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AfD - Karnevalsverein oder Heilsbringer?

parats'

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Ich wäre mir da gar nicht so sicher.
Bisher hat noch keiner die 1100 Seiten in der Breite gesehen und rein rechtlich läuft das Verfahren noch. Davon ab gab es aus der Mitte immer die Bekundungen eines Parteiverbots bei neuen Parteien am Rande (Grüne in den 80ern und die Linke bis vor noch gar nicht so langer Zeit). Die Chance für eine Auftrennung des radikalen Flügels wäre sicherlich eine Möglichkeit.
Ein komplettes Verbot wird nichts ändern, wieso auch?
Die AfD hat programmatisch doch gar nichts zu bieten. Sollte für neue Alternativen also ein leichtes sein.
 

Gustavo

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mal so aus interesse gefragt: wer glaubt, dass sich die lage insgesamt mit einem verbot der afd verbessern wird?

ich denke, dass es genügend evidenz für ein verbot gäbe. soweit so wenig überraschend. ich wäre aber absolut unsicher was bei einem verbot tatsächlich passieren würde.

Ich finde es schwierig, die Auswirkungen eines Verbots zu prognostizieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das Verbot selbst ein net positive oder net negative wäre.

Wichtiger als ein Verbot selbst fände ich die Verhandlung eines solchen, weil doch immer noch viel zu wenigen Leuten klar ist, wo das durchschnittliche AfD-Mitglied politisch verortet ist. Da gäbe es eine Menge Konversationen, die nie wirklich geführt werden, um die man bei einer öffentlichkeitswirksamen Verhandlung vor dem BVerfG dann nicht mehr so einfach umher kommt. Der AfD wird bspw. immer noch viel zu häufig durchgehen gelassen, sich selbst nebulös als "rechts" (von der Union) zu charakterisieren (manchmal mit dem Zusatz dass es ja wohl auch ok sein müsse rechts zu sein, so wie man auch links sein kann). Das Problem des Diskurses ist aber, dass wir nie wirklich darüber geredet haben
(a) wo die Grenze der "Bürgerlichkeit" (vulgo Anstand) verläuft und was man rechts von der Union als legitime politische Meinung mitspielen lassen sollte und wo Rechtsradikalismus beginnt, den man (in meinen Augen zurecht) aus dem politischen Diskurs ausgrenzt und
(b) WIE weit die AfD rechts von der Union steht und ob sie diesseits oder jenseits dieser Grenze steht
In der AfD wird gerne so getan als wären diejenigen, die dumm genug sind sich öffentlich klar rechtsradikal zu äußern die Ausnahme, aber meine Vermutung ist wenn man auf nachrichtendienstliche Maßnahmen zurückgreift, wie das der Verfassungsschutz ja mittlerweile kann, würde sich da ein ganz anderes Bild zeigen: Die Mehrheit der AfD-Mitglieder ist gedanklich rechtsradikal; Rechtsradikale werden nicht "toleriert" sondern sind mittlerweile in der Partei tonangebend. Ich glaube darüber wurde in der Öffentlichkeit viel zu wenig geredet, weil man Rechtsradikalismus in Deutschland in der Öffentlichkeit immer noch wie eine Straftat behandelt: Rechtsradikalismus muss bewiesen werden und im Zweifelsfall ist für den Angeklagten zu entscheiden. Dabei gibt es überhaupt keinen Grund einfach mal anzunehmen, dass die AfD mehrheitlich diesseits der Grenze steht.
 
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Ihr Trolle könnt mal schön Eure unsachlichen Beiträge lassen.
Betrachtet das als Verwarnung.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
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Bitte teile deine Defintion von Rechtsradikalismus, damit ich b) verstehen kann.

Die klassische PoWi-Definition von Rechtsradikalismus halt: Antidemokratisch, nationalistisch, rassistisch/xenophob, "starker Staat"

- Antidemokratisch: Natürlich nicht im Sinne von "Alice Weidel stellt sich uniformiert ins Morgenmagazin und sagt Wahlen sind ab jetzt abgeschafft", ist klar. Da geht es klassischerweise darum, Wahlen so abzuhalten dass die Chancengleichheit nicht gewahrt ist und man selbst sie nicht mehr leicht verlieren kann. Der Teil ist vermutlich am spekulativsten, weil wohl die wenigsten AfD-Mitglieder wirklich darüber nachdenken, was sie jenseits von Schlagworten machen wollen, wenn sie an der Macht sind. Wenn du dir allerdings anhörst, wie sie reden wenn sie unter sich sind (bspw. in Schnellroda) hörst du auch schnell den Hebel: Man habe nur noch "ein paar Jahre" Zeit, weil sonst zu viele "Nichtdeutsche" das Wahlrecht hätten, als dass die AfD Wahlen gewinnen könnte. Das konstante Bild des Rechtspopulismus vom "wahren Volk" und den "abgehobenen Eliten" passt auch gut dazu, insbesondere weil es immer wieder so genutzt wird, dass man selbst nie eine legitime Wahl verlieren kann: Wenn die AfD verliert war immer irgendwer anders Schuld, weil die Idee, dass das "wahre Volk" vielleicht doch zu den meisten Themen andere Ansichten hat als die AfD nicht ins Weltbild passt.
- Nationalistisch: Würde glaube ich nicht mal die AfD selbst bestreiten, hält sie sogar für etwas Positives.
- Rassistisch/Xenophob: Da geht es nicht zwingend darum, dass man einen "Blut und Boden"-Volksbegriff hat (obwohl den wohl auch viele in der AfD haben), sondern auch darum dass Nationalität eben nicht regularisiert durch neutrales Staatsbürgerschaftsrecht geregelt wird, sondern durch weiche Kriterien die man je nach Belieben dehnen kann und die die Staatsbürgerschaft als Privileg sieht, das die Herrschenden nach eigenem Gutdünken verteilen können. Genau so stellen sich sicherlich die meisten AfD-Mitglieder das Staatsbürgerschaftsrecht vor. Der Teil ist wohl schon durch das Gutachten des Verfassungsschutzes recht gut belegt nach allem was ich lese.
- "Starker Staat": Starker Staat, um ihn gegen die eigenen Feinde einzusetzen; schwacher Staat für einen selbst. Der Teil dürfte auch extrem einfach zu belegen sein, weil die AfD damit auch nicht hinter dem Berg hält: Wenn man selbst an der Macht ist gibt es eben keinen Liberalismus mehr, sondern man will den Staat nutzen um die eigenen Feinde zu bestrafen. Höcke ist bspw. dumm genug das immer wieder zu sagen, aber der Revanchismus kommt bei vielen immer wieder durch.
 

parats'

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Du schreibst immer von radikal*. Der Verfassungsschutz spricht immer von extremistisch. Meines Wissens nach sind die Definitionen aber gar nicht Deckungsgleich und der wesentliche Unterschied liegt dich in der Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Oder verwechsel ich gerade was?

