Um bei deiner signal to noise ratio zu bleiben:
Bei Kretschmann hat man genug Signale, dass er kein Maoist ist. Den jungen Kretschmann hätte ich aber nicht gewählt, weder bei einer öffentlichen Wahl noch intern. Das Risiko, damit einem jungen Maoisten die Karriere zu verbauen, der sich später als fähiger MP entpuppt, wäre ich gern eingegangen.
Ach, bei den meisten Parteien bin ich da durchaus bereit, Kredit einzuräumen. Die Parteien kennen die Leute ja aus dem internen Bereich 100x besser als man selbst; ich traue den Grünen (zumindest als ich in Bawü wahlberechtigt war, also nach der Jahrtausendwende) nicht zu, jemanden zu nominieren, der ernsthaft maoistische Politik vertreten würde, genau wie ich der CDU in Bawü locker zutraue, waschechte Rechtsradikale auszusieben; die Ideologien sind einfach beide unplausibel weit von der Mitte der jeweiligen Parteimitglieder entfernt.
Das Problem sind eher die Grenzfälle: Dort, wo jemand durchaus auch viele Meinungen vertritt, die man selbst eigentlich gut findet, aber eben auch welche, die deutlich drüber sind. Der mit weitem Abstand prägnanteste Fall ist in Deutschland imho die AfD. Die Grenze zwischen anständig und unanständig verläuft imho halt genau dort, wo man bereit ist, über die Grenzüberschreitungen hinwegzusehen, weil man die Einwanderungspolitik für von so überragender Wichtigkeit hält, dass man trotzdem AfD wählt oder die AfD als Koalitionspartner zumindest nicht ausschließt, auch wenn man weiß dass die Partei menschlich unterstes Niveau bedient.
Bei Sarah Lee Heinrich haben wir wenig Signale, dass sie kompetent ist, ein herausragendes Talent. Daher würden mir hier die negativen Signale reichen, um die auszusieben. Auch für fällt mir schwer zu glauben, dass die Grüne Jugend keine Talente ohne solche Vorbelastung haben sollte.
Na ja, da blendest du den Kontext imho sehr aus. Internet-Streitereien mit 14 sind halt auch nicht wirklich ein negatives Signal, zumal sich da wenig politische Inhalte rauslesen lassen.
Ob sie jetzt ein politisches Talent ist kann ich ziemlich schlecht beurteilen, muss sie imho aber auch gar nicht sein. Durch so eine Vorgehensweise bevorzugt man ja Leute, die noch nicht viele Gelegenheiten hatten, sich öffentlich zu positionieren (innerhalb der Partei wird das bereits reichlich vorgekommen sein), also insbesondere jüngere Politiker. Wer würde schon gerne so beurteilt werden: Hast halt Pech gehabt, dass das erste Signal, das man von dir hat ein negatives war, d.h. such dir ein anderes Tätigkeitsfeld.
Bei Aiwanger haben wir als einziges potentiell positives Signal sein Amt seit 2018. Wie schätzt du es da ein, ist das vielversprechend, so dass man das deutliche negative Signal aus seiner Jugend ignorieren sollte? Aber wie du sagst: Das soll jeder Wähler selbst entscheiden. Es ging ja um die Frage ab wann das berichtetenswert durch die Presse sei.
Berichtenswert imho definitiv. Hubert Aiwanger macht ja nicht erst seit 2018 Politik und die gesamte Regierungsarbeit mal eben als "einziges Signal" zu werten ist mir imho zu arg mit der Machete argumentiert. Für Aiwanger hat man imho mittlerweile einen Haufen Anhaltspunkte, wie man ihn verorten kann, da verschiebt das relativ schwache signal aus der Geschichte zumindest meine priors nur sehr unmerklich.
ch muss allerdings auch sagen, dass die Freien Wähler nicht gerade viel dazu beitragen, die Geschichte in ein vernünftiges Licht zu rücken: Da wird direkt verlautbart, man kenne Hubert Aiwanger gut und Hubert Aiwanger sei nicht antisemitisch, als ob der Vorwurf "Antisemitismus" hier das eigentliche Problem wäre und nicht die Tatsache, dass ein 17-jähriger Bauernlümmel davon schwadroniert, Andersdenkende ins KZ zu packen und zu ermorden.