Nachrichten, Randnotizen und Kurioses v4

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Nachdem ich gestern bei hart aber fair gesehen habe, wie Mario Voigt auf die Nachfrage nach der deutschen Kultur und Brauchtümern mit "Thüringer Bratwurst" kam muss ich dann doch nochmal darauf hinweisen, dass "Kultur" eigentlich nur eine verkürzte Bezeichnung für gesellschaftliche Übereinkünfte sind, auf die die Politik eigentlich bestenfalls mittelbaren Einfluss nehmen kann und welche zeitlich sehr stabil ist. Ich bin immer wieder erstaunt, dass man der CDU diese "Leitkultur"-Diskussion einfach so durchgehen lässt, als wäre es irgendwie normal dass eine demokratische Partei im Parteiprogramm festlegen kann, was die verbindlichen gesellschaftlichen Übereinkünfte sind. Das ist imho wieder ein typisches Beispiel für das krankhafte deutsche Staatsverständnis: Es wird eigentlich immer darüber geredet, was der Staat tun soll und kaum darüber geredet, was ein Staat eigentlich überhaupt tun kann (und was im Umkehrschluss auch nicht*). "Kultur" zu definieren gehört in meinen Augen jetzt eher nicht dazu, dafür müsste man dann schon Staatspartei vom Typ SED sein. Einerseits schlechte Nachrichten für einen Staat, der gerne mehr Achtung für Veteranen möchte, andererseits aber vielleicht auch nicht so tragisch weil die Achtung in der deutschen Gesellschaft für Veteranen sowieso nicht so niedrig ist wie man teilweise glauben könnte, wenn man die Reden über die Vor-Zeitenwende-Zeit so hört. Zumindest ergibt sich aus den Umfragen nichts dergleichen.





*ironischerweise ist die einzige Partei, die in Deutschland tatsächlich oft darüber redet, was der Staat nicht tun kann die FDP, die häufig genug eigentlich auch nur über Dinge redet die der Staat ihrer Meinung nach nicht tun sollte, es aber in die Rhetorik von "was der Staat nicht tun kann" verpackt
Ajo. Ich weiß genau was Du meinst.
Das genuine Problem in Deutschland ist mE, dass "wir" uns zeitlebens nicht unserer eigenen Identität sicher gewesen sind, weswegen alternative kollektive Identitäten als Ausweichidentität für die eher peinliche und schuldbeladene "Deutsche Identität" insb. für Menschen mit Migrationsgeschichte so relevant sind.
Das Thema erzähle ich seit mindestens 20 Jahren rauf und runter, teilweise sind auch andere Menschen zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen, aber es passiert nichts, weil in der kollektiven Wahrnehmung immer noch gilt, dass man sich sehr damit identifiziert eine Schuldbewältigungskultur zu sein, das aber auch nur weil man glaubt, dass es alle anderen der Gruppe von einem erwarten … und so stößt man auch und vor allem Menschen ab, die eigentlich ganz gerne Gesellschaftsmitglied wären, aber sich nicht aktiv in eine dermaßen negative Identität hineinintegrieren wollen (kann ich gut nachvollziehen).

Darin sehe ich einen Haufen ganz konkreter (politischer/gesellschaftlicher) Probleme Deutschlands begründet. Und weil man in Deutschland so schön gründlich aber gleichzeitig auch dum ist, versucht man sowas über den Staat zu regeln. Gerne auch föderalistisch mit 16+ Regelungen. Funktioniert halt eben nicht als Dekret.
Kultur ist performativ. Leitkultur ist das bei dem alle mehr oder weniger präzise mitmachen, weswegen es nicht unbeträchtlich zum Funktionieren des täglichen Lebens beiträgt. Bitte und Danke sagen (zumindest ab und an mal); Frauen die Hand geben (wenn nicht gerade Corona ist); akzeptieren, dass Ratio, Argumente und Gesetze im Allgemeinen über Autoritäten stehen (insb. über religiösen oder familiären).
Deswegen befremdet mich der Begriff "Verfassungspatriotismus" auch stets von neuem. Es ist eben nicht damit getan streng nach dem Gesetz zu leben, da man ein ziemliches Arschloch sein kann, ohne jemals rechtskräftig verurteilt zu werden. Der allgemeine Anspruch an ein akzeptiertes Mitglied einer Gesellschaft sollte aber nicht sein, dass "nicht rechtskräftig verurteilt" vollkommen in Ordnung und ausreichend ist, auch wenn das manche wohl glauben.
 
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Also erstmal geht es hier ja weniger um einen Vergleich zur AfD,
Wenn es darum nicht geht, soll Scorn sie nicht in seinem Post erwähnen. Was soll das heatorsche zurückgeruder? Die Reichsbürger habe ich bewusst in meinem Post erwähnt, um hier gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie agieren für mich natürlich auf dem gleichen Level wie Kalifatsverehrer und gehören ebenso verboten (sind sie das nicht bereits?)

Und zum AfD-Vergleich: Ich halte beides jetzt nicht für die größte Gefahr für Deutschland, aber im Potenzial finde ich schon beides vergleichbar. Nicht jeder AfD'ler ist ein Fascho, aber du wirst sicherlich > 1000 Mitglieder in der AfD finden, die mit ihren Ansichten die FDGO ablehnen. Ich bin mir nicht sicher, wie ein Machtszenario der AfD ablaufen würde, aber ein einfacher Vergleich zu anderen europäischen Staaten greift IMO zu kurz. Meines Wissens nach gibt es von Kaczynski oder Orban nicht solche Kampfschriften wie von Landolf Ladig. Geheimtreffen in denen über Strafen für biodeutsche Staatsfeinde gesprochen wird ebensowenig. Heißt nicht, dass nicht auch bei Fidesz oder PIS lupenreine rechtsradikale Rassisten gibt, aber bei der AfD stinkt der Fisch vom Kopf her schon ungemein. Dafür garantieren, dass hier eine friedliche Machtübergabe stattfinden würde will ich also auch nicht.