* Du machst das ja absichtlich und das ist mir bei deinem ersten Post schon aufgefallen. Warum?
Das ist keine Unterstellung von Framing oder so, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch kein Vertipper ist.
 
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Du schreibst immer von radikal*. Der Verfassungsschutz spricht immer von extremistisch. Meines Wissens nach sind die Definitionen aber gar nicht Deckungsgleich und der wesentliche Unterschied liegt dich in der Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Oder verwechsel ich gerade was?
Nee das ist schon richtig afair, extremistisch geht mit antidemokratischen, auch gewalttätigen Handlungen einher
 

GeckoVOD

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Ich finde es schwierig, die Auswirkungen eines Verbots zu prognostizieren. Ich bin mir nicht sicher, ob das Verbot selbst ein net positive oder net negative wäre.

Wichtiger als ein Verbot selbst fände ich die Verhandlung eines solchen, weil doch immer noch viel zu wenigen Leuten klar ist, wo das durchschnittliche AfD-Mitglied politisch verortet ist.
Ist es den Leuten unklar oder hoffst du, dass es so ist? Ich sehe das eher skeptisch, denn die Leute sind nicht vollkommen dumm oder nur ungebildet. Auf irgendeiner Ebene werden wohl selbst die meisten der Wählerschaft das übelste Gedankengut ablehnen, irgendwo scheint es ihnen aber auch herzlich egal zu sein.

Weiß nicht wie ich es sagen soll, wenn ein Sarrazin innerhalb der SPD einen Diskurs als Individuum auslöst, oder ein Palmer die Grünen als Einzelperson aufmischt, ist das was anderes als die endlosen Reihen an öffentlichen Eklats. Egal ob Lucke, Krah, Weidel, Gauland, etc. pp. - es ist doch Masche. Wenn sich da "der Wähler" nicht an einer Person aufrieb, warum soll er sich jetzt an "dem Durchschnitt" aufhängen?
Das sind auch so Leute, die Fakten skeptisch sehen. Der komplette Duktus der Partei ist "traue niemanden", wenn man da mitgeht, da glaubt man auch einer medialen Berichterstattung, egal ob Prozess oder nicht, doch auch wenig.

Oder was genau wäre das Positive an der Sache? Politischen Frust wird das Verbot nicht abbauen. Oder die Toleranz der Wähler magisch in eine Ablehnung umwandeln.
 

Scorn4

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Frust hin oder her, ein Verbot kann dem gesellschaftlichen Zersatz dieser Frustbewegung einen Riegel vorschieben.
 
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Also ich finde es wesentlich spannender, wenn die AfD bleibt. Sonst ist es irgendwie langweilig.
 

Gustavo

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Du schreibst immer von radikal*. Der Verfassungsschutz spricht immer von extremistisch. Meines Wissens nach sind die Definitionen aber gar nicht Deckungsgleich und der wesentliche Unterschied liegt dich in der Ausübung von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Ziele. Oder verwechsel ich gerade was?

* Du machst das ja absichtlich und das ist mir bei deinem ersten Post schon aufgefallen. Warum?
Das ist keine Unterstellung von Framing oder so, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch kein Vertipper ist.

Da geht es ehrlich gesagt in der Literatur drunter und drüber. Den deutschen Verfassungsschutz nimmt natürlich niemand als Instanz bzgl. politischer Ideologien wahr, insofern ist das auch nicht woran ich mich orientiere. Ich schreibe das so, weil ich persönlich eher von der Seite überzeugt bin, die Radikalismus mehr als den ideologischen Kern sieht und Extremismus mehr als eine bestimmte Art der Durchsetzung*. Insofern ist für mich die AfD durchaus rechtsradikal, aber weder rechtsextrem im Sinne ihrer bevorzugten Mittel noch rechtsextrem im Sinn der Parteien, die man gemeinhin rechtsextrem nennt, etwa die ganzen Neonazi-Parteien. Solche Leute gibt es in der AfD auch, aber sie sind sichtbar nicht in der Mehrheit.
Ich würde btw generell anmerken, dass die Rechtsprechung des BVerfG zum Parteienverbot nicht wahnsinnig gut zu Parteien wie der AfD passt. Die Parteien, anhand derer diese Rechtsprechung entwickelt wurden (SRP und KPD in den 50ern, NPD in den 2000ern und 2010ern) waren Parteien, die alle Extremisten im klassischen Sinn waren: Wenn die SRP oder die KPD an die Macht gekommen wären hätte es in Westdeutschland maximal noch "Wahlen" gegeben wie es sie in der DDR gab. Dafür gäbe es glaube ich in der AfD keine Mehrheit und wenn man den Anforderungskatalog an Verfassungsfeindlichkeit aus dem 2010er-Urteil zur NPD als Konjunktion liest dann müsste das Verbotsverfahren gegen die AfD sowieso scheitern, weil sie nicht alle Kriterien erfüllt. Allerdings wäre die Frage zu stellen, ob diese Art von Partei wirklich eine so große Gefahr in einer modernen Demokratie darstellt oder ob die realistischere Gefahr nicht eher von Parteien nach dem Muster der Fidesz oder der Republikanischen Partei in den USA ausgeht, die vordergründig die Demokratie intakt lassen wollen, gleichzeitig aber die Spielregeln so ändern dass es keine fairen und gleichen Wahlen mehr sind.





