Nachrichten, Randnotizen und Kurioses v4

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Finde den Mathe Bachelor da etwas problematisch, da die Thematik derart unabgeschlossen ist, dass die meisten Studenten das Fach eigentlich unmöglich einigermaßen zufriedenstellend nach 6 Semestern mit dem Bachelor abschließen können. Ich gehe davon aus, dass selbst einige gute Studenten viele Beweise auswendig lernen und irgendwann ein Gefühl dafür entwickeln wie sie sich hier und da durch die Prüfungen mogeln können. In Analysis 1 wurden teilweise Beweise mit Sätzen aus höheren Semestern durchgeführt ohne diese überhaupt zu erwähnen. Hat niemanden gestört. Man müsste meiner Meinung nach grundsätzlich vorab Kurse zu den Grundlagen der Logik belegen um überhaupt mal ein tieferes Verständnis für die Beweisführung zu entwickeln.
Ich kann dir versichern, dass quasi kein Student eine gute Prüfung macht, der nicht die meisten (wichtigen) Beweise vorher auswendig gelernt hat. :deliver:
Und ich glaube auch nicht, dass zusätzliche Kurse in den Grundlagen der Logik einen beim Lernen von Beweisen helfen würden. Die Logik, die man für mathematische Beweise braucht, lernt man am besten, indem man Beweise lernt. Von einigen relativ trivialen fundamentalen Prinzipien abgesehen, sind die Methoden eh relativ domänenspezifisch, da sie eng mit den wesentlichen Objekten und Strukturen eines Gebiets verknüpft sind. Die Kernkompetenz in einem mathematischen Teilgebiet besteht gerade darin, die grundlegenden Strukturen die sich daraus ergebenden Beweismethoden zu kennen. Allgemeine mathematische Kompetenz besteht darin, möglichst viele Teilgebiete und ihre Methoden zu überblicken. Kreativität ist für ein erfolgreiches Mathestudium weder notwendig noch hinreichend.
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Trotzdem würde ich deinen Punkt unterschreiben, dass sich die Uni letztlich dem Input anpassen muss, den sie von den Studenten bekommt. In der Mathematik herrscht bis heute im Wesentlichen die Vorstellung, dass es einen relativ klar definierten Kanon gibt, den ein Absolvent beherrschen muss - und dass man diesen Kanon im Wesentlich "lehrt", indem man den Studenten von Tag 1 an rigorose Theorie vorsetzt und darauf baut, dass sie sich irgendwie durchgrinden oder abbrechen.

Das ist ziemlich genau, was ich meine. Ich hatte Mathe im Nebenfach in Deutschland und als ich in den USA gesehen habe wie sie das Mathestudium aufziehen bin ich fast hinten über gefallen, was dort die Anforderungen für einen "math major" sind. Als ich in Princeton war habe ich ein paar upper-level Kurse für Undergrads mitgenommen und hatte die Gelegenheit mich mit denen zu unterhalten und du brauchst irgendwas zwischen acht (!) und zwölf Mathekurse (einmal Real Analysis, einmal Complex Analysis, einmal Geometrie oder Topologie, einmal Algebra und dann noch vier bis acht Kurse der eigenen Wahl) für Mathe im Hauptfach. Die Kurse sind nicht per se einfach (es gibt tatsächlich auch unterschiedliche "Geschwindigkeiten"), aber würde jetzt nicht sagen dass sie im Schnitt schwerer sind als die deutschen Unikurse. Und die amerikanische Wirtschaft bricht offensichtlich nicht unter dem Druck zusammen, dass dort Leute mit acht Kursen einen Bachelor in Mathematik von einem der angesehensten Mathe-Departments der USA bekommen. Und die Durchfallquoten sind auch keinesfalls 40% (und es ist keineswegs so als gäbe es dort nicht auch eher nicht so helle Leuchten).
 
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Ich kann dir versichern, dass quasi kein Student eine gute Prüfung macht, der nicht die meisten (wichtigen) Beweise vorher auswendig gelernt hat. :deliver:
Und ich glaube auch nicht, dass zusätzliche Kurse in den Grundlagen der Logik einen beim Lernen von Beweisen helfen würden. Die Logik, die man für mathematische Beweise braucht, lernt man am besten, indem man Beweise lernt. Von einigen relativ trivialen fundamentalen Prinzipien abgesehen, sind die Methoden eh relativ domänenspezifisch, da sie eng mit den wesentlichen Objekten und Strukturen eines Gebiets verknüpft sind. Die Kernkompetenz in einem mathematischen Teilgebiet besteht gerade darin, die grundlegenden Strukturen die sich daraus ergebenden Beweismethoden zu kennen. Allgemeine mathematische Kompetenz besteht darin, möglichst viele Teilgebiete und ihre Methoden zu überblicken. Kreativität ist für ein erfolgreiches Mathestudium weder notwendig noch hinreichend.
Mir gings schon eher ums Auswendiglernen (auch von wichtigen Beweisen) ohne sie vorher überhaupt verstanden zu haben. Ansonsten sind das zwei völlig verschiedene paar Schuhe über die wir hier sprechen. Ich kritisiere nicht die Strukturierung des Mathestudiums und stelle auch bestimmt nicht dessen Sinnhaftigkeit in Frage. Mich persönlich haben die ganzen logischen Flaws in den ersten beiden Semestern allerdings aus ideologischen Gründen massiv gestört und ich war schon sehr verwundert darüber, dass ich damit mehr oder weniger alleine war. Ich bin schon davon ausgegangen, dass es unter den Mathematikern ein stärkeres intrinsisches Interesse dafür gäbe Sachverhalte vollumfänglich zu verstehen.
 
