Ich halte es für unredlich, ihm das NICHT zu unterstellen - denn ausser böser Absicht bleibt nur grenzdebile Dummheit. Er hat bewusst einen der Grundpfeiler des GG (der ist da übrigens wegen den Erfahrungen mit der Gestapo so drin) in Frage gestellt. Und das völlig ohne Not, den das was er eigentlich meinte (Zumindest das was er behauptet zu meinen, beim Zurückrudern ob des Shitstorms), nämlich Kontrollen ohne die Wohnung zu betreten ist problemlos jetzt schon möglich - dafür muss man nicht das GG anfassen. Dafür gibts nur ein Wort: Dickmove.
Sorry, aber das sind doch haltlose Unterstellungen. Wo hat er denn bitte "einen der Grundpfeiler des GG in Frage gestellt"? Er hat gesagt, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung kein Argument für fehlende Kontrollen der Corona-Verordnungen sein dürfe. Wörtlich sagte er zudem:
Wenn private Feiern in Wohnungen und Häusern die öffentliche Gesundheit und damit die Sicherheit gefährden, müssen die Behörden einschreiten können.
Man kann jetzt wie du hier voll steil gehen und so tun, als hätte er nach der Gestapo gerufen. Oder man erkennt einfach an, dass die Politik in den vergangenen Monaten zurückhaltend damit war, gegen Verstöße vorzugehen und dass mutmaßlich die Unverletzlichkeit der Wohnung dabei mit zum Vorwand dafür genommen wurde, die Leute in eben diesen Wohnungen schalten und walten zu lassen.
Ich habe oben einen Bericht zitiert, wonach es in Berlin und Brandenburg in keinem(!) Fall dazu gekommen sei, dass die Polizei eine private Feier aufgelöst und Personalien aufgenommen (notwendige Voraussetzung, um ein Bußgeld zu verhängen) habe - nochmal: in keinem.
Diese Zurückhaltung hat Lauterbach angeprangert und damit hat er imo völlig recht.
@Heator
Den normativen Rahmen, indem wir hier operieren, bestimmen doch nicht Drosten und Lauterbach oder die Wissenschaft. Den gibt die Politik vor, aber du verkennst, dass sie das längst getan hat. Hast du jemals einen Politiker in Verantwortung in den letzten 6 Monaten so sprechen hören, als sei es eine Option, eine Überlastung des Gesundheitssystems billigend in Kauf zu nehmen? Es herrscht Einigkeit darüber, dass man dieses Szenario vermeiden will - nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa.
Selbst jemand wie Christian Lindner würde kein Gesetz mit diesem Inhalt unterzeichnen. Das Argument sämtlicher Kritiker ist doch nicht, dass man auf den Lockdown verzichten solle, egal was kommt, sondern dass man es schon irgendwie auch ohne hinkriegen wird. Und das ist eine empirische Frage, bei der sich die Experten (Wissenschaft) relativ einig zu sein scheinen.
Massenhafte Entlassungen, Pleiten, kaputte Existenzen in Millionenzahlen sind bisher ausgeblieben. Denkst du wirklich, dass das auf ewig zu bleiben wird und die Menschen dann immer noch ganz zufrieden sind?
Zum einen unterstellst du, dass all diese Folgen ausbleiben, wenn man auf einen Lockdown verzichtet. Das ist eine höchst streitbare These, siehe meinen Verweis auf Marcel Fratzscher. Tatsächlich sagen viele Projektionen, dass ein zeitlich begrenzter harter Lockdown in der frühen Phase einer Welle sich auch wirtschaftlich positiv auswirkt im Vergleich zu dem Szenario, wo man zu lange laufen lässt.
Wenn die Menschen von sich aus zuhause bleiben, schön und gut, wozu dann die Zwangsmaßnahme? Vielleicht weil man ahnt oder weiß, dass die Menschen diese Geduld nicht mehr haben und die Notwendigkeit nicht mehr einsehen.
Weil es völlig irrational ist: Das Ergebnis ist dasselbe, nämlich dass die Wirtschaft für eine gewisse Zeit am Boden liegt. Nur dass man im einen Fall zusätzlich viele Millionen Kranke und einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu stemmen hat, im anderen nicht. Da ist es ein No-Brainer, dass man die Einschränkungen lieber früh verordnet, bevor genug Leute von selbst auf den Trichter kommen, dass man besser erstmal auf Kontakte verzichten sollte.
Abgesehen davon: in allen anderen Ländern Europas wurde das ganze auch pragmatisch gehandhabt, daher sehe ich den Einwand jetzt nicht so ganz.