*die empirisch meistens mit einem noch extremeren Radikalismus der Ideologie einhergeht, was natürlich auch empirisch irgendwo Sinn ergibt: Wer bereit ist bspw. gewalttätig seine eigenen Vorstellungen durchzusetzen hat in der Regel Vorstellungen die weit außerhalb dessen liegen, was man mit demokratischen Mitteln durchsetzen kann (ansonsten könnte man es ja auch einfach bei Wahlen versuchen)



Ist es den Leuten unklar oder hoffst du, dass es so ist? Ich sehe das eher skeptisch, denn die Leute sind nicht vollkommen dumm oder nur ungebildet. Auf irgendeiner Ebene werden wohl selbst die meisten der Wählerschaft das übelste Gedankengut ablehnen, irgendwo scheint es ihnen aber auch herzlich egal zu sein.
Weiß nicht wie ich es sagen soll, wenn ein Sarrazin innerhalb der SPD einen Diskurs als Individuum auslöst, oder ein Palmer die Grünen als Einzelperson aufmischt, ist das was anderes als die endlosen Reihen an öffentlichen Eklats. Egal ob Lucke, Krah, Weidel, Gauland, etc. pp. - es ist doch Masche. Wenn sich da "der Wähler" nicht an einer Person aufrieb, warum soll er sich jetzt an "dem Durchschnitt" aufhängen?
Das sind auch so Leute, die Fakten skeptisch sehen. Der komplette Duktus der Partei ist "traue niemanden", wenn man da mitgeht, da glaubt man auch einer medialen Berichterstattung, egal ob Prozess oder nicht, doch auch wenig.


Es ist den Leuten unklar. Ich glaube die meisten Leute machen sie keine Vorstellung davon, wie wenig die allgemeine Bevölkerung über Politik weiß. Das hat auch nichts damit zu tun, dass sie "dumm oder nur ungebildet" sind, sondern dass sie einfach andere Sachen tun. Man sollte als realistischer Demokrat anerkennen, dass es immer auch das Ziel eines politischen Systems sein sollte, Politik so zu strukturieren dass auch Leute mit niedriger politischer Kompetenz tatsächlich so wählen wie sie wählen würden wenn sie gut informierte Wähler wären.
Klar, es gibt einen Teil der AfD-Wähler, denen macht das in der Tat nichts aus oder sie finden es sogar aktiv gut. Aber der liegt eher bei 10% als bei 20% der Wähler. Man hatte es schon bei der Correctiv-Recherche ganz gut gesehen, als auf einmal über Remigration gesprochen wurde: Die AfD sah das als unfair (weil man es nicht offiziell gesagt hat), andererseits hat aber auch niemand ernsthaft bestritten, dass sowas in die Richtung das Ziel ist.


Oder was genau wäre das Positive an der Sache? Politischen Frust wird das Verbot nicht abbauen. Oder die Toleranz der Wähler magisch in eine Ablehnung umwandeln.


Na ja, das Positive an der Sache wäre für mich die Tatsache, dass die AfD erst mal keine Chance hätte in einem ostdeutschen Bundesland an die Macht zu kommen. Natürlich kann man sagen dass die irgendwie selbst Schuld wären, wenn sie eine AfD-Regierung wählen, aber die Konsequenzen spüren ja alle, auch diejenigen die sie nicht gewählt haben. Das sind ziemlich hohe Kosten nur damit der Rest der Republik sieht, dass die AfD genau dieselbe Art von Politik macht wie alle Rechtspopulisten überall sonst auch.
 

GeckoVOD

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Es ist den Leuten unklar. Ich glaube die meisten Leute machen sie keine Vorstellung davon, wie wenig die allgemeine Bevölkerung über Politik weiß. Das hat auch nichts damit zu tun, dass sie "dumm oder nur ungebildet" sind, sondern dass sie einfach andere Sachen tun. Man sollte als realistischer Demokrat anerkennen, dass es immer auch das Ziel eines politischen Systems sein sollte, Politik so zu strukturieren dass auch Leute mit niedriger politischer Kompetenz tatsächlich so wählen wie sie wählen würden wenn sie gut informierte Wähler wären.
Klar, es gibt einen Teil der AfD-Wähler, denen macht das in der Tat nichts aus oder sie finden es sogar aktiv gut. Aber der liegt eher bei 10% als bei 20% der Wähler. Man hatte es schon bei der Correctiv-Recherche ganz gut gesehen, als auf einmal über Remigration gesprochen wurde: Die AfD sah das als unfair (weil man es nicht offiziell gesagt hat), andererseits hat aber auch niemand ernsthaft bestritten, dass sowas in die Richtung das Ziel ist.
Ich stehe dem Verbotsverfahren, bzw. der Diskussion leidenschaftslos gegenüber und sehe die AfD nicht als schützens- oder erhaltenswert an.

Unabhängig davon scheinen mir die AfD-Wähler gar nicht "uninformiert" über die Haltung und die Orientierung der Politiker zu sein. Meinem Empfinden (basiert allerdings rein auf Nahfeldempirie) suggeriert, dass die Leute schon sehr gut verstehen, dass diese Leute sehr extreme Haltungen haben, vor allem wenn es um Migration und dem Gesellschaftsbild gehen.

Allerdings scheinen die Leute auch eine Spur doppelt / schizophren zu denken: Auf der einen Seite beruhigt man sich selbst, im Sinne von "sind ja eh nur Politiker" und "wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht". Weitergedacht würde das bedeuten, dass auch die AfD ein zahnloser Tiger ist, sie kann ja gar nicht so viel ausrichten, weil entweder andere Parteien als Moderator (im technischen Sinne als bremsender Faktor) existieren, oder die Politik nicht sehr auf das Geschehen einwirken kann; verschwommen wohl weil "das Grundgesetz". Andererseits wollen die Leute eine so krasse Haltung sehr wohl, WEIL sie von der Politik so enttäuscht sind. Aber "die andere Politik" (wer auch immer das ist) hat versagt und magisch mehr Spielraum als die AfD. Wie auch immer das vereinbar ist. Ob man die Leute mit einem Verfahren abholt wage ich zu verzweifeln, als Beispiel würde ich diese Pseudo-Wannsee-Konferenz anführen. Klar gab's da einen riesen Aufschrei, aber dennoch auch 15++% in den Wahlkreisen nur wenige Monate später. Oder das Geschrei nach dem Sylt-Gigi-Dagostino-Mist. Beschäftigt die Wähler scheinbar nur so mittel.

