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Hörenswerter Podcast der ZEIT, zu Gast ist ein Prof. der Uniklinik Köln, der nüchtern über das Versagen der Politik urteilt.
Habs mir jetzt auch mal angehört. Fand ich jetzt doch eher enttäuschend, weil das Politikverständnis extrem seicht ist. Letztendlich lässt es sich auf "wir müssen einfach alle am gleichen Strang ziehen" runterbrechen. Das verkennt aber halt völlig, dass Politik jetzt letztendlich nicht SO anders funktioniert wie ein Markt, d.h. die Nachfrage schafft sich ihr Angebot. Mal abgesehen davon, dass es halt schon qua Definition sein kann, dass unterschiedliche Ideologien unterschiedliche Problemlösungen präferieren. Sicher gibt es jetzt beispielsweise bei der FDP den ein oder anderen Opportunisten, der insgeheim eigentlich auch denkt, dass es besser wäre wenn man eine Impfpflicht einführt, sich aber trotzdem dagegen ausspricht, aber insgesamt scheint mir die Partei doch zu sagen was sie wirklich denkt, nämlich dass "die Freiheit" (tm) unter die Räder kommt wenn Deutschland weitergehende Maßnahmen beschließt, deshalb sind sie eben dagegen.
Auch die Aussage über die Talkshows zeigt so ein bisschen, dass der Typ politisch etwas naiv ist: Die Talkshows bilden die Diskussionen ab, die sowieso geführt werden. Klar können sie auch manchmal die Agenda setzen, aber seit es das Internet gibt, kriegt man diesen Korken halt einfach nicht mehr auf die Flasche. Da zu sagen "wir setzen mal die Talkshows ab" dürfte überhaupt nichts bringen, zumal ich jetzt auch nicht unbedingt Talkshows gesehen habe, bei denen Impfgegner so gut wegkamen. Das Problem ist nicht dass das ÖR Impfgegner gut aussehen lässt, sondern dass manche Leute glauben, "Expertenmeinungen" sind sowas wie Toaster bei Amazon kaufen und man sucht sich einfach den aus, der einem am besten gefällt.
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Btw, bester Polittalk-Moment dieser Woche:
Das Schlimme an dem Standpunkt der FDP ist, dass er
eigentlich wirklich schwierig zu verkaufen ist. Wenn man talentiert genug ist (wie Lindner) kriegt man es noch halbwegs hin, aber wenn man das nicht ist, dann hat die FDP immer noch einen Trumpf im Ärmel, nämlich zu behaupten man würde "den Rechtsstaat" hochhalten. Aus irgendeinem Grund wird das fast durch die Bank unwidersprochen hingenommen. Wenn eine eher minderbegabte FDP-Politikerin es dann mal (teilweise!) ohne dieses Argumentationsmuster versucht, kommt konsequenterweise solcher Stuss dabei raus.
Generell bin ich allerdings mittlerweile auch ein bisschen erstaunt, dass SPD und Grüne bei diesem Schwachsinn mitgezogen sind. Ich verstehe das Kalkül nicht: Schon die ganze Pandemie über sieht es eigentlich nicht so aus, als würde ein Großteil der Wähler es goutieren wenn man lockert, solange die Wähler selbst eher gleichbleibende oder stärkere Maßnahmen befürworten. Für die AfD funktioniert es sicher gegen Maßnahmen zu sein und ich vermute für die FDP funktioniert es wohl auch, aber für SPD und Grüne kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie es funktionieren soll und generell hatte ich bisher auch das Gefühl, dort findet sich unter den Politikern selbst die größte Mehrheit für härtere Maßnahmen. Wieso man sich jetzt gerade hier eher auf FDP-Linie bewegt und dann auch noch mit so absurden Prozess-Argumenten wie "Parlamente wieder stärker beteiligen" kommt, die absolut inhaltlich absolut niemanden überzeugen werden, ist mir schleierhaft.