Ich befürchte dass es sich nicht klären lassen wird, da wir vermutlich keinen Test bekommen.
Im dem Heim gab es ja kürzlich einen Ausbruch. Der positive Test war wohl nur ein routinemäßiger Schnelltest. Bestätigung durch PCR steht noch aus.
Frau befürchtet natürlich, dass sie ihn angesteckt haben könnte. Scheint mir äußerst unwahrscheinlich, da sie die ganze Zeit FFP2-Maske trug und der Kontakt auch nur 10 bis 15 Minuten war, größtenteils mit Abstand. Zudem ist es afaik auch unwahrscheinlich, dass ein Antigentest bereits 2,5 Tage nach Kontakt positiv ist.
@Gustavo
Wir sind, glaube ich, nicht besonders weit auseinander. Ich sage auch nicht, dass man das alles einfach mal hätte machen können. Eventuell wären manche Dinge gescheitert, ob an der Umsetzung oder an Gerichten. Meine Kritik ist, dass man sich bei weitem nicht so reingehängt hat, wie es der historischen Situation angemessen gewesen wäre.
Ich meine allerdings auch einen Hauch Naivität bezüglich der geistigen Beweglichkeit in deutschen Behörden rauszulesen. Vielleicht hattest du zu lange nicht mit solchen zu tun.
Nur mal als Beispiel:
Die CDU-Politikerin Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-Württemberg, sagte bereits: "Manche Forderungen zeigen, dass die Leopoldina bei den Corona-Maßnahmen nicht ganz auf der Höhe der Zeit zu sein scheint."
Nordrhein-Westfalens Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) lehnte den Vorschlag als "untauglich" ab. Ihr sei völlig unverständlich, wie eine solche Äußerung von einer Akademie der Wissenschaft in die Öffentlichkeit getragen werden könne. Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) sagte, in dem Stadtstaat brauche man eine Aussetzung der Präsenzpflicht ab dem 14. Dezember nicht, da die Ferien in Hamburg am 19. Dezember beginnen.
https://www.tagesschau.de/inland/kmk-corona-schulen-101.html
Die Welt der Politik und die Welt der Pandemie sind in vielerlei Hinsicht getrennt. Und es hat in den letzten 9 Monaten offenbar nicht gut genug geklappt, zwischen diesen Welten zu vermitteln. Viele Politiker reden über dieses Thema, als sei es ein politisches Thema wie jedes andere, wo man sich die Realität irgendwie so zurechtinterpretieren kann, dass man selbst noch ganz gut darsteht. Nur funktioniert das halt nicht mit diesem Virus. Wenn du da verbaselst rechtzeitig die nötigen Schritte zu ergreifen, kann jeder den Misserfolg am Bodycount ablesen.
Hast du zufällig die Lanz-Sendung mit Viola Priesemann gesehen? Da wird diese Problemlage imo recht anschaulich demonstriert.
Stephan Weil hat vor ein paar Wochen (afair auch bei Lanz) mal die Frage beantwortet, ob bei den MP-Konferenzen denn Wissenschaftler zugegen seien - sinngemäß: Nö, bei denen erzählt doch eh jeder was anderes, da könnte man sich ja erst recht auf nichts einigen.
Man sollte ja eigentlich meinen, dass jeder Politiker mit Entscheidungsgewalt wenigstens über den Wissensstand des Coronavirus-Update-Podcasts verfügt. Zahlreiche öffentliche Auftritte vermitteln mir den Eindruck, dass das entweder absolut nicht der Fall ist, dieselben Leute unentwegt wider besseres Wissen handeln oder sich gegen Widerstände nicht gut genug durchsetzen können.
Ein schlechtes Zeugnis stellt jede einzelne dieser Erklärungen aus.