Das ist dann schon eher auf dem Niveau der aktuellen israelischen Regierung, und wozu die fähig sind sieht man ja ziemlich deutlich.
Sorry aber alleine die Wahlplakate von von Fidesz inklusive Judennasen sowie Soros als Endgegner (wird auch schön im Staatsfernsehen breitgetreten) reichen mir aus. Orban träumt auch schonmal offen vom "großen Ungarn". Die sind absolut vom gleichen Schlag, und ich werde jetzt nicht auf stundenlange Internetrecherche gehen um das zu belegen. Google selber. Was in Ungarn abgeht, würde sich die AfD (derzeit) nie erlauben. Allein der Vergleich mit Israel ergibt bereits null Sinn, weil du keine Ahnung hast, wie Orban oder Kaczynski auf einen ähnlichen Angriff reagieren würden. Ich bezweifele stark, dass sie da große Nachsicht zeigen würden.

Generell scheint es in Teilen der deutschen Linken diesen unterschwelligen Glauben zu geben, dass der Deutsche an sich (TM) einfach besonders böse ist. Muss wohl an den Genen liegen. Die Wahrheit ist aber eher, das wir genauso anfällig für Rechtspopulismus wie die anderen auch, und unsere Parteien funktionieren entsprechend ähnlich. Aber statt das man sich einig ist, das auch "Nichtdeutsche" "Kalifat-befürworter" schlimmer und sein können, als rechte deutsche (z.B. der Anti-EU Wähler, der dummes Zeug von sich gibt aber erstmal prinzipiell keinen Umsturz will) muss man immer alles schön zu einer Suppe verrühren und ja nicht vergessen jedes mal die AfD zu erwähnen. Sorry, das ist einfach Unfug. Ich würde lieber in Afd-Deutschland leben (oder in PiS-Polen, Fidesz-Ungarn, FPÖ-Österreich) als in irgendeinem Kalifat der Welt. Und wer zwischen diesen beiden Spielarten der rechtsaußen Politik keinen Unterschied machen kann, hat einfach den Schuss nicht gehört.
 
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Ansonsten landen wir nämlich wieder ganz schnell im "Alles rechts von der SPD ist Nazi"-Diskurs, und dann kann man sich im Prinzip jedes Gespräch sparen.
Also wir unterhalten uns be ider AfD über eine partei, deren Jugendorganisation sich unverhohlen Höckejugend nennt. Das ist keine Partei, die einfach nur rechts der SPD ist. Das sind Republikfeinde. Ob die jetzt ins 4. Reich führen oder was ist mein Punkt. Auch nicht, ob jetzt ein Kalifat jetzt besser/schlechter wäre als AfD-Deutschland. Trotzdem gehören die in einen Topf.
 
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Also wir unterhalten uns be ider AfD über eine partei, deren Jugendorganisation sich unverhohlen Höckejugend nennt. Das ist keine Partei, die einfach nur rechts der SPD ist. Das sind Republikfeinde. Ob die jetzt ins 4. Reich führen oder was ist mein Punkt. Auch nicht, ob jetzt ein Kalifat jetzt besser/schlechter wäre als AfD-Deutschland. Trotzdem gehören die in einen Topf.
Wenn das zu aussagen führt wie "Kalifatbefürworter werden nicht verboten, weil die AfD nicht verboten wird", dann ist das Bullshit. Denn das Argument kann man auch anders aufziehen: Wenn die AfD derzeit nicht verboten werden kann (aus welchen Gründen auch immer), sie aber gleichzusetzen ist mit offensichtlich noch extremeren Strömungen, wieso sollte man dann Reichsbürger oder irgendwelche sächsischen Rechtsaußen-Bünde verbieten? Faktisch macht es für das tägliche Leben einen riesen Unterschied, ob du in einem Land mit rechtspopulistischer Führung oder in einem Land mit Nazi/Kalifatsführung lebst. Und juristisch wird hier offensichtlich auch ein Unterschied gemacht. Deswegen ergab deine ursächliche Antwort auch so wenig Sinn. Das deutsche Recht behandelt die AfD eben nicht, als wäre sie identisch mit Reichbürgern oder einer NS-Nachfolgeorganisation. Und ein Kalifatjünger sollte natürlich exakt so behandelt werden, stimmst du da etwa nicht zu?
 
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Wenn es darum nicht geht, soll Scorn sie nicht in seinem Post erwähnen. Was soll das heatorsche zurückgeruder? Die Reichsbürger habe ich bewusst in meinem Post erwähnt, um hier gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie agieren für mich natürlich auf dem gleichen Level wie Kalifatsverehrer und gehören ebenso verboten (sind sie das nicht bereits?)
Ich ruder nicht zurück, du hast aber Recht dass ich nicht gleich Scorn bin und er explizit von der AfD geredet hat; ich hab mich ja nur eingeklinkt. Von daher mea culpa.

