Nachrichten, Randnotizen und Kurioses v4

Mitglied seit
27.06.2006
Beiträge
1.608
Reaktionen
75
Kann ich so schon für vor einigen Jahren bestätigen. Ich würde das mit Bologna verknüpfen, bzw. der Umsetzung von Bologna in Form stark verschulter Studiengänge. Dazu gehörte mE auch der Fehler, dass man der ersten Generation der Bachelor/Master-Studenten erzählt hat wie hart sie es hätten und wie toll sie doch seien. Mein Erleben aus dem eigenen Studium (vorletzter Diplomjahrgang) und der Zeit als wissMA war, dass die Studis das extrem stark verinnerlicht haben … zu dem Punkt wo es zu einer Art Autosuggestion wurde.

Das zu Bologna kann ich so bestätigen (erster Bachelorjahrgang). Bei den ersten paar Jahrgängen hatte das allerdings zumindest bei uns den umgekehrten Effekt, weil sich die Regularien in den ersten 2 Jahren gefühlt 2 mal pro Semester grundlegend geändert haben und man ständig wissen musste, was denn jetzt Sache war. Der Fatalismus der Fakultäten war aber echt nicht hilfreich. Bei der Einführungsveranstaltung mit den Worten "Wir wissen auch nicht, wie das genau funktionieren soll! Viel Glück!" begrüßt zu werden, war jedenfalls nicht hilfreich :D
Im Endeffekt hat da jeder Lehrstuhl zu Beginn die maximale Menge an Pflichtveranstaltungen aus dem Diplom in den Bachelor gestopft und dann Wahlpflichtfächer oben drauf gepackt. Das wurde dann nach und nach zusammengestrichen und flexibler gestaltet. Das war im Endeffekt eher eine organisatorische Katastrophe als ein fachliches Problem.

Einfach mal beschweren klappt an der Uni ja eigentlich immer. Lustig ist auch, wie viele Legenden die Dozenten erfinden, um die schlimmsten Auswüchse ein wenig einzudämmen. Schwerwiegender Täuschungsversuch = Exmatrikulation? Am Arsch, an deutschen Unis muss man schon massenhaft Schummeln und dabei noch ziemlich auf die Kacke hauen, damit einem mal irgendwas passiert. Da reichts manchmal nicht mal aus, sich die Abschlussarbeit von jemand anderem schreiben zu lassen. Wenn man erwischt wird packt man irgendeine weinerliche Story aus und darf dann nochmal ran.

Interessant ist auch noch, dass es anscheinend irgendein Urteil gibt, nach dem Professoren wohl für Nachteile durch Fehler in Aufgabenstellung oder bei der Korrektur persönlich Haftbar gemacht werden können. Da ist man dann natürlich seeeeeeehr kulant.
Ich habe dazu allerdings auch erst von einer Fakultät was gehört, kann auch sein, dass das wieder eine urbane Legende ist, die irgendein Prof mal irgendwo aufgeschnappt hat und jetzt herrscht die allgemeine Panik.

Im Lehrbetrieb schlägt aber niemand einen gewissen Herrn Laschet, der vor Jahren mal einen ganzen Satz Klausuren verloren hat und die Noten dann stattdessen gewürfelt hat. Fiel dann auf, als auf einmal keine Einsicht stattfinden konnte, weils nichts zum reingucken gab.

Die Leute sind es einfach gewohnt, dass Uni aus Vorlesung into Auswendiglernen irrelevanten Detailwissens ohne Kontext into Übung wiederholen until Vergasung into Klausur into nächstes Semester besteht.
Das beschreibt mein Studium ziemlich gut. Eine Seminararbeit, ein Praktikum, rest nach obigem Schema. Mit auswüchsen wie einer Klausur am Ende zum schon erfolgreich bestandenen Praktikum, weil man im Bachelor halt für alles ne Klausur braucht. Führt dazu, dass man auch mal ne Klausur besteht ohne irgendwas relevantes über das Fach zu wissen. Außerhalb der Geisteswissenschaften sieht das überwiegend überall so aus, mit dem Höhepunkt in der Medizin, wo in den ersten X Semestern nahezu ausschließlich Multiple Choice Prüfungen abgehalten werden. Und damit das ganze nicht zu aufwändig ist, teilen sich jede Menge Unis den Aufgabenpool, weil das dann so schön vergleichbar ist.

Joar. Das wird halt auf den Rücken der wissenschaftlichen Mitarbeiter ausgetragen. Die Profs lassen das in Richtung Mittelbau abperlen weil sich dort einfach unabhängig von der Bezahlung die Arbeitszeit den Erfordernissen anpasst. Problem solved.
Wenn ich von "Dozenten" rede, meine ich auch immer wissMA. Lol, Kontakt zwischen Prof und Studenten, wo gibts denn sowas?

Was auch passiert ist: Das Semester nicht zu Vorlesung oder Übung erscheinen und dann in den letzten Tagen/Stunden vor der Klausur die wissenschaftlichen Mitarbeiter belagern.
Mein Favorit sind immer "technische Probleme auf dem Uniserver". Natürlich haben die Studierenden immer alle Abgaben erfolgreich hochgeladen oder Anmeldungen fristgerecht ausgeführt. Aber durch einen "Serverfehler" wurden ihre Hausaufgaben jedes mal gelöscht und Anmeldungen nicht registriert. Betrifft natürlich immer die gleichen Studenten. Die Zulassung zur Klausur müssen sie natürlich trotzdem bekommen, "Serverfehler" sind ja nicht ihre Schuld. Es gibt wenige Profs, die sich dann wütend bei uns beschweren und den armen Studis die Zulassung geben. Aus Datenschutzgründen darf man dem Prof dann nicht mal sagen, dass der Student nur ein Drittel aller Übungsblätter überhaupt mal runtergeladen hat, und von dem Drittel die hälfte weniger als eine Stunde vor der Abgabe runtergeladen wurde... So ein Mist spricht sich natürlich rum und dann darf man sich bei der nächsten Senats- oder Fakultätssitzung damit auseinandersetzen.

Einsichten sind auch immer großes Kino. Da ist keine Begründung zu dumm, um zu versuchen, sich noch irgendwo Punkte zu erschleichen. Andersrum gibt es auch immer wieder Fälle, wo die einzigen, die die Klausur korrigiert haben, offensichtlich ne Horde von Hiwis waren. Da wurden dann leicht von der Musterlösung abweichende Antworten nicht als richtig erkannt und auf einmal muss die ganze Bewertung geändert werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
[…]
Im Endeffekt hat da jeder Lehrstuhl zu Beginn die maximale Menge an Pflichtveranstaltungen aus dem Diplom in den Bachelor gestopft und dann Wahlpflichtfächer oben drauf gepackt. Das wurde dann nach und nach zusammengestrichen und flexibler gestaltet.
[…]
Damit ich es nicht vergesse:
Haben sie in Kiel auch gemacht. Hat dazu geführt, dass die Bachelorstudis unausstehliche Arschlöcher wurden, weil sie rumliefen und meinten, dass ihr BSc quasi genauso gut wie ein Diplom ist, und sie seien die Besten. Gleichzeitig waren sie wegen der bösen Prüfungsschikane die ärmsten Schweine.
Dass die Vorlesungen zwar den gleichen Namen wie die Diplom-Veranstaltungen hatten, aber gleichzeitig jeweils ungefähr ein Drittel bis die Hälfte des Inhalts bei gleicher SWS-Zahl gestrichen worden war, haben sie einfach unter den Teppich fallen lassen.
Gott was waren das für Scheißdiskussionen. "Dass wir es härter haben sieht man daran, dass unsere Klausuren schlechter ausfallen."
Hmhm is klar.
Paradebeispiel Operations Research: Aus jedem Kapitel die schwierigsten Sachen weggefallen, nur noch die Standardfälle besprochen und die mathematischen Herleitungen/Beweise z.B. zur Dualität eines Problems kamen nur noch in "intuitiver Form" dran. Gleicher Schwierigkeitsgrad mein Arsch.

