzen.
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