Sorry aber alleine die Wahlplakate von von Fidesz inklusive Judennasen sowie Soros als Endgegner (wird auch schön im Staatsfernsehen breitgetreten) reichen mir aus. Orban träumt auch schonmal offen vom "großen Ungarn". Die sind absolut vom gleichen Schlag, und ich werde jetzt nicht auf stundenlange Internetrecherche gehen um das zu belegen. Google selber. Was in Ungarn abgeht, würde sich die AfD (derzeit) nie erlauben. Allein der Vergleich mit Israel ergibt bereits null Sinn, weil du keine Ahnung hast, wie Orban oder Kaczynski auf einen ähnlichen Angriff reagieren würden. Ich bezweifele stark, dass sie da große Nachsicht zeigen würden.
Naja wir sind hier im Bereich wilde Spekulation, von daher lassen wir das. Meine Aussage bleibt bestehen, ideologische Kampfschriften wie von Höcke kenne ich von den beiden nicht, und ich sehe sie als Machtpolitiker, die natürlich im rechten Rand fischen, wie Weidel oder Chrupalla. Ist aber auch irgendwie sinnlos verschiedene Arten von Scheiße zu vergleichen und es stimmt, dass keiner weiß, wie es in hypothetischen Szenarien ablaufen würde.

Generell scheint es in Teilen der deutschen Linken diesen unterschwelligen Glauben zu geben, dass der Deutsche an sich (TM) einfach besonders böse ist. Muss wohl an den Genen liegen. Die Wahrheit ist aber eher, das wir genauso anfällig für Rechtspopulismus wie die anderen auch, und unsere Parteien funktionieren entsprechend ähnlich. Aber statt das man sich einig ist, das auch "Nichtdeutsche" ("Kalifat-befürworter") schlimmer und sein können, als rechte deutsche (z.B. der Anti-EU Wähler, der dummes Zeug von sich gibt aber erstmal prinzipiell keinen Umsturz will) muss man immer alles schön zu einer Suppe verrühren und ja nicht vergessen jedes mal die AfD zu erwähnen. Sorry, das ist einfach Unfug. Ich würde lieber in Afd-Deutschland leben (oder in PiS-Polen, Fidesz-Ungarn, FPÖ-Österreich) als in irgendeinem Kalifat der Welt. Und wer zwischen diesen beiden Spielarten der rechtsaußen Politik keinen Unterschied machen kann, hat einfach den Schuss nicht gehört.
Aber du darfst auch mal durchatmen. Mit wem oder was genau argumentierst du hier eigentlich, ist das Schattenboxen? Keiner redet davon, dass Deutsche per se böser sind und keiner streitet ab, dass Kalifat-Befürworter schlimmer sind als irgendwelche rechtskonservativen Wähler. Wir sind hier nicht die Antifa. Irgendwie verrührst du grad alles in einen Topf?
Es geht darum die formulierten Ziele der Kalifats-Anhänger mit den formulierten Zielen wichtiger Personen wie Höcke in der AfD zu vergleichen. Und die tun sich nicht viel. Da musst du auch nicht mit der PiS oder Fidesz kommen, weil Orban und Kaczynski nunmal nicht Höcke sind. Heißt natürlich nicht, dass die AfD auch eine solche Politik wird durchsetzen können, aber es ging hier um eine abstrakte Bewertung.
Es geht auch nicht darum, in was man lieber leben würde, da geht es mir genauso (obwohl wir beide auch in einer hypothetischen faschistischen AfD-Regierung erstmal keine Sorgen haben müssten) weil diese 1000 Islamisten keine politische Bewegung darstellen, die in _irgendeiner_ nennenswerten Form in Deutschland eine Rolle spielen. Wenn die Deutsche Kalifatspartei in Umfragen bei 50% in Duisburg-Marxloh und Co. liegen würde, dann würde ich deren Gefahr auch anders bewerten.

Deswegen befremdet mich der Begriff "Verfassungspatriotismus" auch stets von neuem. Es ist eben nicht damit getan streng nach dem Gesetz zu leben, da man ein ziemliches Arschloch sein kann, ohne jemals rechtskräftig verurteilt zu werden. Der allgemeine Anspruch an ein akzeptiertes Mitglied einer Gesellschaft sollte aber nicht sein, dass "nicht rechtskräftig verurteilt" vollkommen in Ordnung und ausreichend ist, auch wenn das manche wohl glauben.
Naja das Problem daran ist aber, dass die Definition wer ein Arschloch ist und wer nicht auch zwischen, in ihrer Peer durchaus akzeptierten, Mitgliedern der Gesellschaft sehr schwankend ist. Ich würde z.B. zustimmen, dass jemand der Frauen nicht die Hand gibt ein Arschloch ist. Jemand, der behauptet wir würden keinen Zahnarzttermin mehr wegen den Flüchtlingen kriegen aber genauso. Und Ewiggestrige am Stammtisch, die sich Remigration wünschen genauso. Wen jemand anderes als Arschloch sieht kann ja irgendwie genausowenig der Anspruch daran sein, wer zu Deutschland gehört und wer nicht.
Natürlich landet man dann beim kleinsten gemeinsamen Nenner, aber wie willst du es anders machen?
 
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Aber du darfst auch mal durchatmen. Mit wem oder was genau argumentierst du hier eigentlich, ist das Schattenboxen? Keiner redet davon, dass Deutsche per se böser sind und keiner streitet ab, dass Kalifat-Befürworter schlimmer sind als irgendwelche rechtskonservativen Wähler. Wir sind hier nicht die Antifa. Irgendwie verrührst du grad alles in einen Topf?
Es geht darum die formulierten Ziele der Kalifats-Anhänger mit den formulierten Zielen wichtiger Personen wie Höcke in der AfD zu vergleichen. Und die tun sich nicht viel. Da musst du auch nicht mit der PiS oder Fidesz kommen, weil Orban und Kaczynski nunmal nicht Höcke sind. Heißt natürlich nicht, dass die AfD auch eine solche Politik wird durchsetzen können, aber es ging hier um eine abstrakte Bewertung.
Es geht auch nicht darum, in was man lieber leben würde, da geht es mir genauso (obwohl wir beide auch in einer hypothetischen faschistischen AfD-Regierung erstmal keine Sorgen haben müssten) weil diese 1000 Islamisten keine politische Bewegung darstellen, die in _irgendeiner_ nennenswerten Form in Deutschland eine Rolle spielen. Wenn die Deutsche Kalifatspartei in Umfragen bei 50% in Duisburg-Marxloh und Co. liegen würde, dann würde ich deren Gefahr auch anders bewerten.