Ergo verstehe ich die Wähler so, dass sie wählen, egal was dabei jetzt rauskommt. Es wird sich so hingebogen, dass man keine individuelle Verantwortung für die Stimme an der AfD zu haben braucht. Es geht ja eher darum den Politikverdruss zu verdeutlichen UND den Status Quo zu wahren. Außer der AfD sehe ich keine Partei in Deutschland, die so etwas glaubwürdig verkaufen kann. Die Union liefert(e) nicht, der Rest hat irgendwelche progressiven Ideen, die sich mit dem Wunsch auf Konstanz von "Tradition" und "wirtschaftlichem Wohl" beißen (zumindest in den Augen der Wähler).

Ich möchte dir gar nicht widersprechen, ich halte so einen Diskurs für sehr sinnvoll, die Frage ist nur, wie der Diskurs gestaltet werden kann, oder wie effizient er auch die entsprechenden Wählerschichten erreichen kann. Ich glaube leider halt kaum, so was nutzt sich schnell ab. Scheint ja grundsätzlich nicht sehr einfach so populistische Vollspasten zu unterlaufen, zumindest sehe ich kein Land, das ein tolles Konzept dagegen hat.
 
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Musste bei den Abimottos lachen.

Ansonsten wäre das grobe Fazit des Journalisten
Lange galt unter jungen Menschen Linkssein als cool und aufrührerisch. Wer gegen die Erwachsenengeneration aufbegehren wollte, hing sich ein Che-Guevara-Plakat ins Zimmer oder kokettierte mit dem RAF-Terrorismus. Heute ist, auch wenn die Linkspartei bei jungen Wählern zuletzt sehr erfolgreich war, Rechtssein der Inbegriff der Rebellion.
 

Das Schaf

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Wo auf den Bergen Schlösser wachsen

Musste bei den Abimottos lachen.

Ansonsten wäre das grobe Fazit des Journalisten
Quasi die selben Mottos standen bei uns damals auch auf der Abstimmungsliste.
Daher find ich das alles bullshit was der schreibt/war generell darüber geschrieben wird
 

Gustavo

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- Rassistisch/Xenophob: Da geht es nicht zwingend darum, dass man einen "Blut und Boden"-Volksbegriff hat (obwohl den wohl auch viele in der AfD haben), sondern auch darum dass Nationalität eben nicht regularisiert durch neutrales Staatsbürgerschaftsrecht geregelt wird, sondern durch weiche Kriterien die man je nach Belieben dehnen kann und die die Staatsbürgerschaft als Privileg sieht, das die Herrschenden nach eigenem Gutdünken verteilen können. Genau so stellen sich sicherlich die meisten AfD-Mitglieder das Staatsbürgerschaftsrecht vor. Der Teil ist wohl schon durch das Gutachten des Verfassungsschutzes recht gut belegt nach allem was ich lese.


Das hatte ich neulich zu einem der Punkte geschrieben, die den klassischen Rechtsradikalismus ausmachen. Und siehe da: Eine Woche später gibt es eine (natürlich von der AfD beantragte) Debatte über das Staatsbürgerschaftsrecht und die AfD gibt das alles sogar offen zu: https://www.welt.de/politik/deutsch...it-ihrem-Einbuergerungsantrag-provoziert.html. "Ermessenseinbürgerung" wäre bei der AfD wohl sowas wie in den Südstaaten das "Wahlrecht" für Schwarze.
 

Gustavo

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tl;dr: Die AfD mockiert sich über die Anzeigen, die die anderen Parteien (insbesondere die Grünen) wegen Beleidigungen im Netz stellen. T-Online hat herausgefunden, dass Alice Weidel selbst offensichtlich Hunderte solcher Anzeigen gestellt hat. Was ich daran bemerkenswert finde ist nicht so sehr die Heuchelei*, sondern die Tatsache, dass man sich bei Rechtspopulisten tatsächlich praktisch immer darauf verlassen kann, dass sie im Zweifelsfall ihre angeblichen Überzeugungen über Bord werfen, wenn sie darin einen Vorteil für sich sehen, egal wie klein. Selbst ein so kleiner Vorteil wie die psychische Befriedigung "irgendwer im Internet, der mein politischer Feind ist, kriegt vielleicht Ärger mit der Staatsanwaltschaft" reicht, um sich so offensichtlich selbst zu widersprechen bei einem DER Aufreger der rechten Internetbubble der letzten Monate. Das sind die Sachen, die man im Hinterkopf behalten sollte, wenn mal wieder jemand ankommt und sagt "ja, aber was die AfD fordert ist doch nur X": Selbst wenn das stimmt gibt es bei niemandem eine so hohe Wahrscheinlichkeit, dass man im Nachhinein eben nicht X kriegt sondern Y als bei der AfD, einfach nur weil es der Partei besser passt.




*side note: Ich finde die aktuelle Auslegung des Straftatbestands auch nicht unbedingt super gelungen, aber mir geht auch auf den Sack wie die Leute tun als wäre es irgendwie der Megaskandal des 21. Jahrhunderts, dass man Leute wegen Beleidigung von Personen des politischen Lebens anzeigen kann, als ob das nicht seit Anfang der BRD ginge. Von mir aus könnte man das Ganze zur Ordnungswidrigkeit herunterstufen, dann würde zumindest der "Bewährungsstrafe wegen Posten"-Diskurs etwas gebremst und es hätte immer noch eine Konsequenz (nämlich Geldstrafe)
 

Gustavo

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Der Typ ist wirklich AfD-Landtagsabgeordneter (in Sachsen-Anhalt, aber immerhin). Klar, Volltrottel gibt es in jeder Partei, an sich wäre das kein Problem. Aber wird deshalb irgendwas passieren? Stört sowas irgendwen in der AfD? Wohl nicht.