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Was ich bei unseren mathematischen Kursen im Studiengang bemängelt habe waren gar nicht so sehr die sehr theoretisch gehaltenen Vorlesungen, denen man nur zum Teil ganz folgen konnte und selbst in der Nacharbeitung auf nur ca. 80-90% Verständnis kam, sondern zum einen die Bücher, die wiederum von Mathematikern geschrieben wurden, die zu formalistisch vorgingen und die Lehrwerke so gut wie nichts eine Ebene tiefer erklärt haben und zum anderen die eingesetzten Übungsleiter.
In Analysis I im ersten Semester haben die uns in der Übung den Vordiplom-Preisträger vorgesetzt, der fachlich unbestritten bestimmt spitzenmäßig war, sich aber 0 in die Problematik normaler Studierender reinversetzen konnte. Menschlich war der sogar okay, also kein anti-sozialer Nerd, aber er konnte nicht auf unserer Wellenlänge kommunizieren, erklären und diese gewissen Hints, die man manchmal benötigt, geben bzw. triggern. Das hat tierisch aufgeregt und bei einigen zur heftigen Frustration geführt. Ich war im Glück, dass ich von Anfang die für mich richtige Übungsgruppe bzw. Clique gefunden habe, in der 1-2 Brainiacs drin waren, so dass wir alle Übungszettel zufriedenstellend lösen konnten, ohne dabei einfach nur voneinander abzuschreiben.

Mittlerweile unterrichte ich Mathematik so gerne und habe immer wieder rückgemeldet bekommen, dass ich es gut erklären kann, sowohl von Nachhilfeschülern (paar Jahre her) als auch jetzt von meinen normalen Schülern. Ist natürlich in der Schule ein ganz anderes Niveau, aber es sollte doch möglich sein, auch "höhere" Mathematik vernünftig zu begleiten. Es ist ja nicht so, dass man in die Uni kommt und auf einmal öffnet sich der Elfenbeinturm vor einem und man steht vor einem ganz neuen Fach mit ganz anderen Individuen. Es kommt einem aber manchmal so vor...
 

Gelöschtes Mitglied 160054

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Harro Heuser zeigt wie es sein könnte. Hatte in Mathematik nicht einen einzigen normale Übungsleiter. Alle grottenschlecht in Sachen Didaktik.
 
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Das ist ziemlich genau, was ich meine. Ich hatte Mathe im Nebenfach in Deutschland und als ich in den USA gesehen habe wie sie das Mathestudium aufziehen bin ich fast hinten über gefallen, was dort die Anforderungen für einen "math major" sind. Als ich in Princeton war habe ich ein paar upper-level Kurse für Undergrads mitgenommen und hatte die Gelegenheit mich mit denen zu unterhalten und du brauchst irgendwas zwischen acht (!) und zwölf Mathekurse (einmal Real Analysis, einmal Complex Analysis, einmal Geometrie oder Topologie, einmal Algebra und dann noch vier bis acht Kurse der eigenen Wahl) für Mathe im Hauptfach. Die Kurse sind nicht per se einfach (es gibt tatsächlich auch unterschiedliche "Geschwindigkeiten"), aber würde jetzt nicht sagen dass sie im Schnitt schwerer sind als die deutschen Unikurse. Und die amerikanische Wirtschaft bricht offensichtlich nicht unter dem Druck zusammen, dass dort Leute mit acht Kursen einen Bachelor in Mathematik von einem der angesehensten Mathe-Departments der USA bekommen. Und die Durchfallquoten sind auch keinesfalls 40% (und es ist keineswegs so als gäbe es dort nicht auch eher nicht so helle Leuchten).
Ich denke, die meisten deutschen Mathematiker würden fragen, warum jemand überhaupt Mathematik studiert, wenn er sich nicht wirklich für Mathematik interessiert und mit einer rigorosen Präsentation des Stoffs überfordert ist. Ein bisschen kann man das wohl rechtfertigen, da es inzwischen ja durchaus einige Studiengänge gibt, die viel Mathe enthalten, aber nicht den Anspruch auf eine vollständige mathematische Ausbildung erheben. Bei uns gabs z.B. einen MINT-Studiengang, in dem man sich auch auf Mathe spezialisieren konnte. Diese Leute hatten dann die Möglichkeit, entweder den Mathe-Vorlesungen für Mathematiker zu folgen oder denen für Physiker oder Ingenieure - didaktisch ist der Unterschied imo nicht groß, aber gerade die Ingenieurskurse sind in Anspruch und Tiefe deutlich zugänglicher.

