Also weil es demjenigen egal ist, der die Entscheidung auch so gut findet, ist es egal, ob sie verfassungswidrig ist? HÄ? Und wer sie nicht gut findet, der hat Pech gehabt? Wofür überhaupt zB ein Verfassungsgericht? Manche finden ein Gesetz halt toll, warum sollte man das dann überprüfen. Richter sind auch keine Architekten. Oder Pathologen. Trotzdem entscheiden die komischerweise über Morde und Baupfusch. Wie machen die das bloß? Was könnte ihr Geheimnis sein?
Steile These: Die traurige Wahrheit ist, dass sie das oft nicht besonders gut machen, gerade weil ihnen Fachkompetenz und/oder Entscheidungsgabe fehlen.
Es kann aber nicht jedes Gesetz mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, sonst bräuchte man gar kein Parlament. Denkst du, die Aufgabe des Parlaments wäre es einfach mal ein bisschen zu diskutieren, weil die Regierung ja eh die Mehrheit hat?
Nebelkerze, weil das hier afaik überhaupt nicht das Problem ist.
In dem einen Punkt bin ich ganz bei Gustavo: Es ergibt imo aus Effizienzgründen Sinn, dass der Infektionsschutz Sache der Exekutive ist und ich sehe keinen Vorteil an stärkerer Parlamentsbeteiligung. Im Gegenteil: Noch mehr Leute, die sich irgendwie einmischen, dürften der effektiven Bekämpfung eher schaden als nützen. Die Prozesse sind schon jetzt Dank unserer föderalen Struktur eher zu langsam und undurchsichtig.
Wir haben jetzt halt eine Ausnahmesituation, wo die Exekutive mal längere Zeit die Zügel in der Hand hat - so what? Das ist ihre originäre verfassungsgemäße Aufgabe in genau so einer Situation. Wer dadurch unsere Demokratie in Gefahr sieht, sagt damit nur, dass er keine inhaltlichen Argumente hat.
Weniger überzeugt mich, wie du (Gustavo) das Regierungshandeln hier im Subtext zur Technokratie stilisierst - es erinnert mich an deine Äußerung aus dem Frühjahr, wo du die einzigartige Fähigkeit der Regierung Expertise zu akquirieren hervorgehoben hast.
Es mag sein, dass das im Hintergrund viel passiert, aber solange die Entscheidungen, die dann rauskommen, doch wie politische Schnellschüsse wirken und keiner erkennbaren Strategie folgen, halte ich es für verfehlt dem Richter die Fachkompetenz abzusprechen - denn sie haben Ministerpräsidenten ganz offensichtlich auch nicht.
Im Frühjahr konnte man sich wenigstens noch darauf berufen, dass man eigentlich nichts wusste.
Aber das ist nun ein halbes Jahr her und inzwischen wissen wir sehr viel. Da hätte man imo durchaus erwarten können, dass die Regierungen eine nachvollziehbare Expertise vorlegen, welche Maßnahmen überhaupt in der jetzigen Situation geeignet sind, um die Pandemie auszubremsen. Stattdessen wirkt es, als hätte man die Hände in dem Schoß gelegt und nichts vorbereitet. Vielerorts ist nicht mal zu erkennen, dass man alle Mittel einsetzt, um die bestehenden Maßnahmen durchzusetzen.
Da kann ich, ehrlich gesagt, jeden Richter verstehen, der vor diesem Hintergrund nicht gewillt ist, beliebige Einschränkungen von Grundrechten durchgehen zu lassen, wenn weder klar ist, wie neue Maßnahmen durchgesetzt werden sollen oder was sie überhaupt zum Infektionsschutz beitragen.