Das ist mir nicht bekannt, aber ich würde auf jeden Fall was dazu lesen und meine Meinung natürlich auch anpassen. Was ich beobachte ist aber, dass viele Leute offenkundig gegen ihre eigenen Interessen wählen - bestes Beispiel AfD Wähler aus der unteren Mittelschicht, die eine Partei unterstützen die faktisch mit ihrer Wirtschaftspolitik viel mehr den Besserverdienenden hilft.
Das finde ich interessant. Vor allem wie man hier "mehr Wissen" quantifiziert und qualifiziert.
Ich hätte vermutet, dass mit steigendem Wissen / steigender Bildung mindestens bestimmte Wahl-Motivationen abnehmen, die dedizierte unwissenschaftlich sind.
Na ja, ihr geht beide (glaube ich zumindest) von halbwegs objektivierbaren "Interessen" aus. Bspw. sollten dann in so einem Modell Leute am unteren Ende der Einkommensverteilung mehr Umverteilung (von oben nach unten) bevorzugen. Das ist aber nicht, worauf diese Forschung zielt, nicht zuletzt weil einen das vor unlösbare Probleme stellt: Solange man nur von finanziellen Interessen ausgeht wäre das vielleicht noch halbwegs machbar*, aber sobald man nicht finanzielle Werte wie Gesellschaftspolitik dazu nimmt, ist es unmöglich zu sagen, was "objektiv" im Interesse eines Wählers wäre.
Es geht eher darum dass die meisten Leute überhaupt keine Ahnung haben, wie sich die Partei bzgl. der meisten Themen genau positionieren und häufig auch nicht wissen was die konkreten Implikationen der jeweiligen Positionen genau sind. Wenn man Wähler allerdings fragt, wie viele Informationen sie haben und wen sie wählen würden, zeigt sich dass die meisten Wähler mit niedrigem Kenntnisstand ihre Wahlentscheidung nicht ändern, auch wenn man ihnen die Informationen nachliefert. Woran das genau liegt ist nicht so ganz klar, allerdings scheint ein guter Teil durch vier Faktoren begründet zu sein:
(1) Die Grenzen zwischen den Parteien sind im Parlamentarismus meist relativ klar
(2) Die Sozialisierung in das Parteiensystem funktioniert(e) (zumindest bei älteren Wählern) recht gut
(3) Die Parteien setzen die Agenda so, dass die Wähler relativ klar die Unterschiede zwischen ihnen sehen
(4) Einstellungen sind endogen zur Wahlentscheidung: Es ist häufig so, dass die Wähler auf Dauer die Einstellung ihrer favorisierten Partei übernehmen
D.h. die meisten Wähler brauchen relativ wenige Signale um sich für die Partei zu entscheiden, die sie auch mit deutlich mehr Informationen gewählt hätten. Das ist allerdings keineswegs immer die Partei, die man annehmen würde, wenn man sich objektivierbare Interessen ansieht. Aber gerade AfD-Wähler sind ein gutes Beispiel: Wenn man AfD-Wähler, die relativ hohe Umverteilungspräferenzen hat, sich zwischen Umverteilung und dem Themenkomplex "Ausländer" zu entscheiden, entscheiden sich die meisten für Letzteres. Fairerweise muss man dazu sagen, dass das Modell halbwegs ehrliche Kommunikation der Parteien erfordert. Wenn man bspw. eine Partei hat wie die Tories, die sagt "EU-Mitgliedschaft kostet X, wir sollten das alles in den NHS stecken" und dann nichts davon macht, wenn sie an der Macht ist, dann ist deutlich schwieriger zu sagen ob die Leute wirklich noch ihre wahre Präferenz bekommen.
*fairerweise muss man dazu sagen, dass so ziemlich keine wirtschaftlich liberale Partei der Welt je sagt, sie möchte dass es den Armen schlechter geht; sie argumentieren lediglich meistens dass es mit weniger Umverteilung allen besser ginge. Das ist als Argument ziemlich komplex und auch total von den Rahmenbedingungen und dem ganz konkreten Rang in der Einkommensverteilung abhängig, insofern würde ich selbst die finanzielle Abwägung für extrem schwierig halten