81% der Russen befürworten Putins Faschismus. Nur soviel dazu, dass in Deutschland schon wieder dieses falsche Narrativ von "Putins Krieg" geführt wird, mit dem die armen armen Russen ja gar nichts zu tun haben. Das ist Schwachsinn. Keine Ahnung warum Deutsche so gern in Russenärsche kriechen. Putin ist nicht das Problem, sondern ein Symptom. Das Problem ist (fast) die gesamte russische Gesellschaft und Mentalität.
Ich würde auch nicht unbedingt darauf vertrauen, dass die Russen alle genau wie am Ende der Sovietunion sehnsüchtig darauf warten, dass das Regime zusammenbricht, aber ich habe gestern eine Podiumsdiskussion mit Mark Beissinger gesehen und ihn gefragt, was er von der Zahl hält und er meinte das erscheint ihm unrealistisch hoch. Er wollte nicht so weit gehen zu behaupten, dass Levada die Zahlen fälscht, aber da wird wohl schon relativ viel preference falsification betrieben bei den Befragten. Grigo Pop-Eleches hat coole Umfragedaten aus der Spätzeit des Eisernen Vorhangs, da siehst du gut dass die Umfragen auch gekippt sind auf eine Art, die vermuten lässt, dass keineswegs so viele Leute von der Sinnhaftigkeit des real gelebten Sozialismus überzeugt waren wie vormals behauptet.
Wobei ich auch sagen muss, diese Idee bzgl. Umerziehung würde nur wieder in einer Katastrophe enden. Im Großen und Ganzen scheint es nur eins zu geben, das Menschen dauerhaft zuträglicher für die Demokratie macht, und das ist wenn sie in einer Demokratie leben und sich ihre Lebensumstände merklich verbessern. Ich würde sagen da kann man Russland durchaus eine goldene Brücke hin bauen, wenn sie ihr aktuelles Regime loswerden, aber das wäre ein langer Weg. Die Erfahrung, die Russland bisher mit Demokratie gemacht hat, hauptsächlich in den 90ern, sind einfach zu verheerend.
Für diesen Überfall muss es Konsequenzen geben. Ich befürchte Wirtschaftsinteressen und die kurzzeitige Gedächnisleistung der westlichen Konsumgesellschaft wird in zwei Jahren keinen Furz drauf geben. Und das wird der zweite Skandal.
Bin da auch zuversichtlicher, ähnlich wie Heator. Wenn wir von Dingen reden würden, die die "Konsumgesellschaft" direkt kauft wäre es etwas anderes, Moral an der Ladentheke lässt sich tatsächlich nicht durchsetzen. Aber Russland produziert halt nichts was wir tatsächlich wollen, es sitzt nur auf einem massiven Rohstoffvorkommen, aber das kauft nicht Lieschen Müller an der Tankstelle. Bezweifle dass die Politik da so leicht einknickt.
Das Problem ist, dass bspw. Rohöl einfach an andere Länder verkauft wird. Gerade Indien nimmt doch dankbar den Preisabschlag auf Ural crude oil dankend an und die Spotpreise haben sich mittlerweile auch wieder angenähert. Da mittlerweile auch SA nicht mehr nur in USD abrechnet, scheißt die gesamte Welt auf westliche Sanktionen und mit CIPS gibt es auch Alternativen.
Öl wird auch auf einem Weltmarkt gehandelt und die Amerikaner waren ziemlich erfolgreich darin, den Iran davon abzuschneiden. Wenn der Westen das wirklich will ist das keineswegs das große Problem, Russland davon abzuschneiden, solange der Westen sich einig ist. So weit sind wir offensichtlich noch nicht aber warten wir es mal ab.
Außerdem ist es doch grundsätzlich erstmal richtig, wenn die Branchen ihre Bedenken äußern. Wie soll denn sonst fundiert abgewogen werden? Klar macht ein Branchenvertreter erst mal mimimi, muss man halt filtern.
Ich finde es auch einen Unterschied, ob Firmen aufgrund von externen Entwicklungen der globalen Märkte leiden oder durch aktive Entscheidungen der Bundesregierung. Kann aber verstehen, wenn man das anders sieht.
Prinzipiell richtig, aber imho wird häufig genug unterschlagen, wie sehr man da filtern muss. Ist imho extrem krass, was man Industrievertretern im öffentlichen Diskurs an Gejammer durchgehen lässt. Gibt kaum eine Interessenvertretung, bei der ich innerlich so stark diskontiere wie bei der Industrie, wenn sich irgendwas auch nur minimal negativ auf sie auswirkt. Bin ziemlich sicher wenn Leibeigenschaft noch existieren würde, würde der BDI uns vorrechnen, dass das zwar ein trauriges Überbleibsel aus dunklen Zeiten ist, die deutsche Industrie aber mittelfristig ohne sie leider nicht überleben kann.
Das wäre imo ohnehin der worst case: irgendwelche Sanktionen aussprechen und im Winter wieder aufheben, weil wir merken, dass uns die Kosten doch zu hoch sind. Damit würden wir Putin beweisen, wie abhängig wir sind. Im Moment ist das noch so ein Damoklesschwert, das über beiden Köpfen hängt. Außerdem würden wir allen Diktatoren der Welt zeigen: ein Krieg muss nur brutal und schnell genug sein, dann ist alles tutti.
Das Argument höre ich dauernd, verstehe es aber nicht so richtig ehrlich gesagt. Was verliert der Westen denn, wenn er die Sanktionen nicht durchhält? Putin verliert zumindest für ein paar Monate einnahmen und *falls* die Russen sich merklich davon beeindrucken lassen würden, würde das garantiert innerhalb der ersten paar Wochen passieren und nicht im Herbst, wenn es tatsächlich mit Gas wieder knapp werden könnte.
Das Drohpotential des Westens ist doch Stand heute höher als es je sein wird. Mittlerweile müsste ja so ziemlich jeder verstanden haben, dass Gas als Zwischenlösung eher früher als später abgelöst werden muss, denn zu dem offensichtlichen Problem kommt jetzt auch noch ein Versorgungsproblem. Es ergibt imho wenig Sinn damit zu drohen, dass wir kein russisches Gas mehr kaufen, während wir andererseits alle mehr oder weniger offen zugeben, dass wir uns generell von Gas wegbewegen wollen.