Bei der Dämpfung der Privilegien für Altmieter verstehe ich deinen Kommentar etwas.
Aber bei den anderen drei Punkten?
"Mieteinnahmen bis höhe der selbst gezahlten Miete (+ Cap) steuerfrei machen (Anreiz für Leute, große Häuser zu vermieten statt weiter drin wohnen zu bleiben)" -> das bedeutet nur, dass "ein Haus besitzen und vermieten, dafür selbst mieten" steuerlich gleich gestellt ist mit "nur Mieter sein". Wo ist da ein "Goldrausch"? Geht darum dass bspw wenn die Kinder aus dem Haus sind, es sinnvoller wird, das zu große Haus zu vermieten und eine kleinere Wohnung zu mieten. Heute ist das steuerlich sehr unattraktiv, da ich bspw die 2k Miete für das Haus versteuern muss und dann selbst mit 1,3k Miete für kleinere Wohnung finanziell gleich dastehe.
Es ist erstmal eine steuerliche Entlastung für Leute, die im Mittel wohlhabend sind. Viele Leute profitieren, für die es gar keine Option ist z.B. ins geerbte Elternhaus umzuziehen. Die freuen sich dann einfach über ein paar Hunderter mehr im Monat auf Kosten der Allgemeinheit. Wie viel es für den Wohnungsmarkt bringt, ist unklar. Wir wissen nicht, wie wichtig finanziele Gründe bei der Entscheidung sind ein zu großes Haus oder eine Wohnung nicht zu verlassen. Vielleicht sind Sentimentalität oder Bequemlichkeit viel wichtiger. Durch die Steuerentlastung würden wir Geld an Vermögende rauswerfen, wissen aber überhaupt nicht, was wir dafür bekommen.
Wohnraum zu besteuern fände ich sinnvoller. Da wissen wir auch nicht, wie viel es für die effiziente Allokation von Wohnraum bringt, aber es bringt immerhin das oder Einnahmen, die für sozialen Ausgleich oder in staatlichen Neubau investiert werden können.
"Abschaffung Grunderwerbsteuer + Reduktion der Kosten für Notar (mehr Transaktionen sorgen für bessere Nutzung des Wohnraums)" -> hier ist es das Gegenteil eines Goldrausches für professionelle Vermieter, die über Firmenstrukturen ohnehin die Grunderwerbsteuer umgehen können. Es geht auch hier darum, dass Leute, die eine ETW oder ein Haus nicht mehr brauchen, keinen Anreiz haben, nicht zu verkaufen. Als Ausgleich schlage ich hier ja vor, dass Wertzuwachs immer besteuert wird, auch nach 10 Jahren.
Hier gilt erstmal dasselbe wie oben: Wir verringern Kosten für Leute, die sich Häuser oder Eigentumswohnungen leisten können. Wenn man sich davon in erster Linie irgendwelche sekundären Effekte am Wohnungsmarkt erhofft, ist es imo ein schlechter Deal, weil eine Entlastung Vermögender einem spekulativen Mehrwert entgegensteht.
Das heißt nicht, dass man es nicht machen sollte. Die Idee, dass man die Transaktionskosten senkt, um Wohneigentum flexibler übertragbar zu machen, kann ja schon für sich eine gute sein und ich finde auch, dass sie was für sich hat.
Omg, das klingt nach geiler Planwirtschaft. Selbst wenn man verfassungsrechtliche Bedenken ignoriert: In so einem Land möchte ich nicht leben. Freiheit und Vertragsfreiheit sind für mich nicht nur Worte.
Das sind doch Worthülsen. Der Wohnungsmarkt ist einer der am stärksten diskriminierenden. Vermieter können sich in gefragten Gegenden ihre Mieter nach Gutdünken aussuchen. Das schließt viele Menschen de facto von der Chance auf bestimmte Wohnungen aus - unabhängig davon, ob sie sich die leisten könnten oder nicht -, behindert eine soziale Durchmischung von Quartieren und begünstigt ineffiziente Allokation von Wohnraum.
Angesichts der realen Machtverhältnisse bei der Bewerbung auf eine Wohnung in gefragten Gegenden von Vertragsfreiheit zu reden, grenzt imo an Zynismus. Es ist die Freiheit der Vermieter, die hier tangiert ist. Warum sollte er die denn haben?
