Es ergibt keinen Sinn davon zu sprechen, dass "die einzige relevante Grenze die nach unten sein sollte", weil es hier um relative, nicht absolute Stellung geht: Das oberste Fünftel bleibt das oberste Fünftel, ganz egal ob alle gewinnen oder alle verlieren. Und das Ziel ist maximale Durchlässigkeit bzw. Chancengleichheit: Prima facie möchte man in jeder dieser fünf Grafiken fünf gleich lange farbige Balken sehen.
In letzter Konsequenz führt das natürlich zu unerwünschten Effekten. Man müsste wenigstens auf die begünstigenden Faktoren kontrollieren, in die man nicht eingreifen will - genetische Disposition ist ein offensichtliches Beispiel, aber auch bestimmte familiäre Einflüsse.
Zudem halte ich persönlich es auch für erstrebenswert, die Einkommensverteilung insgesamt zu stauchen. Das führt schon statistisch auch zu mehr Durchlässigkeit, aber auch unabhängig davon zu mehr Gerechtigkeit.
Mich würde die dazugehörige Studie interessieren. So kann ich damit wenig anfangen, weil man nur darüber spekulieren kann, wodurch sich die Entwicklung erklären lässt.
Allein dass du (wohl weil das alle hier mehr oder weniger tun), Menschenfeindlichkeit, Verachtung und Hass zusammenfasst, macht die ganze Diskussion mMn ehrlich gesagt schon recht Sinnfrei.
Generell halte ich (subjektiver Eindruck ohne papers) Angst für einen riesengroßen Motivator. Quelle: Selbstbeobachtung....
Ich habe nichts zusammengefasst, sondern eine Aussage über drei unterschiedliche Dinge gleichzeitig gemacht. Es sind eigentlich drei Aussagen, die ich der Prägnanz halber in einen Satz verpackt habe.
Also nach meinem Wissensstand sind Emotionstheorien bei weitem nicht so ausgeforscht wie du es hier darstellen willst. Trotzdem hast du insofern recht, dass ich mich hab anstacheln lassen von Heators "ANGST SPIELT KEINE ROLLE" und zu sehr ins Gegenteil geschwenkt bin. Eigentlich wollte ich nur eine spezielle Aussage über Ihn machen, keine so allgemeingültige. Wie man den größeren Fail _nicht_ bei "es gibt eben Dinge, die lassen sich nicht mehr begründen" sehen kann, kannst du aber auch nur selber wissen.
Wenn nach deinem Wissensstand nichts ausgeforscht ist - was ich im Übrigen nicht behauptet habe -, dann wundert mich umso mehr, wie du zu der starken Aussage kommst, dass Verachtung aus Angst entstehe oder "Angst in anderem Gewand" sei. Heator hat bereits auf intuitiver Ebene - und imo plausibel - dagegen argumentiert. Ich habe lediglich ein paar Stichpunkte gegeben, weshalb diese These in meinen Augen auch wissenschaftlich nicht haltbar ist. Denn sie widerspricht eben zumindest einigen populären wissenschaftlichen Hypothesen zu diesem Thema - und dass sie populär sind, unterstelle ich anhand der Tatsache, dass sie mir begegnet sind, obwohl meine Kenntnisse dazu nur sehr oberflächlich sind.
Übrigens habe ich tatsächlich mit dem Satz "es gibt Dinge, die sich nicht mehr begründen lassen" kein fundamentales Problem. Für mich bedeutet er einfach, dass es befriedigende Erklärungen gibt - das wäre nicht möglich, wenn ich für jeden Grund wiederum eines Grundes bedürfte. Ob Heator das so gesagt oder gemeint hat, weiß ich nicht.
Das glaube ich so aber trotzdem nicht ohne Quelle. Kannst du das belegen? Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wirkt für mich eher phobisch und wäre damit klar mehr der Angst als dem Ekel zuzuordnen. Ekel passt doch viel eher bei sowas wie heators Gemüsebeispiel.
Ekel hat eine moralische Dimension, die im Deutschen besser durch den Begriff Abscheu zum Ausdruck kommt. In der Moralpsychologie und der politischen Psychologie ist afaik inzwischen gut etabliert, dass Ekel/Abscheu bei der Formung moralischer und politischer Einstellungen stark beteiligt ist, ohne dass die genauen Hintergründe klar sind. Jonathan Haidt und seine Arbeit zu disgust sensitivity ist da ein Stichwort. Auf Deutsch hat kürzlich Philipp Hübl ein Buch geschrieben (Die aufgeregte Gesellschaft), in dem das eine große Rolle spielt.
Die spezielle Aussage, dass Ekel/Abscheu in diesem Zusammenhang mehr erklärt als Angst, kann ich dir spontan nicht belegen. Ich habe den Vergleich so schon gehört und halte ihn für plausibel. Ich würde aber nicht meine Hand dafür ins Feuer legen.
Letztlich ging es mir auch weniger darum, welche die Top-Emotion ist, sondern darum, dass du Angst meiner Meinung nach überbewertest, wenn du sie fast schon monokausal in den Fokus rückst. Denn wir wissen auf jeden Fall, dass es ein Spektrum an Emotionen gibt, die an feindseligen Haltungen gegenüber anderen Menschengruppen beteiligt sind. Die prominentesten sind Ekel/Abscheu, Wut und eben Angst.