Dieses Phänomen sieht man auch bei sehr vielen privaten Hochschulen. Da heißen die Vorlesungen dann z.B. "Einführung in XYZ", haben ähnlich oder sogar weniger ECTS als die Namensvettern an echten Universitäten und wenn man sich die Inhaltsverzeichnisse anschaut, dann ist die Stoffdichte ungefähr das dreifache von dem was in der Uni durchgenommen wird.

Was de facto passiert: Die Privat-FHs machen die Module kleiner, damit sie mehr Module mit flashigen Namen in ihre Studiengänge packen können. Dann können die Studenten sagen, dass sie ja Thema XYZ in einer Veranstaltung hatten und die Studienpläne sehen auf den ersten Blick vollständig aus. Wenn man dann ins Modulhandbuch schaut realisiert man, dass bei der Stoffdichte, die die Inhaltsangaben suggerieren, zum Beispiel für das Erlernen von "was sind Datenbanken" und "was kann SQL" circa eine Doppelstunde bleibt, und für BPMN und UML jeweils 30 Minuten. Laut Modulhandbuch sind die Studis nach der Veranstaltung allerdings sowohl zur Datenbankarchitektur als auch zur Enterprise-Architektur und zum Design von ETL-Strukturen/Prozessen befähigt.

Fake-Bildung at its best.

Zumindest glaube ich, dass man in einer 2 SWS Veranstaltung selbst mit den nominellen 150 h Zeitaufwand niemals Datenbankarchitektur, SQL, Enterprise-Architektur usw. sinnvoll über einen groben ersten Eindruck hinaus lernen kann.
Und dann wundern sich die Firmen, dass die "MSc Web Engineering und Data Science" (frei erfunden, enthält eventuell Spuren von Bewerberstudiengängen) eigentlich genau gar nichts können außer zusammenhanglos ein paar Buzzwords zu stammeln. Geschweige denn sinnvoll irgendetwas coden.

Ernsthaft, allein ein paar Labore/Seminare in denen ein sinnvolles Projekt gemacht werden muss. Mit git und nach allen Regeln der Kunst. Egal wie komplex der Kerncode am Ende ist … aber dass die einfach mal den Arbeitsprozess von Anfang bis Ende tatsächlich kennengelernt haben und nicht nur die Liste der Tätigkeiten irgendwo nennen mussten. Es wäre ein großer Gewinn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
27.06.2006
Beiträge
1.608
Reaktionen
75
Ach, solche "Kauf dir einen Abschluss" Veranstaltungen von privaten Einrichtungen kenne ich auch. Wir haben da als Negativbeispiel eine Klausur im Bereich "Wirtschaftsinformatik" so einer Einrichtung, bei der der Notenschnitt bei 1,x lag. Für die Klausur waren 60 Minuten angesetzt. Der letzte hat nach 11(!) Minuten abgegeben.

Lustig war aber, dass Leute diese Privaten Unis damals teilweise ausnutzen konnten. Kenne jemanden, der sich in Holland in 5 Semestern irgendeinen Bachelor geholt hat, dann in England 1-2 Semester irgendwas bis zum Master studiert hat und danach mit dem Master ne Promotion an einer normalen deutschen Uni angefangen hat, weil da niemand so richtig einschätzen konnte, dass der Kram wertlos war. Heute nennt der sich Dr. rer. pol.

Dass bei uns am Anfang thematisch viel weggefallen ist, könnte ich jetzt nicht sagen (habe mit Diplom angefangen und nach einem Studiengangswechsel mit Bachelor weitergemacht, schien vergleichbar), allerdings fiel deutlich auf, dass der Fokus in den Übungen deutlich stärker auf leicht abprüfbare Inhalte gelegt wurde. Also mehr Schema und Auswendiglernen als Anwendung oder Beweise, einfach weils auf einmal für alles ständig irgendeine Klausur gab.
Bei uns wurden dann sehr zügig auch ganze Fächer von Pflichtveranstaltungen zu Wahlpflichtfächern gemacht, CP für die verbliebenen Fächer erhöht (Anfangs gabs nur 2 oder 3CP pro Fach) und manche Fächer zusammengelegt oder zu allgemeinen "Einführung in XYZ" umgebaut. Sprich das, was in Kiel passierte, hat man bei uns erst in den ersten 1-2 Jahren nach und nach im Panikmodus gemacht. Man hat das immer schön mit dem "Elite-Uni" Quatsch versucht durchzudrücken, als ob das was mit der Lehre zu tun hätte. Bis es nicht mehr ging.
 
Mitglied seit
09.02.2021
Beiträge
1.751
Reaktionen
1.352

The Early Spy Manual That Turned Bad Middle Management Into An Espionage Tactic​

that during World War II, the United States published a spy manual urging middle managers in enemy territory to sabotage their employers by bringing up irrelevant issues, promoting bad workers, haggling over petty details, and holding unnecessary meetings.

meine ex-firma scheint unterwandert worden zu sein :deliver:

 
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
Ach, solche "Kauf dir einen Abschluss" Veranstaltungen von privaten Einrichtungen kenne ich auch. Wir haben da als Negativbeispiel eine Klausur im Bereich "Wirtschaftsinformatik" so einer Einrichtung, bei der der Notenschnitt bei 1,x lag. Für die Klausur waren 60 Minuten angesetzt. Der letzte hat nach 11(!) Minuten abgegeben.
Joar genau sowas. Das zieht dann eben auch noch die prinzipiell seriösen privaten Hochschulen in den Dreck.
Am Ende wissen leider viel zu wenige Leute was von Zeugnissen verschiedener Institutionen zu halten ist. Es ist ja sogar so, dass man manchen dieser Studenten auch Unrecht tut wenn man sie nur wegen der beschissenen Hochschule mit den Dummbratzen in einen Sack wirft.
Gerade durch die Explosion an unterschiedlichen Studiengängen fällt es Kindern aus Nichtakademiker-Elternhäusern viel schwerer zwischen "gut/seriös" und "Jodeldiplom" zu unterscheiden. Da studieren manchmal schlaue Leute, die viel mehr könnten, für 500+ EUR im Monat an so einer Spaßhochschule während sie eine ordentliche Uni mit passendem Studiengang direkt vor der Haustür haben.
Woher sollen sie auch wissen, dass "BIG DATA YEAH CHECK THIS OUT WEB SCIENCE MASTER DELUXE" quasi das gleiche ist wie "Angewandte Informatik mit Schwerpunkt XYZ" … :|
Lustig war aber, dass Leute diese Privaten Unis damals teilweise ausnutzen konnten. Kenne jemanden, der sich in Holland in 5 Semestern irgendeinen Bachelor geholt hat, dann in England 1-2 Semester irgendwas bis zum Master studiert hat und danach mit dem Master ne Promotion an einer normalen deutschen Uni angefangen hat, weil da niemand so richtig einschätzen konnte, dass der Kram wertlos war. Heute nennt der sich Dr. rer. pol.
Joar. Hat auch eine Weile gedauert bis die staatlichen Unis gemerkt haben, dass ein einfacher NC für die Masterstudiengänge dazu führt, dass sie ihre eigenen Studenten nicht mehr zulassen und sich die Jahrgänge mit Top-Performern von der FOM und ähnlichen Institutionen vollhauen.
Die Reaktion war dann in der Regel, dass die Anforderungen für mathematisch-statistische Fächer so geschnitten wurden, dass man quasi nur mit dem BSc der jeweiligen Uni ohne Probleme direkt in den Master wechseln kann. Alle anderen, egal wie passend die Abschlüsse auch sein mögen, werden nun dazu gezwungen 30-60 CP nachzustudieren.
Nicht dass es nicht auch berechtigt wäre, aber es geht halt schon irgendwie gegen den eigentlichen Geist der Bologna-Reform. Aber hier schließt sich wieder der Kreis, weil die Unis eben auch stark auf den erfolgreichen Studienabschluss schielen. Immerhin hängt ja die Finanzierung daran. :|
Da bin ich eher ein Fan der Schweizer Methode (insofern ich sie verstanden habe): Jeder darf ein Studium beginnen, muss aber damit rechnen brutal rausgeprüft zu werden wenn er/sie nicht gut genug ist.
Dass bei uns am Anfang thematisch viel weggefallen ist, könnte ich jetzt nicht sagen (habe mit Diplom angefangen und nach einem Studiengangswechsel mit Bachelor weitergemacht, schien vergleichbar), allerdings fiel deutlich auf, dass der Fokus in den Übungen deutlich stärker auf leicht abprüfbare Inhalte gelegt wurde. Also mehr Schema und Auswendiglernen als Anwendung oder Beweise, einfach weils auf einmal für alles ständig irgendeine Klausur gab.
Bei uns wurden dann sehr zügig auch ganze Fächer von Pflichtveranstaltungen zu Wahlpflichtfächern gemacht, CP für die verbliebenen Fächer erhöht (Anfangs gabs nur 2 oder 3CP pro Fach) und manche Fächer zusammengelegt oder zu allgemeinen "Einführung in XYZ" umgebaut. Sprich das, was in Kiel passierte, hat man bei uns erst in den ersten 1-2 Jahren nach und nach im Panikmodus gemacht. Man hat das immer schön mit dem "Elite-Uni" Quatsch versucht durchzudrücken, als ob das was mit der Lehre zu tun hätte. Bis es nicht mehr ging.
Klassiker. Einfach alles solange so klein schneiden bis jeder Pups ein Modul mit Prüfung ist und niemand mehr durchblickt. Am Ende kann man je Studiengang die Akkreditierungsunterlagen nur noch mit einem Aktenkarren herumtragen (kein Scheiß) und es gibt Vollzeitangestellte die sich nur darum kümmern, dass sinnbefreite Akkreditierungspflichtübungen eingehalten werden. Zum Beispiel, dass es zu jeder Vorlesung eine wohlklingende aber nicht der Wahrheit entsprechende Inhaltsangabe sowie ein vollkommen unrealistisches Lernziel gibt. Eigentlich ja nicht verkehrt, aber total hirnlos umgesetzt weil es insb. von den traditionellen Profs als Eingriff in die Lehrfreiheit begriffen wird und als reine Pflichtübung umgesetzt wurde und immer noch wird.
Gleichzeitig dann die Prüfungen genau wie von Dir beschrieben möglichst standardisiert abhandeln. Insbesondere was die Rechtssicherheit angeht, damit jeder Professoren und Dekan-Arsch möglichst nah an der Wand ist wenn doch mal jemand klagt.

