Banken und Telcos kreieren auch keine IT-Produkte, sondern setzen sie ein. Gerade bei Banken sind die kundenseitigen Prozesse durchaus vergleichbar mit Verwaltungsvorgängen, eine Kontoeröffnung oder ein Kreditantrag sind nicht fundamental anders als übliche Behördenvorgänge.
Es gibt Gründe es einmal zu machen und Gründe es x-mal zu machen. Ich kann Dir problemlos 10 stichhaltige Gründe in beide Richtungen aufzählen. So ist die Diskussion aber zu abstrakt. Lasst uns uns erstmal drauf einigen, dass es empirisch nicht schlechter rauskommt wenn kleinere Verwaltungseinheiten eigene IT haben. Schweiz ist so gross wie ein Bundesland, macht alles 26mal und ist auch nicht schlechter. Frankreich ist voll zentral und auch nicht besser.
Hier nen Ranking:
https://publicadministration.un.org/egovkb/Data-Center Die Top Länder sind alle in etwa auf Bundesland Grösse. Estland und Island sogar bei den allerkleinsten.
Dass kleinere Länder effektiver digitalisieren, würde ich a priori erwarten. Wie du daraus jetzt ableiten willst, dass es ne gute Idee sei, jedes Bundesland für sich digitalisieren zu lassen, statt wenigstens bundesweite Standards festzulegen, ist mir schleierhaft. Es geht doch nicht darum, ob kleinere Verwaltungseinheiten eigene IT haben, sondern erstmal darum, wie der Staat gegenüber dem Bürger auftritt. Und da ist es einfach unsinnig und lästig, wenn sich Prozesse in 16 Bundesländern unterscheiden - selbst bei gesetzlich identischen Vorgängen.
Wenn man für Föderalismus eintritt, sollte man imo schon konkret benennen können, welche Vorteile er bringt und wenn es bspw. darum geht, den Zugang zu identischen staatlichen Leistungen zu administrieren, dann sehe ich keinerlei Vorteil darin, dass sich jedes Bundesland oder jede Kommune irgendwas Eigenes überlegt, statt dass es einen Prozess gibt, der überall gleich ist.
Yo und jetzt dumm gesagt dass hat alles nix mit Föderalismus zu tun. Exakt das gleiche habe ich wenn ich in meiner ehemaligen Arbeit ein Büro weiter geschaut habe.
Jedes Büro hat gemeint sie sind schlauer und machen andere Dinge.
Das sind Kommunikations Dinge und Führungskompetenzen aber nicht Föderalismus per se.
Ja es ist dumm wenn es 780 verschiedene Hundesteuer Anträge gibt. Aber auch dieses Problem ließe sich lösen im Föderalismus wenn man den wollte.
Und ja ich finde es zum Beispiel gut dass bei mir vor Ort die Gemeinde sagt ob der Baulöwe jetzt eine neue Kiesgrube aufmachen darf und nicht der Maggus in München das bestimmen darf
Es ist schon ein Unterschied, ob sich ein Problem im Wolkenkuckucksheim, wo alle guten Willens und hinreichend kompetent sind, theoretisch irgendwie lösen ließe, oder ob das in dem Deutschland, in dem wir leben, auch passiert. Wenn sich 16 Bundesländer regelmäßig sinnvoll koordinieren und auf gemeinsame Standards verständigen würden, dann gäbe es deutlich weniger Probleme. Tun sie aber nicht und können sie wahrscheinlich auch nicht, weil es eben unterschiedliche Interessen, unterschiedliche Vorstellungen, Beharrungskräfte, Pfadabhängigkeiten usw. gibt.
Und niemand will, dass in Berlin entschieden wird, wo eine Kiesgrube aufgemacht, eine Fahrradstraße errichtet oder ein Gemeindezentrum renoviert wird. Das ist auch eine absurde Vorstellung von mehr Zentralismus, mit der man Passanten in der Fußgängerzone ein Bekenntnis zum Föderalismus entlockt. Bei sinnvoller Zentralisierung geht es nicht um Probleme, für die sich außerhalb einer Nachbarschaft oder Dorfgemeinschaft niemand interessiert, sondern um Probleme, die das ganze Land betreffen.
Mal als ganz banales Beispiel: Zugang zu Sozialleistungen. Warum sollte es vom Wohnort abhängen, wie lange ein Antrag auf Wohngeld oder Elterngeld in Bearbeitung ist? Macht es für den Bürger irgendeinen Unterschied, ob der Beamte, der den Stempel draufsetzt, ein paar Straßen weiter oder am anderen Ende der Republik wohnt? Welchen Sinn hat es, solche oder zig andere staatliche Leistungen föderal zu administrieren?
Wenn Bad Tupfingen sich entschließt, seine Kurtaxe digital zu betreiben, dann soll es sich gern ne eigene Lösung dafür überlegen. Welchen Sinn soll sowas bei Leistungen und Pflichten haben, die bundesweit für jeden Bürger gleichermaßen gelten? Wäre uns bspw. irgendwie geholfen, wenn jedes Bundesland sich seine eigene Elster-Version zurechtgelegt hätte?