Die Frage sollte ja sein: Wie bringen wir möglichst vielen Studenten möglichst viel Mathe bei? (Im Rahmen dessen, was sinnvoll ist.) Obwohl ich das US-System zu wenig kenne, um wirklich vergleichen zu können, ist mein oberflächlicher Eindruck, dass die einen sehr viel besseren Job darin machen, den Studenten einen sanften und didaktisch adäquaten Einstieg in die Mathematik zu ermöglichen.
Das Ärgernis am deutschen System ist imo zweierlei: Einerseits vergeudet man das Potential vieler Studenten, die bereits zu Anfang vergrault werden. Andererseits löst man nicht mal den Anspruch für diejenigen ein, die bleiben. Die Kenntnisse eines deutschen Mathe-Bachelors/Masters sind zwar auf dem Papier beeindruckend, aber die systematische Überforderung führt regelmäßig dazu, dass die Studenten überhaupt keine Gelegenheit haben, den Stoff wirklich zu durchdringen. Ich hab darum Studienanfängern immer geraten, am Anfang nur zwei, statt der geforderten drei Vorlesungen zu hören, und nicht direkt auf die Regelstudienzeit zu schielen.

Was man eigentlich bräuchte, wäre imo:
-Regelstudienzeit auf vier Jahre anheben,
-Einstiegsveranstaltungen auf verschiedenen Niveaus anbieten, die die Studenten abholen,
-spezialisiertes Lehrpersonal mit didaktischer Eignung einstellen.

Im Grunde ist es fast lächerlich, dass das so unmöglich ist. An der finanziellen Ausstattung mangelt es den meisten mathematischen Instituten nicht. Der Wert erfolgreicher MINT-Ausbildung ist allgemein anerkannt. Für Lehrpersonal hätte man imo ausnahmsweise mal keinen Fachkräftemangel, weil Lehre an Universitäten deutlich attraktiver ist als an Schulen. Leider sind die Beharrungskräfte in der Realität enorm.
 
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parats'

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Seid ihr jetzt fertig und können wir uns wieder wichtigen Themen widmen?

Ich fange mal an: Christian Lindner ist vom Markt. Es werden jetzt harte und neue Zeiten für den CL Fanclub von bw.de anbrechen (Grüße an Schl3mIL). Bilder zum ersten Kuss gibt es auch schon.

 
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Was ich bei unseren mathematischen Kursen im Studiengang bemängelt habe waren gar nicht so sehr die sehr theoretisch gehaltenen Vorlesungen, denen man nur zum Teil ganz folgen konnte und selbst in der Nacharbeitung auf nur ca. 80-90% Verständnis kam, sondern zum einen die Bücher, die wiederum von Mathematikern geschrieben wurden, die zu formalistisch vorgingen und die Lehrwerke so gut wie nichts eine Ebene tiefer erklärt haben und zum anderen die eingesetzten Übungsleiter.
In Analysis I im ersten Semester haben die uns in der Übung den Vordiplom-Preisträger vorgesetzt, der fachlich unbestritten bestimmt spitzenmäßig war, sich aber 0 in die Problematik normaler Studierender reinversetzen konnte. Menschlich war der sogar okay, also kein anti-sozialer Nerd, aber er konnte nicht auf unserer Wellenlänge kommunizieren, erklären und diese gewissen Hints, die man manchmal benötigt, geben bzw. triggern. Das hat tierisch aufgeregt und bei einigen zur heftigen Frustration geführt. Ich war im Glück, dass ich von Anfang die für mich richtige Übungsgruppe bzw. Clique gefunden habe, in der 1-2 Brainiacs drin waren, so dass wir alle Übungszettel zufriedenstellend lösen konnten, ohne dabei einfach nur voneinander abzuschreiben.

Mittlerweile unterrichte ich Mathematik so gerne und habe immer wieder rückgemeldet bekommen, dass ich es gut erklären kann, sowohl von Nachhilfeschülern (paar Jahre her) als auch jetzt von meinen normalen Schülern. Ist natürlich in der Schule ein ganz anderes Niveau, aber es sollte doch möglich sein, auch "höhere" Mathematik vernünftig zu begleiten. Es ist ja nicht so, dass man in die Uni kommt und auf einmal öffnet sich der Elfenbeinturm vor einem und man steht vor einem ganz neuen Fach mit ganz anderen Individuen. Es kommt einem aber manchmal so vor...
genau deswegen krieg ich aggressionen wenn ich sehe wie flachpfeifen wie daniel jung auf yt und in zeitungen/berichterstattung gehyped werden als diejenigen die "DEN KINDERN ENDLICH MAL AUF VERSTÄNDLICHE ART UND WEISE MATHE NAHEBRINGEN!!!!"
… weil der wieder das andere extrem ist und einfach nur schlechtes vorbeten von 08/15-lösungsrezepten praktiziert, von denen niemand wirklich kapiert warum mathematik nice ist und auch nicht nachhaltig wissen aufbaut, sondern nur einen einfachen weg zum ziel auswendig lernt. *kotz*
 
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Noch nix zu Abe? Shinzo Abe, ehemaliger Regierungschef von Japan, wurde bei nem Wahlkampfauftritt von nem Ex-Soldaten mit einer selbstgebauten Schrotflinte erschossen. Genaue Ursachen sind wohl noch unklar.