Meine Alma Mater hat sich eine Systemakkreditierung gegönnt. Riesenaufwand. Viele Meetings. Am Ende kein echter Gewinn weil man es nur dem existierenden System übergestülpt hat und es nie um Studienqualität sondern nur um die Erfüllung von Anforderungen ging.
Bologna … leider eine leichtfertig verpasste Chance weil man sich auf die falschen Dinge konzentriert hat.
Und weil der deutsche Akkreditierungsrat behindert ist. Denen ging es auch nur um exakte Umsetzungen von dumen Richtlinien.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
Mitglied seit
22.03.2004
Beiträge
5.615
Reaktionen
1.786
Was mir aus der Perspektive der Lehre an der Uni auffällt, ist, dass eine steigende Zahl von Studierenden zum Teil überhaupt nichts mehr selbständig erledigen können.

Das ist eigentlich der Kritikpunkt Nummer 1, egal mit welchem Dozenten man sich unterhält. Interessant ist, dass das nicht unbedingt mit der Leistung im Studium korreliert. Dabei geht es jetzt nicht um das übliche Klientel der dauerkiffenden Langzeitstudenten, sondern auch um Leute mit mittelmäßigen bis (sehr) guten Studienleistungen. Da werden reihenweise Fristen gerissen, Abgaben nicht gemacht oder wichtige Termine verpasst. Alles wofür sie selbst verantwortlich sind, wird schnell ziemlich abenteuerlich. Solange sie aber klare, kleinschrittige Arbeitsanweisungen haben, kommen sie mit dem Studium klar.


Fairerweise muss ich sagen, dass ich aus den USA nix anderes gewohnt bin. Ich war jetzt an drei US-Universitäten, alle hochselektiv (einmal ca. 20% Zulassungsquote, einmal ca. 8%, einmal ca. 6% und da bewerben sich schon weit überdurchschnittliche Schüler) was ihre BA-Studenten angeht und an keiner der Universitäten hast du das Gefühl, dass die Studenten groß selbstständig arbeiten könnten. Ich habe das Gefühl das ist ein Angebot, das sich seine eigene Nachfrage schafft: Umso mehr wir sie an die Hand nehmen, umso mehr ist ihre erste Antwort für alles "mal den Dozenten/Unipersonal Email schreiben." Zu dumm sind die keineswegs, es ist nur was sie für normal halten.
 
Mitglied seit
25.09.2014
Beiträge
4.852
Reaktionen
1.169
Einige Erfahrungsberichte klingen mir fast zu schlimm, um wahr zu sein. Das Meiste ist mir in einigen Jahren Lehrtätigkeit nicht untergekommen. Vielleicht zahlt es sich aus ein Fach zu unterrichten, wo die Studenten als erste Lektion Demut lernen. :deliver:
 
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
Fairerweise muss ich sagen, dass ich aus den USA nix anderes gewohnt bin. Ich war jetzt an drei US-Universitäten, alle hochselektiv (einmal ca. 20% Zulassungsquote, einmal ca. 8%, einmal ca. 6% und da bewerben sich schon weit überdurchschnittliche Schüler) was ihre BA-Studenten angeht und an keiner der Universitäten hast du das Gefühl, dass die Studenten groß selbstständig arbeiten könnten. Ich habe das Gefühl das ist ein Angebot, das sich seine eigene Nachfrage schafft: Umso mehr wir sie an die Hand nehmen, umso mehr ist ihre erste Antwort für alles "mal den Dozenten/Unipersonal Email schreiben." Zu dumm sind die keineswegs, es ist nur was sie für normal halten.
Das ist auch mein Erleben. Allerdings ist es ja nicht falsch nachzufragen wenn man die Chance hat … falsch wird es in dem Moment in dem man nicht im Vorhinein zumindest versucht sich selbst ein Bild zu machen oder das Problem zu lösen.
Das legt dann die Vermutung bzw. Frage nahe ob "wir", bzw. "der Westen", unsere Kinder zur Unselbständigkeit erziehen?
Einige Erfahrungsberichte klingen mir fast zu schlimm, um wahr zu sein. Das Meiste ist mir in einigen Jahren Lehrtätigkeit nicht untergekommen. Vielleicht zahlt es sich aus ein Fach zu unterrichten, wo die Studenten als erste Lektion Demut lernen.
Ich würde es zumindest nicht in Abrede stellen, dass es da deutliche Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Studiengängen geben dürfte. Ohne es tatsächlich zu wissen würde ich da übrigens mal einen relativen Vorsprung sowohl der Geistes- als auch der Naturwissenschaftler gegenüber Wiwi/Jura/Medizin/Lehramt mutmaßen.
 

Deleted_228929

Guest
Hooray, Hass auf Studenten! :klatsch::klatsch::klatsch:

Spaß beiseite, bin da ganz bei saistaed. Kp, was hier immer alle für Horrorszenarien erleben. Klar gibt es diese gewissen Spezialisten, aber die gibt es seit jeher in allen Bereichen des Lebens und es wird sie auch immer geben. Da kann man sich auch gleich drüber aufregen, dass morgens die Sonne aufgeht.