Der Vermieter hat nicht persönlich besorgt, was Wohnraum in gefragten Ballungszentren so attraktiv macht. Darum bin ich auch entspannt über die Frage, inwiefern er darüber bestimmen soll. Das primäre Interesse der Allgemeinheit ist eine effiziente Verteilung von Wohnraum, die zudem gewissen Grundsätzen der Fairness genügt. Wenn ein freier Wohnungsmarkt das nicht leistet - und vielerorts lässt sich imo sehr valide verneinen, dass er das tut -, dann hat die Allgemeinheit imo jedes Recht, Wohnraum auf andere Art zu verteilen.
Dass es niemals ein perfektes System geben wird, ist klar. Die Frage ist, was die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten sind. Imo wäre ein einfache zentrale Allokation dem aktuellen System der Vertragsfreiheit (aka Willkür der Vermieter) absolut vorzuziehen: Jede vermietbare Wohnung muss gemeldet werden. Wer eine Wohnung will, meldet sich an. Die einzigen Kriterien sind Haushaltsgröße und Haushaltseinkommen. Für eine bestimmte Wohnung kommen alle Bewerberhaushalte, die über genug Einkommen verfügen, um die Miete zu zahlen, und die die Wohnung nicht unterbelegen würden, in einen Topf und dann wird gelost, Ende der Geschichte.
Die Nachteile für den Vermieter sind imo marginal: Er kann nicht mehr bestimmen, wer genau in seiner Wohnung wohnt. Dafür ist er von der Suche eines Mieters entlastet. Möglicherweise steigt das Risiko, dass sein Eigentum durch Fehlgebrauch Schaden nimmt. Dagegen kann man ihn aber versichern.
Die Vorteile für Mieter sind beachtlich: Das Angebot steigt, weil es einen besseren Match zwischen Wohnbedarfen und Wohnraum gibt. Das gilt insbesondere auch beim Preis: Gutverdiener hätten eine hohe Motivation, in teurere Wohnungen zu ziehen, weil ihr Statusvorteil bei günstigeren Wohnungen nicht mehr zieht und sie dort einfach mit deutlich mehr Bewerbern konkurrieren. Am meisten profitieren jene, die aktuell am Markt diskriminiert werden.
Der einzige Nachteil, der mir spontan einfällt, ist eine gesteigerte Motivation für Vermieter vorhandenen Spielraum bei Mieterhöhungen auszureizen, weil es die einzige Einflussnahme auf den Kreis der potentiellen Mieter ist. Wie viel das ausmacht, müsste man empirisch untersuchen ubd könnte dann immernoch über Mietpreisregulierung gegensteuern.
Es ist aber halt nicht binär. Es wird ja nicht nichts gebaut, sondern gerade aus guten Gründen weniger. Wenn du die Mieteinnahmen noch stärker regulierst, wird weniger gebaut. Berlin ist doch ein konkretes Beispiel dafür.
In einer Stadt, in der es an Wohnraum mangelt, hat man das Problem ohnehin nicht gelöst, wenn man die Mieten deckelt. Das ist toll für viele, aber gerade schlecht für diejenigen, die keine Wohnung haben.
Der Staat könnte statt dessen Wohnungen bauen, damit den Supply erhöhen, und löst gleichzeitig das eigentliche Problem (zu wenige Wohnungen) und senkt durch Erhöhung des Angebotes die Mieten auch für alle.
Nur warum sollten wir uns darauf beschränken den Markt durch Anreize dahin zu lenken, wo wir ihn haben wollen, wenn es direkte Eingriffsmöglichkeiten gibt, die das gewünschte Ziel besser erreichen?
Es ist eben alles andere als klar, wie sich eine Regulierung der Mieten genau auf die Bautätigkeit ausübt. Das kann man auch nicht einfach so eyeballen. Selbst wenn es einen dämpfenden Effekt gibt, kann es das wert sein, wenn der Vorteil der günstigen Mieten diesen Nachteil aufwiegt. Du sagst es ja selbst: Von niedrigen Mieten profitieren sehr viele Menschen - nämlich alle, die eine (zu teure) Wohnung haben. Das ist erstmal ein handfester Gewinn, der sich auch nicht wegdiskutieren lässt.
Du sagst nun: Dann wird weniger gebaut und man verschärft langfristig das Problem. Woher weißt du das? Mir fehlt, ehrlich gesagt, die Phantasie dafür, dass ein durchschnittlicher Berliner Haushalt in den nächsten 10, 20 oder 50 Jahren stärker davon profitieren soll, dass erhöhte Bautätigkeit auf den Mietpreis durchschlägt, als dass man die Mieten direkt staatlich deckelt.
Wenn das dazu führt, dass mögliche Neubauprojekte nicht mehr aufgenommen werden, kann der Staat entweder selbst tätig werden oder durch Subventionen eingreifen.