 
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genau deswegen krieg ich aggressionen wenn ich sehe wie flachpfeifen wie daniel jung auf yt und in zeitungen/berichterstattung gehyped werden als diejenigen die "DEN KINDERN ENDLICH MAL AUF VERSTÄNDLICHE ART UND WEISE MATHE NAHEBRINGEN!!!!"
… weil der wieder das andere extrem ist und einfach nur schlechtes vorbeten von 08/15-lösungsrezepten praktiziert, von denen niemand wirklich kapiert warum mathematik nice ist und auch nicht nachhaltig wissen aufbaut, sondern nur einen einfachen weg zum ziel auswendig lernt. *kotz*
Kannte den Typen tatsächlich noch nicht. Aber wenn er wirklich glaubt, dass man Leuten Spaß an Mathematik vermittelt, indem man sowas mit Algebra beweist ... :x
 
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Nach dem Video hab ich jetzt mega Bock auf Mathe. Hab auch schon gleich auf den Satz des Pythagoras masturbiert.
 
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genau deswegen krieg ich aggressionen wenn ich sehe wie flachpfeifen wie daniel jung auf yt und in zeitungen/berichterstattung gehyped werden als diejenigen die "DEN KINDERN ENDLICH MAL AUF VERSTÄNDLICHE ART UND WEISE MATHE NAHEBRINGEN!!!!"
… weil der wieder das andere extrem ist und einfach nur schlechtes vorbeten von 08/15-lösungsrezepten praktiziert, von denen niemand wirklich kapiert warum mathematik nice ist und auch nicht nachhaltig wissen aufbaut, sondern nur einen einfachen weg zum ziel auswendig lernt. *kotz*
Der 0815 FH-Maschinenbauingenieur beispielsweise interessiert sich kaum für Mathematik und sieht es als reine Hilfswissenschaft um Auslegungsrechnungen für z.B. Getriebe machen zu können. Der wird auch später im Job in der Regel keine Differentialgleichungen mehr sehen, wahrscheinlich nicht mal Ableitungen. Für den sind solche Tricks und Reminder die man ohne tieferes Verständnis an bestimmten Aufgabentypen anwenden kann also durchaus sinnvoll und effektiv.
 
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Naja, auch wenn Mathe für Ingenieure nur eine Hilfswissenschaft ist, sollten sie die Mathematik, die sie lernen, verstehen. Ich hab keine Ahnung, was Ingenieure später im Beruf an Mathe brauchen, aber das sollte imo auch nicht das entscheidende Kriterium sein. Das Studium ist keine Berufsausbildung. Ich musste auch schon Mathe für Ingenieure unterrichten und meine Ansprüche an das Verständnis waren da keinesfalls geringer und ich sehe auch nicht, warum sie das sein sollten - natürlich ist der Stoff einfacher und man erwartet auch nicht, dass Ingenieure mit Mathe rigoros umgehen. Aber anschauliches Verständnis ist für Ingenieure imo mindestens so wichtig wie für Mathematiker, vielleicht sogar wichtiger. Als Mathematiker kann man im Zweifelsfall auch ganz ohne Anschauung auskommen - muss es häufig sogar.

220K Views, 856K Subscriber … so schlimm scheints nicht zu sein.
Die Lektion ist hier offenbar, wie man eine kombinatorische Aussage trocken mit Algebra zeigen kann und natürlich sollte das jeder beherrschen, der sich mit solchen Gleichungen beschäftigt.
Leider fehlt jeder Bezug auf die kombinatorische Bedeutung des Binomialkoeffizienten. Das ist deswegen schade, weil Bedeutung in der Regel das Lernen erleichtert und andererseits, weil es für diese Art von Problemen einen deutlich eleganteren und instruktiveren Beweis ermöglicht.
 
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Naja, auch wenn Mathe für Ingenieure nur eine Hilfswissenschaft ist, sollten sie die Mathematik, die sie lernen, verstehen. Ich hab keine Ahnung, was Ingenieure später im Beruf an Mathe brauchen, aber das sollte imo auch nicht das entscheidende Kriterium sein. Das Studium ist keine Berufsausbildung. Ich musste auch schon Mathe für Ingenieure unterrichten und meine Ansprüche an das Verständnis waren da keinesfalls geringer und ich sehe auch nicht, warum sie das sein sollten - natürlich ist der Stoff einfacher und man erwartet auch nicht, dass Ingenieure mit Mathe rigoros umgehen. Aber anschauliches Verständnis ist für Ingenieure imo mindestens so wichtig wie für Mathematiker, vielleicht sogar wichtiger. Als Mathematiker kann man im Zweifelsfall auch ganz ohne Anschauung auskommen - muss es häufig sogar.

Ein Maschinenbauingenieur der später in der Forschung und Entwicklung (eher TU Absolvent) eingesetzt wird braucht Mathe und bei dem halte ich das was du da sagst durchaus für sinnvoll. Ein Ingenieur der mechanischen Konstruktion (eher FH Absolvent) benötigt in erster Linie ein gut ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen. Sein abstraktes/logisches Vorstellungsvermögen dürfte dagegen zweitrangig sein denn sehr viel mehr als den Pythagoras oder Dreisatz wird er im Job selten bis gar nicht brauchen. Den wirst du nur unnötig frustrieren oder sogar zu Aufgabe bewegen denn der hat in der Regel schon genug Probleme damit überhaupt die theoretischen Fächer mit dem höchsten mathematischen Anspruch im Studium zu bestehen. Und gerade diese Studenten sind übrigens später oft äußerst nützliche Konstruktionsingenieure. Ich hab selbst so einen im Freundeskreis. Hat 12+ Semester Bachelor studiert und die anwendungsorientierten Fächer gerockt musste aber bei den theoretischen Fächern ständig in die Nachholklausur. Außerdem sogar mal die FH gewechselt aber heute ein sehr fähiger und glücklicher Konstruktionsingenieur.
 
