Russland bereitet sich offenbar auf die nächste große Mobilisierung von Soldaten vor – obwohl die zurückliegende Teilmobilisierung offiziell am 28. Oktober beendet wurde. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte damals mitgeteilt, die geforderten 300.000 Soldaten seien eingezogen worden, weitere Maßnahmen seien nicht geplant. [...] Danach sieht es nun nicht mehr aus, wie das Institute for the Study of War (ISW) in seinem
täglichen Lagebericht festhält. In Sankt Petersburg erhielt ein Bürger demnach trotz des offiziellen Abschlusses der Mobilisierung einen
Einberufungsbescheid – mit dem Hinweis des Militärkommissars, er solle sich im Januar zum Dienst melden. Zugleich haben ultranationalistische Militärblogger und Propagandisten damit begonnen, von einer Generalmobilmachung im Dezember oder Januar zu sprechen, ohne jedoch konkrete Belege zu nennen. [...]
Eine Hintertür ließ Präsident Wladimir Putin bei der Einziehung offen, indem er nie ein Dekret unterschrieb, das die Mobilisierung rechtlich beendet hätte. Dies sei
nicht notwendig, erklärte Putin. Nach ISW-Einschätzung werden die inoffiziellen Mobilisierungsmaßnahmen und potenzielle Vorbereitungen für eine nächste Welle Russland eher schaden als guttun. Das ISW vermutet, dass der 28. Oktober kein zufällig gewählter Termin für das Ende der Teilmobilmachung gewesen sei.
Denn am 1. November begann der zweite der halbjährigen Wehrpflichtszyklen, der enormen bürokratischen Aufwand und Ausbilder erfordert. Putin habe damit versucht, die Behörden nicht doppelt zu belasten. Nun, da offenbar neben den regulären Wehrpflichtigen doch noch Mobilisierte ausgebildet werden müssen, werden sich die beiden Gruppen die ohnehin sehr begrenzten Trainingskapazitäten teilen müssen. Dies bedeutet laut ISW, dass Russland künftig über noch schlechter ausgebildete Soldaten verfügen wird. Eine weitere Mobilisierungswelle werde die Situation nur verschlimmern und Russlands Kampfkraft insgesamt verringern.