Du schreibst immer von radikal*. Der Verfassungsschutz spricht immer von extremistisch. Meines Wissens nach sind die Definitionen aber gar nicht Deckungsgleich und der wesentliche Unterschied liegt dich in der Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Oder verwechsel ich gerade was?
* Du machst das ja absichtlich und das ist mir bei deinem ersten Post schon aufgefallen. Warum?
Das ist keine Unterstellung von Framing oder so, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch kein Vertipper ist.
Da geht es ehrlich gesagt in der Literatur drunter und drüber. Den deutschen Verfassungsschutz nimmt natürlich niemand als Instanz bzgl. politischer Ideologien wahr, insofern ist das auch nicht woran ich mich orientiere. Ich schreibe das so, weil ich persönlich eher von der Seite überzeugt bin, die Radikalismus mehr als den ideologischen Kern sieht und Extremismus mehr als eine bestimmte Art der Durchsetzung*. Insofern ist für mich die AfD durchaus rechtsradikal, aber weder rechtsextrem im Sinne ihrer bevorzugten Mittel noch rechtsextrem im Sinn der Parteien, die man gemeinhin rechtsextrem nennt, etwa die ganzen Neonazi-Parteien. Solche Leute gibt es in der AfD auch, aber sie sind sichtbar nicht in der Mehrheit.
Ich würde btw generell anmerken, dass die Rechtsprechung des BVerfG zum Parteienverbot nicht wahnsinnig gut zu Parteien wie der AfD passt. Die Parteien, anhand derer diese Rechtsprechung entwickelt wurden (SRP und KPD in den 50ern, NPD in den 2000ern und 2010ern) waren Parteien, die alle Extremisten im klassischen Sinn waren: Wenn die SRP oder die KPD an die Macht gekommen wären hätte es in Westdeutschland maximal noch "Wahlen" gegeben wie es sie in der DDR gab. Dafür gäbe es glaube ich in der AfD keine Mehrheit und wenn man den Anforderungskatalog an Verfassungsfeindlichkeit aus dem 2010er-Urteil zur NPD als Konjunktion liest dann müsste das Verbotsverfahren gegen die AfD sowieso scheitern, weil sie nicht alle Kriterien erfüllt. Allerdings wäre die Frage zu stellen, ob diese Art von Partei wirklich eine so große Gefahr in einer modernen Demokratie darstellt oder ob die realistischere Gefahr nicht eher von Parteien nach dem Muster der Fidesz oder der Republikanischen Partei in den USA ausgeht, die vordergründig die Demokratie intakt lassen wollen, gleichzeitig aber die Spielregeln so ändern dass es keine fairen und gleichen Wahlen mehr sind.
*die empirisch meistens mit einem noch extremeren Radikalismus der Ideologie einhergeht, was natürlich auch empirisch irgendwo Sinn ergibt: Wer bereit ist bspw. gewalttätig seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen hat in der Regel Vorstellungen die weit außerhalb dessen liegen, was man mit demokratischen Mitteln durchsetzen kann (ansonsten könnte man es ja auch einfach bei Wahlen versuchen)
Ist es den Leuten unklar oder hoffst du, dass es so ist? Ich sehe das eher skeptisch, denn die Leute sind nicht vollkommen dumm oder nur ungebildet. Auf irgendeiner Ebene werden wohl selbst die meisten der Wählerschaft das übelste Gedankengut ablehnen, irgendwo scheint es ihnen aber auch herzlich egal zu sein.
Weiß nicht wie ich es sagen soll, wenn ein Sarrazin innerhalb der SPD einen Diskurs als Individuum auslöst, oder ein Palmer die Grünen als Einzelperson aufmischt, ist das was anderes als die endlosen Reihen an öffentlichen Eklats. Egal ob Lucke, Krah, Weidel, Gauland, etc. pp. - es ist doch Masche. Wenn sich da "der Wähler" nicht an einer Person aufrieb, warum soll er sich jetzt an "dem Durchschnitt" aufhängen?
Das sind auch so Leute, die Fakten skeptisch sehen. Der komplette Duktus der Partei ist "traue niemanden", wenn man da mitgeht, da glaubt man auch einer medialen Berichterstattung, egal ob Prozess oder nicht, doch auch wenig.
Es ist den Leuten unklar. Ich glaube die meisten Leute machen sie keine Vorstellung davon, wie wenig die allgemeine Bevölkerung über Politik weiß. Das hat auch nichts damit zu tun, dass sie "dumm oder nur ungebildet" sind, sondern dass sie einfach andere Sachen tun. Man sollte als realistischer Demokrat anerkennen, dass es immer auch das Ziel eines politischen Systems sein sollte, Politik so zu strukturieren dass auch Leute mit niedriger politischer Kompetenz tatsächlich so wählen wie sie wählen würden wenn sie gut informierte Wähler wären.
Klar, es gibt einen Teil der AfD-Wähler, denen macht das in der Tat nichts aus oder sie finden es sogar aktiv gut. Aber der liegt eher bei 10% als bei 20% der Wähler. Man hatte es schon bei der Correctiv-Recherche ganz gut gesehen, als auf einmal über Remigration gesprochen wurde: Die AfD sah das als unfair (weil man es nicht offiziell gesagt hat), andererseits hat aber auch niemand ernsthaft bestritten, dass sowas in die Richtung das Ziel ist.
Oder was genau wäre das Positive an der Sache? Politischen Frust wird das Verbot nicht abbauen. Oder die Toleranz der Wähler magisch in eine Ablehnung umwandeln.
Na ja, das Positive an der Sache wäre für mich die Tatsache, dass die AfD erst mal keine Chance hätte in einem ostdeutschen Bundesland an die Macht zu kommen. Natürlich kann man sagen dass die irgendwie selbst Schuld wären, wenn sie eine AfD-Regierung wählen, aber die Konsequenzen spüren ja alle, auch diejenigen die sie nicht gewählt haben. Das sind ziemlich hohe Kosten nur damit der Rest der Republik sieht, dass die AfD genau dieselbe Art von Politik macht wie alle Rechtspopulisten überall sonst auch.