Wobei ich längst nicht mit allen häppie bin. Gerade dieses Semester war (bin) ich sehr erschreckt darüber wie hart viele Studenten im Master (!) darin failen mal wirklich ein Konzept bzw. einen Zusammenhang zu verstehen und in eigenen Worten prägnant und schlüssig zu Papier zu bringen. Oder mal eine Grafik zu interprätieren - oder zumindest mal zu erklären, was abgebildet wird. Ich schaffe es aber trotz allem Frust nicht, das den Leuten direkt vorzuwerfen, sondern hier bin ich auch mal im Camp "Das System", denn:
Meine Hypothese ist ja, dass die stark gesunkene Anzahl Seminararbeiten in den Masse-Studiengängen (=BWL z.B.) viel damit zu tun hat. Vielleicht nicht der einzige Faktor, aber ein relevanter. Die Leute sind es einfach gewohnt, dass Uni aus Vorlesung into Auswendiglernen irrelevanten Detailwissens ohne Kontext into Übung wiederholen until Vergasung into Klausur into nächstes Semester besteht.
90% aller Fächer in VWL/BWL sehen halt genau so aus. Und selbstverständlich richten die Studis ihr Skillset an dem aus, was für die Klausur revelant ist. Woran denn sonst? Oh wait, dieses Skillset ist nicht das, welches einem langfristig im Leben - oder zumindest im Job - weiterhilft? Joar, dann führen wir vielleicht mal die Lehre ein wenig näher an die Lebens- und Arbeitsmarktrealität heran. Das muss auch keineswegs mit übergebührlichem Mehraufwand für die Dozenten einhergehen. Dass man mehr Seminararbeiten braucht, glaube ich nicht. Was wir brauchen ist, dass im Master sehr viel mehr wissenschaftliche Literatur gelesen und dazu Verständnisfragen und in den Klausuren mehr Transferaufgaben gestellt werden. Das geht ohne jeden Mehraufwand bei Arbeitszeit und Kosten.

Was wir stattdessen tun ist Horden von Zombies heranzuzüchten, die stumpf abschreiben, auswendiglernen und wieder auskotzen können. Das sehe ganz exemplarisch an einer Stundentin in einem meiner Kurse. Da sie bei uns als Hilfskraft arbeitet kenne ich sie ein wenig genauer als $random_fleischsack und weiß daher, dass sie alles andere als auf den Kopf gefallen ist und auch privat gerne mal ein Buch in die Hand nimmt. Aber diese blitzgescheite Frau ist nach vier, fünf Jahren an der Uni total am straucheln wenn man ihr mal einen wissenschaftlichen Text in die Hand gibt und daraus präzise die Informationen rauszuziehen, die zur Beantwortung einiger genereller Verständnisfragen nötig sind - weil das halt sonst nie wirklich von ihr verlangt wird. Also nicht dass ihre Antworten jetzt super scheiße wären, aber gemessen an dem, was man von einer Akademikerin < 1 Jahr vor Masterabschluss erwarten könnte... :cry::8[:

Und bevor jetzt wieder irgendein Hurensohn angetrollt kommt mit "mäh, mäh, mäh, Bologna von der EU erfunden um das grandiose toitsche System zu vernichten!" - geh kacken. Srsly. Geh deine Darmwände rausscheißen. Dir gehört Honig in die Arschfalte geschmiert und dann gehörtst du rücklings auf einen Ameisenhügel gekettet. Schon ein kurzer Trip ins nahe Ausland (Niederlande) zeigt, dass man auch in schröcklichen Bologna-System ein komplett anderes Niveau erreichen kann - wenn man möchte.

Was mir aber wirklich auf den Sack geht ist diese scheiß Lethargie, mit der viele Studis da immer vor mir sitzen. Manche scheinen sich regelrecht einen Sport daraus zu machen mir ihr aggressives Desinteres zu demonstrieren. Jedenfalls ist in genanntem Kurs von +30 Leuten nur eine Studentin regelmäßig in der Lage selbst einfachste Fragen, die ich stelle, zu beantworten. Wobei ich selbst hier wieder einschränken muss, dass auch Interaktion nicht gerade ein Markenzeichen der Lehre an deutschen Unis ist, jedenfalls nicht in meinem Fachbereich.

Long story short: Von den Niederlanden lernen heißt siegen lernen. Machen wir natürlich nicht, weil "trollolololol, ob du behindert bist?! Niederlande, lol. Wir sind TOITSCHLAND! Wir bauen die bEsTeN aUtOs DeR wElT (tm)! Niederlande wer? Das sind doch die Kiffer, oda alta, trollolololol!". /bootdisketterantoff
 
Mitglied seit
16.08.2010
Beiträge
6.260
Reaktionen
1.129
Keine Ahnung, ich glaube Wissen reinkloppen und auskotzen bringt den meisten im Job mehr als wissenschaftliche Texte lesen und verstehen zu können.
Allerdings bin ich der Meinung, dass ein Universitätsstudium nicht nur der Berufsausbildung dienen sollte.
 
Mitglied seit
28.03.2003
Beiträge
8.497
Reaktionen
393
Das Gejammer hier wäre irgendwie ernster zu nehmen wenn es in der Geschichte der Universitäten jemals eine Generation von Dozenten gegeben hätte die gesagt hat "Die jungen Studenten von heute sind so viel besser als früher und das Studium ist auch viel schwerer!". Seit hunderten von Jahren geht es einfach steil bergab. Keiner kann mehr was, niemand strengt sich an und alle werden dümmer.
 
Mitglied seit
31.03.2001
Beiträge
26.840
Reaktionen
494

Wird eigentlich mal höchste Zeit, fand es eh immer schon absurd, dass man als Kunde da einfach schlucken musste. Man zahlt Monate im voraus für einen Flug an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit und am Ende kriegt man einen Flug vage irgendwann um diesen Termin herum. Man hat sich extra den Flug ausgesucht der nicht früh morgens geht? Uns doch egal, hier 7 Uhr Abflug. Bis hin natürlich zu den Scherzen, wo man dann plötzlich einen Tag (oder gar 2) eher/später fliegt.
Die Flugausfälle jetzt sind da natürlich noch mal die Kirsche oben drauf.
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
Mitglied seit
22.03.2004
Beiträge
5.615
Reaktionen
1.786
Das Gejammer hier wäre irgendwie ernster zu nehmen wenn es in der Geschichte der Universitäten jemals eine Generation von Dozenten gegeben hätte die gesagt hat "Die jungen Studenten von heute sind so viel besser als früher und das Studium ist auch viel schwerer!". Seit hunderten von Jahren geht es einfach steil bergab. Keiner kann mehr was, niemand strengt sich an und alle werden dümmer.

Den Eindruck wollte ich zumindest eigentlich vermeiden. Die Studenten sind schon in Ordnung, wir geben ihnen nur die falschen Anreize. Jedes Semester kriege ich säckeweise Fragen per Email, die man sich entweder durch einen Blick auf die Website, einen Blick auf das Material, das ich hochlade oder (wenn es mal ganz hart kommt) durch einen Blick auf Stack Exchange selbst beantworten könnte. Was haben diese Leute gemacht, bevor es Emails gab?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
20.04.2003
Beiträge
7.483
Reaktionen
252
Das ist ja das Ding.
Früher mussten Studenten was machen, da sie die Arbeit machen mussten.
Heute können sie die Arbeit auslagern und fragen nach anstatt die Arbeit selbst zu machen. Also wenn du dir die Arbeit machst, unterstützt du die Faulheit der Studenten (sicher gibst du bestimmt nicht die Antwort, aber die Studenten merken es nicht).
 
Mitglied seit
20.04.2003
Beiträge
7.483
Reaktionen
252
Das Gejammer hier wäre irgendwie ernster zu nehmen wenn es in der Geschichte der Universitäten jemals eine Generation von Dozenten gegeben hätte die gesagt hat "Die jungen Studenten von heute sind so viel besser als früher und das Studium ist auch viel schwerer!". Seit hunderten von Jahren geht es einfach steil bergab. Keiner kann mehr was, niemand strengt sich an und alle werden dümmer.
Und wenn ich nun die Erhebung der KMK sehe, dass seit 10 Jahren die Kinder immer weniger in Deutsch und Mathe können, müssen eure Fußnägel sich ja erst Recht rollen!
 