Naja, es werden in Deutschland desöfteren kleine rechte Popelbewegungen verboten, noch bevor sie ein Problem darstellen. Schau dir einfach mal die Liste an, von den meisten in diesem Jahrtausend verbotenen Organisationen haben viele hier wohl noch nie gehört. Und da sind wir wieder bei der ursprünglichen Frage: Ich denke man kann schonmal darüber nachdenken, warum fucking Kalifatsanhänger hier offen ihren Mist rausposaunen dürfen. Das ist kein Sammelsurium an populistischen Forderungen in Unterstützung einer Partei die auch (!) waschechte Faschos enthält. Das ist knallhart "wir wollen das Kalifat, inklusive all der folgen (Sharia, Schwule von den Dächern etc.), dill with it". Für mich ist das auf der selben Stufe "unser erklärtes ziel ist hitler 2.0". Ich bin mir ziemlich sicher, zweiteres würde verboten werden. Wieso dann nicht ersteres?
 
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@BaBaUTZ: Keine Frage, Muslim Interaktiv gehört in ein Verbotsverfahren. Zur Frage warum die das dürfen: AFAIK war es als Demo gegen Islamfeindlichkeit angemeldet und zum Thema Demoverbot hab ich ja weiter oben schon was geschrieben.
 
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Naja das Problem daran ist aber, dass die Definition wer ein Arschloch ist und wer nicht auch zwischen, in ihrer Peer durchaus akzeptierten, Mitgliedern der Gesellschaft sehr schwankend ist. Ich würde z.B. zustimmen, dass jemand der Frauen nicht die Hand gibt ein Arschloch ist. Jemand, der behauptet wir würden keinen Zahnarzttermin mehr wegen den Flüchtlingen kriegen aber genauso. Und Ewiggestrige am Stammtisch, die sich Remigration wünschen genauso. Wen jemand anderes als Arschloch sieht kann ja irgendwie genausowenig der Anspruch daran sein, wer zu Deutschland gehört und wer nicht.
Natürlich landet man dann beim kleinsten gemeinsamen Nenner, aber wie willst du es anders machen?
Ein Anfang wäre, zu akzeptieren, dass "Kultur" und "Gemeinschaft" eben nicht ein reiner Ausfluss der Verfassung sind.
Dann wäre es auch nicht verkehrt, dass man in Einbürgerungsfragen vielleicht nicht so argumentiert, dass "okay, ist kein Schwerverbrecher" ausreicht, sondern, dass zumindest bei begründeten Zweifeln eben auch nicht eingebürgert wird. [Ja, sicherlich wird das schon auch so gemacht. Mir geht es aber insb. auch um die öffentliche Debatte, denn dort gibt es immer noch genügend Menschen die der Meinung sind, dass es rassistisch wäre nicht einfach jeden einzubürgern. Wenn ich mich recht entsinne ist Deutschland auch eines von nur wenigen Ländern bei denen man einen Anspruch auf Einbürgerung erwerben kann, im Gegensatz zu einem Recht darauf einen Antrag stellen zu dürfen.]
Dass es auch schon genügend Menschen gibt, die die Arschlochdefinition erfüllen und einen deutschen Pass haben ist unbestritten. Daraus abzuleiten, dass man dann auch Arschlöchern ohne deutschen Pass diesen nicht verwehren dürfte ist weltfremd.

Wir kamen auf die Frage ja über "was kann der Staat tun", und das wiederum von "Jetzt neu: Veteranentag".

Meines Erachtens wäre eben eine gezielte Nutzung von Ermessensspielräumen sinnvoll was Immigration angeht. In Dingen wie eben der Einstellung gegenüber dem Militär wäre es dringend nötig realistisch zu werden was unsere Lage in der Welt angeht, denn die Welt ist eben nicht 1990 am Ende der Geschichte angelangt, sondern hat lediglich eine Pause vom "same procedure as every Jahrhundert" gemacht. Die Vorstellung von einer friedlichen Welt mit u.a. Wandel durch Handel, die wir von unserer Elterngeneration in den 80ern/90ern und auch noch in den 00ern vermittelt bekommen haben, war leider schon damals naiv.

Weder bewirken Symbole große Veränderungen im Einheitsgefühl der Nation (siehe 3.10.), noch bewirkt Handel in Asien, Russland und Afrika einen nachhaltigen Wandel in Richtung "hey, wir übernehmen einfach euer Wertesystem".
Und genau so wird auch Gendern scheitern. Eventuell spricht in 20-30 Jahren eine elitäre Oberschicht immer noch so, aber vermutlich wird sich an den tatsächlichen Problemen trotzdem nichts getan haben. Eventuell ist schwul sein dann schon wieder illegal. Wir werden es erleben.
Geschichte ist dummerweise keine Einbahnstraße in Richtung "es wird immer besser".

Entsprechend sollten wir als Gesellschaft vielleicht mal darüber nachdenken wie man eine gute langfristige Performance sowie eine gute Handlungsfähigkeit des Staates mit einem hohen Niveau an Individualrechten vereinbaren kann. Die Evidenz sieht nämlich aktuell eher schwierig aus.
 
