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AfD - Karnevalsverein oder Heilsbringer?

parats'

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Ich wäre mir da gar nicht so sicher.
Bisher hat noch keiner die 1100 Seiten in der Breite gesehen und rein rechtlich läuft das Verfahren noch. Davon ab gab es aus der Mitte immer die Bekundungen eines Parteiverbots bei neuen Parteien am Rande (Grüne in den 80ern und die Linke bis vor noch gar nicht so langer Zeit). Die Chance für eine Auftrennung des radikalen Flügels wäre sicherlich eine Möglichkeit.
Ein komplettes Verbot wird nichts ändern, wieso auch?
Die AfD hat programmatisch doch gar nichts zu bieten. Sollte für neue Alternativen also ein leichtes sein.
 

Gustavo

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mal so aus interesse gefragt: wer glaubt, dass sich die lage insgesamt mit einem verbot der afd verbessern wird?

ich denke, dass es genügend evidenz für ein verbot gäbe. soweit so wenig überraschend. ich wäre aber absolut unsicher was bei einem verbot tatsächlich passieren würde.

Ich finde es schwierig, die Auswirkungen eines Verbots zu prognostizieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das Verbot selbst ein net positive oder net negative wäre.

Wichtiger als ein Verbot selbst fände ich die Verhandlung eines solchen, weil doch immer noch viel zu wenigen Leuten klar ist, wo das durchschnittliche AfD-Mitglied politisch verortet ist. Da gäbe es eine Menge Konversationen, die nie wirklich geführt werden, um die man bei einer öffentlichkeitswirksamen Verhandlung vor dem BVerfG dann nicht mehr so einfach umher kommt. Der AfD wird bspw. immer noch viel zu häufig durchgehen gelassen, sich selbst nebulös als "rechts" (von der Union) zu charakterisieren (manchmal mit dem Zusatz dass es ja wohl auch ok sein müsse rechts zu sein, so wie man auch links sein kann). Das Problem des Diskurses ist aber, dass wir nie wirklich darüber geredet haben
(a) wo die Grenze der "Bürgerlichkeit" (vulgo Anstand) verläuft und was man rechts von der Union als legitime politische Meinung mitspielen lassen sollte und wo Rechtsradikalismus beginnt, den man (in meinen Augen zurecht) aus dem politischen Diskurs ausgrenzt und
(b) WIE weit die AfD rechts von der Union steht und ob sie diesseits oder jenseits dieser Grenze steht
In der AfD wird gerne so getan als wären diejenigen, die dumm genug sind sich öffentlich klar rechtsradikal zu äußern die Ausnahme, aber meine Vermutung ist wenn man auf nachrichtendienstliche Maßnahmen zurückgreift, wie das der Verfassungsschutz ja mittlerweile kann, würde sich da ein ganz anderes Bild zeigen: Die Mehrheit der AfD-Mitglieder ist gedanklich rechtsradikal; Rechtsradikale werden nicht "toleriert" sondern sind mittlerweile in der Partei tonangebend. Ich glaube darüber wurde in der Öffentlichkeit viel zu wenig geredet, weil man Rechtsradikalismus in Deutschland in der Öffentlichkeit immer noch wie eine Straftat behandelt: Rechtsradikalismus muss bewiesen werden und im Zweifelsfall ist für den Angeklagten zu entscheiden. Dabei gibt es überhaupt keinen Grund einfach mal anzunehmen, dass die AfD mehrheitlich diesseits der Grenze steht.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Bitte teile deine Defintion von Rechtsradikalismus, damit ich b) verstehen kann.

Die klassische PoWi-Definition von Rechtsradikalismus halt: Antidemokratisch, nationalistisch, rassistisch/xenophob, "starker Staat"

- Antidemokratisch: Natürlich nicht im Sinne von "Alice Weidel stellt sich uniformiert ins Morgenmagazin und sagt Wahlen sind ab jetzt abgeschafft", ist klar. Da geht es klassischerweise darum, Wahlen so abzuhalten dass die Chancengleichheit nicht gewahrt ist und man selbst sie nicht mehr leicht verlieren kann. Der Teil ist vermutlich am spekulativsten, weil wohl die wenigsten AfD-Mitglieder wirklich darüber nachdenken, was sie jenseits von Schlagworten machen wollen, wenn sie an der Macht sind. Wenn du dir allerdings anhörst, wie sie reden wenn sie unter sich sind (bspw. in Schnellroda) hörst du auch schnell den Hebel: Man habe nur noch "ein paar Jahre" Zeit, weil sonst zu viele "Nichtdeutsche" das Wahlrecht hätten, als dass die AfD Wahlen gewinnen könnte. Das konstante Bild des Rechtspopulismus vom "wahren Volk" und den "abgehobenen Eliten" passt auch gut dazu, insbesondere weil es immer wieder so genutzt wird, dass man selbst nie eine legitime Wahl verlieren kann: Wenn die AfD verliert war immer irgendwer anders Schuld, weil die Idee, dass das "wahre Volk" vielleicht doch zu den meisten Themen andere Ansichten hat als die AfD nicht ins Weltbild passt.
- Nationalistisch: Würde glaube ich nicht mal die AfD selbst bestreiten, hält sie sogar für etwas Positives.
- Rassistisch/Xenophob: Da geht es nicht zwingend darum, dass man einen "Blut und Boden"-Volksbegriff hat (obwohl den wohl auch viele in der AfD haben), sondern auch darum dass Nationalität eben nicht regularisiert durch neutrales Staatsbürgerschaftsrecht geregelt wird, sondern durch weiche Kriterien die man je nach Belieben dehnen kann und die die Staatsbürgerschaft als Privileg sieht, das die Herrschenden nach eigenem Gutdünken verteilen können. Genau so stellen sich sicherlich die meisten AfD-Mitglieder das Staatsbürgerschaftsrecht vor. Der Teil ist wohl schon durch das Gutachten des Verfassungsschutzes recht gut belegt nach allem was ich lese.
- "Starker Staat": Starker Staat, um ihn gegen die eigenen Feinde einzusetzen; schwacher Staat für einen selbst. Der Teil dürfte auch extrem einfach zu belegen sein, weil die AfD damit auch nicht hinter dem Berg hält: Wenn man selbst an der Macht ist gibt es eben keinen Liberalismus mehr, sondern man will den Staat nutzen um die eigenen Feinde zu bestrafen. Höcke ist bspw. dumm genug das immer wieder zu sagen, aber der Revanchismus kommt bei vielen immer wieder durch.
 
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