Deleted_228929

Guest
Den Eindruck wollte ich zumindest eigentlich vermeiden. Die Studenten sind schon in Ordnung, wir geben ihnen nur die falschen Anreize. Jedes Semester kriege ich säckeweise Fragen per Email, die man sich entweder durch einen Blick auf die Website, einen Blick auf das Material, das ich hochlade oder (wenn es mal ganz hart kommt) durch einen Blick auf Stack Exchange selbst beantworten könnte. Was haben diese Leute gemacht, bevor es Emails gab?
Meine Reden. Ich schrob doch sogar extra, dass es nicht unbedingt das Problem der Studis ist. :| Wenn jemand aus meinem Beitrag "Früher war alles besser" - oder auch "Wir müssen mehr auf Skillz hinarbeiten, die die Wirtschaft (tm) will" - herausliest, dann... habe ich mich wohl sehr missverständlich ausgedrückt.

Gerade dieses nölige Nachfragen, über das hier geklagt wird, erlebe ich aber z.B. überhaupt nicht. Im Gegenteil würde ich mir ja, wie gesagt, mal eine etwas aktivere Truppe wünschen. Wir haben gerade ein Seminar gemacht - insgesamt, denke ich, sehr gute Arbeiten btw - da hat iirc genau ein einziges mal ein Student mein explizites Angebot wahrgenommen ruhig nochmal nen Gesprächstermin zu vereinbaren falls nötig.
 
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
Wobei ich längst nicht mit allen häppie bin. Gerade dieses Semester war (bin) ich sehr erschreckt darüber wie hart viele Studenten im Master (!) darin failen mal wirklich ein Konzept bzw. einen Zusammenhang zu verstehen und in eigenen Worten prägnant und schlüssig zu Papier zu bringen. Oder mal eine Grafik zu interpretieren - oder zumindest mal zu erklären, was abgebildet wird.
Damit ist Dein Fazit funktional nicht anders als meines.
90% aller Fächer in VWL/BWL sehen halt genau so aus. Und selbstverständlich richten die Studis ihr Skillset an dem aus, was für die Klausur revelant ist. Woran denn sonst? Oh wait, dieses Skillset ist nicht das, welches einem langfristig im Leben - oder zumindest im Job - weiterhilft? Joar, dann führen wir vielleicht mal die Lehre ein wenig näher an die Lebens- und Arbeitsmarktrealität heran. Das muss auch keineswegs mit übergebührlichem Mehraufwand für die Dozenten einhergehen. Dass man mehr Seminararbeiten braucht, glaube ich nicht. Was wir brauchen ist, dass im Master sehr viel mehr wissenschaftliche Literatur gelesen und dazu Verständnisfragen und in den Klausuren mehr Transferaufgaben gestellt werden. Das geht ohne jeden Mehraufwand bei Arbeitszeit und Kosten.
Da bin ich nicht Deiner Meinung. Wenn Du in der VL Paper diskutierst steigen alle aus und fragen nach dem was klausurrelevant ist. Wenn Du in der Übung Paper diskutierst kommt keine Sau und/oder sie fragen nach der Zusammenfassung für die Klausur.
Zu lernen wie man eine Transferfrage beantwortet ist schwer und meine Erfahrung sagt, dass dazu das Seminar, in dem genau diese Leistung am Ende auch geprüft wird, der richtige Ort ist.
Es sind immer die Transferfragen an denen die Leute scheitern.
Es ist auch nicht so, dass die Mehrheit dum ist, sie sind eben nur zur Unselbständigkeit erzogen bzw. die Anreize sind halt so.
Und bevor jetzt wieder irgendein Hurensohn angetrollt kommt mit "mäh, mäh, mäh, Bologna von der EU erfunden um das grandiose toitsche System zu vernichten!" - geh kacken.
Hat hier niemand gemacht. Bologna an sich war eine sinnvolle Idee, die in Deutschland massiv verkackt wurde. Vergleichbar ist es aber auch im Ausland nur so mittel.
Was mir aber wirklich auf den Sack geht ist diese scheiß Lethargie, mit der viele Studis da immer vor mir sitzen. Manche scheinen sich regelrecht einen Sport daraus zu machen mir ihr aggressives Desinteres zu demonstrieren. Jedenfalls ist in genanntem Kurs von +30 Leuten nur eine Studentin regelmäßig in der Lage selbst einfachste Fragen, die ich stelle, zu beantworten. Wobei ich selbst hier wieder einschränken muss, dass auch Interaktion nicht gerade ein Markenzeichen der Lehre an deutschen Unis ist, jedenfalls nicht in meinem Fachbereich.
Man studiert halt, um eine Karriere irgendwo in einem Unternehmen zu machen und nicht für die Erkenntnis. Das ist das Kernproblem. Das deutsche Bildungssystem ist halt recht gut darin für extrem geringe gesamtwirtschaftliche Kosten eine große Mehrheit der Studenten auf ein mittelgutes Niveau zu bringen.
Für mehr bräuchte man eben sehr viel bessere Betreuungsschlüssel und durchdachtere Studienbedingungen.
Long story short: Von den Niederlanden lernen heißt siegen lernen. Machen wir natürlich nicht, weil "trollolololol, ob du behindert bist?! Niederlande, lol. Wir sind TOITSCHLAND! Wir bauen die bEsTeN aUtOs DeR wElT (tm)! Niederlande wer? Das sind doch die Kiffer, oda alta, trollolololol!". /bootdisketterantoff
Keine Ahnung warum du das so beendest. Ich würde mich freuen wenn man in … quasi allem … mal die deutsche Brille abnehmen würde. Man war sich 1990 zu fein dazu von Ostdeutschland zu lernen, dass Kinderbetreuung eigentlich gut mit mütterlicher Berufstätigkeit organisiert werden kann, man war sich später zu fein dazu zu realisieren, dass in den ostdeutschen Bundesländern seit Jahrzehnten G8 tadellos funktioniert hat, man hat sich einen auf Finnland und ihre PISA-Ergebnisse geschrubbt, natürlich ohne etwas daraus zu lernen.
Allein das vollumfängliche Versagen beim digitalisieren der öffentlichen Universitäten in Deutschland ist so peinlich, dass man es eigentlich bei wirkis Signatur belassen könnte: man hätte uns beim zweiten Mal einfach richtig vernichten sollen.
Da käme mal der Niederländer und würde das deutsche Wald- und Sumpfland trockenlegen … was macht der Deutsche? Meckern und KZs bauen.
(frei interpretiert)



Trotzdem: Es ist _auch_ das Problem der Studis. Denen ist die Uni einfach in der Breite kackegal. Die Menge der engagierten Studenten sollte viel größer sein. Tatsächlich verkommt die Uni von einer wichtigen Institution einfach nur zu einem Durchlauferhitzer. Dafür sind eben alle Beteiligten verantwortlich: Studenten, Professoren, Landesregierungen, Rektorat, Verwaltung, Technische Angestellte + alle die ich vergessen habe.
 
Mitglied seit
16.08.2010
Beiträge
6.260
Reaktionen
1.129
Uni ist halt keine Schule, wo es ums mitmachen geht. Man soll am Ende eine Leistung erbringen (ob das nun am besten mit Klausur, Laborpraktikum oder Hausarbeit zu bewerkstelligen ist, sei mal dahin gestellt), wie der Student dahin kommt ist ihm selbst überlassen. Warum muss er da an den Veranstaltungen besonderes persönliches Interesse zeigen?
Vielleicht sind eure Fächer ja auch einfach nur langweilig und in anderen Veranstaltungen gehen die Studis voll mit :troll: .

So wirklich interessant wird es halt auch erst in den Abschlussarbeiten, wo man dann sein "eigenes Projekt" durchzieht. Da lernt man dann erst wissenschaftliches Arbeiten (sofern man die Abschlussarbeit an der Uni macht), vorher und anderweitig braucht man es aber eben auch nicht.

