hier mal ein echt guter Kommentar, von einem der sicherlich nicht als "Gutmensch" verdächtigt wird:
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE...94BFFEB5A2B73DE7EA~ATpl~Ecommon~Scontent.html. Er nennt wenigstens seine Quellen und reflektiert über die Argumentatinslogik. Frank Schirrmacher kommt zu einem ähnlichen Fazit wie wir hier: "Er will eine völlig neue politische Debatte auslösen, die im Kern biologisch und nicht kulturell argumentiert."
"Es geht um die Verbindung von Erbbiologie und Kultur und damit letztlich um, ein Wort, das Sarrazin (Darwin zitierend) so unerschrocken benutzt, wie einst Gottfried Benn, „Zuchtwahl“ und „Auslese“. Sarrazin redet nicht von Goethe und Schiller, obwohl auch Dichter in seinem Buch vorkommen. Kultur ist ihm der Reflex biologischer Prozesse."
Dies wurde auch schon in unseren Beiträgen herausgearbeitet. Meiner Meinung nach muss man sich gegen solche Versuche der semantischen (und "statistischen) Uminterpretation des Kulturbegriffs wehren. Es geht im Grunde um einen neuen Denkrahmen, eine neu-alte Hegemonie aus Biologie und Volkswirtschaft. Das hatten wir schon, um die Jahrhundertwende. Es sind Angstdebatten. Deshalb fassen sie Fuß und sind verbreitet, auch unter Akademikern.
Zu MVs toller Intelligenzfrage: "Stephen Jay Gould hat angesichts der Vererbungsthesen von Murray und Herrnstein, auf die Sarrazin sich beruft, darauf hingewiesen, dass die Tests nur spezifische Formen von Intelligenz testen und deshalb ein völlig falsches Bild von Begabungsprofilen liefern. Die Debatte ist unentschieden, und die Frage, ob Intelligenz größtenteils vererbt wird oder kulturell geschaffen werden kann, ist eine der völlig offenen Fragen. Sarrazin aber hält sie für beantwortet."
Es gilt mal wieder: auch Naturwissenschaften sind nur ein Mittel im Kampf um die politische Hegemonie. Im gesellschaftlichen Diskurs gibt es keine wissenschaftliche Wahrheit, es gibt nur die Hegemonie. Deshalb muss Sarrazins Thesen entegegengetreten werden. Deshalb ist er haftbar für seine Aussagen.
Obwohl, manchmal erzählt einem die Geschichte, bzw. die Ideengeschichte mehr über die Kraft von Aussagen, Argumenten und Thesen, als einfach Statistiken. Auch ein kleines Plädoyer für mehr Geisteswissenschaften. Okay das war bissl ot, aber der Aufsatz hat mir gut gefallen, weil er Sarrazin da schlägt, wo er verwundbar ist.