Also spielen Zuschauerzahlen im Profifussball immer noch eine große Rolle? Mir wollte mal jemand erklären, das sich Zuschauer gar nicht mehr relevant rechnen und es in der Hauptsache nur noch um Merchandising und Fernsehrechte geht.
Man muss das schon etwas differenzierter betrachten. Früher (in Dtl. meinetwegen vor 30 Jahren) stellten die Zuschauereinnahmen tatsächlich fast den ganzen Umsatz eines Vereins dar. Wird ja z.B. auch immer gerne gesagt, dass das Olympiastadion in München für den FCB von zentraler Bedeutung für die spätere Entwicklung war und Gladbach wegen des kleineren Stadions eben nicht solch eine Entwicklung nehmen konnte.
Heute wird der Umsatz der Vereine natürlich nicht mehr so von den Zuschauereinnahmen bestimmt, aber sie machen immer noch einen wichtigen Teil aus.
Die Verteilung der Einnahmen unterscheidet sich auch von Verein zu Verein und Liga zu Liga sehr stark.
Grundsätzlich unterscheidet man bei den Einnahmen drei "Stützen", das sog. "match day income" (Zuschauereinnahmen und alles was halt im Stadion bei Bierständen und Würstchenbuden etc. umgesetzt wird), das "TV income" (sind recht offensichtlich die TV-Gelder aus nationalen UND internationalen Wettbewerben) und das "commercial income" (Sponsoring, Merchandise etc.).
Hier mal eine gute Grafik dazu, die da eine Übersicht gibt
(Werte sind in Pfund! - momentaner Wechselkurs: 1 Pfund = 1,17 Euro):
Die Werte stammen von Deloitte, einem seriösen und bekanntem Wirtschaftsprüfungsunternehmen, welches jährlich eine Analyse der europ. Clubs vornimmt. Es sind dann auch oftmals diese Zahlen worauf sich dann die Medien in ihren Berichten beziehen.
Nehmen wir Arsenal mal als erstes Beispiel. Die haben ein neues und hochwertiges Stadion (viele Logen etc.) und die Tickets sind in England (vor allem bei den Topclubs) im Vergleich zu Deutschland enorm teuer.
So hatte Arsenal in der Saison 2009/2010 einen Umsatz von ~263 Mio. Euro, wobei die Zuschauereinnahmen davon ~110 Mio. Euro ausmachten.
Da sind die Zuschauereinnahmen natürlich ein ganz wesentliches Fundament, wobei Arsenal da das positive Extrembeispiel ist.
Als negatives Beispiel könnte man praktisch jeden italienischen Verein anführen, aber besonders deutlich wird es bei Juventus.
Die haben einen Umsatz von ~197 Mio. Euro, aber die Zuschauereinnahmen generierten nur ~17 Mio. Euro zu dieser Summe (der Großteil des Umsatzes entsteht durch die TV-Gelder => 129 Mio. Euro).
Das ist wiederum durch die geringen Zuschauerzahlen bedingt, aber eben auch dadurch, dass das Stadion eben veraltet ist und man so keine Möglichkeiten hat hochwertige Tickets zu verkaufen (gerade Logenplätze sind da von großer Bedeutung und die bieten alte Stadion nicht bzw. nur kaum).
Ebenso kann man aufgrund des geringeren Interesse halt nicht so hohe Ticketpreise wie z.B. in England nehmen.
Konnte ich nie so nachvollziehen, da ein 80k Stadien wie Dortmund, dass eigentlich immer ausverkauft ist, sich doch irgendwie auch bemerkbar machen muss. Und da ist Bremen ja traditionell eher mau, trotz dem guten Fussball der Vergangenheit.
Deutschland ist da auch recht speziell. Ich verweise da wieder auf die Grafik, die ich gepostet habe. Da sieht man ganz gut, dass deutsche Clubs eher weniger durch Zuschauereinnahmen verdienen, obwohl man die besten Zuschauerzahlen der Welt hat.
Das liegt dann schlicht an den sehr niedrigen Ticketpreisen und der Philosophie lieber im Bereich des Ticketing weniger einzunehmen und dafür volle Stadien zu haben.
