Ich glaube, dass Söder und Laschet sowie deren jeweilige Befürworter die Lage sehr gut einschätzen können und dabei zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Das ändert halt nichts an ihren entgegengesetzten Interessen.
Bemerkenswert finde ich, dass Söder allenthalben Egoismus vorgeworfen wird, obwohl man kaum behaupten kann, dass die Union mit ihm als Kandidaten schlechtere Aussichten hätte. Laschets Verzicht würde seine Position als CDU-Parteivorsitzender schwächen, mutmaßlich auch die CDU als Partei, wobei ich das weniger klar sehe. Aber als CDU-Vorsitzender und NRW-Ministerpräsident auf ein Bundesministerium zu wechseln ist jetzt nicht gerade ne Beförderung und wie soll es für ihn dann weitergehen? Der Mann ist 60 Jahre alt.
Ich denke, Laschet sieht klar, dass seine einzige Chance noch weiter nach oben zu kommen jetzt ist. Es wäre ein ehrenwerter Versuch gewesen Söder den Vortritt zu lassen in Anerkennung der Tatsache, dass er sich in den letzten 12 Monaten eine deutlich größere Popularität aufgebaut hat. Aber dass ihm das gedankt worden wäre, darf man bezweifeln.
Für Söder gilt gleichfalls, dass seine große Chance jetzt ist und wohl auch nicht wiederkäme. Laschet würde mit höchster Wahrscheinlichkeit gewählt werden und in vier Jahren wieder antreten. Ein Bundesministerium dürfte für Söder auch nicht attraktiv sein.
Der im Nachhinein sinnvollere Weg wäre wohl gewesen, erstmal parteiübergreifend die Kandidatenfrage zu klären und davon abgeleitet den Parteivorsitz zu entscheiden.
Btw, da die Grünen nun wie erwartet Baerbock nominiert haben, bin ich mir tatsächlich gar nicht mehr so sicher, wie vie größer Söders Chancen wären. Er ist klar populärer, aber er polarisiert imo auch mehr und bietet potentiell vielleicht mehr Angriffsfläche je nachdem, wie geschickt er sich im Wahlkampf anstellt. Laschet scheint mir moderater, zurückhaltender und aalglatter, was sich auszahlen könnte.