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Ein Anfang wäre, zu akzeptieren, dass "Kultur" und "Gemeinschaft" eben nicht ein reiner Ausfluss der Verfassung sind.
[...]
Dass es auch schon genügend Menschen gibt, die die Arschlochdefinition erfüllen und einen deutschen Pass haben ist unbestritten. Daraus abzuleiten, dass man dann auch Arschlöchern ohne deutschen Pass diesen nicht verwehren dürfte ist weltfremd.
Das war nicht der Punkt, sondern dass es höchst subjektiv ist, was überhaupt ein Arschloch ausmacht und daher eine Definition nicht vorhanden ist. Alles, was nicht "reiner Ausfluss der Verfassung" ist, ist für mich daher irgendwie schwer messbar. Also klar könnte man statt "Akzeptieren sie die Gleichheit von Mann und Frau?" auch fragen "Würden Sie einer Frau die Hand geben?", aber letztlich ist eigentlich die erste Frage die entscheidende. Wenn jemand z.B. allgemein das Handgeben ablehnen würde und sich lieber, unabhängig vom Geschlecht, verneigt, würde die Person für dich nicht integrierbar sein bzw. nicht hierher gehören?
Ich habe seit es die Diskussionen von Leitkultur gibt noch nie eine Definition unserer Gemeinschaft gehört, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner, sprich die legalistische Version, hinausgeht. Bin aber auch offen dazu was festzulegen, was nicht einen signifikanten Teil der Deutschen wiederum ausschließt. Ich mein was sagt man denn so über die Deutschen? Pünktlich, effizient, humorlos? Ich kann mir einfach nichts konkretes unter dem vorstellen, was du dir wünschst.
 
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Das war nicht der Punkt, sondern dass es höchst subjektiv ist, was überhaupt ein Arschloch ausmacht und daher eine Definition nicht vorhanden ist. Alles, was nicht "reiner Ausfluss der Verfassung" ist, ist für mich daher irgendwie schwer messbar. Also klar könnte man statt "Akzeptieren sie die Gleichheit von Mann und Frau?" auch fragen "Würden Sie einer Frau die Hand geben?", aber letztlich ist eigentlich die erste Frage die entscheidende. Wenn jemand z.B. allgemein das Handgeben ablehnen würde und sich lieber, unabhängig vom Geschlecht, verneigt, würde die Person für dich nicht integrierbar sein bzw. nicht hierher gehören?
Das ist halt schon ziemliches zerreden des Punktes. Jemand der sich im üblichen Umgang lieber verneigt, wird kein Problem damit haben, für eine relevante Situation (bei einem Betriebsmeeting etc.) auf anfrage Leuten die Hand zu geben (und mit der Zeit wird diese Person auch selber lernen, wann das angebracht ist). Ich bin im relaen Umgang auch ein ziemlicher Dork und trete manchmal in Fettnäppfchen. Ich mach das aber nicht aus einer grundablehnenden Haltung. Die Motivation des Handelns spielt hier doch eine entscheidende Rolle. Wenn jemand einer Frau nicht die Hand geben KANN, weil die Frau per Religion/Kultur unter ihm steht, DANN brauchen wir ihn hier nicht. Es ist auch wichtig zu begreifen, dass eine derartige Erziehung das Empfinden dieser Menschen häufig massiv beeinflusst. Viele Kopftuchfrauen fühlen sich beispielsweise nackt oder extrem unwohl, würden sie auf ihr Kopftuch verzichten (so wird es zumindest in Interviews geschildert). Ein derart paternalistisch erzogener Mann dürfte eine große Abneigung, eventuell sokar Ekel vor dem weiblichen Handschlag empfinden. Jeder andere kann über dieses Stöckchen (und weitere) springen. Wenn wir es als Gesellschaft nicht schaffen, ein Bild davon zu vermitteln, wie ein Mensch hier idealerweise sein sollte - ganz unabhängig, ob die Mehrheit der Deutschen diesem Ideal gerecht wird - dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn Eingewanderte mangels Alternativen bei den althergebrachten Herkunftsidealen bleiben.
 
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@BaBaUTZ: Lustig, dass du mir zerreden des Punktes vorwirfst und dann loslegst genau das zu tun. :deliver:
Ob sich diese Person was den Handschlag angeht mit der Zeit verändert mag sein, ist aber nicht der entscheidende Punkt. Wenn es für sie anfangs ungewohnt und nicht bekannt ist, Menschen die Hand zu geben, dann wird sie eine entsprechende Frage _ehrlicherweise_ auch so beantworten. Und dann stimmst du mir im Kern doch zu, dass es um die Motivation des Handelns geht: Wenn jemand der Meinung ist, dass die Frau per se unter ihm steht, und ihr deswegen nicht die Hand gibt, dann brauchen wir diese Person hier nicht. Da gehe ich absolut d'accord. Dann sind wir aber im Kern wieder bei der legalistischen Variante, die ja angeblich nicht ausreichend als Feststellung ist.
Alles, was dafür als Proxy verwendet wird, ist für mich zu schwammig und letztlich unbrauchbar. Wie würdest du denn ein deutsches Bild vermitteln, dass über legalistische Betrachtungen hinausgeht?

€: Um mal konkret drei Punkte zu nennen, die klischeemäßig bei Muslimen ja sehr präsent sind:
1. Abwertung von Frauen, Juden und Homosexuellen
2. Kein Verzehr von Alkohol und Schwein
3. Gerade bei Frauen Verhüllen des Körpers, Kopftuch usw.