Und in jedem anderen Land gab es spätestens in dem Moment, als Kliniken reihenweise kollabiert sind, den Full-Scale-Lockdown gratis dazu.
Südkorea und Japan sind Inseln (ich weiß, Südkorea eine Halbinsel, aber durch Nordkorea faktisch eine Insel), die man ohne größere Probleme auch für längere Zeit physisch abschotten kann. Allein deshalb hinkt der Vergleich. Du kannst du Personen- und Güterverkehr in der EU gar nicht so lange aussetzen. Und das Impfargument zieht nicht, es werden sich nie und nimmer genug Menschen impfen lassen, um einen effektiven Schutz zu erreichen. Viel wahrscheinlicher ist, dass uns Corona noch ein paar Jahre erhalten bleibt und genau deswegen ist es besser, sich jetzt damit einzurichten und einen Modus Operandi zu finden, der für die gesamte Gesellschaft einigermaßen funktioniert.
Ich sage nicht, dass wir dieselben Möglichkeiten haben wie Südkorea und Japan, aber wir haben viele dieser Möglichkeiten auch und die sollten wir nutzen.
Dass sich niemals genug Menschen impfen lassen, ist erstmal eine völlig unbewiesene Behauptung. Umfragen zur Impfbereitschaft sagen afaik etwas anderes. Es muss sich bei weitem nicht jeder impfen lassen, um die Ausbreitung zu stoppen.
Ich sehe es überhaupt nicht als wahrscheinlich, dass uns Corona in der jetzigen Form noch mehrere Jahre begleiten wird - warum sollte es? Diese Möglichkeit musste man am Anfang der Pandemie tatsächlich in Betracht ziehen - deshalb war ich damals viel skeptischer nur auf Zeit zu spielen. Aber jetzt ist das imo kein Thema mehr, weil es überwiegend wahrscheinlich ist, dass wir einen effektiven Impfstoff haben werden und zwar in absehbarer Zeit.
Dann müsstest du mir mal den sachlichen Grund dafür erklären, warum ein Nagelstudio zumachen muss, der Frisör aber aufbleiben darf. Wieso man draußen im Freien und mit Maske nur mit 2 Personen bzw. 2 Haushalten sparzieren gehen darf. Gibt es irgendwelche wissenschaftlichen Beweise dafür, dass beim Sparziergang an der frischen Luft die Gefahr einer Infektion überhaupt realistisch besteht? Ich finde es ist jetzt nicht so schwer zu verinnerlichen, dass die Politik nunmal keine willkürlichen Regelungen treffen darf und die Gebote von Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit immer gelten-
Gerichte haben im Übrigen nicht die Aufgabe irgendwelche Maßnahmen zu unterstützen, irgendwas mitzutragen. Im Gegenteil, sie haben mit jedem staatlichen Handeln kritisch und distanziert umzugehen und unabhängig von den Auswirkungen die Maßnahme allein am Rechtsmaßstab zu messen. Wenn der Politik eine bestimmte Maßnahme in ihrer Auswirkung so wichtig ist, dann soll sie sie vernünftig machen und nicht den Gerichten die Schuld zuschieben, wenn sie Rechtsbrüche kassieren.
Auch auf die Begründung, warum alle Gastrobetriebe pauschal geschlossen werden, ohne Rücksicht auf jedweder Hygienekonzepte oder tatsächliche Infektionsgefahr bin ich sehr gespannt. Vielleicht magst du mir ja erklären, wie das nicht willkürlich sein soll?
Es gibt keinen guten Grund, weshalb der Frisör aufbleiben darf. Er sollte zu sein - warum man da eine Ausnahme macht, kA.
Zum Rest kann man es einfach machen: Grundsätzlich birgt jeder Kontakt ein Infektionsrisiko. Wenn die Strategie ist, das Infektionsrisiko zu minimieren, muss man also grundsätzlich so viele Kontakte wie möglich vermeiden. Im Umkehrschluss bedeutet das, man lässt nur die zu, die man für dringend erforderlich hält.
Die Maßnahmen sind alles andere als Willkür. Sie basieren afaik auf sehr konkreten wissenschaftlich fundierten Überlegungen. Es wäre imo sehr unklug, wenn Gerichte jetzt anfangen würden, das aufgrund unausgegorener Alltagsüberlegungen zu zerpflücken. Denn das könnte die Effektivität der Maßnahmen deutlich einschränken. Und dieses Risiko können wir uns nicht leisten.
Begrüßen würde ich allerdings einen Bundestagsbeschluss, der sich hinter diese Maßnahmen stellt.