So, heute also mit Kollegen gesprochen. Eine Abschätzung der Heftigkeit der Wasserstoffexplosion und die dafür erforderliche Wasserstoffmenge zusammen mit Wasserstoffproduktionsraten durch das Zirkonium ergibt das etwa die Hälfte des Kerns (in Block 1 iirc) geschmolzen sind. Die Daten der Umgebungsdosisleistungsmonitore und Zurückrechnung über ein von uns geschätztes Kerninventar ergibt bis zu 100% Kernschmelze, was ich persönlich auch für wahrscheinlich halte.
Das heißt insbesondere durch das Venting ist die meiste flüchtige Aktivität (Edelgase wie Xe133) schon raus. Das Venting ging übrigens von den Kondensationskammern direkt in den Service floor, das ist die Wellblechhütte auf dem Dach der Anlage, von der man nur noch das Stahlgerippe sieht. Nix Beton da, so heftig war die Explosion nicht. Die vent lines waren nicht gefiltert, was auch die Werte für Cs und I leicht erklärt. Das Containment ist nun mit Meerwasser geflutet und die Abwärme kriegt man durch regelmäßiges Dampf ablassen raus. Das impliziert natürlich auch regelmäßiges Abblasen von Aktivität, was insbesondere mit der zu erwartenden Windrichtungsänderung nicht so optimal ist.
Ein weiteres Problem ist der spent fuel pool, der da oben auf dem Dach war, bzw ist und nun natürlich im Freien ist. Der wird munter Jod ausdampfen, da es ja keine gefilterte Abluft mehr gibt. Die Wärmeentwicklung in diesem Brennelementlagerbecken ist aber überschaubar und kein Grund zur Sorge.
Problematisch wird es nochmal, wenn einer der Kerne durch den RDB (Reaktordruckbehälter) schmelzen sollte und dann plötzlich mit dem Wasser im Containment in Berührung kommt. Das würde eine Wasserdampfexplosion geben, was auch das Containment sprengen könnte/würde. Dies hat eine fast komplette Freisetzung des Kerninventars zur Folge. Da weiß ich aber nix genaueres, weil Angaben über den Füllstand im RDB sich ja andauernd ändern. Ich weiß also nicht, ob der zumindest teilweise geschmolzene Kern nicht sowieso schon im Wasser liegt.
Alles in allem gibt es Grund zu Optimismus, soweit man das in solch einer Situation sagen kann. Ich möchte nochmal betonen, daß es sich hier nicht um Chernobyl handelt und eventuelle Kontaminationen von Landstrichen sehr regional wären. Hier in Europa wird man genau nichts vom Unglück spüren.