Punkt 1 dürfen wir natürlich nicht erlauben und als Gesellschaft akzeptieren, das sollte auch klar so kommuniziert werden. Ist aber letztlich klar der legalistische Punkt. Punkt 2 ist denke ich Teil der individuellen Freiheit und sollte erlaubt sein, auch wenn es deutschen Klischees eindeutig widerspricht. Punkt 3 ist wohl der, der am ehesten hier in die Diskussion passt. Aber es ist auch Teil unserer Gesellschaft, dass Eltern ihre Kinder erziehen und ihnen Vorgaben machen, die man Erwachsenen nicht mehr macht: "So gehst du nicht raus, zieh dir was über!". Erwachsenen darf außerhalb bestimmter Berufe keine Kleiderordnung aufgezwungen werden. Was aber das freiwillige Tragen nach jahrelanger Indoktrination angeht: Da sehe ich nicht viel, was wir dagegen machen können. Paternalistisch zu argumentieren, dass wir es ja besser wüssten und das Tragen daher verbieten ist für mich keine Option, daher bleibt nur Hilfe zur Selbsthilfe; zumindest beim Kopftuch und langen Gewändern. Bleibt die Variante Burka/Niquab, also Gesichtsverschleierung: da könnte man sicherlich auch was zu argumentieren, was über die legalistische Variante hinausgeht. "Sowas wollen wir hier nicht, bei uns ist es üblich, dass man das Gesicht sieht." Ob damit dann Deutschland gerettet wird? Ich weiß ja nicht.
 
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Das war nicht der Punkt, sondern dass es höchst subjektiv ist, was überhaupt ein Arschloch ausmacht und daher eine Definition nicht vorhanden ist. Alles, was nicht "reiner Ausfluss der Verfassung" ist, ist für mich daher irgendwie schwer messbar. Also klar könnte man statt "Akzeptieren sie die Gleichheit von Mann und Frau?" auch fragen "Würden Sie einer Frau die Hand geben?", aber letztlich ist eigentlich die erste Frage die entscheidende. Wenn jemand z.B. allgemein das Handgeben ablehnen würde und sich lieber, unabhängig vom Geschlecht, verneigt, würde die Person für dich nicht integrierbar sein bzw. nicht hierher gehören?
Ich habe seit es die Diskussionen von Leitkultur gibt noch nie eine Definition unserer Gemeinschaft gehört, die über den kleinsten gemeinsamen Nenner, sprich die legalistische Version, hinausgeht. Bin aber auch offen dazu was festzulegen, was nicht einen signifikanten Teil der Deutschen wiederum ausschließt. Ich mein was sagt man denn so über die Deutschen? Pünktlich, effizient, humorlos? Ich kann mir einfach nichts konkretes unter dem vorstellen, was du dir wünschst.
Vor so etwa 10 Jahren habe ich in der Neukundengewinnung für einen größeren Konzern gearbeitet.
Da kam eine junge Dame, die am Nachbarstandort eine ähnliche Rolle ausüben wollte, um von mir Erfahrungen dazu mitzunehmen. Die Dame war Muslimin, kam auch mit Kopftuch und so und wollte mir nicht die Hand geben, meinte das sei bei ihrer Religion unüblich. Das war dann echt unangenehm so zu starten, versaut das ganze Gespräch von vornherein. Ich bin damit später zu meinem Chef, Türke, überzeugter Moslem, um seine Meinung dazu zu hören. Der hat sofort den Hörer in die Hand genommen und in meinem Beisein beim Nachbarstandort angerufen, dass so jmd nicht in die Kundenbetreuung gehört. Dann kam ein gefühlter 30 Minuten Rant, was die dummen jungen Leute sich wohl denken.
[/Anekdote]
 
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@BaBaUTZ: Lustig, dass du mir zerreden des Punktes vorwirfst und dann loslegst genau das zu tun. :deliver:
Ich meine das ja nicht böse, ich weiß ja dass das alles kompliziert ist und man da zig ausnahmen finden kann, deswegen wollte ich da gleich auf einiges eingehen. Meine letzten paar sätze sind imo die relevanten: Es geht nicht darum ein Bild eines "gemeinen" Deutschen zu finden, welches auf die Mehrheit der Gesellschaft zutrifft. Deutschland ist bereits sehr zerfasert und individualistisch. Das hat seine guten aber eindeutig auch problematischen Seiten. Es geht darum (oder zumindesten mir geht es darum) einfach ein neues Bild eines "guten Deutschen" zu definieren und zu propagieren. Weil das Grundvoraussetzung für einen "neuen Patriotismus" ist. Da hilft es nicht, bereits bevor wir zu diesem Punkt kommen bereits zu sagen "sowas gibt es doch empirisch garnicht". Ja! Das ist ja gerade das Problem!
 
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Ich kann mir einfach nichts konkretes unter dem vorstellen, was du dir wünschst.
Der Ausgangspunkt war "was kann der Staat regeln" mit dem Referenzpunkt "Kultur lässt sich nicht planen/verordnen, existiert aber eben trotzdem und ist schwer greifbar".
Deswegen schrieb ich ja, dass es für viele Dinge die der Staat, vertreten durch seine Politiker/Judikative, meint regeln zu können, eher einen Ermessensspielraum als harte Regeln geben müsste.