Das ist btw ein ordentlicher Litmus-Test für AfDler. Wer Nationalmannschaft spielt ist per se
(a) Inhaber der deutschen Staatsbürgerschaft
(b) "Fachkraft"
(c) Nicht auf die Sozialkasse angewiesen

Wenn man die üblichen Schutzbehauptungen ernst nimmt, die zu dem Thema von der AfD kommen, sollte ein deutscher Nationalspieler so ziemlich der Letzte sein, mit dem man ein Problem hat. Trotzdem würde ich wetten, dass bei einer ehrlichen Umfrage eine deutliche Mehrheit in der AfD ein Problem damit hat, dass die deutsche Nationalmannschaft "einfach nicht mehr deutsch ist". Woran das wohl liegen kann?
 

parats'

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Habs vorhin auch gesehen und ausgerechnet durch einen Tweet von Ben Brechtken, dass sich die AfD ja nicht wundern sollte, wenn man solche Leute toleriert. BB ist jetzt nicht allgemein dafür bekannt besonders links zu sein, sondern bewegt sich eher zum auf dem Niveau von Nius.
 

Gustavo

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Habs vorhin auch gesehen und ausgerechnet durch einen Tweet von Ben Brechtken, dass sich die AfD ja nicht wundern sollte, wenn man solche Leute toleriert. BB ist jetzt nicht allgemein dafür bekannt besonders links zu sein, sondern bewegt sich eher zum auf dem Niveau von Nius.

Wenn ich mich richtig erinnere schreibt der sogar für Nius? Ist halt auch ein geiles Beispiel dafür, wie räudig "alternative Medien" sind: Irgendein Twitter-Troll, ohne Ahnung von irgendwas, kriegt einfach mal so eine Kolumne weil man denkt, der hat auf Twitter schon mal geschafft Ressentiments zu aktivieren, warum also nicht auch bei uns?

Aber auch bei dem Tweet von Brechtken siehst du ja: Es geht einzig und alleine um den Wert solcher Aussagen für die Perzeption der Partei. Ob jemand froh über "keine Negerin" ist ist nur insoweit von Belang, als dass man es der AfD negativ zurechnen kann; auf die Idee, dass es der Partei vielleicht auch negativ zugerechnet werden sollte, dass Leute in der Partei sind (und Karriere machen!), die überhaupt so denken, kommt man anscheinend nicht. Weil es einen selbst einfach nicht interessiert.
Ich würde jede Wette eingehen, wenn man die privaten Chatgruppen der anderen Parteien sehen könnte wäre da mancher Blödsinn dabei, aber im Großen und Ganzen halt hauptsächlich Intrigen und Lästerei. Wenn man die privaten Chatgruppen der AfD sehen könnte würde man wahrscheinlich am laufenden Band Leute sehen, die solchen Kram wie aus dem Tweet sagen.
 
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„Wahllos Mädchen begrapscht“: Mutter meldet sich nach Freibad-Übergriff – und spricht das echte Problem an​

„Die Debatte fokussierte sich fast ausschließlich auf die Herkunft der mutmaßlichen Täter – eine Tatsache, die für meine Tochter und mich erschreckend war“, sagt jetzt die Mutter eines der betroffenen Mädchen
Erschütterlich für die Mutter aus Hessen, die sich viel lieber eine Diskussion über Zivilcourage wünscht. „Nur weil keiner eingegriffen hat, war es möglich, dass wahllos Mädchen begrapscht werden konnten. Darum sollte sich die Debatte drehen“, moniert sie.

ich hatte erst erwartet, dass das echte problem ist, dass es sich um männer handelt. aber püüh, nochmal glück gehabt, es ist nur die fehlende zivilcourage.

meine einschätzung: zivilcourage ist in deutschland tot. die wahrscheinlichkeit, dass du da nachher der depp bist, ist recht hoch: entweder weil du im best-case als patriarischer, rassistischer otto dastehst und von einer traube von menschen umringt wirst (wahrscheinlich inkl. der mutter) und du bitte mal die armen syrer nicht weiter belästigen sollst (du rechtes schwein), oder worst-case: nachher sogar ein messer im bauch hast. so lange da nicht unmittelbar gefahr für leib und leben herrscht (vergewaltigung tatsächlich ongoing), hätte ich da auch nicht eingegriffen (und in diesem szenario wahrscheinlich nicht mal dann), sondern tapfer die 110 gewählt. einfach, weils für einen selbst ein komplettes lose-lose szenario ist.

traurige einschätzung und de facto ist die ganze nummer natürlich wasser auf die mühlen der afd. vom eigentlichen vorfall bis zur wortmeldung der mutter, dass das problem ja ganz anders zu verorten sei. ich kann mir natürlich schon vorstellen, wie die typischen social-media kommentarspalten ausgesehen haben und den reflex, sich dagegen zu positionieren, aber ey ... doch bitte nicht so.

 
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GeckoVOD

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„Wahllos Mädchen begrapscht“: Mutter meldet sich nach Freibad-Übergriff – und spricht das echte Problem an​




ich hatte erst erwartet, dass das echte problem ist, dass es sich um männer handelt. aber püüh, nochmal glück gehabt, es ist nur die fehlende zivilcourage.

meine einschätzung: zivilcourage ist in deutschland tot.

