Komplett unabhängig von der Menge an Impfstoff hab es verschiedene logistische Themen zu organisieren. Dabei gab es einen Haufen Probleme:
- Terminvergabe per Hotline, wo einige über hundert Mal angerufen haben
- Posse der Anschreiben der ü80-jährigen in Niedersachsen
- Unnötig hohe Distanzen für 85-jährige (mir egal ob du da Pi Mal Daumen überschlagst, dass die Mehrtoten davon nicht so viele sind -- es ist ein klarer Nachteil, wenn viele 85-jährige 30km mit ÖPNV zum Impfzentrum müssen statt 5km zum vertrauten Haussatz)
- ...
Du machst es schon wieder. "Viele 85-jährige"? Woher weißt du das? Dieser Dreischritt passiert mir entscheidend zu oft bei dir:
1. Du findest ein Szenario, das dir nicht passt
2. Du nimmst an es ist wahr
3. Die Diskussion dreht sich jetzt darum, ob das Szenario denn nun so schlimm ist wie du es findest oder nicht
Wie wäre es, wenn wir erst mal klären könnten, ob das denn tatsächlich ein nennenswertes Problem ist? Ich habe nicht mal "eine Überschlagsrechnung" gemacht, ich habe lediglich darauf hingewiesen dass dieser tradeoff überhaupt existiert. Du dagegen nimmst direkt mehrere Dinge an, die überhaupt nicht klar sind:
a. Wir wissen überhaupt nicht, wie viele der Ü80-jährigen, die noch nicht geimpft sind, sich impfen lassen wollen
b. Wir wissen nicht mal näherungsweise, wie viele der Ü80-jährige tatsächlich so weit von einem Impfzentrum weg wohnen
c. Wir wissen nicht, für wie viele ÖPNV zum Impfzentrum die einzige Möglichkeit ist, zum Impfzentrum zu kommen (respektive sich impfen zu lassen), geschweige denn
d. Für wie viele es der ausschlaggebende Grund ist, sich nicht impfen zu lassen
Und da ist noch nichts über den Vergleich bzgl. Vulnerabilität (insbesondere durch Mobilität) der Ü80-jährigen gesagt, welche sich von ihrem Hausarzt hätten impfen lassen, im Impfzentrum aber nicht, und denjenigen die stattdessen im Impfzentrum geimpft wurden.
Ich habe gestern auf eine Karte mit den Impf-Zentren geschaut und ja, es gibt Orte in Deutschland wo man tatsächlich 45km oder auch länger bis zum nächsten Impfzentrum braucht, aber es sind wenige und bevölkerungsgewichtet dürften sie kaum ins Gewicht fallen. Auch ist für mich a priori nicht klar, dass "Wege zum Impfzentrum" überhaupt ein nennenswertes Kriterium sind, wenn ich sehe dass die Impfquote der Ü80-jährigen in Bremen (garantiert vergleichsweise kurze Impfwege) niedriger liegt als die Impfquote in Niedersachsen und die Impfquote der Ü80-jährigen in Hamburg niedriger als die in Schleswig-Holstein, in den jeweiligen Stadtstaat/Flächenstaat-Dyaden jedoch im Schnitt 10-15 pp. höher als die Impfquote der Ü80-jährigen im dreimal so dicht besiedelten NRW. Deinen "klaren Nachteil" geben die Zahlen einfach nicht her.
Wie wäre es, wenn man da einfach mal zugibt, dass es auch in der Logistik eine Menge Probleme gab?
Das Gegenteil davon behauptet ja auch niemand, zumindest wenn man eine nicht völlig absurde Lesart seines Posts anlegt. Glaub mir, ich ärgere mich auch, dass in Deutschland private Firmen beauftragt werden müssen, Leute anzuschreiben, von denen die Behörden ganz genau wissen wo jeder einzelne von ihnen gemeldet ist. Aber letztendlich dürfte der tatsächliche Effekt auf das Pandemiegeschehen völlig vernachlässigbar sein.
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Habe über die Feiertage mal etwas Zeit gehabt, die deutsche Presse zu lesen und es ist faszinierend, wie langsam sich da alles bewegt. Lange Zeit konnte man nichts anderes lesen als "Die Menschen sind mit den Maßnahmen zufrieden", dann überall dass die Menschen jetzt mit den Maßnahmen unzufriedener werden. Jetzt versuchen diverse Zeitungen (insbesondere die Welt) uns zu erklären, warum die Leute immer noch unzufrieden sind, obwohl exakt die Maßnahmen, die sie vorher für die Unzufriedenheit verantwortlich machten, jetzt nochmal deutlich populärer werden (unpopulär waren sie eh nie). Da raucht bei manchem der Kopf schon in Echtzeit. Auch auf weiter Flur absolute Stille dazu, was das für die vorher geäußerten Behauptungen bedeutet. Ich habe noch von absolut niemandem gelesen, dass er oder sie zugegeben hat, dass das wohl nicht alles so richtig war, was man da vorher über die Lockdownmüdigkeit geschrieben hat. Die einzige, die halbwegs ehrlich ist, ist Susanne Gaschke, die mehr oder weniger direkt zugibt, sie hält die Bevölkerung für manipuliert, sonst hätte sie diese Meinung gar nicht.