Man sieht es ja regelmäßig auch an den Ausführungen von @Celetuiw, dass viele Regelungen und öffentliche Diskussionen zu kurz greifen, schlecht durchdacht sind, oder einfach auf der Prämisse aufbauen, dass Dinge einfach passieren wenn es ein Gesetz gibt in dem steht, dass jetzt die Dinge so passieren sollen. #lawyerbrain

Ein Beispiel wäre der Veteranentag, der vermutlich nahezu nichts für die Bundeswehr erreichen wird. Weitere Beispiele findet man sicherlich leicht, wie z.B. die Idee, dass man Patriotismus und ein Wir-Gefühl (jeweils im positiven Sinne) aus dem GG ableiten und verordnen könne.

Beides wird nicht funktionieren, weil wir als Gesellschaft zwischen Vergangenheits- und Zukunftsbewältigung gefangen sind und nicht den Mut haben sowohl hart gegen Faschisten, als auch hart gegen Menschen zu sein die auf andere Art- und Weise unsere Grundüberzeugungen ablehnen, weil wir zu viel Angst davor haben, dass irgendwer "Nazi" oder "Rassismus" schreit. Das ist einer der Hauptgründe warum sich ein Vladimir P. oder ein Recep E. über die deutsche Politik kaputtlachen. (Und viele andere auch.)
Man will so sehr von allen gemocht werden, dass man als politische Entität die perfekte Repräsentation eines Opfers ist (im Schulhofsprachensinne).


e: ich meine auch in Deiner Antwort zu sehen, dass Du Dir eine rechtliche Regelung des Beispielfalls Immigration wünschst, wo man eine Checkliste abgehen kann und dann ein rechtssicheres Ja/Nein bekommt. Das ist ein Weg der mE in die Irre führt. Es wäre vermutlich viel besser und effizienter wenn man eben nicht dieses Denken in Rechtsansprüchen hätte, sondern den erwähnten Ermessensspielraum. Allein wenn man sich die Einbürgerungsvoraussetzungen für Österreich oder die USA anschaut liest sich das doch nicht nur ein paar Grad fordernder als das deutsche StAG.
 
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e: ich meine auch in Deiner Antwort zu sehen, dass Du Dir eine rechtliche Regelung des Beispielfalls Immigration wünschst, wo man eine Checkliste abgehen kann und dann ein rechtssicheres Ja/Nein bekommt. Das ist ein Weg der mE in die Irre führt. Es wäre vermutlich viel besser und effizienter wenn man eben nicht dieses Denken in Rechtsansprüchen hätte, sondern den erwähnten Ermessensspielraum. Allein wenn man sich die Einbürgerungsvoraussetzungen für Österreich oder die USA anschaut liest sich das doch nicht nur ein paar Grad fordernder als das deutsche StAG.
Ach ich hab kein Problem mit einem gewissen Ermessensspielraum, aber natürlich steht am Ende des Ermessensspielraums die Willkür des Bearbeiters, und dementsprechend muss auch der Ermessensspielraum in seinen Grenzen definiert werden. Und darum frage ich konkret welchen Ermessensspielraum du vorsehen würdest?
Je mehr ich darüber nachdenke desto weniger sehe ich, dass das funktionieren kann. Ermessensspielraum sehe ich eher bei Ergebnissen, die ein Spektrum darstellen, sprich sowas wie Dauern und Fristen. Aber bei binären Entscheidungen wie Einbürgerung ja/nein? Ne sorry, aber da ist mE dein Weg per Definition willkür. Schaut dann der Bearbeiter dem Antragssteller tief in die Augen und definiert ihn nach Gefühlslage als zu Undeutsch für eine Einbürgerung? Ohne dir damit zu nahe treten zu wollen, vielleicht bin ich auch zu deutsch und fantasielos, aber das ist für mich alles inhaltsleer weil ich mir nichts konkretes darunter vorstellen kann.

Ich verstehe jetzt auch nicht so ganz den Vergleich zu AUT/USA, da härtere Einbürgerungsvoraussetzungen davon doch unbenommen sind. Kann man machen, aber das sind doch wieder klare, objektivierbare Grenzen.
 
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Der Punkt war, dass es in anderen Ländern keinen Anspruch gibt wenn Anforderungen erfüllt sind, sondern dort die Voraussetzungen einen lediglich dazu berechtigen um die Staatsbürgerschaft zu bitten. Deutschland regelt es so, dass jeder der die Anforderungen erfüllt auch ein Recht auf die Staatsbürgerschaft hat. Das ist eine fundamental andere Herangehensweise, weil es sich z.B. bei den USA um Voraussetzungen für einen Antrag handelt, welche bei Erfüllung keine Rechtsfolgen haben, und in Deutschland eben um Voraussetzungen welche die Rechtsfolge der Einbürgerung haben, wenn dem nicht definierte Hinderungsgründe entgegensprechen, welche regelmäßig eher lax ausgelegt werden.

Zusätzlich fordern z.B. die USA einen "oath of allegiance" als auch, dass ein Kandidat "of good moral character" ist. Dazu gibt es ein Interview. Und wenn es heißt "no." kann man um eine Anhörung bitten. Aber es gibt eben kein Recht auf Einbürgerung.
Nach Deiner Ausführung ist das Prozedere anderer Staaten wie der USA in Deinen Augen womöglich Willkür.

Wenn dem so ist, ja dann bin ich für das Maß an Willkür, welches die wichtigsten Einwanderungsländer der Welt erfolgreich anwenden, denn ich habe wenig Lust in eine Solidargemeinschaft mit Menschen gezwungen zu werden, die Kernüberzeugungen der Gesellschaft, welcher sie beitreten wollen, ablehnen. Eine Solidargemeinschaft die sich auf diese Art und Weise vergrößert, unterminiert ihre eigene Existenzgrundlage.