Jetzt könnte man natürlich sagen, dass viele Clubs sowieso riesige Wartelisten für Tickets haben (gerade bei de Dauerkarten) und man sicherlich die Stadien bei Preiserhöhungen voll kriegen würde, aber bisher haben die Clubs es vermieden sich da mit den Fans anzulegen.
Ein Verein wie Bayern nimmt daher trotz eines modernen Stadions nur etwas mehr als die Hälfte durch Zuschauer ein als z.B. ManU oder Arsenal.
Oder wie formulierte Hoeneß es so schön auf der Jahreshauptversammlung des FCB:
Warum glaubt ihr eigentlich, warum wir den Leuten in der Loge das Geld aus der Tasche ziehen? Das Stadion hat 350 Millionen Euro gekostet – das ist nicht mit sieben Euro aus der Südkurve zu finanzieren!
Was glaubt Ihr, wer Euch finanziert? Die Leute aus den Logen, denen wir das Geld aus der Tasche ziehen.
Also die reinen Zuschauereinnahmen sind immernoch eine wichtige Stütze der Vereine und es macht natürlich einen Unterschied, ob man einen 60k Zuschauerschnitt in einem modernen Stadion hat oder eben nur 20k in so einer alten Klapperbude.
Das wirkt sich ja auch alles auf das Sponsoring aus. Für Sponsoren wird ein Verein natürlich auch wesentlich interessanter, wenn dieser über ein modernes und gut gefülltes Stadion verfügt, von daher ist das "commerical income" natürlich auch an das Stadion und dessen Attraktivität gebunden.
Aber OK, bisher waren sie ja immer gut dabei. Ich finde dieses Kalkulieren am Rand nur brutal. Eine Saison verkackt... sofortiger Absturz...
Den Vereinen wird aber auch kaum eine Wahl gelassen. Wie wäre wohl das Feedback der Fans, wenn man Leistungsträger zu schnell gehen lässt oder Verträge mit diesen nicht verlängert, weil man den Gehaltswahnsinn nicht mehr mitmachen will?
Davon mal abgesehen muss man schon sagen, dass die meisten deutschen Vereine ja sehr seriös kalkulieren.
Ein Verein wie Bremen wird ja nicht in die Insolvenz oder in große Schulden getrieben, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt. Man muss dann natürlich entsprechend reagieren, sprich der Kader muss umgestaltet werden.
Dennoch konnte es sich Bremen trotz teuren Kaders auch leisten z.B. in die Infrastruktur (Stadion) zu investieren und das ohne Schulden anzuhäufen.
Das ist auch der wesentliche Unterschied der dt. Vereine zu spanischen oder italienischen.
Das Geld in den Ligen dieser Länder ging vor allem für Transferablösen und Gehälter drauf, während in Deutschland selbst hochverschuldete Vereine wie Schalke echte Wertanlagen in Form von Stadien, Grundstücken, Jugendausbildungszentren, Trainingsgeländen etc. besitzen.
Davon mal abgesehen sind Sportvereine eben keine normalen Wirtschaftsunternehmen. Es geht in erster Linie eben nicht um Gewinnmaximierung, sondern um Erfolgsmaximierung. Das eine kann durchaus förderlich für das andere sein, aber eben nur bis zu einem gewissen Grad.
Naja, sollen se die derzeitigen "Leistungsträger" ruhig gehen lassen. Kann Merte ja mal versuchen in Zukunft international zu spielen, will er ja die ganze Zeit schon. Hat er ja echt Werbung für sich gemacht in den letzten Spielen. Ja, ich fand ihn schon immer, auch in der Nationalmannschaft leicht überbewertet, auch in seiner starken Phase...
Wird sicherlich auch so einige Spieler geben denen dann die sportliche Perspektive bei Bremen fehlt.
Es ist natürlich im Einzelfall von Außen schwer zu bewerten, aber Spieler wie Mertesacker, Marin, Pizarro etc. verdienen halt sehr gut und wollen auch nicht im Mittelfeld der Liga rumkicken.
Da könnte es sowieso für beide Seiten besser sein getrennte Wege zu gehen.
Vielleicht sollte man die ganze Situation auch als Chance begreifen einen wirklichen Neuanfang zu starten.