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Gustavo

Doppelspitze 2019
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Ich denke, die meisten deutschen Mathematiker würden fragen, warum jemand überhaupt Mathematik studiert, wenn er sich nicht wirklich für Mathematik interessiert und mit einer rigorosen Präsentation des Stoffs überfordert ist. Ein bisschen kann man das wohl rechtfertigen, da es inzwischen ja durchaus einige Studiengänge gibt, die viel Mathe enthalten, aber nicht den Anspruch auf eine vollständige mathematische Ausbildung erheben. Bei uns gabs z.B. einen MINT-Studiengang, in dem man sich auch auf Mathe spezialisieren konnte. Diese Leute hatten dann die Möglichkeit, entweder den Mathe-Vorlesungen für Mathematiker zu folgen oder denen für Physiker oder Ingenieure - didaktisch ist der Unterschied imo nicht groß, aber gerade die Ingenieurskurse sind in Anspruch und Tiefe deutlich zugänglicher.


Ich glaube das ist der springende Punkt. Insgesamt präferiere ich das deutsche Modell, aber relativ knapp. Eine der guten Sachen beim amerikanischen Modell ist, dass du zwingend auch Vorlesungen außerhalb deines Hauptfachs hast (und nicht nur ein Nebenfach oder wie früher beim Magister zwei), dementsprechend sind auch die Lehrenden dauernd damit konfrontiert, dass man ein breites Spektrum an Voraussetzungen und Interessen vor sich sitzen hat. In Deutschland sitzen imho tatsächlich noch viel zu viele Leute die denken, Universitäten sind Kathedralen der Wissenschaft und Lehrtätigkeit ist etwas, was man für jüngere Versionen von einem selbst ausrichten kann und wer dann halt nicht das Interesse und den Eigenantrieb hat, der soll halt was anderes machen. Ist auch irgendwo menschlich, ich muss zugeben ich finde es bewundernswert dass du es schaffst das nicht persönlich zu nehmen, das gelingt mir nämlich echt nicht immer, aber das ist eigentlich genau die Haltung die man haben sollte. Man sollte an deutschen Universitäten imho klarer kommunizieren, dass diejenigen, die denken Lehre für die breite Masse der Studenten sei höchstens ein nachrangiger Teil ihrer Aufgabe, sich besser Stellen an einem Forschungsinstitut a la MPI suchen oder etwas anderes machen als Berufsakademiker zu sein.
 
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Bezieht sich das nicht persönlich nehmen auf die schlechte Lehre oder die Studenten, die den Ansprüchen nicht genügen? :troll:

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Mit der Lehre hab ich im Verlauf meines (exorbitant langen) Bachelorstudiums irgendwann meinen Frieden gemacht: Vorlesungen sind verzichtbar. Was man wissen muss, erfährt man aus den Prüfungsprotokollen und lernt es mit dem Skript und Google. Ich hatte auch das Glück, ein paar verdammt gute und motivierte Übungsleiter zu haben und irgendwann bin ich dann einfach zum Feind übergelaufen und hab durch die Lehre als Tutor über die Grundlagen mehr gelernt, als jemals für mein eigenes Studium.


Ein Maschinenbauingenieur der später in der Forschung und Entwicklung (eher TU Absolvent) eingesetzt wird braucht Mathe und bei dem halte ich das was du da sagst durchaus für sinnvoll. Ein Ingenieur der mechanischen Konstruktion (eher FH Absolvent) benötigt in erster Linie ein gut ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen. Sein abstraktes/logisches Vorstellungsvermögen dürfte dagegen zweitrangig sein denn sehr viel mehr als den Pythagoras oder Dreisatz wird er im Job selten bis gar nicht brauchen. Den wirst du nur unnötig frustrieren oder sogar zu Aufgabe bewegen denn der hat in der Regel schon genug Probleme damit überhaupt die theoretischen Fächer mit dem höchsten mathematischen Anspruch im Studium zu bestehen. Und gerade diese Studenten sind übrigens später oft äußerst nützliche Konstruktionsingenieure. Ich hab selbst so einen im Freundeskreis. Hat 12+ Semester Bachelor studiert und die anwendungsorientierten Fächer gerockt musste aber bei den theoretischen Fächern ständig in die Nachholklausur. Außerdem sogar mal die FH gewechselt aber heute ein sehr fähiger und glücklicher Konstruktionsingenieur.
Dann reden wir aneinander vorbei. Ich kann mir unter einem "Konstruktionsingenieure" an der FH nichts vorstellen, geschweige denn kann ich beurteilen, was die lernen sollten.
Die Veranstaltungen, die ich kenne und auch schon (als Tutor) mit betreut hab, sind Analysis-Vorlesungen für Ingenieurswissenschaften an der Uni. Da sitzen afair u.a. Maschinenbauer, Elektrotechniker, aber auch Informatiker drin.
Wie adäquat der Stoff für die jeweils war, kann ich nicht beurteilen und hat mich, ehrlich gesagt, auch nie interessiert. Ingenieure unterrichten ist für Mathematiker eine lästige Pflichtübung. :deliver:
 