Zu ein paar inhaltlichen Punkten:
-Homeoffice
Warum soll man sowas im Zuge eines Lockdowns nicht vorschreiben können? In anderen Ländern geht das doch auch. Wenn es direkt nicht geht, dann eben indirekt, indem man Auflagen bezüglich Auslastung von Räumlichkeiten usw. macht, die regelmäßig erzwingen, dass ein Teil der Mitarbeiter von zu Hause aus arbeitet oder man zeitlich staffelt, was ja epidemiologisch ähnlich sinnvoll wäre.
-Schulen
Ich sehe nicht, inwiefern Wechselunterricht unbedingt personalintensiver sein muss als gewöhnlicher Unterricht. In der optimalen Form heißt es ja nur, dass die Hälfte der Schüler jeweils 2 Wochen Pause bzw. Fernunterricht hat und die Lehrkräfte pro Gruppe fix sind. Man benötigt pro Normalklasse also 2 Lehrkräfte, was die meisten Schulen meiner Kindheitserinnerung nach haben dürften.
Mir geht es vor allem darum, dass keine abgestuften Konzepte existieren. Eine Option könnte z.B. auch sein, dass man wenigstens die Präsenzpflicht aufhebt und fakultativen Fernunterricht ermöglicht für die Schüler, die das - evtl. unterstützt durch Eltern - leisten können.
In der Mittelstufe machen z.B. nicht wenige Schüler einen Schüleraustausch zwischen einigen Monaten bis zu einem Jahr. Jenachdem, wo es hingeht, lernen die in der Zeit auch nichts aus dem deutschen Lehrplan. Trotzdem können viele das regelmäßig kompensieren. Sicherlich wird man das nicht von jedem Kevin aus Marzahn erwarten können. Aber für viele wohlsituierte Mittelschichtsfamilien ist so eine Situation ab einer gewissen Altersstufe doch stemmbar.
Sowas Khan-Academy-artiges hatte ich auch schon mal vorgeschlagen. Afaik gibt es da schon einzelne kommerzielle Angebote, die sogar auf die jeweiligen Rahmenlehrpläne zugeschnitten sind.
-Quarantäne
Auch hier kann ich dein Unmöglichkeitsdenken nicht nachvollziehen. Natürlich hängt die Compliance auch von intrinsischen Eigenschaften ab, aber doch wohl auch von den Rahmenbedingungen, die man durchaus steuern kann. Es wäre ja schon mal einiges wert bspw. durch anonyme Nachbefragungen einen groben Überblick zu haben, wie hoch die Compliance ist und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt. Dann könnte man sogar in gewissem Maße beobachten, wie sie auf Policy-Änderungen reagiert. Und gerade bei überschaubaren Fallzahlen ist dann auch viel möglich, um die Compliance zu fördern. Bspw. kann man die Quarantäne verkürzen, wenn man mehr testet - bei entsprechend niedrigen Fallzahlen.
Und ja, wenn man feststellt, dass die Compliance ein großes Problem wird, dann bleiben letztlich nur Kontrolle und Sanktionen. Sowas ist natürlich immer imperfekt und birgt auch gewisse Risiken eines Backlashs. Totale Kontrolle ist kein realistisches Ziel. Aber es genügt ja das Risiko signifikant zu machen, indem man Sanktionen empfindlich gestaltet und konsequent durchsetzt.
Wie man das genau umsetzt, ist dann letztlich egal. Effizient wäre natürlich digitale Unterstützung. Ob das in Deutschland möglich wäre, kA. Das große Probleme sehe ich an der Möglichkeit der Standortüberwachung des Smartphones jetzt nicht - immerhin ist man gesetzlich verpflichtet sich am selben Ort aufzuhalten. Es weiß also eh jeder, wo man ist bzw. sein sollte. Sonst benötigt man halt etwas Manpower, um händisch Kontrollanrufe durchzuführen und in Verdachtsfällen auch mal an die Tür zu klopfen.
All das steht natürlich unter einer Kosten-Nutzen-Abwägung. Solange man Grund hat mit der Compliance zufrieden zu sein, muss man natürlich nicht viel kontrollieren, sondern kann die Ressourcen anders nutzen. Und wie bei der Konktaktverfolgung gilt, dass die Kontrolle unmöglich wird, wenn die Inzidenz zu hoch ist.