Uff. Nein, Zivilcourage ist überall "tot", nicht nur in Deutschland. Du bist doch sehr involviert, wenn es um THW, Feuerwehr und co. geht, dir sollte das doch schon öfter begegnet sein? Nennt sich Bystander-Effekt: https://de.wikipedia.org/wiki/Zuschauereffekt

Klassischer Effekt, habe ich in jeder einzelnen Schulung und jedem Kurs gehört. Egal ob das jetzt erste Hilfe, Arbeits- oder Brandschutz war. Prio1 ist Absetzen von Notruf, Delegation von Aufgaben UND tatsächlich Hilfe leisten.

die wahrscheinlichkeit, dass du da nachher der depp bist, ist recht hoch: entweder weil du im best-case als patriarischer, rassistischer otto dastehst und von einer traube von menschen umringt wirst (wahrscheinlich inkl. der mutter) und du bitte mal die armen syrer nicht weiter belästigen sollst (du rechtes schwein), oder worst-case: nachher sogar ein messer im bauch hast. so lange da nicht unmittelbar gefahr für leib und leben herrscht (vergewaltigung tatsächlich ongoing), hätte ich da auch nicht eingegriffen (und in diesem szenario wahrscheinlich nicht mal dann), sondern tapfer die 110 gewählt. einfach, weils für einen selbst ein komplettes lose-lose szenario ist.

traurige einschätzung und de facto ist die ganze nummer natürlich wasser auf die mühlen der afd. vom eigentlichen vorfall bis zur wortmeldung der mutter, dass das problem ja ganz anders zu verorten sei. ich kann mir natürlich schon vorstellen, wie die typischen social-media kommentarspalten ausgesehen haben und den reflex, sich dagegen zu positionieren, aber ey ... doch bitte nicht so.


Ob das jemand in der Situation so schnell schnallt ist fraglich, dann die ganze übliche Kette, zu der _auch_ der Rest deiner Überlegung gehört - also wie man eingreifen kann und was "korrekt" wäre. 110 ist eine Option, die andere einfach das Personal zu verständigen und mit mehr Präsenz die Situation zu unterbinden.
Hier schaltet übrigens das Radio dauernd Schleifen bezüglich Baden, weil sonst wieder so viele Leute absaufen. Tatsächlich in meiner Stadt letzten Sommer auch passiert, Kind ertrinkt, keiner schaut hin, bzw. alle haben zu spät reagiert ob obigen Effekt. Wird einem schon etwas anders, weil es ein 0815 Planschbecken war. Ansonsten bekomme ich Lobo-Vibes vom Artikel, man hätte das tatsächlich mit dem Bystander-Effekt untermauern können, statt nur auf politische Reaktionen und Bewertungen runterzubrechen.
 
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Uff. Nein, Zivilcourage ist überall "tot", nicht nur in Deutschland. Du bist doch sehr involviert, wenn es um THW, Feuerwehr und co. geht, dir sollte das doch schon öfter begegnet sein? Nennt sich Bystander-Effekt: https://de.wikipedia.org/wiki/Zuschauereffekt

Klassischer Effekt, habe ich in jeder einzelnen Schulung und jedem Kurs gehört. Egal ob das jetzt erste Hilfe, Arbeits- oder Brandschutz war. Prio1 ist Absetzen von Notruf, Delegation von Aufgaben UND tatsächlich Hilfe leisten.

kurze anekdote: war vor drei jahren auf dem weg zu meinem auto nach einem einkauf. eine frau kam zu mir und hat mir versucht, den schlüssel aus der hand zu reissen und dabei begonnen laut zu schreien. würde sagen, zeitraum von 15-30 sekunden, standen rund 10 personen um mich, die mich teilweise sehr agressiv und körperlich angegangen haben, der frau endlich ihren schlüssel zurück zu geben. nach 10 minuten wa die polizei vor ort, konnte anhand personalausweis und fahrzeugschein nachweisen, das es sich um mein fahrzeug gehandelt hat. die frau hatte eine psychose und wurde vom rettungsdienst in obhut genommen.

bystander effekt hängt sehr davon ab, was dein hirn da mit gefahreneinschätzung zusammenbastelt und wenn da schon jemand steht, ist der damm idr. gebrochen, weil die hürde, erster zu sein, nicht mehr gegeben ist. die kleine, hässliche schwester von bystander sind übrigens gaffer, die bei einem vu mit eingeklemmter person gerne mal bis fast nach vorne kommen und wahrscheinlich am liebsten noch in die fahrgastzelle krabbeln würden. die haben eine absolute wahrnehmmung der situationen, es ist ihnen einfach nur kack egal. der effekt ist mir also nicht völlig unbekannt.
 
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ich hatte erst erwartet, dass das echte problem ist, dass es sich um männer handelt. aber püüh, nochmal glück gehabt, es ist nur die fehlende zivilcourage.

meine einschätzung: zivilcourage ist in deutschland tot. die wahrscheinlichkeit, dass du da nachher der depp bist, ist recht hoch: entweder weil du im best-case als patriarischer, rassistischer otto dastehst und von einer traube von menschen umringt wirst (wahrscheinlich inkl. der mutter) und du bitte mal die armen syrer nicht weiter belästigen sollst (du rechtes schwein), oder worst-case: nachher sogar ein messer im bauch hast. so lange da nicht unmittelbar gefahr für leib und leben herrscht (vergewaltigung tatsächlich ongoing), hätte ich da auch nicht eingegriffen (und in diesem szenario wahrscheinlich nicht mal dann), sondern tapfer die 110 gewählt. einfach, weils für einen selbst ein komplettes lose-lose szenario ist.
"Zivilcourage ist tot" sprach er, während er fleißig mit am Grab schaufelte. :deliver:

Zum zweiten Punkt: Klar ist Zivilcourage immer mit einer Gefahr für einen selbst verbunden, deswegen erfordert es ja auch Mut sich so offen zu positionieren. Ich glaube die Gefahr von nem Messer im Bauch ist objektiv nicht größer als vor 20 Jahren, aber durch mediale Berichterstattung denkt man dann, das ist ne 50:50 Situation. Ich hab übrigens auch keine Eier aus Stahl, aber als ich mal so ne Situation gesehen hab (mitten in der Stadt, keiner hat reagiert), hab ich von der anderen Straßenseite rüber gebrüllt er soll die Frau in Ruhe lassen, ich rufe sonst die Polizei. Und siehe da, plötzlich haben auch 3 andere mitgemacht und er hat's sein gelassen.
Zum ersten Punkt: "Ich würde ja eigentlich gerne helfen, aber nachher bin ich der Täter, also lass ich es sein." Sorry, aber das ist nur ein Schritt weg von: "Ja gut, die hat auch nen kurzen Rock an, ist sie wohl selber schuld belästigt zu werden." Das empfinde ich als ziemlich widerliches victim blaming, um die eigene einsetzende Scham zu rechtfertigen.