Man hätte vielleicht die Trennung zwischen Uni und FH stärker beibehalten und fördern sollen. Aber da die Unternehmen eben angefangen haben, grundsätzlich lieber die Leute von einer Uni zu nehmen (weil irgendwann mal jemand mit der Idee anfing Uni=besser), war das halt auch weder gewollt noch erfolgsversprechend.
 

Deleted_228929

Guest
Da bin ich nicht Deiner Meinung. Wenn Du in der VL Paper diskutierst steigen alle aus und fragen nach dem was klausurrelevant ist. Wenn Du in der Übung Paper diskutierst kommt keine Sau und/oder sie fragen nach der Zusammenfassung für die Klausur.
Easy peasy durch die richtigen Anreize gelöst. Drei Möglichkeiten:
1. Wer die Fragen zum Paper nicht nachweislich vorher versucht hat zu beantworten darf nicht an der Übung teilnehmen.
2. Es sind wöchentliche Prüfungsleistungen nach der Übung abzugeben -> wer nicht Paper nicht vor der Übung gelesen hat, wird failen.
3. Wer die Fragen zum Paper vorher bearbeitet bekommt Punkte für die Klausur gutgeschrieben.

Funktioniert nachweislich alles.
 
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
@Stirling wir haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen davon was die Uni ist.

@SFJunky Hast Du zu viel Zeit? Das alles zu kontrollieren ist ziemlich aufwendig. Wüsste gerne welcher Prof das freiwillig macht und was dazu in der Prüfungsordnung steht.
 

Deleted_228929

Guest
@SFJunky Hast Du zu viel Zeit? Das alles zu kontrollieren ist ziemlich aufwendig. Wüsste gerne welcher Prof das freiwillig macht und was dazu in der Prüfungsordnung steht.
LoL, wat? 1. hat quasi gar keinen Aufwand wenn man nur ganz kurz kontrolliert ob jemand überhaupt sinnvolle Antworten gegeben hat - man muss das ja nicht wirklich korrigieren sondern nur abchecken. 2. geht über online-Prüfungen relativ easy. 3. siehe 1.

1. und 2. wurden so in meinen Kursen in der Niederlanden gemacht. 3. habe ich dieses Jahr in meinem Masterkurs gemacht. Zugegebernmaßen habe ich zu viel Zeit in die Kontrolle der eingereichten Antworten gesteckt, aber das geht auch mit weniger Aufwand. Nächstes Jahr zwinge ich die Leute einfach zur Gruppenarbeit.
 

parats'

Tippspielmeister 2012, Tippspielmeister 2019
Mitglied seit
21.05.2003
Beiträge
19.346
Reaktionen
1.345
Ort
Hamburg
Afair klassische Steuervermeidung.
 
Mitglied seit
25.09.2014
Beiträge
4.852
Reaktionen
1.169
Ich finde die Ansprüche an Studenten hier teils übertrieben. Seien wir doch mal ehrlich: Die aller meisten Menschen machen ihre Arbeit nicht primär aus intrinsischer Motivation. Bei Fächern wie Geschichte oder Philosophie hat mich zum Teil echt gewundert, wie unmotiviert und desinteressiert die Studenten wirken, weil man sowas kaum aus anderen guten Gründen studieren sollte, als dass man sich wirklich dafür interessiert.
Bei Fächern wie BWL und MINT überrascht mich das dagegen nicht und ich finde auch nicht, dass das so sein muss. Man kann sich ja wünschen, dass der Anspruch an der Uni ein anderer sein sollte und alle, die nur auf den praktischen Zweck schielen, an die FH verbannt gehören, aber wie soll man das jemals unterscheiden und wem bringt das am Ende irgendwas? Als wirklich störend habe ich diese Leute eigentlich selten empfunden. Letztlich machen die während des Studiums das, was sie auch später im Beruf tun müssen: Eine Leistung zielgenau anhand bestimmter Anforderungen erbringen - oder halt dabei failen, aber das ist dann halt auch deren Sache imo.
Bei uns in der Mathematik interessiert sich regelmäßig nur eine sehr überschaubare Minderheit wirklich für das Fach. Für die meisten gehts wohl mehr um den Status, erfolgreich Mathe studiert zu haben, aber ich würde nicht sagen, dass die alle nicht an die Uni oder in meinen Seminarraum gehört hätten. Mir hat Lehre immer Spaß gemacht und sicherlich hab ich versucht den Studenten einen Funken Leidenschaft für das, was sie tun, zu vermitteln. Aber ich hab das immer als Angebot verstanden und nie persönlich genommen, dass das zu den meisten nicht durchgedrungen ist, die nicht schon vorher motiviert genug waren.
Die meisten Studenten gerade im Bachelor habe ich als systematisch überfordert, höflich und dankbar erlebt. Ich hab immer ziemlich klar formuliert, welche Arbeit man machen sollte und wie man sie machen sollte, um in Mathe erfolgreich zu sein. Natürlich haben die meisten das nicht gemacht. Zur Freiheit des Studiums gehört imo auch selbst zu entscheiden, wie viel Einsatz man bringt. Im Gegenzug gabs von mir allerdings auch kein Mitleid oder Mauscheleien, wenn der entscheidende Punkt gefehlt hat, um den Schein zu kriegen oder man die Klausur halt knapp nicht bestanden hat.

Letzteres ist allerdings eine Qualität, die ich in anderen Fächern leider fehlt: Da gibt man sich nicht nur damit zufrieden, dass die Studenten ihren Job nur Larifari machen, sondern versucht ihnen dann auch noch über jedes Rinnsal eine goldene Brücke zu bauen, damit sich bloß niemand ungerecht behandelt fühlt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
21.08.2010
Beiträge
7.583
Reaktionen
836
Ja, dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Auch wenn ich es sehr schade finde, dass sich in meiner Wahrnehmung sehr viele Menschen eben kaum darüber definieren was sie mit ihrem Leben anfangen, sondern mehr darüber was sie so konsumieren.
 
Mitglied seit
02.09.2002
Beiträge
3.234
Reaktionen
72
Was mir bei der Diskussion grade auffällt, ist dass Interesse und Einsatz hier so binär dargestellt werden.
Ich kann mich sehr lebhaft an eine VL erinnern in der der Prof eine flammende Rede über Motivation im Studium und Leidenschaft für ein Fachgebiet gehalten hat. Ich habe ihm daraufhin erklärt, dass ich die VL nur belegt habe, weil das Curriculum das so vorsieht, ich nur da bin, weil für die Veranstaltung Anwesenheitspflicht galt, ich es generell unangebracht fand Studenten im Informatikmaster mit "Webentwicklung" zu belästigen und ich mich jetzt gerne wieder meinem Buch über Compilerbau widmen würde.
…war in Anbetracht der mündlichen Prüfung vielleicht nicht die klügste herangehensweise, aber wen interessiert schon Webentwickung :mond:
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
Mitglied seit
22.03.2004
Beiträge
5.615
Reaktionen
1.786
Ich finde die Ansprüche an Studenten hier teils übertrieben.

Das stimmt teilweise, allerdings hast du auch Mittel und Wege daraus Konsequenzen zu machen. Ich muss einen Wisch ausfüllen, bevor ich einen Studenten durchfallen lassen kann und dann noch jede Chance geben, dass das am Ende nicht passiert. Und das sind alles Leute, die nach der Uni schon EXTREM viel Scheiße bauen müssen, bevor ihnen irgendein Abschluss von den Universitäten an denen ich war nicht mehr als goldene Brücke ins Erwachsenenleben dient.
 
Mitglied seit
25.09.2014
Beiträge
4.852
Reaktionen
1.169
Da haben bei uns ja schon die Tutoren mehr Macht, weil sie durch ihre Bewertung der Übungen wesentlich entscheiden, wer seinen Schein kriegt und zur Klausur antreten darf. :deliver:

Kollegen aus UK/USA haben auch immer die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, weil Durchfallquoten, die bei uns normal sind, an deren Unis ne Krisensitzung auslösen würden. Das ist schon ne andere Kultur, wobei ich nicht sagen würde, dass wir da in jeder Hinsicht vorne liegen - obwohl wir uns, zumindest an meinem ehemaligen Institut, in den letzten 10 Jahren imo durchaus in eine gute Richtung bewegt haben.
 