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Leider fehlt jeder Bezug auf die kombinatorische Bedeutung des Binomialkoeffizienten. Das ist deswegen schade, weil Bedeutung in der Regel das Lernen erleichtert und andererseits, weil es für diese Art von Problemen einen deutlich eleganteren und instruktiveren Beweis ermöglicht.
Genau das ist das Problem das ich mit ihm und generell mit ähnliches Channels auf YT o.ä. habe. Es ist keine echte Bildung sondern es wird nur plakativ der Weg zum Ziel gezeigt. Wichtige Dinge die ein echtes Verständnis unterstützen würden … fehlen einfach.
 
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Einerseits ja klar, andererseits hängt das natürlich auch von der Nachfrage ab. Ich war immer verblüfft, wie quasi kein Student das umfangreiche Sprechstunden-Angebot der Tutoren als fundiertes private tutoring benutzt hat. Stattdessen kamen jede Woche dieselben Pappenheimer, die schnell noch einen Tip brauchten, wie sie bei dieser oder jener Aufgabe noch irgenwdas hinklatschen können, wofür es ein paar Punkte gibt.

Wie grandios man Mathe auch für mathematisch unbedarfte Leute präsentieren kann, hat mir mein Mathelehrer der 5. und 6. Klasse beigebracht. Der basierte seinen Unterricht auf historischen Anekdoten über Leute wie Euler und Gauß und hat uns mathematische Probleme und sogar Beweise nähergebracht: Herr Krüger, bester Mann. Alle liebten ihn und seinen Unterricht - ob aus Interesse oder weil sie es super fanden, nicht langweilig rumrechnen zu müssen, kA.
 
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Kannte den Typen tatsächlich noch nicht. Aber wenn er wirklich glaubt, dass man Leuten Spaß an Mathematik vermittelt, indem man sowas mit Algebra beweist ... :x
Man ist das schlecht. Jetzt nicht inhaltlich, er hat ja völlig recht und so, aber mal ehrlich, da springt kein Funke von dem Feuer über, dass er offensichtlich für seine Mathe im Herzen trägt.
Bester Mathe-Channel imho.
 
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Die Veranstaltungen, die ich kenne und auch schon (als Tutor) mit betreut hab, sind Analysis-Vorlesungen für Ingenieurswissenschaften an der Uni. Da sitzen afair u.a. Maschinenbauer, Elektrotechniker, aber auch Informatiker drin.
Wie adäquat der Stoff für die jeweils war, kann ich nicht beurteilen und hat mich, ehrlich gesagt, auch nie interessiert.
Habe mit Maschbau angefangen und auf Informatik gewechselt. Das was du beschreibst ist auch genau das Problem: Die Mathevorlesungen werden von Mathematikern gehalten, die nicht beurteilen können bzw. wollen, was für Ingenieure & Informatiker wichtig ist - einen sehr großen Teil braucht man nämlich nie. Stattdessen bekommt man eine abgespeckte Version dessen, was für angehende Mathematiker nützlich wäre, ob man das nun für irgendwas braucht oder nicht. Für mich wäre Statistik mit Abstand das wichtigste gewesen, das gabs im Maschbaustudium allerdings gar nicht und in Informatik nur als besseren Crashkurs. Die Inhalte aus Analysis, Lineare Algebra oder Numerik habe ich hingegen bis heute im Beruf nie mehr gebraucht und kenne auch sonst keinen, der das irgendwie regelmäßiger braucht. Da das vielen Studenten klar ist, hält sich auch die Begeisterung für das Fach sehr in Grenzen, wenn man genau weiß, dass man mit den meisten Themen bei der Klausur zum letzten mal in Kontakt kommen wird. Und sollte man doch mal was brauchen, dann nicht mal Ansatzweise auf dem Abstraktionsniveau.
 
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Naja. Mathematiker überlegen sich nicht im stillen Kämmerlein, womit sie die Studenten anderer Fachrichtungen quälen dürfen. Das sind schon Anforderungen, die aus den jeweilligen Fachbereich kommen - gilt für alle Service-Veranstaltungen der Mathematik. Und da sie zwischen den Unis ziemlich standardisiert sind, würde ich schon unterstellen, dass da ein System hintersteckt. Dass man da viel entschlacken könnte, glaub ich gern. Aber es ist halt was anderes, ob man sagt "das brauch ich für mein Fach nicht" oder "das brauch ich für meinen späteren Beruf nicht". Es ist halt nicht der Anspruch der Uni, nur oder hauptsächlich Kenntnisse zu vermitteln, die man für einen konkreten Beruf braucht, obwohl sich das sicherlich auch je nach Fachkultur stark unterscheidet.
Ich sehe, dass Informatik prädestiniert für diesen Konflikt ist, weil ich vermute, dass es von deutlich weniger Studenten als klassisches Grundlagenfach wie Mathe oder Physik gesehen wird, sondern eher als Weg in einen konkreten Beruf.

