Gustavo:
FAZ - Wann fühlen sich Menschen wertgeschätzt
Ein Artikel über genau das was der Titel suggeriert mit Referenz auf Forschung. Das fand ich recht interessant, gerade auch in Bezug darauf was Du schriebst, denn ich habe sehr häufig das Gefühl, dass Ungleichbehandlung sehr häufig als Diskriminierung im weiteren Sinne empfunden wird, selbst wenn sie nicht originär auf Rasse, soziale Schicht, Nationalität o.ä. zurückgeführt werden muss, sondern sachlich/inhaltlich begründet ist. Eine mir bekannte Theorie dazu ist die Polarisationstheorie, die grob aus dem Gedächtnis zusammengefasst ist (weil ich die Quelle grad nicht mehr finde, Gustl hilf!), dass sich bei Unstimmigkeiten zwischen Personen und Gruppen die Trennlinie anhand des offensichtlichsten Merkmals entlang bildet, welches gleichzeitig auch eine eventuell aus dem Kontext erwachsende Schuld oder Verantwortung möglichst weit weg vom Individuum verortet, was ja auch sehr menschlich ist.
Das heißt imo letztlich, dass es umso schwieriger wird tatsächliche Ungleichbehandlung und dahingehende Vorurteile zu bekämpfen weil dieser Effekt die Fronten verhärtet und er zusätzlich auf beiden Seiten Misstrauen schafft.
Die einen sagen eher "Ich hatte ja ohnehin keine Chance weil ich XYZ bin, die Anderen sind alle Rassisten!" selbst wenn sie keine gute Leistung zeigten, und die anderen sagen "Jetzt wird geheult und die Schuld auf mich geschoben obwohl ich sachlich richtig entschieden habe, die Einen sind doch nur Jammerlappen!"
Solche Situationen hatte ich schon sehr häufig und empfinde sie wirklich als schwer zu lösen. Sie sind mE viel typischer für die SItuation in Deutschland als das was in den USA problematisch ist. Aber im Vergleich dazu eher leicht zu lösen.
Saistaed:
Ich denke man sollte Kindern in Deutschland nicht einreden, dass sie privilegiert sind weil ihre Eltern irgendetwas sind oder weil ihre Hautfarbe irgendwie geartet ist. Das ist meines Erachtens der absolut falsche Ansatz und legt nur wieder die Konflikte der nächsten Generation an.
Was ich mit meinen eventuellen Kindern tun werde ist:
- Ihnen beibringen, dass Menschen prinzipiell gleiche Rechte und Pflichten und Würde haben.
- Ihnen beibringen, dass Wohlstand, Wissen und Einfluss zu verantwortungsvollem Umgang verpflichtet.
- Ihnen beibringen, dass man sich selbst achten muss bevor man wirklich auch andere Menschen achten kann.
- Ihnen beibringen, dass man generell die Klappe zu halten und zu reflektieren hat, wenn man im Glashaus sitzt.
- Ihnen beibringen, dass es keine Schande ist mal falsch zu liegen, und dass man Fehler zugeben kann und sollte.
- Ihnen beibringen, dass Vergebung von Fehlern und Lernen aus denselben eine wichtige gesellschaftliche Errungenschaft ist.
- Ihnen beibringen, dass die Balance zwischen Individuum und Gesellschaft wichtig ist, und dass Freiheit ein Wert und ein Ideal ist.
- Ihnen beibringen, dass es eine Pflicht gegenüber sich selbst ist stetig dazuzulernen, und dass es Spaß macht Dinge zu wissen und zu beherrschen.
- Ihnen beibringen, dass es eine Tugend ist zuzuhören und die Argumente des Gegenüber zu verstehen zu versuchen.
- Ihnen beibringen, dass es auch okay ist mal nicht einer Meinung zu sein.
- Ihnen beibringen, dass es Punkte gibt an denen genug genug ist und man durchaus mal anderen einen auf die Nase geben kann, um Dominanz zu zeigen
Stirling:
Um Kindern zu erklären, warum Rassismus fies ist, gibt es eine sehr gute Methode: Das Argument von Rawls.
"Würdest Du in einer hypothetischen Gesellschaft leben wollen wenn Du wüsstest, dass Deine Eltern bei der Geburt vollkommen zufällig ausgewählt werden?"
Das kann man so framen, dass man sagt "Rassismus ist dann, wenn Du <irgendetwas> nicht darfst, weil Du Du bist." Die überragende Mehrheit der Kinder dürfte das dann auch leicht als ungerechtfertigt erkennen.
Scorn:
Srsly? Platinraute am Band an elaida. Die Verabsolutierung von Maßstäben erstickt eine Diskussion und polarisiert vollkommen unnötig. Zusätzlich macht sie faktenbasierte Argumentationen unmöglich, weil diese ja durch die Absolutheit für irrelevant erklärt werden. Das passt meistens sehr gut wie Arsch auf Eimer, weil die Menschen die typischerweise diese Argumentation aufspannen absolut kein Gefühl für Verhältnisse und Größenordnungen haben weil sie nur Singen und Klatschen gelernt haben. Da tut man sich natürlich auch leicht Fakten vom Tisch zu wischen.
Das erinnert daran wie Du felsenfest davon überzeugt warst, dass Jeremy Corbyn ganz bestimmt kein Antisemit ist. Als Belege hast Du ja schon damals nicht akzeptiert, dass quer durch die Medien die Berichtslage doch recht erdrückend war und ist. Genau wie Du hier die Fakten nicht akzeptierst weil sie nicht zu Deiner persönlichen Überzeugung passen. Gratulation.
elaida:
Deine Meinung zu meinen Punkten oben würde mich interessieren. Und außerdem (ganz generell, aber von Dir jetzt in diesem Kontext besonders) ob Du glaubst, dass es Länder gibt die es besser schaffen als Deutschland und wenn ja welche. Ich möchte da einfach mal meine Sicht überprüfen.
edit: Zum Thema lächerliche Überreaktion die Niemanden und Nichts weiterbringt:
https://www.faz.net/-gsb-a0c7f