Zuletzt bearbeitet:

Gustavo

Doppelspitze 2019
Mitglied seit
22.03.2004
Beiträge
5.615
Reaktionen
1.786
Kollegen aus UK/USA haben auch immer die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, weil Durchfallquoten, die bei uns normal sind, an deren Unis ne Krisensitzung auslösen würden. Das ist schon ne andere Kultur, wobei ich nicht sagen würde, dass wir da in jeder Hinsicht vorne liegen - obwohl wir uns, zumindest an meinem ehemaligen Institut, in den letzten 10 Jahren imo durchaus in eine gute Richtung bewegt haben.

Na ja, an der Weisheit dieser Herangehensweise kann man natürlich auch stark zweifeln. Wenn ein einzelner Student durchfällt bin ich immer geneigt, den Fehler bei der Person zu suchen; wenn 40% durchfallen läge der Fehler mit ziemlicher Sicherheit bei uns. Dann müsste ich allerdings auch curve grading machen und man würde nach dem Perzentil der Punkte bewertet, die man erreicht hat, nicht nach der rohen Punktezahl.

Ich finde es generell interessant, dass in Deutschland die Spannung zwischen Uni als Dienstleister und Uni als hehrer Ort der Bildung nicht wirklich erkannt wird. Entweder man hat Humboldt-Ideal von vor 200 Jahren oder man hat Massenunis, die Leute in Abschlüsse bringen, die der deutsche Arbeitsmarkt so sehr schätzt. Beides wird schwierig.
 
Mitglied seit
16.08.2010
Beiträge
6.260
Reaktionen
1.129
Na ja, an der Weisheit dieser Herangehensweise kann man natürlich auch stark zweifeln. Wenn ein einzelner Student durchfällt bin ich immer geneigt, den Fehler bei der Person zu suchen; wenn 40% durchfallen läge der Fehler mit ziemlicher Sicherheit bei uns.
Naja, kommt imo drauf an. Es gibt Fächer, da sind die Zugangsbeschränkungen so niedrig, dass auch einfach relativ viele Studenten dabei sind, die fürs Studium ungeeignet sind.
Das wird wiederum in einer Studienrichtung wie Medizin wohl eher nicht der Fall sein.

Allgemein bin ich aber sogar relativ erstaunt, wie wichtig die Leute hier die Lehre als ihre Aufgabe sehen. Meine Erfahrung war eher die, dass fast alle Dozenten Lehre als aufgedrücktes Übel sahen, während man eigentlich viel lieber an seinen Forschungsprojekten arbeiten wollte (was ich btw. absolut verstehen kann, mir ginge es wohl genauso).
Ich sehe den Forschungsbetrieb auch als ganz wichtigen Teil von Universitäten, weshalb man imo die Mitarbeiter auch nicht zu sehr in die Lehre einspannen sollte. Damit sie noch genug Zeit für die Wissenschaft haben (klar wäre es schön, wenn einfach genug Leute für alles da wären, aber kommt schon, das ist einfach unrealistisch).
 

Gustavo

Doppelspitze 2019
Mitglied seit
22.03.2004
Beiträge
5.615
Reaktionen
1.786
Naja, kommt imo drauf an. Es gibt Fächer, da sind die Zugangsbeschränkungen so niedrig, dass auch einfach relativ viele Studenten dabei sind, die fürs Studium ungeeignet sind.

Das sehe ich nicht so. Als Uni muss man mit dem Material arbeiten, das man von den Schulen bekommt. Man kann darüber nachdenken, wie weit man die Mindeststandards absenken kann, bevor man einen Abschluss vielleicht anders nennen muss, aber eine 40% Durchfallquote heißt imho nur, dass wir entweder falsch unterrichtet haben oder die Prüfung schlicht zu schwer war. Ich bin generell immer erstaunt, dass empirische Wissenschaftler häufig eine ganz genaue Vorstellung davon haben, was denn genau in ihrem Fach die Mindeststandards sein sollten und wenn man sie dann fragt, warum sie das so sehen, läuft die Antwort fast immer auf "weil ich mich für X interessiere" oder "weil bei uns im Studium Y auch behandelt wurde" hinaus. Als ob das ein Grund für irgendwas wäre.
 
Mitglied seit
25.09.2014
Beiträge
4.852
Reaktionen
1.169
Na ja, an der Weisheit dieser Herangehensweise kann man natürlich auch stark zweifeln. Wenn ein einzelner Student durchfällt bin ich immer geneigt, den Fehler bei der Person zu suchen; wenn 40% durchfallen läge der Fehler mit ziemlicher Sicherheit bei uns. Dann müsste ich allerdings auch curve grading machen und man würde nach dem Perzentil der Punkte bewertet, die man erreicht hat, nicht nach der rohen Punktezahl.

Ich finde es generell interessant, dass in Deutschland die Spannung zwischen Uni als Dienstleister und Uni als hehrer Ort der Bildung nicht wirklich erkannt wird. Entweder man hat Humboldt-Ideal von vor 200 Jahren oder man hat Massenunis, die Leute in Abschlüsse bringen, die der deutsche Arbeitsmarkt so sehr schätzt. Beides wird schwierig.
Wie viele Leute durchfallen, ist ja auch eine Funktion davon, wen man überhaupt versuchen lässt. Vielleicht ist Mathematik das schwerste Fach, das man studieren kann. Aber man kann es halt bei uns auch an jeder Uni zulassungsfrei studieren und hat entsprechend viele Leute unter den Erstis, denen nicht nur das intrinsische Interesse am Fach fehlt, sondern auch die Disziplin, die Fähigkeit zur Selbstorganisation und der Ehrgeiz, es trotzdem durchzuziehen. Das ist jetzt halt nicht wie Medizin, wo viele ihren Lebenstraum damit verbinden, dieses Studium zu meistern und man vorher schon mal ein 1,0-Abi mitbringen muss.

[Edit]
Trotzdem würde ich deinen Punkt unterschreiben, dass sich die Uni letztlich dem Input anpassen muss, den sie von den Studenten bekommt. In der Mathematik herrscht bis heute im Wesentlichen die Vorstellung, dass es einen relativ klar definierten Kanon gibt, den ein Absolvent beherrschen muss - und dass man diesen Kanon im Wesentlich "lehrt", indem man den Studenten von Tag 1 an rigorose Theorie vorsetzt und darauf baut, dass sie sich irgendwie durchgrinden oder abbrechen.
Es ist zwar imo deutlich besser geworden, wenn ich es mit dem Zustand vergleiche, in dem ich vor 15 Jahren angefangen habe zu studieren, aber didaktisch ist da noch viel Luft nach oben. Nur während sicher noch viele unterschreiben würden, dass man den Stoff noch besser lehren könnte, stößt man spätestens dann auf Tabus, wenn es um die fundamentalere Frage geht, was Studenten überhaupt am Ende können sollten, um erfolgreich "Mathematik" zu studieren.
Ich glaube durchaus, dass viele Studenten - und letztlich auch die Arbeitgeber, die diese Leute mal einstellen - davon profitieren würden, wenn im Studium mehr praktisch relevante mathematische Fähigkeiten eingeübt und wirklich durchdrungen würden, statt dass man spätestens ab den Grundvorlesungen den Studenten ein Maß an Abstraktion aufbürdet, das für die aller, aller meisten in egal welcher Kapazität später vollkommen nutzlos ist.
Wenn ich das in einer Diskussion mal richtig verstanden hatte, gibt es an einigen US-Unis sogar parallele Kurse, in denen quasi gleicher Stoff auf unterschiedlichem Niveau gelehrt wird. Den Studenten wird empfohlen den Kurs zu belegen, von dem sie sich ge-, aber nicht überfordert führen und am Ende kriegen bei Erfolg alle dieselben Leistungspunkte. Sowas fände ich didaktisch viel sinnvoller, als alle in dasselbe Curriculum zu pressen.
Bei uns ist es stattdessen üblich, dass viele Studenten die Vorlesung ab einem gewissen Punkt nicht mehr aktiv verfolgen oder gar nicht mehr besuchen, weil sie genau wissen, weil sie einerseits eh nicht folgen können und andererseits wissen, dass sie das Meiste für die Prüfung nicht unbedingt brauchen, der Stoff in der Übung und den Tutorien oft besser erklärt wird und wenn sie alles grob verstanden haben, können sie die Beweise, die regelmäßig geprüft werden, immernoch am Ende auswendig lernen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
11.07.2021
Beiträge
231
Reaktionen
79
Wie viele Leute durchfallen, ist ja auch eine Funktion davon, wen man überhaupt versuchen lässt. Vielleicht ist Mathematik das schwerste Fach, das man studieren kann. Aber man kann es halt bei uns auch an jeder Uni zulassungsfrei studieren und hat entsprechend viele Leute unter den Erstis, denen nicht nur das intrinsische Interesse am Fach fehlt, sondern auch die Disziplin, die Fähigkeit zur Selbstorganisation und der Ehrgeiz, es trotzdem durchzuziehen. Das ist jetzt halt nicht wie Medizin, wo viele ihren Lebenstraum damit verbinden, dieses Studium zu meistern und man vorher schon mal ein 1,0-Abi mitbringen muss.