Grundproblem ist hier imo wieder, dass man Bachelor und Master nicht als das nutzt, wofür sie afaik eigentlich gedacht sind: Ein tendentiell eher berufsqualifizierender Bachelor und ein Master, der eher für die Wissenschaft qualifiziert. Deshalb müssen sich allerorten Bachelorstudenten mit Stoff und Methoden herumplagen, die eigentlich nur für eine spätere wissenschaftliche Tätigkeit Sinn ergeben. Die Frustration darüber kann ich nachvollziehen.
 
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rip tony sirico - langsam wirds dünn um die sopranos gang.

 

Gustavo

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parats'

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Finale Genehmigung der Aufsichtsbehörden steht afaik noch aus. Vielleicht sollte man bei kritischer Infrastruktur sich daher nochmal die Frage stellen, ob sowas nicht auch anders geht.
 

Gustavo

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Finale Genehmigung der Aufsichtsbehörden steht afaik noch aus. Vielleicht sollte man bei kritischer Infrastruktur sich daher nochmal die Frage stellen, ob sowas nicht auch anders geht.

Erstes Zitat:

Der Telekom war der Betrieb der Türme zu anstrengend geworden, die Spezialisten aus Übersee können das effizienter, so die Überzeugung in Bonn.


Zweites Zitat:

Der Telekom-Sprecher sagt: "Es geht nur um Stahl, Beton und Grund und Boden, um alles, was nicht Technik ist: also keine Antennen, Netztechnik oder Glasfaserleitungen."


Hmm. 🤔
 

parats'

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Und wieso gibt man das dann nicht erst recht an den Staat?

Stutzig macht mich sowas:
Der Konzern erklärte, er werde über eine Minderheitsbeteiligung von 49 Prozent und zwei Aufsichtsratsmitglieder weiter Einfluss nehmen. Man habe auch "über eine vorteilhafte langfristige Leasingvereinbarung von rund 30 Jahren weiterhin uneingeschränkten Zugriff" auf die Türme. Zudem habe man das Recht, die Kontrolle über das Unternehmen wieder zu übernehmen.
Klar scheint es ein Recht auf eine Rücknahme zu geben, aber dann zu welchen Kosten?
 

Gustavo

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Klar scheint es ein Recht auf eine Rücknahme zu geben, aber dann zu welchen Kosten?

Ich bin ja generell immer wieder erstaunt, wie viele Leute immer noch auf dieses Märchen von den "Effizienzgewinnen" bei PPP-Projekten reinfallen, aber ich glaube hier lügt die Telekom uns einfach blank an, weil sie das Geld in andere Sachen investieren will. Der Wunsch nach Kapital für Investitionen ist natürlich an sich nicht ehrenrührig, aber so zu tun als würde man hier irgendwelche Effizienzgewinne erzielen können, wenn das schon für Projekte wo das zumindest prinzipiell vorstellbar ist häufig nicht realisiert werden kann, ist verrückt.
 

parats'

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Wenn ich das richtig verstanden habe, dann geht es primär um Schuldentilgung. Der sind natürlich Investitionen vorausgegangen und der werden auch Investitionen folgen.
Ich bleibe dennoch dabei, dass kritische Infrastruktur, dazu zählen für mich auch physische Sendetürme, in die öffentliche Hand gehören. Mit der gleichen Argumentation könnte man auch Autobahnen privatisieren.
Angesichts der BASF Geschichte von vor wenigen Monaten (Gasinfrastruktur gegen Förderrechte), sollte man sowas zumindest mal in Erwägung ziehen. Der betrieb wäre meiner Meinung nach beim Staat hervorragend aufgehoben, da sämtliche Einnahmen in die Instandhaltung sowie Ausbau (+Unterhaltung) fließen würden und es zu keinem Interessenskonflikt kommen kann.

Ich habe grundsätzlich keine Probleme mit der Privatisierung von "Dienstleistungen", solange es Geschäftsmodelle sind, die in irgendeinerweise sinnvollen Wettbewerb zulassen. Bei Infrastruktur und Verwaltungsaufgaben jeglicher Form bin ich entschieden dagegen.


p.s. Ich hab das Gezerre um den Rückkauf der Energienetze hier in Hamburg mitbekommen. Da wurde auch vor lange Zeit privatisiert, weil man sich mehr "Effizienz" erhofft hatte und der Unterhalt bzw. die Modernisierung natürlich teuer wurde. Am Ende stand die Rekommunalisierung für 600Mio an und der betrieb läuft über eine Genossenschaft.
 
