Ansonsten Raute an sweetie; Punkte, die ich wirklich sehe und die mir wichtig sind: Soziale Gerechtigkeit, Klimawandel und, hier ein Unterschied, Bildungssystem. Nichts davon wird angemessen von AfD oder FDP vertreten.
Soziale Gerechtigkeit ist imo eine Worthülse. Warum nicht das Problem beim Namen nennen: Ungleichheit. Darunter kann sich dann auch nicht jeder vorstellen, was er will, weil klar ist, was gemeint ist: Die Armen müssen reicher und die Reichen ärmer werden.
Klimawandel ist ein wichtiges Thema, aber ich sehe nicht ganz, wie man seine politische Wahl davon abhängig machen kann. Allen Parteien in Deutschland ist klar, dass der Klimawandel eine Herausforderung ist. Es ist aber keine, die wir hier in Deutschland lösen können. Übereifrige nationale Alleingänge halte ich für falsch. Am Ende müssen wir in Europa uns imo mehr darauf konzentrieren mit den Folgen des Klimawandels klarzukommen, statt wertvolle Energie (höhö) darauf zu verschwenden, ihn zu verhindern.
Denn das wird imo nicht gelingen. Fossile Energieträger sind und werden auf absehbare Zeit zu effizient sein, um sie durch Alternativen zu ersetzen. Der Großteil der fossilen Energievorräte der Welt wird verbraucht werden, deal with it.
Was Bildung angeht, versteh ich dein FDP-Bashing nicht. Die legen da nicht mehr oder weniger Fokus drauf als andere Parteien wie die Grünen. Sie sind gegen kostenlose Bildung für alle - kann man drüber streiten. Aber elterunabhängiges BAföG für alle ist mal ne Hausnummer.
Was mich beim Thema Bildung am meisten stört, ist erstens, dass alle Parteien was verbessern wollen, aber keine weiß wie. Zweitens, und das hängt mit dem ersten zusammen, kann es sich keine Partei verkneifen, ihre Bildungspolitik mit der jeweiligen Hausideologie zu würzen. Ob das bei der FDP jetzt der Wettbewerb ist und bei den Grünen die Gleichmacherei, ganz egal. In keinem Sektor ist Pragmatismus so bitter nötig wie in der Bildung. Es gibt ne Menge guter Konzepte, die empirisch bestätigt sind, und die funktionieren. Man muss sie nur einsetzen. Die nächste idealistische Großreform bringt das System nicht voran, sondern mehr Geld und das Geld da hinstecken, wo man weiß, dass es wirkt.
Hier stinken alle Parteien ab. Darum glaub ich auch nicht wirklich daran, dass sich was verbessert. Und so wird ein Schuh aus dem, was Tarkleigh sagt: Unser Erziehungs- und Bildungssystem ist ne Großbaustelle. Am meisten leiden darunter die Kinder aus Familien, die das nicht ausgleichen können, also die Unterschicht (nicht in Bezug auf Geld, sondern auf das Humankapital). Und wenn wir jetzt jedes Jahr ein paar hunderttausende Flüchtlinge hier reinlassen, die sich fast vollständig aus genau dieser Unterschicht rekrutieren, dann werden es die abgehängten Kinder, die es eh schon gibt, noch schwerer haben und die Probleme vervielfachen sich.
Darum ist eine strikte Begrenzung des Asylzustroms imo die beste Bildungspolitik, die man machen kann. Alle Reparaturen am Bildungssystem sind Zukunftsmusik und der Erfolg im besten Falle eine Möglichkeit, aber keineswegs gewiss. Aber weniger Problemfälle im System bringen einen garantierten Nutzen.
Nachdem Schröders Regierung dafür gesorgt hat, dass sozial Schwache relativ kostengünstig aus der Statistik geschafft werden können, leben wir derzeit in einer Blase der Glückseligkeit. All die Aufstocker, Minijobber und Mindestlöhner werden sukzessive immer weiter abgehängt - unabhängig von deren Migrationshintergrund. Wobei Migranten natürlich Probleme verursachen, gerade in Städten. Dieses Fass kann aber nicht durch Grenzschließungen gedeckelt werden. (s.u.)
Diagnose: d'accord. Beim Rest hast du mich verloren: Wenn es zu viele Abgehängte in der Gesellschaft gibt, dann tut es nichts, wenn man noch ein paar Millionen mehr davon ins Land holt. Logik?
Wenn das Prekariat klein genug ist, dann kannst du das Problem notfalls durch Direktüberweisungen lösen. Wenn das Prekariat zu groß ist, kannst du irgendwann gar nichts mehr dagegen machen. Dann gehts den Menschen halt schlecht.
Selbstverständlich muss eine gesamteuropäische nachhaltige Strategie her, um auf künftige Migrationsbewegungen reagieren zu können. Stichwort Afrika. Dagegen ist das bisschen Syrienkrieg gar nix. Es ist aber keine Strategie, sich jetzt hinter eine Mauer zu setzen und einfach zu warten, bis diese eingerannt wird.
Die Migrationsströmungen sind ein Symptom weitaus tiefer reichender Probleme. Ich weiß nicht, ob es realistisch ist, dass die islamische Welt und Subsahara-Afrika in diesem Jahrhundert noch zum klaren Denken gelangen - sofern das europäische Konzept von Aufklärung + Kapitalismus überhaupt eine Zukunft hat. Die Globalisierung ist ein derart fundamentaler Veränderungsprozess, dass immer noch überhaupt nicht klar ist, wo die Reise überhaupt hingeht. Wer jetzt schon schreit, er habe die Lösung, möge bitte sofort Weltpräsident werden.
Sorry, aber du entschwebst hier, statt zu erklären, warum geschlossene Grenzen keine Lösung sind. Und ich muss dir mal als persönliche Note sagen: Das ärgert mich immens. Ich bin selbst links-progressiv, ich bin selbst Humanist, ich bin selbst Idealist und ich glaube daran, dass wir als Deutsche, als Europäer, als aufgeklärte westliche Demokraten eine Verantwortung für den Rest der Welt haben. Aber mir geht diese klassisch linke Denke auf den Keks, dass man jedes Problem immer und absolut global denken müsse, man dürfe sich ja nicht abnabeln vom Rest der Welt, die Probleme Afrikas sind auch unsere Probleme, weil wir die Menschen ja am Ende doch nicht davon abhalten können, hierher usw. und sofort, blablabla... Das sind orkanartige Gehirnfürze.
Hier ist Deutschland und deutsche Probleme kommen zuerst, dann europäische Probleme und dann globale Probleme. Der massenhafte Zustrom von Flüchtlingen ist ein deutsches Problem und wir brauchen eine deutsche Lösung dafür. Er ist auch ein europäisches Problem, für das wir eine europäische Lösung brauchen und er ist ein globales Problem, das nach einer globalen Lösung verlangt. Aber wir können nicht darauf warten, dass es eine europäische oder globale Lösung für ein deutsches Problem gibt.
Insbesondere ist "die Bekämpfung von Fluchtursachen" nicht die Lösung für unser Flüchtlingsproblem.