-Grenzschließungen
Sind in Europa immer ein delikates Thema, aber wenn ein Nachbarland bekanntermaßen eine Inzidenz hat, die um ein Vielfaches höher liegt als bei uns, warum nicht? Was meinst du mit "auf die Art zumachen, dass es ernsthaft was bringt"? Glaubst du, wenn Deutschland die Einreise aus Belgien, Frankreich oder Österreich verbietet, schleusen die Leute sich hier massenhaft ein, um Tagestourismus zu betreiben, einzukaufen oder Freunde zu besuchen? Das scheint mir kaum realistisch.
So eine Maßnahme ist im Vergleich zu Ländern mit weniger starken Außenbeziehungen halt kostspieliger, wenn man es konsequent macht und damit Grenzpendler aussperrt bzw. zum Homeoffice zwingt.
Letztlich sind das und zig andere Sachen einzelne Punkte, die hier und da was machen. Das größte Versäumnis so im Big Picture ist imo, dass man sich niemals auf eine Strategie geeinigt und ein stringentes Verfahren beschlossen hat, wie man sie umsetzt. Sinnvoll wäre imo gewesen, dass man die Strategie direkt in das Infektionsschutzgesetz aufnimmt und dort auch gleich stufenweise Gegenmaßnahmen grob festschreibt. Da es hier ja letztlich um ein Bundesgesetz und ohne jeden Zweifel eine Angelegenheit von nationaler Tragweite geht, verstehe ich auch nicht, warum im Zweifelsfall da nicht einfach die Bundesregierung eingreifen kann, wenn bspw. ein Bundesland es absolut nicht geschissen kriegt.
Die Bundesregierung scheint mir während der ganzen Pandemie das Wesentliche viel klarer im Blick zu haben als die Landesregierungen - denen es imo zum Teil auch tatsächlich an Kompetenz fehlt (siehe oben). In Hamburg z.B. soll ja Herr Schmidt-Chanasit eine nicht ganz unwichtige Rolle als Berater spielen - also jemand, der teils relativ deutlich Vorschläge macht, die der wissenschaftlichen Leitmeinung widersprechen.
Hier ist mir persönlich auch unklar, warum Merkel, die ja im Gegensatz zu den MPs die Situation sehr gut zu durchschauen scheint, nicht mehr das Heft in die Hand genommen hat. Hätten sie und Spahn nicht die Möglichkeit eine Art nationalen Pandemierat ins Leben zu rufen, wo dann wirklich ausgewählte Experten drinsitzen. Davon könnte dann auch immer eine Handvoll bei den Bund-Länder-Treffen dabei sein und wissenschaftlichen Input geben. Insbesondere könnte man sich von so einem Gremium per Gutachten die Strategie absegnen lassen. Dann lässt man noch den Ethikrat draufgucken und welches Gericht traut sich dann bitte noch die Umsetzung dieser Pandemie-Strategie zu behindern?
[Edit]
Ein Punkt, der mich mittlerweile auch tierisch nervt, ist die Wehleidigkeit der MPs über die Bürde ihres Amtes: Es sei ja so schwierig, man müsse ja eine Million Dinge berücksichtigen usw. Das ist halt Unsinn: Wer meint eine Million Dinge berücksichtigen zu müssen, um die richtige Entscheidung zu treffen, der hat keine Chance sie zu treffen, weil man so viel einfach nicht bedenken kann.
Und wer selbst die Lage nicht klar sehen oder die nötigen Schritte durchsetzen kann, der wasche die Hände in Unschuld und mache, was die Experten sagen. Oder übertrage informell oder per (Grund?)Gesetzänderung die Kompetenz an die Kanzlerin, die will uns kann.
Aber es einerseits besser wissen wollen und sich gleichzeitig damit rausreden, man wisse ja nicht, ist schwach.