Arbeite auch bei einem deutschen Klinikkonzern, der den Fachkräftemangel (vermutlich eher als Verschleiß von Personal aufgrund von erhöhtem Arbeitsaufkommen mit verstärkter Belastung bei gleichzeitigen strukturellen Mängeln) durch Import von phillipinischen Pflegekräften ausgleichen möchte. Der Vorstand hat sogar vor kurzem mal Spahn in der Bildzeitung kritisiert, weil dieser nicht schnell genug Gesetze auf den Weg bringt, damit diese komplikationslos importiert werden können und damit den schwarzen Peter an die Politik abgeschoben ("wir würden ja").
Dazu kann ich im Endeffekt nur sagen, dass die Vorstellung, dies würde kurzfristig eine massive Entlastung bringen, völlig an der Realität vorbeigeht. Diese Kräfte müssten meiner Einschätzung nach mindestens ein Jahr vor Ort intensiv betreut und eingearbeitet werden müssen, bevor sie überhaupt einen Nettonutzen bringen (Sprache, Arbeitsabläufe, Gepflogenheiten des deutschen Gesundheitssystems. Im Endeffekt würden sie aber nur auf vakante Stellen gesetzt werden und dort mal gucken müssen, wie das so läuft (garantiert nicht optimal).
Auch bei der ärztlichen Nachwuchsrekrutierung wird verstärkt auf das Ausland gesetzt, während das KH als mittlerweile fast Einziges im Großeinzugsgebiet Studenten im praktischen Jahr kein Geld bezahlt (und so natürlich wesentlich weniger Studenten anlockt, die als gut eingearbeitete und interessierte Kräfte später ans Haus gebunden werden können).
Zu der allgemeinen Qualität der Ausbildung im Ausland muss man sagen, dass Bewerber aus "bildungsnahen" Heimatländern sicher äquivalent oder in der Pflege sogar überqualifiziert (z.B. Hochschulabschluss) sind, während auf unseren Stationen auch häufig Pflegehilfskräfte eingesetzt werden, die zumindest im (medizinischen) Fachwissen deutliche Lücken aufweisen.
Neulich in der Mitarbeiterbesprechung hat die Stationsleitung zur Freude aller verkündet, dass aufgrund der Personalvorgaben und der aktuellen Bewerberlage leider die Qualität des Bewerbers hintenangestellt ist und man einfach jeden einstellen muss, da das KH ansonsten Kürzungen durch die Krankenkassen zu erwarten habe.
Zu den Bewerbern aus eher "bildungsfernen" Heimatländern kann ich jedoch aus meiner anekdotischen Evidenz sagen, dass dies ziemlich "hit or miss" ist und man da deutlich öfter in die Grütze greift als bei liebevoll herangezüchteten Studenten aus eigenem Anbau.
Meine Freundin ist ZFA und in ihrer Praxis arbeitet seit einer Weile eine angestellte Zahnärztin aus Lybien (aktuell noch ebenfalls als ZFA, sie versucht aktuell fieberhaft ihre Anerkennung zu bekommen). Als diese aufgefordert wurde, ein Instrument zu bringen, hat sie fünf vorbereitete versiegelte OP-Kästen geöffnet bis sie es gefunden hat und diese dann unsteril in den Schrank zurückgestellt. Am nächsten Morgen konnten dann keine OPs stattfinden, weil sämtliche Bestecke unsteril waren.
Man kann sagen was man will, aber ich wage zu behaupten, dass jemand, der in Deutschland das Zahnmedizinstudium erfolgreich abgeschlossen hat, sowas nicht bringen würde. Und ich bin recht froh, dass sie nicht kritiklos die Anerkennung bekommen hat, sondern erst Qualifikationen hier vor Ort nachweisen muss.
Und für Humanmediziner ist das schon insgesamt sehr lax muss man sagen. Man kann hier als ausländischer nichteuropäischer Arzt bis zu drei Jahre ohne Approbation arbeiten und während dieser Zeit mehrfach durch die Äquivalenzprüfung fallen, ohne dass das eine Auswirkung auf das Anstellungsverhältnis hat. Man darf also auch nach zwei Jahren und zwei versemmelten Prüfungen weiter Patienten im Krankenhaus behandeln und muss nichtmal Pause machen, um die fehlenden Qualifikationen aufzuarbeiten.
Persönlich durfte ich vor kurzem über mehrere Wochen einen Kollegen aus der Türkei einarbeiten, der hier aktuell garantiert kein Examen bestanden hätte (aber bald bei uns anfängt, vermutlich als dead weight für die Kollegen). Im Gegensatz dazu hätte ich meine letzten Studenten von der deutschen Uni sofort eingestellt, die waren nämlich echt super.
Das nur mal zum Thema "Lasst die Leute doch endlich arbeiten!" und "Wir müssen Pfleger aus den Phillipinen einfliegen".
Auf der anderen Seite steht dann natürlich noch der Patient, welcher im Schnitt ein ganz erhebliches Anspruchs- und Einzigartigkeitsdenken mitbringt, aber das Fass noch aufzumachen würde glaube ich den Rahmen sprengen. Wegen eines fehlenden Rezepts Sonntagnacht die 112 zu wählen, trägt jedoch auch nicht zur Entlastung des bereits knappen Personals bei.