Ich würde dabei aber auch gern mal in den Raum stellen: War Zivilcourage tatsächlich mal wirklich am leben? Meine Erfahrungen beschränken sich da auf besoffenes Begrapschen in Karnevals-Festzelten und die Erfahrungen von einem schwarzen Freund in Deutschland und bei beidem war Zivilcourage auch vor 20Jahren quasi nicht vorhanden. Da waren die Täter aber weiß und irgendwie wird das deswegen nicht so problematisiert als wenn der Grapscher nichtdeutsch aussieht.
Insofern kann ich den Punkt der Mutter absolut unterschreiben: Wir dürfen und sollten von Zuwanderern verlangen, dass sie unsere Werte akzeptieren und leben. Das sollten wir hier aber ganz genauso, und dazu gehört nicht nur "nicht zu grapschen", sondern auch im gesellschaftlichen Zusammenhalt auf uns acht zu geben und die Werte zu verteidigen.
 
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"Zivilcourage ist tot" sprach er, während er fleißig mit am Grab schaufelte. :deliver:

yau, bin ich mir schon im klaren. andererseits als weißer mann anfang vierzig zu intervenieren, wenn vier syrier frauen begrabschen - da dreht der wind halt recht zügig, erstmal macho-schwein, "was bilden sie sich ein sich hier so aufzuspielen, als emanzipierte frau kann man das selbst blah sülz" und "jetzt hören sie mal auf, diese menschen hier zu verdächtigen und zeigen sie mitgefühl, die hatten es schwer, sie nazi schwein". nochmal, lose-lose, ist halt defakto einfach eins der szenarien wo ich auch nope, nope erstmal raus bin.

ist jetzt nicht gerade so, als ob vier jugendliche nen penner in der öffentlichkeit vermöbeln, wo intervention schon durch wahrnehmung herstellen und signalisieren, dass man das mitbekommt und präsenz zeigt wahrscheinlich zügig unterbunden wird. klar, gibts da eskalationspotential und vielleicht fliegt ne faust in deine richtung, kann man aber abwägen und halbwegs steuern durch körpersprache und tonalität.
 
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yau, bin ich mir schon im klaren. andererseits als weißer mann anfang vierzig zu intervenieren, wenn vier syrier frauen begrabschen - da dreht der wind halt recht zügig, erstmal macho-schwein, "was bilden sie sich ein sich hier so aufzuspielen, als emanzipierte frau kann man das selbst blah sülz" und "jetzt hören sie mal auf, diese menschen hier zu verdächtigen und zeigen sie mitgefühl, die hatten es schwer, sie nazi schwein". nochmal, lose-lose, ist halt defakto einfach eins der szenarien wo ich auch nope, nope erstmal raus bin.
Mein Punkt war: Das ist ein ganz konkretes Szenario, das du dir komplett fabulierst und das außerhalb deines Kopfes nirgendwo stattfindet. Steh dazu, dass du Schiss vor den vier Syrern hast weil dir die Presselandschaft suggeriert, die messern dich direkt weg. Das ist zumindest ehrlich und zeigt ein Problem auf. Aber das andere ist einfach kein Problem, das in der Realität in irgendeiner Art und Weise auch nur in geringsten Ansätzen signifikant ist. Nada. Niente.

€: Um vielleicht nicht nur Aggro rüberzukommen: Ich weiß ja grundsätzlich was du meinst. Bei meinem Beispiel von oben stellte sich auch raus, dass die beiden ein Pärchen waren und das Opfer hat abgewiegelt. Hab es auch schon mitgekriegt, dass die Frau dann aggro geworden ist und meinte "das ist mein Freund, kümmer dich um deinen eigenen Scheiß". Aber das war in Fällen von jugendlichen Besoffski-Paaren und alle drum herum waren auf Seiten der Person mit Zivilcourage. Bitte zeig mir ein Beispiel, bei dem eine Frau von mehreren Syrern angegangen wurde und die Person, die intervenieren wollte, im Anschluss vom Opfer und allen drum herum als Nazi Macho-Schwein bezeichnet wurde. Ein einziges.
 
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Oben wurde das Thema Erste Hilfe aufgegriffen, dass sich gefühlt keine Sau darum kümmert, wenn wer blutend/halbtot/reanimationspflichtig irgendwo herum liegt. Meine Vermutung ist, dass da viel Berührungsangst aufgrund mangelnder Erfahrung fehlt. Man könnte ja was kaputt machen. Oder es kümmert sich halt wer anders drum. Mit entsprechender Sensibilisierung dafür und nur minimalen Maßnahmen kann da schon unglaublich viel machen. Ich hab mir angewöhnt, jeden, den ich irgendwo herumkrebsen sehe, zumindest kurz anzusprechen. Solange eine halbwegs kohärente Antwort kommt (üblicherweise sowas wie "ja alles okay, aber danke") kann ich mich guten Gewissens verpissen. Falls nicht, kann ich immer noch die Bullen oder den Rettungsdienst rufen.

Mal eine andere Idee: ihr beobachtet eine Situation, in der eine Person von einer/mehreren anderen Personen bedrängt wird. Anstatt die Aggressoren zu adressieren und damit deren Aufmerksamkeit auf sich selbst zu ziehen, wie wäre es, stattdessen das Opfer anzusprechen? Ggf. mit aus der Luft gegriffenem, aber plausiblen Vornamen? "Hey Lara/Zeynep/Jan/Mahmoud, alles gut bei dir?" Sodass der Eindruck entsteht, dass man sich kennt? Ich könnte mir zumindest vorstellen, dass der/die Täter sich da eher trollen würden, als wenn man sie direkt konfrontiert.
 