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Benrath

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Im TK Bereich ist das Kind halt schon vor ewigkeiten wegen der parallelen Netze in den Brunnen gefallen. Eine oder mehrere regionale Infrastruktur Betreiber der Netze wäre langfristig bestimmt günstiger gewesen und auch offener für neue Anbieter, die dann nur die öffentliche Infrastruktur nutzen
 
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Ich bin ja generell immer wieder erstaunt, wie viele Leute immer noch auf dieses Märchen von den "Effizienzgewinnen" bei PPP-Projekten reinfallen, aber ich glaube hier lügt die Telekom uns einfach blank an, weil sie das Geld in andere Sachen investieren will. Der Wunsch nach Kapital für Investitionen ist natürlich an sich nicht ehrenrührig, aber so zu tun als würde man hier irgendwelche Effizienzgewinne erzielen können, wenn das schon für Projekte wo das zumindest prinzipiell vorstellbar ist häufig nicht realisiert werden kann, ist verrückt.
Das ist doch kein ppp-Projekt, oder?
Die Türme werden von einer privaten Firma an eine andere private Firma abgegeben.
Mir erscheint es als Außenstehendem zumindest erstmal nicht abwegig, dass eine Telekommunikationsfirma weder effizient noch effektiv Stahlbau betreiben kann.
(Dass Infrastruktur staatlich sein sollte, ist ein anderes Thema)
 
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Die Telekom hat ihre eigene Tiefbauabteilung zur Erstellung von Kabelgräben. Kein Stahlbauer wird btw. so einen Auftrag übernehmen, weil die dann in der Regel nichts mit dem Aufbau und der Anbindung zu tun haben, die machen nur Fertigung. Es ist in der Regel deutlich einfacher, einen externen Masthersteller zu finden und sich selber um den Aufbau zu kümmern.
Ich glaube das Problem ist eher, dass da keine große Marge drin steckt. Eventuell wurde da auch mit fixen Mastpreisen kalkuliert und die sind z.B. seit der Ukrainekrise extrem in die Höhe geschossen, so dass es sogar Verluste macht? Habe auch vor kurzen bei mehreren Stahlbauern noch 2 Masten angefragt, und die sind deutlich kleiner (8m). Ergebnis: Bis auf einen nur Absagen und der hat aber 16 Wochen Lieferzeit zu horrenden Preisen.
 
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Okay, wenn du dich damit auskennst und das so sagst, glaube ich das erstmal.
Ich muss aber trotzdem blöd fragen: wenn die Telekom mit den Türmen eventuell Verluste macht, aber diese amerikanische Firma meint, damit Geld verdienen zu können (sonst hätten die die Sparte ja nicht aufgekauft), ist das dann kein Zeichen dafür, dass die Amis das tatsächlich effizienter durchführen können?
Aber vielleicht habe ich auch gerade einen Denkfehler.
 
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Naja dafür müsste man jetzt beide kalkulatorische Basen kennen. Man kann aus unterschiedlichen Gründen ein Minus- zu nem Plusgeschäft umwandeln. Kann sein, dass die Amis tatsächlich effizienter Bauen und Warten können, würde mich bei so nem Konzern wie der Telekom jetzt nicht wundern. Kann aber auch sein, dass die extrem kleine Wartungskosten haben weil sie das Material verkommen lassen, siehe so PPP-Autobahn Projekte.
Ich hab schon Vergaben gesehen, die auf 100% kleinster Preis beruhten und Angebote beauftragt haben, die ganz offensichtlich nicht wirtschaftlich auskömmlich kalkuliert waren, da nur ca. 50% des Preises des nächsthöheren Bieters (theoretisch muss ab mehr als 10% Abstand zum nächsthöheren Bieter laut VOB geprüft werden). Und dann wird sich gewundert, dass die Baufirma ständig Nachträge stellt und sich alles in die Länge zieht, weil es ständig zu Baustopps kommt. Mein Kollege ist aus der Baubranche in den Verkehrsbereich gewechselt, weil er auf die ganze Anwaltsnummer keinen Bock mehr hatte.
 
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klar, ohne Kenntnisse der Zahlen können wir da keine belastbare Aussage treffen.
Kann mir auch gut vorstellen, dass die Amis einfach "minderwertige" Arbeit verrichten. Trotzdem würde ich der Telekom da jetzt nicht pauschal unterstellen, sie würde lügen. Ich denke mal, dass die Telekom zumindest selbst denkt, es wäre so wirtschaftlich effizienter.
 

Benrath

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Gefährliches Halbwissen aus dem Eisenbahnbereich. Vermutlich nimmt die Telekom Netzentgelte für die Masten. Von sich selbst und von den anderen die die Masten mitnutzen. Für die Assets als Eigenkapital kann sie wahrscheinlich X% Kapitalertrag als Kosten anrechnen auf deren Basis die Entgelte berechnet werden. Wenn Sie die jetzt verkauft und zurück mietet, gehen die Mietkosten in die Berechnung ein. Kann der Telekom dann quasi egal sein, ob das höher ist als Wert für den Kapitalertrag. Dann könnte es für den Käufer tatsächlich interessant sein, weil er über die Miete mehr verdienen kann
 
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ich würde zudem vermuten, dass die miete eben als betriebskosten (ähnlich wie leasing) direkt bilanzwirksam werden, während die türme in der bilanz einfach eine starke kapitalbindung mit sehr langer laufzeit und geringer abschreibung sind. entsprechend dürfte es eine rolle gespielt haben wenn die langfristige rendite der türme in der bilanz geringer war als die kapitalkosten für die schulden bzw. das fremdkapital.
wenn man die türme verkauft verbessert man die eigene bilanz und gibt die türme eventuell an jemanden der mit der geringeren rendite leben kann, weil es gleichzeitig eine sichere rendite ist. am ende halten eben menschen die weniger risiko haben wollen ein relatives niedrig-risiko-asset, und die telekom hat ihre schulden reduziert.
find ich (als telekomaktionär) gar nicht so verkehrt :mond:
 
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