[ edit: Und ich bin selbstverständlich sehr dafür, diejenigen Menschen in unsere Solidargemeinschaft aufzunehmen, welche "of good moral character" sind, die Grundüberzeugungen der Aufklärung teilen sowie das Leben mit individueller Freiheit in einer sozialen Marktwirtschaft schätzen und verteidigen wollen. Das beinhaltet den Willen im Rahmen der jeweiligen persönlichen Möglichkeiten zu arbeiten und alles dafür zu tun ein Aktivposten in der Gesellschaft zu sein. ]



zurück zum Ausgangpunkt: Was kann der Staat tun bzw. dekretieren?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sich ein Gemeinschaftsgefühl oder "Kultur" eben nicht von oben festlegen lassen, egal wie sehr dies sowohl von links als auch rechts häufig mehr oder weniger direkt gefordert und behauptet wird.
 
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[fN]Leichnam

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Was hat das mit Sachsen zu tun? /Gustavo

€: Etwas ernsthafter: Ist natürlich einfach nur beschissen sowas. Es wird ruppiger da draußen.

€2: Es gab sogar noch einen zweiten ähnlichen Fall in Essen. Dort haben sie einen Grünen angegriffen.
 
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Kp wieso Du unbedingt Sachsen irwie "sauber" halten willst, aber ok
 

[fN]Leichnam

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Naja wenn schon denn schon. Hier ist der Generalverdacht okay, an anderer Stelle aber nicht?
Du, ich will Sachsen nicht "sauber halten". Ich kenne die Spinner hier besser als ihr alle und ich weiß wie finster es tatsächlich ist.
 
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Aus Sachsen überrascht es mich zumindest weniger, als wenn es zB in (West)Berlin passiert. Das ist imo nicht ein "Generalverdacht". Wär aber cool, das nach Bundesland aufgeschlüsselt zu sehen.
 

[fN]Leichnam

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Mich überrascht der Messerangriff bestimmter Personengruppen auch weniger als bei anderen. Ist doch genau dasselbe im Grunde. Nur heißt es dort, man soll nicht verallgemeinern und hier heißt es Sachsen mal wieder.
 
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Ja, weil grad vor einigen Tagen die Meldung von Angriffen auf Wahlhelfer in Sachsen kam. Aber davon ab lässt sich ja imo nicht leugnen, dass wenn >30% der Bevölkerung eines Bundeslands rechte Hetzer wählen würden, diese sich auch zur Gewalt aufpeitschen lassen. Dass die Medien leider auch im "omg die Grünen" Team sitzt, hilft dabei nicht.
 

Celetuiw

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Wenn die katholische Kirche dann offiziell gegen die CDU ist, muss sie dann das C abgeben und heißt fortan "DU" ?
Oder gleich "AfD light" :elefant:
 

parats'

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Finde ich eine gute Idee.
Dann nennen wir die Kirche zukünftig aber bitte auch Kinderschänder-Ring.
 
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Wenn die katholische Kirche dann offiziell gegen die CDU ist, muss sie dann das C abgeben und heißt fortan "DU" ?
Oder gleich "AfD light" :elefant:
Parteien stehen nicht immer für das was im Namen stehen haben? :eagle: Haltet die Druckerpressen an!
 
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€2: Es gab sogar noch einen zweiten ähnlichen Fall in Essen. Dort haben sie einen Grünen angegriffen.
Hier ist direkt der nächste
 
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Wenn die katholische Kirche dann offiziell gegen die CDU ist, muss sie dann das C abgeben und heißt fortan "DU" ?
Oder gleich "AfD light" :elefant:
unpopular opinion: die kirche hat zu diesem thema spätestens seit 2015 keine position vertreten die irgendwie realistisch und mehrheitsfähig gewesen wäre. man könnte auch sagen: die kirchen (in deutschland) haben in so circa allen debatten der letzten jahre immer ziemlich weltfremde positionen vertreten. gerade die evangelische kirche hat sich mit dümmlichem bullshit hervorgetan. bei den katholiken erinner ich mich an weniger konkretes, da stand eher missbrauch im vordergrund.

entsprechend kann ich kritik von seiten der kirche echt nicht ernst nehmen.
 

Celetuiw

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Wir sollten hier die persönliche Ebene wieder raus nehmen. Es bringt doch nix, wenn wir hier Klischee Besserwessi vs Sachse spielen.
Friedlich Leute.
 

Shihatsu

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Ich hab hier grad einiges gelöscht, dabei sind leider auch 2 sinnvolle Posts über den Jordan gegangen, weil sie ohne den Bezug der gelöschten Posts keinen Sinn machen - bitte bitte lasst solch Kinderreien, danke :wave2:
 

Gustavo

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@Bootdiskette: Was deinen Post angeht, das war ja gerade mein Punkt. Natürlich hat das sehr wenig "mit Sachsen" zu tun. Es gibt bestimmte Faktoren, die solches Verhalten begünstigen, die in Sachsen häufiger vorliegen als in anderen Bundesländern. Aber jede Erklärung dafür, warum Sachsen dafür in irgendeiner Weise verantwortlich sein sollte, driftet ganz schnell in Wischi-Waschi-Erklärungen* ab. Es gibt Erklärungen, die in der Kausalkette viel weiter downstream liegen als "ja, in Sachsen sind die Leute halt so" und konsequenterweise viel zielgenauer sind; da wird verbal einfach wieder die Wahrscheinlichkeit dass sowas in Sachsen passiert mit der Wahrscheinlichkeit dass ein beliebiger Sachse sowas tut vermischt.




*"Kurt Biedenkopf hat gesagt, Sachsen wäre immun gegen rechtsradikale Versuchungen" (vor 25 Jahren)
 
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