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Einfach laut "Tiki" rufen.
Fun Fact: Ich bin in dem Freibad zuletzt vor 10 Jahren gewesen, weil ich einen Ort weiter wohne und dort auch noch zur Schule ging :ugly: Die früheren Zeiten (so 94-2002), nach dem die Spätaussiedler dort massenhaft hingezogen sind, waren eher von Rassismus und Schlägereien geprägt als Grabscherei. Da ging richtig die Luzi ab und ich wette, dass die AFD sich in einem Paralleluniversum in der Zeit maximal ausgetobt hätte. Die Rechte und Möchtegern-Rechte Szene war in der Zeit schon krass im Umkreis, was aber auch unter anderem daran lag, dass die Wewelsburg (Castle Wolfenstein) in der Nähe ist.
Ich kann mir auch nicht ausmalen, warum man überhaupt dieses Plakat designed hat, da es schlicht 0 Bedarf dort gibt. Es leben dort nahe zu 0 Flüchtlinge aus Syrien etc. und der Ort ist maximal Bio-Deutsch/Russisch (Siehe den "Wodka-Hügel", auf dem dann die 2. Generation der Spätaussiedler dann gebaut hat).
 
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Shihatsu

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Das Zentrum für politische Schönheit liefert mal wieder und zeigt wie wehrhafte Demokratie geht:
Btw, bevor hier wieder erzählt wird das die öffentlich-rechtlichen sowas ja machen müssen und das dagegen demonstrieren undemokratisch und wider der Meinungsfreiheit wäre: Die öffentlich-rechtlichen sind bei Gründung auch mit dem Auftrag versehen worden Faschismus und Rechtsextremismus zu verhindern. Hier haben sie mal wieder versagt, in dem sie Fascho-Alice eine Bühne gegeben haben.
 

Gustavo

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Btw, bevor hier wieder erzählt wird das die öffentlich-rechtlichen sowas ja machen müssen und das dagegen demonstrieren undemokratisch und wider der Meinungsfreiheit wäre: Die öffentlich-rechtlichen sind bei Gründung auch mit dem Auftrag versehen worden Faschismus und Rechtsextremismus zu verhindern. Hier haben sie mal wieder versagt, in dem sie Fascho-Alice eine Bühne gegeben haben.

Das Ziel ist ja auch gut und richtig, aber ich habe die Vermutung, dass die AfD nicht nur inhaltlich sondern auch rechtlich schlechter zu stellen dem Ziel eher abträglich wäre.
 
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Oben wurde das Thema Erste Hilfe aufgegriffen, dass sich gefühlt keine Sau darum kümmert, wenn wer blutend/halbtot/reanimationspflichtig irgendwo herum liegt. Meine Vermutung ist, dass da viel Berührungsangst aufgrund mangelnder Erfahrung fehlt. Man könnte ja was kaputt machen. Oder es kümmert sich halt wer anders drum. Mit entsprechender Sensibilisierung dafür und nur minimalen Maßnahmen kann da schon unglaublich viel machen. Ich hab mir angewöhnt, jeden, den ich irgendwo herumkrebsen sehe, zumindest kurz anzusprechen. Solange eine halbwegs kohärente Antwort kommt (üblicherweise sowas wie "ja alles okay, aber danke") kann ich mich guten Gewissens verpissen. Falls nicht, kann ich immer noch die Bullen oder den Rettungsdienst rufen.

Leute sind oft auch einfach überfordert. Die wenigsten sind ja so gut ausgebildet, dass sie handlungssicher sind, oder ausser Notruf wählen überhaupt wissen, was zu tun ist. In solchen Situationen zeige ich dann immer auf die Leute und gebe ihnen konkrete Aufgaben und dann arbeiten die eigentlich gut mit.

An die ganzen Maulhelden, die sagen es wäre gefahrlos einer Gruppe junger Männer beim begrapschen/randalieren oder sonstwas alleine entgegenzutreten: Ich glaube Euch kein Wort. Habt ihr das schonmal gemacht? Ich habs einmal gemacht, als 4 Neger eine deutsche Frau in der U-Bahn belästigt haben und es war so verdammt knapp, dass ich froh bin dass ich so eine Situation seitdem nicht nochmal hatte.
Die Links zu den Vorfällen, wo Helfer abgestochen, oder brutalst, teils mit Todesfolge oder lebenslanger Behinderung, zusammengeschlagen werden, könnt ihr euch selber ergooglen.
 

parats'

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Das Ziel ist ja auch gut und richtig, aber ich habe die Vermutung, dass die AfD nicht nur inhaltlich sondern auch rechtlich schlechter zu stellen dem Ziel eher abträglich wäre.
Das ist das eine. Die Außendarstellung kommt dazu. Sowas wie gestern lässt sich problemlos invertieren und von der AfD nutzen. Was rechtlich drin ist weiß ich nicht, tut aber glaube ich auch nicht zur Sache, wenn man den Wählern nur glaubhaft verkauft, dass der ÖR einen wie immer schneidet. Das war imo keine Glanzstunde der Sonmerinterviews und die ARD hätte die Kapazitäten um das einfach umzusiedeln.
 
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Das Ziel ist ja auch gut und richtig, aber ich habe die Vermutung, dass die AfD nicht nur inhaltlich sondern auch rechtlich schlechter zu stellen dem Ziel eher abträglich wäre.
ist halt so.
Der politische Ertrag durch das "Haltung zeigen" von so ein paar Demonstranten ist gleich 0, die AfD hingegen profitiert massiv von dieser Störaktion, da sie sämtliche Register vom linksgrün versifften Staatsfunk ziehen kann.

Es wäre ein leichtes gewesen das Interview abzubrechen, zu verlegen oder die Geräusche fürs Publikum wegzufiltern, man hats aber nicht getan.

Wer heute auf Twitter war, weiß dass die AfD die komplette Opferklaviatur ballert während die Gegenseite kein bisschen Kapital aus der Geschichte schlagen kann. Unnötig. Man zementiert den harten AfD Kern immer weiter. Bald liegt der nicht mehr bei 11-12% sondern bei 23%. Danke für nichts
 

Shihatsu

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Daher nicht Teilnehmen lassen und verbieten, weil Rechtsextrem.
O, und: Populistisch amgreifen. Die Jugendorganisationen von Volt, Linken und Grünen zeigen auf TikTok ganz gut wie das geht.
 
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