[Edit]
Trotzdem würde ich deinen Punkt unterschreiben, dass sich die Uni letztlich dem Input anpassen muss, den sie von den Studenten bekommt. In der Mathematik herrscht bis heute im Wesentlichen die Vorstellung, dass es einen relativ klar definierten Kanon gibt, den ein Absolvent beherrschen muss - und dass man diesen Kanon im Wesentlich "lehrt", indem man den Studenten von Tag 1 an rigorose Theorie vorsetzt und darauf baut, dass sie sich irgendwie durchgrinden oder abbrechen.
Es ist zwar imo deutlich besser geworden, wenn ich es mit dem Zustand vergleiche, in dem ich vor 15 Jahren angefangen habe zu studieren, aber didaktisch ist da noch viel Luft nach oben. Nur während sicher noch viele unterschreiben würden, dass man den Stoff noch besser lehren könnte, stößt man spätestens dann auf Tabus, wenn es um die fundamentalere Frage geht, was Studenten überhaupt am Ende können sollten, um erfolgreich "Mathematik" zu studieren.
Ich glaube durchaus, dass viele Studenten - und letztlich auch die Arbeitgeber, die diese Leute mal einstellen - davon profitieren würden, wenn im Studium mehr praktisch relevante mathematische Fähigkeiten eingeübt und wirklich durchdrungen würden, statt dass man spätestens ab den Grundvorlesungen den Studenten ein Maß an Abstraktion aufbürdet, das für die aller, aller meisten in egal welcher Kapazität später vollkommen nutzlos ist.
Wenn ich das in einer Diskussion mal richtig verstanden hatte, gibt es an einigen US-Unis sogar parallele Kurse, in denen quasi gleicher Stoff auf unterschiedlichem Niveau gelehrt wird. Den Studenten wird empfohlen den Kurs zu belegen, von dem sie sich ge-, aber nicht überfordert führen und am Ende kriegen bei Erfolg alle dieselben Leistungspunkte. Sowas fände ich didaktisch viel sinnvoller, als alle in dasselbe Curriculum zu pressen.
Bei uns ist es stattdessen üblich, dass viele Studenten die Vorlesung ab einem gewissen Punkt nicht mehr aktiv verfolgen oder gar nicht mehr besuchen, weil sie genau wissen, weil sie einerseits eh nicht folgen können und andererseits wissen, dass sie das Meiste für die Prüfung nicht unbedingt brauchen, der Stoff in der Übung und den Tutorien oft besser erklärt wird und wenn sie alles grob verstanden haben, können sie die Beweise, die regelmäßig geprüft werden, immernoch am Ende auswendig lernen.
Finde den Mathe Bachelor da etwas problematisch, da die Thematik derart unabgeschlossen ist, dass die meisten Studenten das Fach eigentlich unmöglich einigermaßen zufriedenstellend nach 6 Semestern mit dem Bachelor abschließen können. Ich gehe davon aus, dass selbst einige gute Studenten viele Beweise auswendig lernen und irgendwann ein Gefühl dafür entwickeln wie sie sich hier und da durch die Prüfungen mogeln können. In Analysis 1 wurden teilweise Beweise mit Sätzen aus höheren Semestern durchgeführt ohne diese überhaupt zu erwähnen. Hat niemanden gestört. Man müsste meiner Meinung nach grundsätzlich vorab Kurse zu den Grundlagen der Logik belegen um überhaupt mal ein tieferes Verständnis für die Beweisführung zu entwickeln.

Will jetzt hier keine Wertung reinbringen aber dieses Problem hatte ich bei den Ingenieurwissenschaften nie. Letztendlich ist der mathematische Bereich dort derart abgegrenzt, dass man die kleinen logischen Probleme getrost ignorieren kann. In dieser Welt macht also vieles Sinn und ich kann jeden verstehen, der eine Vorlesung/Übung zufrieden verlässt. Bei Mathe konnte ich es überhaupt nicht verstehen, denn wirklich zufrieden konnte man dort eigentlich nur ganz selten sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mitglied seit
16.08.2010
Beiträge
6.260
Reaktionen
1.129
Das sehe ich nicht so. Als Uni muss man mit dem Material arbeiten, das man von den Schulen bekommt. Man kann darüber nachdenken, wie weit man die Mindeststandards absenken kann, bevor man einen Abschluss vielleicht anders nennen muss, aber eine 40% Durchfallquote heißt imho nur, dass wir entweder falsch unterrichtet haben oder die Prüfung schlicht zu schwer war. Ich bin generell immer erstaunt, dass empirische Wissenschaftler häufig eine ganz genaue Vorstellung davon haben, was denn genau in ihrem Fach die Mindeststandards sein sollten und wenn man sie dann fragt, warum sie das so sehen, läuft die Antwort fast immer auf "weil ich mich für X interessiere" oder "weil bei uns im Studium Y auch behandelt wurde" hinaus. Als ob das ein Grund für irgendwas wäre.
Ich finde, wenn man das Studium so auslegt, dass es irgendwie jeder bestehen kann, verliert es auch seine Bedeutung.
Ich rede hier von Leuten, die mit Ach und Krach ihr Fachabi geschafft haben und studieren, weil sie "noch keinen Bock auf Arbeiten haben". Oder Leute komplett ohne Abi und deren Realschulabschluss Jahre zurück liegt. Die haben dann vielleicht die richtige Motivation, fachlich mangelt es aber einfach. Und nein, in manchen Fachrichtungen sind das nicht nur Einzelne. Da wäre es vielleicht fairer, einen Zulassungstest o.ä. zu verlangen, damit sie sich gar nicht erst einschreiben. Aber das Studium so auszulegen, dass die alle das bestehen können, halte ich nicht für zielführend.

40% Durchfallquoten gab es bei uns aber auch nur selten. Meist wurde die zum bestehen benötigte Punktzahl so angepasst, dass 33% durchfallen :deliver:
 
Mitglied seit
29.10.2002
Beiträge
9.530
Reaktionen
766
Also ich kenns nur aus der Erwachsenenbildung in der Schweiz und da sind die Diplome die nicht ne Durchfallquote von 40-50% haben, teils noch höher, halt quasi "gratis" und auch weit nicht so angesehen wie die andern. Für die Dinger geht man im Normalfall vorher auch 2-3 Jahre ~8h pro Woche in die "Schule" und da kommt kaum einer auf die Idee den Schulen die Schuld zu geben wenns nicht klappt.
 
Oben