Sorry, aber das Mädel ist hier geboren, besucht ein Gymnasium, hat gute Noten. Welcher Teil der Bevölkerung ist denn bitte dafür, dass so jemand abgeschoben wird? Vielleicht ein paar unterbelichtete "Identitäre", aber es ist ja wohl Konsens, dass so jemand dauerhaft hier bleiben sollte.
Die Politik ist einfach zu pomadig, diesen Konsens zu implementieren.
Man macht es sich aber auch zu einfach damit, das Mädchen isoliert zu betrachten. Klar, das Mädchen selbst ist ein Paradebeispiel für einen Härtefall, auf den sich fast alle einigen können: Bis auf den Pass Deutsche, keine nennenswerten Verbindungen zum Heimatland, schulisch offensichtlich erfolgreich, dazu quasi keins der Merkmale der Gruppen die den Großteil der Probleme verursachen. Du hast aber immer zwei Probleme in solchen Situationen:
Das erste Problem ist, dass man es häufig mit einer sympathischen/gesellschaftlich "nützlichen"/berechtigten Person zu tun hat, an der noch andere Personen dranhängen: Das Mädchen bspw. hat Eltern. Ich bspw. wäre nicht bereit zu sagen "ok, das Mädchen kann bleiben, aber die Eltern müssen eben gehen." Bei den Gastarbeitern war man nicht bereit, ihnen zu sagen "ihr könnt kommen und bleiben, aber nur wenn ihr auf eine Familie verzichtet." Genauso Familien, in denen ein Mitglied Staatsbürger (oder zumindest aufenthaltsberechtigt) ist und die anderen nicht: Sagt man denen wenn sie zusammenbleiben wollen, müssen sie eben alle anderswo leben? Sowas produziert Härten, die viele Leute nicht verantworten wollen, gleichzeitig steigt damit die Zahl der Personen, für die man solche Regelungen treffen muss, rapide.
Und dann das zweite Problem, dass du Gesetze eben nicht für Ausnahmefälle machen kannst, sondern sie allgemeinverbindlich bleiben müssen. Selbst wenn eine Härtefallkommission theoretisch jeden antanzen lassen und entscheiden könnte, wer vermutlich in Deutschland eine Zukunft hat und wer nicht, wollen die meisten Leute keine willkürlichen Gesetze. Gleichzeitig wollen die meisten Leute eben auch nicht, dass Leute ohne Zukunft die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. Du musst also den abstrakten Wunsch befriedigen, selektiver zu sein, aber bei jeder einzelnen Person ausgleichende Gerechtigkeit herstellen, was Selektion schwierig macht: Für einen afghanischen Jungen, der auch nichts anderes kennt als Deutschland, der aber die Sprache schlecht spricht und in der Schule keinen Fuß auf den Boden bekommt ist es sicher auch nicht viel einfacher nach Afghanistan zu müssen als für das Mädchen.
So zu tun als würden diese Widersprüche nur deshalb nicht aufgelöst, weil die Politik "zu pomadig" ist, wird der Komplexität der Situation nicht gerecht. Die Politik ist wenn überhaupt "zu pomadig", weil sie lange Zeit wusste, dass es politisch die einfachste Lösung war, einfach gar nichts zu machen, weil man so auch niemand wütend macht. Seit dem Zustrom seit 2014 hat sich das ein bisschen verschoben, aber wir sind noch bei weitem nicht an dem Punkt, wo man schon ein Bivsi-Niveau sein muss, um als konkreter Einzelfall (im Gegensatz zum abstrakten "nicht aufenthaltsberechtigten Ausländer") von einer nennenswerten Zahl der Bevölkerung mit Sympathie gesehen zu werden.